Beiträge von Publius Iunius Brutus

    Während sich Viridovix freimachte, hatte der Medicus eine Schale mit roter Farbe geholt und auch gleich einen Pinsel mit dicker Quaste. Er tauchte den Pinsel genüsslich in die rötliche Mischung und stellte sich neben Viridovix, der nun schon mit freiem Oberkörper dastand.
    "Streck bitte deine Arme ein wenig zu Seite, damit die anderen alles gut sehen können," meinte er zu ihm.
    Dann wandte er sich an die Männer.
    "Eure erste Aufgabe bei der Erstversorgung ist es, zu beurteilen, welche Behandlungsmethode ihr bei welcher Verletzung anzuwenden habt. Folgende Bereiche sind mit ziemlicher Sicherheit tödlich- Der Hals" Er malte Viridovis einen Strich über seine Kehle, dann links und rechts des Kehlkopfes zwei weitere,"ist besonders empfindlich bei Stich- und Hiebverletzungen. Bei einem Schlag auf den Hals kann der Patient sterben, wenn die beiden großen Adern getroffen werden, die ich hier gefärbt habe, tritt der Tod nach wenigen Minuten ein. Meist haben wir keine Möglichkeit, rechtzeitig die Blutung zu stoppen."
    Ein Raunen ging durch die Menge, einige der älteren Equites nickten wissend und zustimmend.


    "Ein Kamerad, der solche Verletzungen hat, ist als aller erstes zu behandeln. Versucht, nach Möglichkeit einen Finger in die Ader zu stopfen, damit er nicht so schnell verblutet. Auf alle Fälle muss der betreffende Mann sofort zum Verbandsplatz. Aber ganz ehrlich, bei einer Halswunde hat er kaum Chancen."Wieder setzte kurzes Gemurmel ein, einige der Männer blickten betreten zu Boden.
    Rustus sah sich in seinem Publikum um. "Keine Fragen bis hierher? Dann weiter!"

    Cupidus sah die anschwirrenden Wurfspeere und warf seine Parma an den Riemen auf den Rücken. Er riss sein Pferd nach links, um zumindest dem größten Teil der Speere zu entgehen. Donnerd trafen drei der Geschosse seine Parma, eine davon glitt ab und prallte auf Stratos Hinterhand. Der Hengst sprang vor Schreck einen Satz nach vorne und die Speere donnerten in die Formation der Probati. Einer traf Cupidus in die Seite und glitt am Kettenhemd ab. Dann war es plötzlich vorbei mit dem Beschuss. Die meisten Probati waren kampfunfähig.
    Cupidus lies seine Spatha sinken, als der Tubicen mit einem Probatus im Schlepptau, der verzweifelt das Feldzeichen hielt, wieder auf die Straße preschten, gefolgt von johlenden Equites.


    Nach einem Wink seines Decurios setzte der Tubicen sein Horn an die Lippen und bließ zum einstellen der Kämpfe. Die Probati hatten sich gut geschlagen und hatten nur durch die viel größere Übermacht verloren. Nun sollten sie ihre Sachen zusammensuchen und verschnaufen.
    Cupidus gab Romanus und seinen Männern ein Zeichen, sich zurückzuziehen und ihm Handumdrehen waren die Probati wieder allein auf weiter Flur.
    Das Feldzeichen wurde zum Sammeln geschwenkt und langsam kamen auch die "Gefallenen" wieder aus dem Dickicht hervor, wo sie gewartet hatten

