Beiträge von Theodoros Alexandreus

    Theodorus, der es noch nie miterlebt hat, dass ein Römer in seiner Heimatstadt sich nett und freundlich benommen hätte, ist erst einmal etwas verwirrt. Wäre der Leuchtturm nicht gewesen, würde ihn nicht alles so bekannt vorkommen, er hätte schwören können, sich in der Stadt geirrt zu haben.


    Vollkommen verdattert schaut er den wachhabenden Soldaten an: "Chaire, Redivivus Verus, mein Name ist Theodoros Alexandreus und ich... ähm, ich bin eigentlich gar kein Händler, sondern ein Gelehrter..."

    ... Und Theodorus steht alleine am Deck und der sanfte Wind kommt von der Küste her und trägt den Duft des Landes Aigyptos mit sich. Das Hafenwasser, die Schilfstauden, der dampfende Sumpf im Morgennebel. Von Weitem bildet er sich ein, schon die Vogelschwärme über dem Mareotis aufsteigen sehen zu können und über das Schiff fliegt nach langer Zeit zum ersten Mal eine Möwe.
    Dann, langsam aber sicher, verdichten sich die Konturen der Landschaft vor ihm, die bereits den ganzen Horizont bedeckt: Dort liegen Kanopus und Heraklion, dort Menuthis und das ist Taposirtis Magna und das Taposirtis Minor. Und der große Streifen dort, das muss Alexandria sein, die strahlende Perle des Mittelmeeres, die Stadt, die niemals schläft. Seine Heimat. Und die kleine Nadel, deren Hohlspiegel soweit über das Meer hinaus blitzen, der Stern, der auch am Tage nicht erlischt, das ist der Pharos.


    Die Konturen werden immer größer und schneller als man glaubt, aber dann doch nicht schnell genug, wird das Hafenbecken sichtbar und der alte marmorne Turm steht vertraut wie eh und jeh. Die Statuen großer Könige der Vergangenheit begrüßen den Heimkehrenden und das Schiff bahnt sich seinen Weg, vorbei an den Gärten und Palästen hin zum Kai. Es ist, als habe sich nichts verändert, so nahe und vertraut ist die Stadt doch geblieben. Theodorus kostet die Szene bis zum letzten Augenblick aus.


    "So, pack deine Sachen, wir legen an." meint Epidemais, der sich unbemerkt wieder neben Theodorus gesellt hat und genauso berührt scheint wie der Alexandriner. "Man muss schon sagen, Baal muss dich lieben, dass er dir diese Stadt zur Heimat gegeben hat. Viel Glück noch weiterhin." Freundschaftlich klopft er Theodorus auf die Schulter.


    Nachdem sich Theodorus ausgiebig bei Epedemais bedankt, ihm versprochen, ihn weiterzuempfehlen und seine Souvenirangebote dankend abgelehnt hat, geht er wieder nach unten um seine Sachen zu packen. In wenigen Minuten wird er wieder den Stein unter den Füßen spüren, über den er die meiste Zeit seines Lebens gewandert ist...

    Vorne am Schiff stehen bereits einige Leute, aber allzu viele Passagiere sind nicht am Board, deshalb fällt es Theodorus nicht schwer, sich vorzukämpfen, wo er einen Platz gleich neben Epedemais, den dicken, geschäftstüchtigen und immerzu freundlich lächelnden phönizischen Kapitän des Schiffes findet - sehr zu Theodorus Ärger, denn eigentlich wollte er sich ganz auf das Auftauchen der Heimatstadt konzentrieren. Jetzt hatte er den stets geschwätzigen Phönizier an der Backe, der ihn auch gleich begrüßt.


