Beiträge von Flavia Epicharis

    Epicharis hatte zwar keine Probleme, dem Decimer zu folgen, doch runzelte sie dennoch die Stirn. "Wenn die Villa Claudia Probleme mit der Zuleitung des Wassers hätte, so würde sofort ein Sklave zum Büro des Curators geschickt werden. Da kein claudischer Sklave bei euch gewesen ist, kannst du davon ausgehen, dass es kein Problem mit der Wasserleitung gibt. Davon abgesehen bin ich selbst zu selten in Rom, um über derartige Dinge Bescheid zu wissen. Auch was die Abrechnung angeht, muss ich dich leider vertrösten. Mein Vater verwaltet das Geld, doch er weilt in Mantua. Es wäre besser gewesen, ihr hättet einen Brief geschickt. Ich werde ein Schreiben nach Mantua aufsetzen und meinen Vater um weitere Instruktionen bitten, doch vorab, fürchte ich, sind mir die Hände gebunden und du hast den Weg umsonst gemacht."

    Epicharis hingegen gab sich sehr zurückhaltend, was den Weingenuss betraf. Nach dem ersten Glas bat sie den Sklaven, der ihr nachschenken wollte, um kühles Wasser statt des wirklich vollmundigen Rosé. Wieder einmal erlangte sie den Schluss, dass Wein nur etwas für Männer war, denn da sie – Epicharis’ Meinung nach - öfter tranken als Frauen, konnten sie mit der Wirkung des Rebensaftes weitaus besser umgehen. Da blieb sie lieber klaren Verstandes und trank Wasser. Während sie sich zartes Geflügelfleisch auf der Zunge zergehen ließ, sah sie sich um. Inzwischen beschien die Sonne die ganze Terrasse, spielte in herrlichen Reflektionen mit dem Wasser des Krokodilbassins und ließ die auf dem Boden liegenden Edelsteine hin und wieder geheimnisvoll funkeln. Die Claudierin schloss einen Moment die Augen und genoss das wunderbar warme Gefühl, dass die Sonne auf der Haut verursachte. Hoffentlich würde sie nicht zu braun werden, aber die Frühlingssonne war auch noch nicht so stark, dass sie die blasse, aristokratische Haut erheblich dunkeln lassen konnte. Gerade überlegte sie, was sie als nächstes kosten sollte, als Aristides Epicharis’ Vermutung bestätigte und Serenus seinen Sohn nannte. Keine besonders verlockende Aussicht, wenn dieses Essen wirklich das war, wofür Epicharis es immer noch hielt (wenngleich Aristides sich doch beträchtliche Mühe zu geben schien, ihre Neugier immerfort zu schüren, indem er einfach nichts sagte – aber wer weiß, vielleicht war das ein abgekartetes und genau berechnetes Spiel?). Sie lächelte lediglich, denn so genau hatte sie den kleinen Lucius nicht kennen gelernt. Es reichte natürlich, um sich ein erstes Bild zu machen, das nicht gerade positiv ausfiel, aber... Epicharis beschloss, erst weiter über den Jungen nachzudenken, wenn es wirklich akut werden sollte. Kurz glitten ihre Gedanken zu der Tochter, die der Flavier erwähnt hatte, und sie fragte sich, ob sie wohl genauso war oder aber anders - und wenn ja, wie anders – dann gewahrte sie Aristides’ Blick und nahm erneut etwas zu essen. „Diese Wachteln sind einfach köstlich“, sprach sie, um ihr Gefallen auszudrücken. Noch dazu die Idee, in einem Hortus Domesticus zu speisen, unter freiem Himmel mit der wärmenden Sonne im Nacken – eine wunderbare Idee. Sie begann, den Einfallsreichtum des Flaviers zu schätzen. Gleichzeitig hörte sie wie aus dem Nichts die Stimme ihrer verstorbenen Tante Sagitta sagen: ‚Kind, eine Frau muss sich stets rar machen, wenn sie einem Mann gefallen und ihn für sich gewinnen will.’ Epicharis seufzte leise. Sagitta war Zeit ihres Lebens gefüllt mit guten Ratschlägen gewesen. Epicharis vermisste ihre Tante, blinzelte und sah gen Himmel. Wenigstens war sie im Elysium wieder mit ihrem Onkel vereint. Erneut lenkte Aristides ihre Aufmerksamkeit auf sich.


