Beiträge von Theodoros Alexandreus

    Theodorus muss schon wieder schmunzeln. Dieser exzentrische Rhomäer gibt ihn immer wieder zu Lachen. Begeistert meint er nur, ohne die Bedenken der anderen Rhomäer zu beachten:


    "Bravo, lieber Minor! Eine sehr interessante Einstellung! Ich wünsche dir auf jedem Fall viel Glück zu deinem Vorhaben!"


    Dann schaut er sich in der Runde um und argumentiert:


    "Auch wenn man es nicht glauben mag: Die Kunst des Wagenlenkens ist eine hohe Kunst, großen Kriegern und Helden würdig. Man bedenke, dass es früher üblich war für große Männer, sich auf den Wagen zu stellen und sich tapfer mit anderen im Wettstreit zu messen. Der Wagen war einst das Gefährt des Kriegers und dutzende der Höchsten und Bekanntesten dieser Welt übten sich siegreich in der Kunst, von den Helden des trojanischen Krieges über Feldherren und Könige wie den großen Alexander oder der großen Berenike. Auch der Kaiser fährt auf dem Triumphwagen, wenn er siegreich war und sogar die Sonne (von der wir heute wissen, dass sie ein heißer Ball in der Himmelsshäre ist) wurde von den Alten, von den Hellenen und den Königen am Nil als Streitwagen gedacht."

    Ein Stich geht vom Herzen des Alexandriners aus und überfüllt alle Blutbahnen und Körperteile mit einer wohligen Wärme, als er Plotinas Worte hört. Eigentlich gibt es nichts, was er sich die letzten Tage und Wochen sehnlicher gewünscht hätte, aber dennoch...


    Theodorus seufzt.


    "Meine Liebe, ich glaube, du bist dir tatsächlich nicht bewusst, was du da sagst. Überleg einmal die Konsequenzen, wenn das herauskommen würde. Deine Familie, die gesamte rhomäische Gesellschaft, alle werden sie dich verstoßen. Du wärst eine Verbannte, verurteilt, durch die Welt zu schweifen ohne Rast und Heimat. Und mir würde das selbe passieren, womöglich sogar schlimmeres, denn ich kann mich nicht durch Geburt auf das römische Recht berufen..."


    Er hält kurz inne:


    "Deshalb, Mädchen, beschwöre ich dich: Lass diese törichten Gedanken und stell dich der Realität. Es gibt so viele Rhomäer, die jünger, hübscher und klüger sind als ich. Mit mir - mit uns - würdest du dich nur in dein eigenes Verderben stürzen..."


    Da fährt schon wieder ein Stich durch den ganzen Theodorus. Sein Verstand zwingt die Zunge, Dinge zu reden, die sein Körper ganz und gar ablehnt. Und er spürt, dass er der Sergierin damit wahrscheinlich weh tut. Am liebsten würde er jetzt weinen, eine Tatsache, die auch dem aufmerksamen Beobachter nicht verborgen bleibt, der sein Gesicht studiert.

    Der Gelehrte hört sich den Schwulst des Heraklit genau an. Eine wirklich interessante Interpretation des Gleichnisses. Zumindest versteht sie Theodorus nicht und muss wohl einmal drüber nachdenken, vor allem über den Bezug zu Erasthothenes, an den Theodorus wirklich noch nie gedacht hat. Schon einmal ein gutes Kriterium eines wachen Geistes. :P Nur die Sache mit dem Umbringen ist vielleicht ein bisschen kritikwürdig.


    Aber bekanntlichermaßen ist Schule dafür da, den freien Geist in feste Regeln und Ordnungen zu zwingen, damit er nicht zu frei bleibt. Deswegen lehnt sich Theodorus theatralisch hin und meint:


    "Sehr Gut, aber ich denke, Platon wollte uns mit dem Gleichnis etwas anderes sagen. Deshalb lass uns noch einmal von vorne beginnen: Stell dir einmal vor, du würdest dein gesamtes Leben lang in dieser Höhle angekettet sein. Du hättest keinerlei Vergleichswert, wie die Welt wirklich aussieht. Wie würdest du dein Leben in dieser Höhle interpretieren?"

