Beiträge von Theodoros Alexandreus

    Theodorus kann seine Freude über diese Konversation mit zwei gebildeten Menschen nicht verkneifen. Strahlend wie ein kleines Baby folgt er dem Gespräch und gibt hin und wieder seinen Senf dazu.
    Zum Athener gewandt antwortet er mit einem ironischen Lachen und nicht ohne Schwärmerei:


    "Ich denke, der erste Eindruck, den meine Heimatstadt auf den Reisenden macht, ist ein unglaubliches Chaos. Die Stadt ist eigentlich griechisch, im alltäglichen Verkehr wird Koiné gesprochen, wir haben ein Gymnasion, eine Agora, eine Ekklesia und griechische Archonten, aber man kann nicht wirklich sagen, welches Volk diese Stadt am meisten geprägt hat. Du findest griechische Agoren und Standbilder neben Obelisken und ägyptischen Tempelfriesen. Und auf den breiten, geraden Straßen und Boulevards wimmelt ein schreiendes und tobendes Völkergewirr, Griechen, Ägypter, Juden, Perser, Berber, sogar Araber, Inder und Menschen aus dem fernen Serea und den Regionen unter der großen Wüste triffst du hier zuhaufe an. Das muss man gesehen haben, das kann man sich so wohl kaum vorstellen. Die vielen Eindrücke, die Farben, die Gerüche, die Laute, erschlagen einen geradezu. Sogar Rom kommt einen dagegen vor wie eine ruhige kleine Polis. Aber ich würde nirgend anders lieber meinen Lebensabend verbringen wollen. Alexandria ist wahrlich die Königin aller Städte."
    Dann fügt er zur Entschuldigung an seine beiden Gesprächspartner hinzu: "Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine..."


    In das Gespräch über das Griechisch lernen wirft er ein: "Griechen findet man hier viele, aber wenige, die die Sprache der Klassiker sprechen. Obwohl Rom natürlich kein Ort ohne Bildung ist. Und kleine Konversationen auf griechisch wie die unsere kann man hier doch auch finden. ;)"


    "Oh, Bibliotheken gibt es in Rom zuhauf. Sie sind zwar nicht vergleichbar mit dem Museion und schlecht geordnet sind sie auch, aber man findet hier allerhand brauchbares. Eine gute Bibliothek befindet sich übrigens genau in dieser Therme." Er deutet kurz in die Richtung des Ortes. "Ich selbst wollte mir nach dem Bade den Corpus des Aristoteles zu Gemüte führen."


    "Verzeiht übrigens, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt: Mein Name ist Theodoros, Sohn des Iosephos, Bibliothekar und Philologos am Museion zu Alexandria."

    Ja, nackig und durchnässt im Badebecken sind alle Menschen gleich. :] "Respekt, Respekt, mein lieber, ich habe selten einen Römer getroffen, der ein so vorzügliches Attisch spricht. Ich selbst wäre froh, würde ich ein solch klassisches Griechisch beherrschen. Wir Alexandriner sprechen nämlich nicht so sauber." Dann fragt er den anderen, etwas blasseren: "Und du, bist du auch Römer?" Hier kann man ja richtig Minderwertigkeitskomplexe bekommen...

    Verdutzt schaut Theodorus den Scholaren an. "Ich denke, das mit dem sebstständigen Denken wird der größte und schwierigste Teil unserer Lehrstunden sein..." Fragwürdig, sehr fragwürdig das ganze.


    "Gut, das wär dann eigentlich alles für heute. Wieviel bist du nun bereit zu zahlen?"


    Sim-Off:

    Ich mach dann nen neuen Thread fürs nächste Mal. Ich will die Synagoge nicht so zuparken.

    Sim-Off:

    Das Griechisch-Problem ist mir auch schon überm Weg gelaufen. Mit Hebräisch ists übrigens genauso.


    Theodorus, der sich gerade auf dem Rücken treibend befindet, dreht seinen Kopf erfreut um und ruft den beiden zu: "He, He..." weiter kommt er nicht, weil er erst einmal aus dem Gleichgewicht fällt und untertaucht. Dann taucht er aber gleich wieder auf:


    "Entschuldigt. Ich habe gerade gehört, was ein vorzügliches Griechisch ihr beiden gerade spracht. Stammt ihr aus Attica?"


    Natürlich redet er dabei auch griechisch.

    Noch was tolles zum Thema Zügellosigkeit in der Antike. Im heutigen Spiegel befindet sich eine Buchbesprechung (Allan und Cecilia Klyne: Das Buch der antiken Rekorde) und im Artikel ist einiges aufgelistet:


    1. Die Kaiserin Messalina, Gattin des Claudius hat mit der bekanntesten Hure Roms einen Beischlaf-Wettbewerb veranstaltet, wer länger könne. Die Kaiserin siegte mit 25 Runden.