    „Naja, deinen Sohn und Leontia, um es genau zu nehmen. Sonst habe ich keinen gesehen außer Antonia, und sie kenne ich natürlich schon. Bedauerlicherweise war es mir vergönnt, damals der Hochzeit beizuwohnen, sonst hätte ich sicherlich einen besseren Überblick, was deine Familie anbelangt“, erwiderte Epicharis und lächelte. Auf ein Stück des Laganum verzichtete Epicharis, denn sie befand, dass die Wachteln eindeutig besser schmeckten und Eierkuchen einfach nicht recht dazu passten. So tat sie sich weiterhin gütlich am Fleisch, mahnte sich aber zugleich, nicht zu viel zu essen, auch wenn es wirklich köstlich schmeckte. Auf ihre Frage reagierte Aristides zuerst gar nicht, dann stellte er abschließend seinen Weinbecher fort und bat Epicharis, einen kleinen Spaziergang mit ihm zu unternehmen. Die Claudierin tat das nur zu gern, denn so würden die Speisen sacken und sie die anderen Tiere des Parks sehen können. „Gern“, gab sie daher zurück und setzte sich auf. Dhara war zur Stelle und Epicharis ließ sich aufhelfen, während ein Vestispicius die Toga des Flaviers richtete. Epicharis stibitzte sich noch eine Olive, ließ sie verstohlen im Mund verschwinden und trat sodann neben den Flavier, blieb aber – scheinbar unschlüssig – in kurzem Abstand stehen. Sie ging davon aus, dass er sie führen würde, doch wartete sie einfach ab, was geschehen würde. "Gibt es hier Raubkatzen? Ich würde schrecklich gern zu den Raubkatzen gehen."

    Es dauerte auch wahrlich nicht lange, da erschien die in dunkles Rot gewandete Epicharis, dicht gefolgt von Sharif, der sie noch zu dem Aquarius geleitete und dann wieder in Richtung der Porta abdrehte. Epicharis indes begrüßte den Fremden mit einem Nicken. "Salve, Decimus. Ich bin Claudia Epicharis. Sharif sagte mir, du wünschtest mich wegen einer Wasserangelegenheit zu sprechen?"


    Seltsam genug, dass man neuerdings nicht wenigstens einen vorwarnenden Brief schrieb, sondern einfach nach Belieben kam. Im Grunde genommen hatte Epicharis rein gar nichts mit dem Wasser zu tun, geschweige denn mit der Bezahlung desselben. Dennoch blieb sie höflich und freundlich, wie es die Etikette verlangte. Unter anderem Umständen hätte Marcellus an ihrer Stelle gestanden und wäre vermutlich weitaus abwesender gewesen.