    Theodorus tut es Detritus nach und hüpft auch auf eine Kline. Dann meint er:


    "Die Pläne für dein Schiff wären jetzt eigentlich fertig und ich würde sie gerne mit dir besprechen, falls du Zeit hast..."


    Theodorus will nämlich möglichst bald nach Alexandria zurück kehren...

    Wirklich, Theodorus ist selten so lustigen und anregenden Charakteren wie dem Ferrier begegnet. Ein netter Plan und es zeugt einmal wieder davon, dass Minor in einer gewissen griechischen Tradition steht. Dutzende von hellenischen Helden und Königen übernahmen selbst Gespanne für große Wettkämpfe, unter ihnen sogar Frauen wie die grioße Berenike, die damit sogar das Lorbeer der olympischen Spiele für sich gewinnen konnte. (Was die Geschlechterbedingungen angeht, waren die ehrwürdigen Priester des Zeus nämlich nicht so hart, wenn es sich um Königinnen handelte.)
    Aber ein Rhomäer von Stand und Sitte? Durfte der das? Kaiser Nero, ein großer Freund der Hellenen, dessen weitere Hochachtung im Osten des Reiches ein offenes Geheimnis war, versuchte sich ebenfalls in diesem Sport, was den Sittenwächtern im Senat nicht so gefiel. Aber das ist lange her, vielleicht hat sich die Situation mittlerweile geändert. Theodorus wartet einmal ab, was die anderen Rhomäer dazu sagen würden...

    Aufmerksam hört Theodorus zu, was sein Schüler ihm zu sagen hat. Beim Ende muss er sich sogar sehr das Lachen verkneifen. Er antwortet, selbst einen eher ungeschickten Witz machend:


    "Naja, umbringen würden sie ihm wahrscheinlich nicht..." Da kommt ihn schon die nächste Idee für den Unterrichtsplan. Er wird später noch einmal darauf zurück kommen. Aber bleiben wir erst einmal beim Höhlengleichniss:


    "Und was wollte Plato deiner Meinung nach mit dem Gleichnis ausdrücken?"

    Theodorus fängt sich langsam wieder. Er nimmt seine Wasserkaraffe und macht sich daran, auf den unerwarteten Vorstoß erst einmal einen Schluck zu trinken. Die Karaffe in der Hand überlegt er es sich aber dann doch anders und kippt sie sich erst einmal mit vollem Inhal über dem Kopf. Nicht gerade schicklich, aber vielleicht das Klügste, was man in so einer Situation machen kann.


    Gedanken rasen durch seinen Kopf, während Plotina, scheinbar unberührt, fröhlich weiter über ihren Kuchen plappert. Als sie erneut ihre Aussage bestätigt, räuspert er sich und beginnt langsam, auszuführen:


    "Das... Wie soll ich sagen?... Das, ähm... Ehrt mich. Außerordentlich sogar..."


    Am Liebsten würde er ihr jetzt auch sagen, dass er sie für das Schönste hält, was ihm seit langen über den Weg gelaufen ist, dass er seit Wochen an nichts anderes mehr denken kann als an sie. Aber da gibt es so einige Probleme, Probleme, die für einen Mann mit Theodorus Vorgeschichte nicht gerade unwichtig sind.


    "Aber wie kommst du dazu, ich meine... Du bist eine Rhomäerin! Ich bin nur ein Ausländer, ein Hebräer noch dazu. Verstehst du, das, was du da gesagt hast, das geht einfach nicht! Keine Macht auf Erden würde so etwas erlauben...!"


    Theodorus hält inne. Hat er Plotina jetzt etwa verletzt?

    Theodorus kneift die Augen zusammen. Dann öffnet er sie wieder. Plotina steht immer noch vor ihm. Er versucht es noch einmal. Wieder das selbe Resultat. Ergo:


    Er träumt nicht und sie hat wirklich gesagt, was sie gesagt hat.


    Schlagartig metamorphiert das Ding auf Theodorus Hals von seinem Gesicht zu einem hellen, tiefroten Lampion (Genauer gesagt: Lampion mit Vollbart). Langsam öffnet sich eine Klappe in der Laterne, die wohl sein Mund ist, aber es kommt kein Wort heraus. Das Gehirn des Alexandriners ist wie leergefegt, auf dem Verstand ist kein Verlass mehr.