    Der Lärm war laut, die Pferde wieherten und hier und da bekam ein Probatus etwas ab. Als Cupidus sah, dass einer seiner Männer vom Pferd flog, ließ er die Gruppe etwas zurückweichen, um dem Mann Platz zu lassen, sein Pferd zu suchen. Er selber griff über die Schultern und zog einen der Übungswurfspieße heraus, die in dem leinenen Köcher steckten. Er hob ihn hoch zum Zeichen, dass die Männer es ihm gleichtun sollten.
    "Wurfspeere, brecht ihre Reihen", gellte sein Kommando und 12 Wurfspeere flogen in die Meute der igelnden Equites. Einige Treffer wurden erzielt und Cupidus befahl eine weitere Salve. Als er sah, dass die übrigen keine ernste Gefahr mehr darstellten, wandte er sein Pferd, um die Männer anzugreifen, die eben von hinten herangestürmt kamen. Es waren noch keine Reiter in Sicht, also schleuderte er einen weiteren Speer auf die zweite Gruppe, während sie dem Aufprall entgegenpreschten.
    Sie mussten in Bewegung bleiben, besonder hier im Wald, um nicht festgesetzt zu werden. Er sah auf seiner rechten Seite Seleukos.
    "In Bewegung bleiben, wenn wir durchbrechen, nach rechts zu den übrigen Kameraden", brüllte er ihm zu und wieder sauste ein Wurfspeer in Richtung "Feinde".

    Valerius Rustus winkte Viridovix zu sich nach vorne. Ein kurzer Blick auf seine Tabula genügte, um ihm den Namen zu verraten.
    "Du bist... Viridovix, richtig? Gut, dann bitte ich dich, einmal kurz deinen Oberkörper freizumachen."Dann wandte er sich an die versammelten Equites.
    "Wir werden nun einiges über Wunden und ihre Behandlung lernen, wenn unser Versuchseques sich ausgezogen hat," scherzte er und nahm einen großen Schluck Wasser. Dann wartete er, bis Viridovix soweit war.

    Der Medicus schien zufrieden, als es keine Fragen gab und stellte eine Ledertasche auf den Tisch.
    "Das meine Herren, wird euer zukünftiges Arbeitswerkzeug sein, die Capsa, eure Erste-Hilfe-Tasche. Üblicherweise wird diese Tasche überall euer Begleiter sein. Jede Turma verfügt über mindestens einen Mann, der Verbandsmaterial mit sich führt, den Capsarius. Ihr werdet weiterhin in euren Einheiten dienen, aber für euch wird es während und nach der Schlacht noch einige Arbeit geben. Sollten Kameraden verwundet werden, ist es eure Aufgabe, euch um sie zu kümmern, sobald das möglich ist. Ihr sollt sie nicht zusammennähen oder pflegen, ihr sollt nur die Blutungen stillen und sicherstellen, dass sie den Weg bis zum Verbandsplatz überleben. Den Rest, die Wunden versorgen und waschen, übernehmen die Milites Medici und ihre Assistenten.
    Aus diesem Grund werden wir auch keine Körper von Barbaren sezieren, das kommt erst dran, wenn ihr eure Ausbildung hinter euch habt und euch um einen höheren Posten im Valetudinarium bewerbt.
    Zur Übung holt sich jeder einmal eine solche Capsa und schaut, was darin ist."


    Er stellte weitere Taschen auf den Tisch und wartete, bis alle ihre Ausrüstung geholt hatten und sie die Deckel öffneten. "Außer einer Menge Verbände und einer Schere werdet ihr nichts darin finden. Das wird uns heute auch genügen. Ich brauche jetzt einen Freiwilligen" Er blickte fragend in die Runde.

    Schließlich brach die Hölle über die Übungsturma los. Von allen Seiten regneten und klatschten die Pfeile über die Köpfe und zwischen den Pferden hindurch. Manch einer wurde aber getroffen, was trotzd der dicken stumpfen Enden schmerzhaft war.
    Cupidus riss sofort seine Parma hoch, um sich zu schützen.
    "Schilde hoch, die ersten fünf Rotten nach links in den Wald, die letzten fünf nach rechts, vertreibt die Plänkler!!!!!"Er fasste die Übungshasta fester und sprengte nach links. Mit einem dumpfen Knall schlugen zwei Pfeile auf seine Parma und fielen zu Boden. Auf das Signal hin machte die erste Hälfte sich mit Cupidus auf in den Wald, die zweite Hälfte stürmte mit dem Feldzeichen nach rechts.
    Mit Wucht brachen die Reiter durchs Unterholz und waren plötzlich in den Stellungen der feindlichen Bogenschützen. Die Straße lag verwaist, nur links und rechts tönte Kampfeslärm. Das Kampfgeschrei gellte durch den Wald und würde bald auch die Vor- und Nachhut herbeiführen. Cupidus sah, wie einige der verkleideten Equites Fersengeld gaben. Die Lasttiere des Zuges waren von zwei Probati zur Seite geführt worden, um nicht Opfer der Banditen zu werden.