    2. Bei einem Wetttrinken soff einer von Alexanders Soldaten 13,5 Liter Wein. Danach viel er tot um.


    3. Ein sodomistisch veranlagter sizilianischer Hirte ließ seine Ziege mit Duftwasser gurgeln, bevor er sie bestieg, da er den Mundgeruch sonst nicht aushielt.


    Sowas und vielerlei mehr Kuriositäten scheint es damals gegeben zu haben. Diese Dinge wurden auch in einer Art Klatschheftchen, den "Mirabilia" an das sensationlüsterne Publikum verteilt. Egal ob derartige Dinge stimmen oder nicht, allein die öffentliche Rezeption solcher Geschichten zeugt von einer Gesellschaft, die man nicht gerade ernst und prüde nennen kann. Auffällig fand ich dabei auch, dass derartige Ausschweifungen vor allem in den oberen Schichten verbreitet und nach außen publikumswirksam propagiert wurden.

    Sim-Off:

    Darf man sich noch dazu gesellen? :)


    Ah! Ein erfrischendes Bad nach der schwierigen Arbeit des Denkers ist genau das richtige! denkt sich Theodorus und steigt in das kalte Becken. Dort paddelt er ein bisschen herum, plantscht und prustet und lässt seinen dicken Körper auf der Wasseroberfläche treiben, während er grinst wie ein kleines Kind beim Badeurlaub.
    Da horcht er auf: Unterhalten sich da nicht zwei auf Griechisch?

    Sim-Off:

    Juden, die sich selbst als Griechen sahen und bezeichneten, gab es schon. Allerdings sahen die nichtjüdischen Griechen das meißtens anders... :D


    "Es wird erst beraten, wie man gegen die Aufständischen vorgehen soll? Haben Kaiser und Senat denn nicht schon längst Truppen nach Hispania geschickt, um den Frieden wieder herzustellen? 8o"
    Theodorus, der selbst aus einer ständigen Krisenregion des Reiches kommt, kann nich ganz verbergen, dass er ehrlich schockiert ist darüber, wie gelassen der Senator die Situation bewertet. Das Reich scheint ja zunehmend zu verkommen bei dieser Nachlässigkeit. Im goldenen Zeitalter des Sebastos* wär so etwas nie passiert.
    "Solche rebellischen Umtriebe müssen doch so schnell wie möglich beendet werden, sonst breitet sich so ein Aufstand schnell aus." Dann fügt er seufzend hinzu: "Denn leider sind zu viele Menschen auf dieser Welt nicht so einsichtig, dass sie erkennen, was das Gute und Richtige ist. Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn die weise Herrschaft des romäischen Basileus* auf einmal wegbrechen würde! Chaos und Pöbelsherrschaft wären die Folgen. Viele Menschen würden sterben. Da ist es doch gut, dass die Acta das Volk wachrüttelt, damit so was nicht passieren kann!" Theodorus malt sich das Übelste aus...


    ____
    *Sebastos= Augustus
    *romäischer Basileus= römischer Kaiser

    "Grieche!" verbessert Theodorus sofort mit erhobenen Finger. "Meine Vorfahren waren Hebräer. Ich bin Hellene, habe nur den Glauben meiner Ahnen behalten." Diese Trennung scheint dem Peregrinus sehr, sehr wichtig zu sein. "Eigentlich lehre und forsche ich in Alexandria am Museion."
    Dann überlegt er, was denn noch in der Zeitung stand, aber muss feststellen, dass er so weit gar nicht gekommen ist. "Soweit ich informiert bin, schwelt im Süden Iberiens schon länger ein Aufstand, Gott möge die Verräter an Kaiser und Vaterland bestrafen. Aber dass sie sich "Elefanten" nennen, war mir neu. Hat das irgendwas mit den Elefanten des Hannibal zu tun?"

    "Äh, ja, das ist richtig..." bestätigt Theodorus den Octavier etwas verwirrt, da er mit der geänderten Situation noch nicht ganz umgehen kann. Selbstsicherer ergänzt er: "Der Artikel verbreitet Unwahrheiten über unseren Glauben und rückt unsere kleine Gemeinde in ein schlechtes Licht. Wenn das der Kaiser wüsste..." Weitere Ausführungen spart er sich erst einmal, da er den Senator und dessen Ansichten nicht kennt.

    Sim-Off:

    Maria und Rabbi nicht. ;)


    Der Rabbi zieht seine rechte Augenbraue nach oben. "Gerne, aber war-" Da wird er von seiner Frau unterbrochen, die ihn irgendwas ins Ohr flüstert, während sie skeptisch zum Jungen hinüber blickt. Dann hört sie auf, zu reden und schaut den Rabbi ernst ins Gesicht. Es herrscht Stille im Raum. Bedrückende, unangenehme Stille.


    Auf einmal kichert der Rabbi leicht in sich rein. Ganz offensichtlich kann dieser die Ausführungen seiner Frau nicht ganz nachvollziehen. "Wir haben leider keinen Hinterausgang. Du musst schon wieder die Tür benutzen."

