Der Alexandriner läuft in seinem bärtigen Gesicht ganz rot an. Er bereut schon wieder, dass er gesagt hat, was er gesagt hat. Wieso hat er sich von Verus, der seine Worte sicherlich nicht bösartig gemeint hat, so provozieren lassen, dass er seine Muße und Besonneheit vergessen hat? Am liebsten würde er im Boden versinken, so sehr schämt er sich.
Obwohl er seinen Gesprächspartnern dankbar ist, dass sie das Thema wechseln, wird er trotzdem viel unsicherer in seiner Sprache und Struktur. Sich zur Antwort gezwungen sehend, entgegnet er:
"Ein weiser und guter Handwerker ist sicher in der Lage, beides zu verbinden. Aber in der Politik sieht dies oft anders aus, denn was für den einen weise und gut ist, kann für den anderen unverständlich und schlecht sein. Moral und Staatsraison sind zwei verschiedene Paar Schuhe."
Schon etwas fester führt er weiter aus:
"Allerdings hast du mich, glaub ich, falsch verstanden, wie ich das gemeint habe.
Nehmen wir einmal nur das Beispiel Rhomäer und Hellenen. Das eine Volk hat eine Moral, die auf der Landarbeit, auf der Sippe und Familienzugehörigkeit und der Treue zum Staat beruht. Das andere ist ein Volk von Städtern, das Handwerk und Handel betreibt und das Wohl des Einzelnen über die Belange von Staat und Familie stellt. Wenn einer über den anderen herrscht, sind Konflikte vorprogrammiert, obwohl sich beide im Recht sehen.
Deswegen halte ich es für nicht dienlich, einen Mann mit fester, in dem Fallle rhomäischer Moral als Verwalter einzusetzen. Ein Verwalter darf sich nicht zu sehr von seiner Moral leiten lassen, sondern muss in erster Linie für die Wünsche seiner Untergebenen Sorge tragen um gut zu sein."
Jetzt lächelt Theodorus wieder ein bisschen.