    Sie war sich des Blickes wohl bewusst, denn wer spürte nicht, wenn er beobachtet wurde? Und dennoch gab sich Epicharis so, als bekäme sie von alledem nichts mit und aß mit bedachten Bewegungen ein weiteres Ei und eine bläuliche Blüte mit Kräuterfüllung. Schon kamen Sklaven, um die Vorspeisen allmählich abzuräumen und den Hauptgang aufzutragen. Die Claudierin fragte sich, was sich Aristides wohl hatte einfallen lassen, während sie es ihm gleich tat und die Fingerspitzen in das mit Blüten versetzte Wasser tauchte, anschließend trocknete. Seine Antwort verwunderte sie etwas, was in einer gehobenen Braue zum Ausdruck kam. „Für mich war es nicht leicht, zwei Jahre lang in Tarraco zu leben und den Rest meiner Familie nicht besuchen zu können. Diese Zeiten waren schwer. Ich habe mich sehr gefreut, alle wiederzusehen“, berichtete Epicharis von sich. Ein warmes Lächeln strahlte über ihr Gesicht, als sie daran dachte, wie herzlich sie alle zu Hause empfangen hatten. „Aber Mantua und Rom liegen nicht so weit voneinander entfernt, da hast du noch Glück, auch wenn man es beim Militär nicht unbedingt leicht hat, ein paar Tage frei zu bekommen.“ Sie dachte da an ihren Vater. Vielleicht aber wollte er auch keinen Freistellung bekommen...


    Die Vorspeisen waren mittlerweile von fleißigen Sklavenhänden durch die Hauptspeisen ersetzt worden – viel ausgesuchtes Fleisch und leckeres Gemüse – und Epicharis ließ sich eine Auswahl zusammenstellen. Mit zum Zeigen erhobener Hand verharrte sie aber, als Aristides ihre Befürchtung bestätigte: Dieser Lucius musste sein Sohn sein. „Lucius Serenus?“ hakte sie dennoch noch einmal nach. Immerhin konnte es viele Lucii geben, Epicharis kannte sich bei den Flaviern nicht so gut aus bisher. „Oh. Ich habe ihn getroffen, als ich meine Großcousine Antonia neulich besucht habe. Wir waren anschließend gemeinsam auf dem Markt, Antonia, Serenus, Leontia und ich. Ein netter Junger“, sprach sie und es ging ihr wirklich leichtfertig über die Lippen. Auch, wenn sie am liebsten angefügt hätte, dass er äußerst unerzogen, frech und augenscheinlich schwer zu bändigen war. Doch Epicharis ließ es, auch wenn die Aussicht darauf, dass es vermutlich zukünftig ihr obliegen würde, ein Auge auf den kleinen Wilden zu haben, ihr nicht gerade behaglich vorkam. Wie der Junge gen nötigen Ernst aufbrachte, um einem Priester in Götterbelangen zur Hand zu gehen, war Epicharis schlicht ein Rätsel. Insgeheim hoffte sie, dass Aristides’ Tochter nicht genauso sein würde. Anderenfalls würde das eine harte Zeit werden. Aber, so sagte sie sich, noch war dies nichts weiter als ein Essen unter dem Stern der Güte ihres Vaters.


    Die Antwort auf die Frage aller Fragen, die vermutlich auch Licht hätte ins Dunkel bringen können, was die Überlegungen bezüglich seiner Kinder betraf, fiel nichtssagend aus. Ein salischer Festtag war der Grund, den er vorgab. Epicharis kaute gesittet auf einem Stück Wachtel und fragte sich, ob sie vielleicht zu viel interpretierte. Doch das Vorhandensein von Dhara bestätigte eigentlich schon das Gegenteil, denn wer schenkte einer Patriziern schon eine Sklavin, wenn nicht aus gutem Grund?


    „Das Regifugium. Ja, ich hörte davon“, gab sie daher lediglich zurück und fragte sich, wie sie nun am besten aus dem Flavier herausbekommen konnte, was seine wirklichen Absichten waren. Und das am besten, ohne dabei neugierig oder gar dreist zu wirken. Schon riss sie die nächste Frage aus diesen Gedanken. Kinder, ob sie Kinder mochte. Epicharis lächelte flüchtig und sah Aristides an. Wenn sie nicht so sind wie dein Lucius, dann ja, wollte sie sagen, doch war das nicht ausreichend höflich. Stattdessen verließen andere Worte Epicharis’ Lippen, denn sie erkannte, dass diese Frage perfekt zu dem passte, was sie wissen wollte. „Nun ja, ehe ich mir über eigene Kinder Gedanken mache, sollte ich zumindest einmal verheiratet sein“, sagte sie und lächelte verschmitzt. „Aber falls deine Frage auf Kinder im Allgemeinen abzielt, so lautet die Antwort Ja. Kinder sind stets eine Bereicherung für die Familie, von den Eltern einmal abgesehen. Sie tragen das Erbe und führen die Geschichte der Familie fort“, fügte sie dann etwas ernster hinzu. Und dann – sie konnte es nicht lassen – kam die unschuldig wirkende Frage: „Warum fragst du?“