    "Nun ja, ich bin ein alter Mann..." antwortet der Rabbi etwas verwundert auf die Frage des jungen Mannes, wobei das "verwundert" eher nach "ratlos" ausschaut. Wenn man das alte, zerfurchte Gesicht des Rabbis genauer betrachtet, kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, dass der Rabbi ein Mensch ist, der auf dem dünnen Drahtseil zwischen Weisheit und Senilität balanciert...

    "Ein Händler bist du? Na, dann grüße ich dich doch auch ganz herzlich im Namen der schönen Stadt Ostia. Mit was handelst du denn?


    Und am Gottesdienst kannst du natürlich teilnehmen. Ich hoffe, dass der Herr es in seiner Größe und Weisheit niemals zulassen möge, dass dem Gläubigen der Weg zu ihn verwehrt bleibe. Du weist ja, wann die Zeiten sind."


    Die Sprache des Rabbiners klingt irgendwie müde und schwach. Er lebt schon lange hier und hat hier schon viele Gottesdienste gehalten. Manchmal ging es ihn gut und manchmal schlecht. Aber bisher hat er noch jeden Gottesdienst seine Pflicht getan und niemals hat er Jemandem den Zugang zur Synagoge versperrt.


    "Auch sonst kannst du dich in der Gemeinde umschauen, wie es dir beliebt. Beachte aber bitte, dass hier alle Juden kommen, die es nach Ostia verfrachtet. Die wenigsten bleiben lange Zeit und unter ihnen finden sich alle möglichen Strömungen. Sei also nett zu ihnen."


    Das muss der Rabbi noch hinzufügen, denn auch wenn man jeden die Tür aufmacht, kann man ja nie wissen, wer es ist. Und er will Streit vermeiden. Und auch nicht, dass die Gemeinde in Ostia bei den Römern in Verruf kommt, nur weil sich irgendein Fanatiker unter ihnen befindet.

    Sim-Off:

    Wikipedia informieren reicht für mich vollkommen ;)


    Etwas zweifelnd schaut Theodorus auf den jungen Scholaren herab, der sich gerade in Art einer Religion, die erst in 500 Jahren erfunden wird, vor ihm auf und ab wirft.


    "Ist schon gut. Du kannst dich jetzt wieder hinsetzen." Es klingt mehr wie ein Befehl als eine Bitte.


    "Gut, dann möchte ich dich mal in die Grundlagen deiner Ausbildung einführen. Sei nicht zu stolz auf dein Wissen. Wissen allein reicht nicht. Ich bin Bibliothekar in Alexandria, nicht der Pädagoge irgendeiner x-beliebigen Akademie oder eines x-beliebigen Lyceums. Die häufig geübte Art und Weise, Wissen zu vermitteln, indem der Lehrer den Schüler alles aufsagt und der Schüler nur dumm lernt und auswendig plappert ist zwar wichtig für die Grundlagen, aber nicht das, was das Museion so groß und weltbekannt gemacht hat. Deshalb hör jetzt gut zu:"


    Die Rede Theodorus klingt jetzt ein bisschen wie der typische Umgangston eines Kasernenhofes.


    "Ich werde dir nichts vorsagen. Um alles Wissen, alle Themengebiete wirst du dich selbst kümmern müssen! Ich werde mich mit dir unterhalten, ich werde mit dir diskutieren, ich werde deinen Kopf beanspruchen und trainieren. Du wirst denken müssen, bis dir der Schädel platzen wird! Und ich werde dir nicht helfen, dich aufzurichten! Ist dir klar, worauf du dich einlässt?"


    /edit: Zumindest ist das Theodorus Meinung zum Thema Forschung und Lehre und er hält das Konzept für gut, bewährt und revolutionär. Außerdem ist er manchmal eine faule Sau.

    Theodorus wird in seinem Ärger gebremst, als ein anderer Mann ins Gespräch hineinplatzt. Dann wird er wieder in seinem Ärger bestätigt, als Detritus ihn vorstellt. Dass diese Römer sich einfach nicht merken können, zu sagen: Das ist Theodorus, Bibliothekar am Museion in Alexandria. Hier gilt sein Name einfach nichts. Deswegen sucht er ja auch bekannte Leute auf für den Leserbrief.
    Er lässt sich aber nichts anmerken sondern grüßt den Octavier freundlich:


    "Salve Senator."

    Sim-Off:

    Ich hab eine Menge Schmarrn bei mir gebunkert, nur nie das, was man braucht (Ein anständiges Buch über antike Philosophie z.B. ;)


    "Gut, gut. Das ist immerhin schon mal ein Anfang. Das dritte war das Liniengleichnis, übrigens." meint Theodorus anerkennend. Die meisten Griechen wissen zwar über die Klassiker- Homer und so weiter- Bescheid, haben aber Platon oft nur vom Namen her gehört. Trotzdem: "Hausaufgabe für die nächste Woche: Du liest die Politeia von Platon, siebtes Buch. Dann schauen wir, ob du alles verstanden hast."