    Valerius Rustus blickte von seinen Unterlagen auf und musterte die Männer. Mit einer Tabula kontrollierte er die Namen der Männer und hakte sie ab.
    Dann erhob er sich und begann sich zu räuspern.
    "Guten Morgen Equites, mein Name ist Decimus Valerius Rustus, ich bin der Lagermedicus und leite zusammen mit meinem Stellvertreter das Valetudinarium. Wenn ich mich so umsehe, bin ich froh, dass ich euch nicht alle kenne, wenn Leute zu mir kommen, geht es ihnen meist nicht gut." Ein trockenes Lachen rollte in seinem Hals, dann wurde er wieder ernst und strich sich über die fliehende Stirn.
    "Ihr wurdet von euren Decurionen zur Ausbildung als Capsarii vorgeschlagen. Das setzt voraus, dass ihr schon Kampferfahrung habt und nicht beim ersten Blutstropfen in Ohnmacht fallt. In der kommenden Ausbildung werdet ihr lernen, wie ihr nach einer Schlacht die Erstversorgung für eure Kameraden übernehmt und ihnen das Leben retten könnt.
    Am Ende werdet ihr zu den Immunes gehören und von Wach- und Schanzdienst befreit sein.
    Gibt es bis hierher Fragen?"
    Er blickte in die Runde der Männer und wartete.

    Die Ausbildungsturma ritt die Waldstraße entlang, auf beiden Seiten standen die Bäume nahe an der Straße. Die Schneisen, die bei der Anlage der Straßen geschlagen worden waren, konnte man noch gut erkennen, auch wenn mittlerweile hohe Büsche wuchsen.
    Cupidus erhöhte die Marschgeschwindigkeit ein wenig und blickte nach links und rechts. Die Vorhut hatte keine Feinde gemeldet, trotzdem war der Platz hier ideal.
    Aber Cupidus konnte beim besten Willen nichts erkennen.

    Cupidus sah die Equites den alten Mann bestatten und trat zu ihnen. Er murmelte ein paar Worte in seiner Muttersprache und bat den großen Gott Odin, den Alten trotz seiner Verfehlungen in die Reihen der gefallenen Männer aufzunehmen.


    Dann setzte er den Helm wieder auf, während die Männer das Grab zuschaufelten. Dann ging es zurück zu den Pferden, wo die Verwundeten bereits auf dem Wagen lagen. Cupidus wartete noch, bis auch Einar und Viridovix aus dem Haus kamen.
    "Turma, parate vos ad iter", gellte sein Kommando über den Platz. Die Männer saßen auf und führten die Gefangenen mit sich.
    "In duos ordines. Turma pergite." Dann setzte sich der Zug in Marsch und machte sich auf den Rückweg zum Lager.


    Dann mach es mal gut Max, hoffe man hört wieder mal von dir.

    Am frühen Morgen trafen sich die Anwärter auf den Posten des Capsarius im Valetudinarium.
    Der Medicus Decimus Valerius Rustus, der gleichzeitig das Valetudinarium leitete, hatte in seinem Officium genug Platz gemacht, um die zehn Eques zu platzieren, die den Cursus belegen wollten.
    Während er noch auf die letzten Männer wartete, kramte er schon in den Schulungsunterlagen.