    Eine piepsende Stimme presst sich durch die Luftröhre, schüchtern, klein und unscheinbar.


    "Meinst du das wirklich?"


    Dann erst registriert Theodorus Geist seine selbst gestellte Frage und es ist ihm derart peinlich, dass der Kopf noch röter anschwellt.

    Was? Einen Rennfahrer? Hat Theodorus da richtig gehört? Laden Rhomäer wirklich Rennfahrer zu ihren Gastmählern? Na ja, ein Athlet, ein Diskuswerfer oder Ringkämpfer, das wäre noch einleuchtend gewesen, aber einen Rennfahrer?


    Dann kommt ihm wieder dieser andere Gedanke: Ein Rennfahrer wird hier sicherlich nicht kommen um ernsthafte Gespräche mit den Herren zu führen. Er wird eher eine Art Objekt privater Ergötzung sein, etwas, mit dem Minor vor der Gesellschaft angeben will. Und wenn das mit Rennfahrern so ist, wie verhält es sich dann mit Philologen...?

    Es gibt in der jüdischen Mythologie eine Geschichte von einer Frau, die sich umdreht und von dem was sie sieht, derart in Erstauenen versetzt wird, dass sie zu einer Salzsäule erstarrt. Lassen wir die Geschichte mal Geschichte sein und wenden wir uns der Reaktion des Alexandriners zu: Denn gäbe es einen Wettbewerb bezüglich der Imitation oben genannter Salzsäulenfrau, Theodorus hätte genau in diesem Augenblick alle anderen Teilnehmer bei weitem abgeschlagen. Der Grieche steht da wie eingefroren. Würde nicht eine leichte Brise durch das Fenster wehen und sanft durch die Papyri rascheln, man könnte durchaus befürchten, im Zimmer des Curator Libris wäre die Zeit auf einmal zum endgültigen Stillstand gekommen.


    Ein anderes bemerkenswertes Detail sind die tellergroßen, weit aufgerissenen Augen, deren Ausdruck man wirklich nicht mehr deuten kann. Die menschliche Sprache reicht einfach nicht aus, alle Gefühle dieser Welt zu beschreiben, vor allem wenn sie sehr speziell sind und nicht einmal der Träger in der Lage ist, sie zu verstehen. In Theodorus Kopf zumindest ist es ruhig. Nur irgendwo aus weiter Ferne schwingt die Sehne von Eros Bogen nach, hallt Discordias boshaftes Lachen...


    All das dauert allerdings nur einen kurzen Augenblick, dann bricht die Zeit wieder in die Szene zurück. Ein vollkommen verwirrter Theodorus reibt sich das Gesicht, massiert sich die Schläfen. Dann schaut er Plotina vollkommen ungläubig und irritiert an:


    "Könntest du deinen letzten Satz noch einmal widerholen, bitte."


    Es könnte ja durchaus sein, dass Theodorus sich verhört hat...

    Theodorus, dessen Körper sich wieder in Form eines plötzlichen Hitzestaues meldet (denn bekanntlicherweise hatte er gestern zu viel getrunken), schenkt sich ein Glas Wasser aus einer zufällig bereitstehenden Kanne ein und stürzt es mit einem Mal herunter. Pfuuh! Das Wasser war wohl nicht mehr das neueste, aber egal.


    "Hmm, eigentlich haben wir spezielle Schreibstuben für sowas. Ich könnte eine Erlaubnis erwirken aber..."


    Theodorus denkt nach. In seinem Kopf hallt immerzu das unseelige Wort Bürokratie...


    "Nein, schick ihn einfach zu mir. Ich glaube, das geht am schnellsten."


    Wieder schenkt er sich das Glas voll und würgt den Inhalt mit zusammengekniffenem Gesicht herunter.

    Die Frage bringt den Alexandriner etwas in Verlegenheit. Normalerweise gab es genug Schreiber hier aber der Umbau der Bibliothek forderte alle Kräfte.


    "Na ja, normalerweise wäre das kein Problem, aber du siehst ja: Wir haben zur Zeit wirklich viel zu tun. Wenn du also deinen Sklaven bemühen könntest, würdest du uns sicher einen großen Gefallen tun."