    "Ah, der Herr Gelehrte! Hast du gut geschlafen?"
    "Hmm... Es geht so..."
    "Ich hoffe doch, es lag etwa nicht daran, dass die Unterkunft schlecht ist oder? Epidemais weiß doch, was er seinen Kunden schuldig ist. Nur das Beste für den Preis, kein Schwindel, keine falschen Versprechen."
    "Naja, wie soll ich sagen..."
    "Oh, jetzt mach mich aber nicht traurig, Epidemais liefert die beste Reisequalität des ganzen Mittelmeeres. Und für einen kleinen Aufpreis..."
    "Jaja, schon gut."
    "Wir erreichen übrigens bald Alexandria, in wenigen Minuten dürfte das Land auch von hier aus hervorragend sichtbar sein. Wenn du willst, kannst du es auch jetzt schon vom Masten aus beobachten, kostet nur 3 Sesterzen extra..."
    "Ich kann mich gedulden."
    "Na gut, jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Aber ich sage dir, die Einfahrt nach Alexandria ist stets eines der aufregendsten und imposantesten Ereignisse einer Seereise - "
    "Ich weiß, ich komme von dort."
    "Interessant. Wenn du dort einen Reiseführer brauchst, nimm Demonstratos oder Schraubzieris, das sind die besten Reiseführer der Stadt..."
    "Wie gesagt, ich wohne dort."
    "Na gut, ich sehs ja ein. Aber willst du nicht vielleicht doch noch ein paar Tage mit uns weiterfahren? Epidemais hält auch noch in Herakleion, Pelusium, Caesarea, Haifa, Seleukeia -"
    "Nein danke, das ist lieb, aber ich würde gerne wirklich..."
    "Ich verstehe. Heimweh oder?"
    "Hmmmja."
    "Oh, das kann ich gut verstehen. Dann will ich dich mal alleine lassen.
    Epidemais geht, dreht sich dann aber doch noch mal um. "Und wenn du doch noch etwas Reiselust verspürst, ich biete - "
    "Epidemais, bitte..."
    "Schon gut. Ich scheuch dann mal meine Leute herum. Viel Spaß noch."
    "Dir auch."


    Und langsam taucht am Horizont über den Wogen eine Landzunge auf...

    Auf einem typischen Handelsschiff, das auch Passagiere mitnimmt - teuer aber mäßig im Konfort, mit dreckigen Hängematten zwischen der Fracht im Laderaum, laut schreienden Matrosen und schlechtem Essen wie es eben Allgemein üblich ist, wacht Theodorus eines Morgens auf. Er hat einen schalen Geschmack im Mund, Kopfweh und schmerzende Gliedmaßen vom wenigen Schlaf in unbequemer Haltung und ist über und über mit Dreck, Schweiß und dem unvermeidlichen Salz des Meeres verklebt, was in der brütenden Hitze des Tages mehr als unangenehm zu werden pflegt, jetzt, in der lauen Brise des Morgens allerdings kaum stört.


    Verschlafen denkt er kurz nach, was ihn eigentlich aufgeweckt hat. Die Schiffsratten? Eine Mücke, die ihre Larven im Wasservorrat füttert? Der immerzu lautstark onanierende Kerl in der Hängematte gegenüber? Nein, eine Stimme war es, ein lautes Geschrei. Aber warum? Hat er etwa nur geträumt?


    Die Stimme erklingt noch einmal und beantwortet Theodorus' Frage:

    "Laaaand in Sicht"


    Ach ja, Richtig! Sofort springt Theodorus aus seiner Hängematte, haut sich erst einmal schmerzhaft seinen großen Zeh an, schreit kurz auf und hüpft rum, sprintet an Deck und eilt über die Planken so schnell wie möglich hin zum Bug.

    Ein bezahlter Boote schlecht sich des Nachts zur Casa Sergia und gibt folgenden Brief ab:


    AD: SERGIA PLOTINA


    Salve, meine Liebe,


    ich sehe mich gezwungen, dir noch einmal einen letzten Brief zu schreiben anlässlich unserer letzten Begegnung in meinen Amtsräumen und hoffe, du bist nicht allzu enttäuscht, dass ich dich nicht noch einmal persönlich treffen konnte. Zu dem Zeitpunkt, wenn du diesen Brief liest, werde ich mich schon auf dem Weg nach Alexandria befinden. Verzeih mir, es fällt mir auch nicht leicht, aber ich musste diesen Schritt tun. Möge Gott dich auf deinem Wege sicher begleiten.


    In Liebe und Verbundenheit,


    Theodorus


    Das wars, keine Erklärung, keine Erläuterung, nichts.

    Artig verbeugt sich Theodorus.


    "Ich danke dir für alles Detritus und will noch einmal ausdrücken, dass es mir eine Ehre und Vergnügen war, dich kennenzulernen. Möge Gott in deiner Weisheit dich immer beschützen und dich vor allem Übel bewahren. Und natürlich werde ich dir einen Brief schreiben, sobald ich zurück in Alexandria bin.


    Falls du jemals in meine schöne Heimatstadt kommen solltest, sei dir versichert, bei Theodorus stehen dir immer alle Türen offen, so wie ich bei dir stets offene Türen vorfand..."


    Dann geht der Alexandriner.