    Cupidus nickte Seleukos zu.
    "Gut, ihr beiden haltet euch wieder ein Stück vor uns, wir reiten weiter, sobald die Nachhut wieder da ist."Wenige Augenblicke später kamen die beiden Probati, die die Nachhut übernommen hatten, wieder zurück und meldeten ebenfalls keine Vorkommnisse. Cupidus gab das Zeichen zum weiterreiten und schickte Seleukos und Silko wieder voraus. Die Staße führte hier durch einen Hohlweg und er ermahnte die beiden, auf der Hut zu sein.


    Dann ritt die Turma ihrem Feldzeichen hinterher durch den Wald.

    Cupidus lief wieder zurück zum Haupthaus, während sich drei Equites daran machten, den Wagen für den Transport herzurichten. Einige alte Pferdedecken, die sie im Stall gefunden hatten, nahmen sie zum Auslegen des Wagens, dann wurde ein provisiorisches Dach aufgezogen, das zumindest Schutz vor dem kalten Wind bot. Die Pferde der beiden verwundeten Equites wurden vor den Wagen gespannt.


    Mit schnellen Schritten trat Cupidus in den Wohnraum, wo die Verletzten schon auf den Tischen lagen. Brandinar hielt sich die blutige Seite und Cupidus sah sich den notdürftigen Verband an. Viel mehr konnte man nicht machen, das Kettenhemd hatte man ihm ausgezogen und neben ihn gelegt. Auf seiner Stirn stand noch immer der Schweiß und von Zeit zu Zeit ging ein stöhnen zwischen seinen zusammengepressten Lippen hindurch. Cupidus tätschelte ihm die Schulter und gab ihm aus einem Schlauch Wein zu trinken, den er in der Hütte gefunden hatte. Er war zwar nicht besonders gut, aber er sollte auch nur die Schmerzen betäuben.
    "Hier, trink ordentlich, Brandinar, das wird dir guttun. Nachher bringen wir dich auf dem Wagen zurück zum Lager," versuchte er den Mann aufzumuntern. Ein gequältes Lächeln zwischen zwei Schlucken Wein war die Antwort.
    Dann trat Cupidus zu Einar und Viridovix. Die Beinwunde von Lothar war schlimmer als zuerst gedacht, besonders das viele Blut gefiel Cupidus überhaupt nicht. Einar stand daneben und sah alles andere als gut aus. Cupidus schob ihn zur Seite, um sich die Wunde besser anschauen zu können.
    "Einar, was ist mit dir? Du siehst überhaupt nicht gut aus." Dann wanderte sein Blick zu Viridovix. "Hilf mir mal mit diesen Verbänden", sagte er und öffnete die Capsariustasche, die auf dem Tisch lag. Neben einigen Klemmen und Pinzetten waren Verbände aus grobem Leinen darunter. Vorsichtig fasste er das Bein an, was Lothar einen gequälten Schrei ausstoßen ließ. "Viridovix, halt das Bein fest, Einar, du hälst seine Schultern und Arme, wenn es geht. Und gib ihm irgend etwas zum draufbeißen."
    Dann machte er sich an die Arbeit und begann die Wunde zu säubern, aus der immer noch Blut ausströmte. Er kannte sich ein wenig aus und erkannte bald, dass der Schnitt nahe an der großen Ader verlief, sie aber zum Glück knapp verfehlt hatte. Nun drückte er die Wundränder zusammen und band das Bein fest ein. Es drückte zwar ein bisschen durch, aber die Blutung müsste beim Ruhigstellen aufhören zu bluten.
    Cupidus wischte sich den Schweiß auf seiner Stirn mit seinem Schal ab und trat zurück. Lothar hatte sich zwar bewegt, aber er hatte seine Arbeit vollenden können.
    "Legt die beiden auf den Wagen und macht es ihnen bequem," befahl er, während er sich in einem Eimer Wasser die Hände wusch. Sein Blick fiel auf den alten Ardarich. "Was ist mit dem Alten? Ist er....?"