    Der Curator schaut sich das Manuskript noch einmal genauer an. Das Werk des Vitruv war nun nicht gerade das neueste und beim Abschreiben kam es oft vor, dass ein Kopist irgend eine Stelle falsch kopiert oder sich mit der Ordnungszahl vertut, ein ewiges Problem gewissenhafter Bibliothekare.


    "Du hast Recht. Da scheint sich Jemand verschrieben zu haben."


    Schnell notiert Theodorus den Fehler und macht sich gleich auf die Suche nach einer weiteren Rolle, die den Text enthalten soll. Nach einiger Zeit wird er fündig. Aus irgendeinen Stapel von Schriftrollen am anderen Ende des Raumes taucht er auf, die Rolle wie ein Siegeskranz in die Luft haltend.


    "Ich habs!"


    Er kommt wieder zu Modestus und entrollt das Stück.


    "Ja, tatsächlich, das dürfte diesmal das richtige sein. Bitte schön."


    Eine Weile steht er schweigend da und wartet bis Modestus sich überzeugt hat. Dann fragt er nach:


    "Kann ich dir eine Frage stellen? Wozu brauchst du das Schriftstück? Weißt du, architektonische Dinge interessieren mich nämlich sehr..."


    Schließlich koordiniert er derzeit selbst solch ein Projekt...

    Theodorus bemerkt die Blicke der Römerin gar nicht richtig. In Gedanken ist er wieder vollkommen in sich gekehrt.


    "Nein Nein, schon okay..." meint er, aber man bemerkt, dass das wohl nicht ganz stimmt. Tief im Inneren brodelt es in dem Mann.


    Bilder, Situationen, Gesprächsfetzen, dunkle Schatten, die tief in seinem Unterbewusstes vergraben liegen, verdunkeln die Sicht. Was ihn da angreift ist nicht mehr und nicht weniger die Erkenntnis seiner eigenen Unfähigkeit, die er als Kind immer zu spüren bekam: das Lachen der Gleichaltrigen, das Weinen der Mutter, die Wutausbrüche des Vaters. Theodorus hat seinen Weg gemacht, seine Nische gefunden, aber oft offenbart sich eben diese Nische als reiner Zufluchtsort, die Wunden von früher sind nie ganz verheilt.


    Immer noch lächelnd, das Lächeln eines traurigen Clowns, meint er dann:


    "Nein, geh nicht... Bleib doch noch eine Weile..."


    Egal was mit ihm los ist, egal wie schlimm es um ihn steht, egal wie dick, missgebildet und tollpatschig er ist, er will nicht, dass Plotina ihn jetzt verlässt...

    Freudig tritt Theodorus ein. Anscheinend hat Detritus sich auch selbst in das Projekt reingehängt. Zumindest klingt es so, als würde er sich gerade daran machen, einen Baumstamm auseinander zu sägen. Nur, warum eigentlich nicht draußen, sondern im eigenen Zimmer?


    Theodorus schaut sich um. Nein, Detritus schaut gerade nicht sehr arbeitseifrig aus. Eigentlich so arbeitseifrig wie eben ein Mensch ist, der gerade seine Siesta abhält. Leise schleicht sich der Alexandriner wieder aus dem Zimmer. Vor der Türe überlegt er, was man da machen kann und sogleich hat er eine Idee: Nicht verzagen, Leibsklave fragen!


    Der sitzt auch vor dem Zimmer auf dem Boden und ist selbst eingeschlafen, was auch der Grund ist, warum er Theodorus nicht auf den schlafenden Octavier hingewiesen hat. Theodorus widerum hat überhaupt keine Bedenken, einen Sklaven wachzurütteln.


    Nachdem seine Weckversuche Wirkung gezeigt haben, fragt er den Sklaven:


    "Ich müsste mal mit Detritus sprechen. Darf man den Herrn stören?"

    Zitat

    Original von Artoria Medeia
    Der Posteingang von Benutzer »Camillus Matinius Plautius« ist bereits voll.


    tsts :P =)


    Nur mal so eine Idee: Wie wärs damit, einen eigenen Posteingang Medeia-Plautius -Thread aufzumachen? :P :D