    Theodorus schaut in den Sack und meint wirklich erfreut und überrascht:


    "Oh, danke schön, ich mein, das wär doch nicht nötig gewesen, das kann ich doch nicht annehmen, das ist ja viel zu nett, wirklich vielen Dank aber, etc. pp." Und dergleichen Höflichkeitsfloskeln mehr.


    Sim-Off:

    Danke :)

    ... und Theodorus tut sich reichlich an Wein, Fisch und Brot gütlich. :] "Nach Aigyptos? Weiß nicht, hängt davon ab, wie die Winde wehen und wo überall Zwischenhalt eingelegt wird? Obwohl man um diese Jahreszeit sogar über das offene Meer fahren kann. Warum?"

    Mit gespielten Entsetzen, das im diplomatischen Kontext des Ostens soviel wie: Nein danke, Geld von Freunden annehmen, wenn man es nicht nötig hat, ist extrem ehrschädigend, wehrt Theodorus ab: "So sehr ich dein Angebot zu schätzen weiß, Detritus, so sehr denke ich doch, dass ich während meiner Zeit genug Vermögen angehäuft habe, dass es mir möglich sein wird, die Reise mit meinen eigenen Mitteln zu bestreiten." Er überlegt gerade und merkt, dass das ja gar nicht stimmt. Eigentlich hat Callidus ihn schon großzügig ausgezahlt.

    "Was das Projekt angeht, so denke ich, bedarf es meiner nicht mehr, um es fertig zu stellen. Du hast ja alle Männer, alles Material und die Pläne bei dir. Für Nachfragen kannst du mir immer noch nach Alexandria schreiben, ich werde dir meine dortige Adresse zukommen lassen."

    "Ich wollte dich nur noch einmal besuchen, denn ich habe vom Rector den Auftrag bekommen, nach Alexandria zu reisen. Deshalb bin ich gekommen, um mit dir über das weitere Vorgehen bezüglich des Projektes zu sprechen und natürlich, um dir Lebewohl zu sagen."

    ... muss allerdings bald feststellen, dass gar keine anderen Klienten anwesend sind und der Herr des Hauses auch nicht. Deshalb verfasst Theodorus schnell eine Nachricht und reicht sie einem Sklaven:


    Salve, Matinius Fuscus,


    ich muss dir leider mitteilen, dass ich, wenn du das hier liest, wahrscheinlich schon wieder in Alexandria verweile, wo ich im Auftrag der Schola hinreisen werde. Da ich vorhabe, dort meine Tätigkeit als Philologos wieder aufzunehmen, ist es sehr unwahrscheinlich, dass wir uns noch einmal sehen.


    Ich möchte dir deshalb hiermit meinen herzlichsten Dank für deine Hilfe und Gastfreundschaft ausdrücken sowie mein Bedauern, es dir nicht persönlich mitteilen zu können. Du warst mir immer ein guter Freund und es war mir eine Ehre, dich kennen gelernt zu haben. Sollte Fortuna dich einmal in meine wunderschöne Heimatstadt verschlagen, so wirst du mir immer ein stets willkommener Gast sein.


    Im Übrigen bitte ich dich, unser Klientelverhältnis zu lösen, da ich annehme, dass wir beide Aufgrund der weiten Entfernung kaum in der Lage sein werden, unseren gegenseitigen Verpflichtungen nachzukommen.


    Vale


    [für Römer unlesbares griechisches Gekritzel, wahrscheinlich sinngemäß die Unterschrift]


    Dann verlässt Theodorus das Haus der Matinier für immer...

    Sim-Off:

    Sorry, ich habe dich ganz vergessen. Jetzt verhält es sich leider so, dass Theodorus nach Alexandria zurück will. Ich hoffe, es ist okay, wenn wir den bisherigen Unterricht einfach abbrechen und mit einer neuen Zeitebene weiter machen.


    Einige Monate dauerte der Unterricht schon an, den Theodorus seinen Schülern gab und hoffentlich hatten alle etwas daraus gelernt. An diesem Tag aber erscheint der Lehrer vor seinen Schülern und teilt ihnen etwas dringendes mit:


    "Liebe Schüler. Leider verhält es sich so, dass mich die Pflicht ruft und ich gezwungen bin, nach Alexandria zurück zu kehren. Leider bin ich deswegen nicht mehr in der Lage, den Unterricht hier weiter zu führen. Wer allerdings will, kann natürlich seinen Lehrer nach Alexandria folgen. Für all die anderen wird das heute unser letzter gemeinsamer Tag sein."