    Langsam ging es an der Straße entlang, als Cupidus seinem Signifer ein Zeichen gab. Dann stieß er die linke Hand nach oben, worauf der ganze Zug nach links wendete. Ein weiterer Befehl und das Feldzeichen senkte sich ein wenig nach vorne. Die Probati bildeten sofort eine Schlachtreihe. Cupidus drückte seinem Hengst die Hacken in die Flanke und Stratos erhöhte sein Tempo. Die Turma donnerte über die Wiese und Cupidus beschrieb mit seiner Spatha einen Kreis. Sofort wandte sich die ganze Formation wieder und blickte wieder in Richtung Straße. In einem echten Gefecht würde das schnelle ausführen der Befehle viele Soldaten retten.


    Schild und Zügel in der linken Hand, gab er mit der Spatha das Zeichen für die Kolonne und trabte wieder zur Straße zurück. Er würde auf Berichte der Vorhut warten und dann mit den Männern den Wald durchqueren.

    Der Morgen war noch eisig, aber die Männer hatten kaum Zeit, um zu frieren. Als sie die Ortschaft Confluentes weit hinter sich hatten, gab Cupidus das Zeichen zum Anhalten. Er trieb sein Pferd vor die Probati, sodass ihn alle sehen konnten.
    "Ich hoffe ihr seid alle wach geworden. Ich werde jetzt die Vorhut und die Nachhut einteilen. Die betrffenden Soldaten reiten ein gutes Stück vor bzw. hinter der Formation und halten Ausschau nach möglichen Feinden. Bleibt zusammen und wenn ihr etwas seht, möchte ich eine Meldung.
    Harluf und Brandinar, ihr übernehmt die Nachhut, Silko und Seleukos, ihr übernehmt die Vorhut. Der Rest folgt mit ganz normal. Pergite!"


    Vor- und Nachhut sprengten davon und der übrige Tross setzte sich wieder in Bewegung. Sie näherten sich einem großen Waldstück, das von der Straße tangiert wurde.

    Cupidus antwortete nicht, aber er war erleichtert, dass alle Männer gefangen oder zumindest nicht mehr unter den Lebenden weilten. Die Toten würden sie liegen lassen, als Abschreckung. Mögliche Komplizen dieser Männer sollten nur sehen, dass jetzt Jagd auf sie gemacht wurde, auch wenn Cupidus bezweifelte, dass der heutige Erfolg den Schmuggel beenden würde. Aber zumindest hatten sie einige Gefangene gemacht, man musste ihnen nur die Zunge lösen.


    Die Verletzten machten Cupidus mehr Sorge, besonders der Mann, den man mit dem Dolch erwischt hatte. Man sah an seiner Tunika rote Flecken, warum die Lorica Hamata den Stich in die Seite nicht abgefangen hatte, konnte Cupidus nicht sagen. Der Mann brauchte auf jeden Fall sofort Hilfe.
    Er wandte sich wieder an Viridovix. "Lauf ins Haus und hole Einar mit dem Verbandszeug. Kümmert euch um Brandinar. Ich werde uns ein geeignetes Transportmittel für den Alten und die Verwundeten suchen"


    Cupidus half dem verletzten Brandinar vom Pferd. Der Eques sah nicht gut aus, Schweiß stand ihm auf der Stirn und er war so weiß wie Schnee.
    "Alles wird gut, Viridovix und Einar kümmern sich um dich." Dann stand er auf und machte sich im angrenzenden Schuppen auf die Suche nach einem Gefährt. Er fand jedoch nichts und ging zu den Stallungen. Neben einem großen Berg Futter stand ein offener Wagen mit hohen Wänden. Wenn sie Brandinar Pferd davorspannten, müsste es eigentlich gehen. Er machte sich wieder auf den Rückweg und gab Anweisungen, das Gefährt flott zu machen.

    Es ging entlang der Straße, die Männer der Ausbildungsturma ritten hinter ihrem Feldzeichen her durch den vor kurzem gefallenen ersten Schnee. Der Atem der Pferde und Männer kam in dichten Dampfwolken und bisher war es ein ruhiger Ritt gewesen. Vorneweg ritt Decurio Cupidus und genoss die kalte germanische Sonne, die am Himmel stand.

    Cupidus sprengte an der angetretenen Formation entlang und musterte die Männer und ihr Gepäck kurz. Scheinbar hatten alle dicke Kleidung mitgenommen, wenn nicht hatten sie eben Pech gehabt. Cupidus war für ihre Ausbildung verantwortlich, nicht für erfrorene Glieder.
    Dann gab er dem Feldzeichenträger der Einheit einen Befehl und brüllte: "In duos ordines. Ausbildungsturma, pergite!!!"
    Er selber setzte sich an die Spitze des Zuges und dann ging es hinaus auf die Straße.

    Cupidus hatte den Alten eine zeitlang alleine gelassen, ob er nun lebte oder starb, das schien nicht mehr in seiner Hand zu liegen. Einar kümmerte sich um ihn und Cupidus erwartete ungeduldig die Rückkehr der übrigen Equites.
    Er war erleichtert, als ein Trupp sich dem Bauernhaus näherte, in der Mitte eine Handvoll dieser Schmuggler. Viridovix stieg ab und erstattete ihm Bericht. Schweigend lauschte Cupidus seinen Worten.


    "Gut, die Gefangenen können alle laufen? Wir suchen noch einen Wagen für unseren Alten. Wie viele Gefangene habt ihr gemacht und gab es Verluste?"Bei der kurzen Betrachtung waren Cupidus keine leeren Pferde aufgefallen, nur ein Eques saß blass und verkrampft auf seinem Tier.

    Cupidus hielt den mageren Körper fest, als er hustete und einen Teil des Wassers durch die Gegend spuckte. Der Mann hatte die Augen halb geöffnet und selbst das Zwielicht in der Halle schien ihn zu blenden. Vielleicht konnten sie erfahren, wie lange er schon hier lag.
    Sanft schob Cupidus eine Hand unter den fast kalten Schädel und hob ihn sanft ein wenig hoch.
    "Alter Mann, hörst du mich?", fragte er und wartete, ob sich die Augen an sein Gesicht hefteten. Mühsam hob der Mann die Augenlider und blickte umher. Er blickte Cupidus in die Augen, die wässrig und entzündet waren.
    Der Mann versuchte zu sprechen, aber zuerst kam nur ein heiseres Krächzen heraus. Vorsichtig flößte ihm Cupidus noch ein wenig Wasser ein. Er sah den Blick von Einar, dem der Ekel im Gesicht abzulesen war. "Mach mir bitte einen Kessel mit Wasser warm und hol mein Pferd mit dem Verbandszeug. Wir müssen diese Wunden waschen," sagte er und deutete auf das Gesicht und den geschundenen Körper des Mannes.


    Dann wandte er sich wieder dem Alten zu. "Wie ist dein Name, alter Mann? Wie heißt du?"
    Anfangs schien der Alte nicht zu begreifen, doch dann krächzte er mit heiserer Stimme "Ar...Ardarich!"
    Cupidus flößte ihm noch ein wenig Wasser ein. Er redete sehr langsam und deutlich, damit der Mann auch mitkam. "Ich bin Decurio Cupidus von der Ala II, wir haben dich aus deinem Keller geholt. Wer hat dir das angetan?"
    Ardarich schüttelte nur den Kopf und rollte mit den Augen. Seine dürre Hand krallte sich um Cupidus´Hand. "I..ch... war so......gierig...so...sehr... ich....wollte.. nicht...nicht dass.....alles...Gauner...", murmelte der Alte und es schien ihn viel Kraft zu kosten.
    Cupidus trat vom Tisch zurück und ging mit Viridovix ein paar Schritte zur Seite.
    "Ich weiß nicht, wie lange er das noch packt.... Reite den anderen hinterher und wenn sie die Schmuggler gefangen haben, bringst du alle hier her. Vielleicht kriegen wir aus denen mehr raus als bei unserem Skelett."


    Dann ging er wieder zu dem Tisch, um vielleicht noch etwas aus dem Alten herauszukriegen. Dieser hatte die Augen wieder geschlossen und war offenbar nicht bei Bewusstsein.