    Shraif führte den Aquarius ins Atrium und ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Man konnte nie wissen. Die zwei Handlanger mussten draußen warten. Immerhin war die Villa Claudia keine Zwischenparkstation für irgendwelche Peregrini, die sich ihr Geld beim Geldeinsammeln verdienten. Sharif hielt inne in seinen Gedanken und grinste. Verwirrende Wirrungen. "Warte hier, ich werde die Herrin von deinem Kommen unterrichten." Er nickte dem Decimer noch einmal zu und sah ihn eine Spur länger an als es nötig gewesen wäre, dann verschwand er hinter einer Säule und ließ den Mann nahe beim Impluvium zurück.


    Aquarius von Rom? Sharif beäugte den Mann kritisch von oben bis unten, nur um ihn anschließend von unten bis oben erneut prüfend anzuschauen. Er fragte sich, ob Geldeintreiber der Stadt ebenfalls zum Pöbel oer gar zu geldbettelnden Leuten gehörten. Wenn ja, so würde diesem Mann der Zutritt zur Villa Claudia verwehrt bleiben. Ganz entscheiden konnte sich der Ianitor allerdings nicht. "Der Hausherr ist nicht zugegen", informierte er den Besucher sodann in seiner desinteressierten Art und wollte schon die Tür schließen, als er sich fragte, ob diese Wassersache nicht vielleicht doch wichtig war und man ihn nicht auspeitschen würde, wenn er den Herren nicht einließ und sein Anliegen meldete. So hielt er inne und öffnete die Tür etwas weiter. "Aber wenn's wichtig ist: Die Herrin ist anwesend."

    Während Dhara noch damit beschäftigt war, Epicharis’ Tunika zu richten, begann die Claudierin ebenfalls mit dem Essen. Zuerst kostete sie den Wein, der das blaue Glas violett Schimmern ließ. Er war gar nicht so trocken, wie sie vermutet hatte, im Gegenteil, schmeckte sogar richtig gut. Dennoch würde sie aufpassen müssen, dass der Wein ihre Sinne nicht benebelte, denn sie war Alkohol einfach nicht gewohnt. Epicharis tat es Aristides gleich und zupfte an einer Blüte, aß sie schließlich und erkannte, dass sie ganz ausgezeichnet schmeckte. Anerkennend nickte sie. Sehr unerwartet kamen nun drei blausilberne Frauen mit Instrumenten, die die Luft alsbald mit zarten, orientalischen Klängen erfüllten. Das alles musste eine ziemliche Menge gekostet haben, vermutete Epicharis, als sie den Flavier nachdenklich musterte. Ein Blick zu Dhara offenbarte ihr, dass diese am liebsten getanzt hätte und nur mit Mühe die Füße stillzuhalten vermochte. Kurz überlegte Epicharis, ob sie ihre Sklavin nicht bitten sollte, zu tanzen, verwarf den Gedanken jedoch rasch wieder, denn damit hätte die babylonische Sklavin nur die Blicke des Mannes auf sich gezogen und das wollte Epicharis nicht.


    Wie Aristides Baiae beschrieb, hatte Epicharis es nie gesehen. Das war auch kein Wunder, denn ein Tross besorgter Hütesklaven hatte sie nie aus den Augen gelassen und damit die vermeintliche Schönheit der Region getrübt. „Ich war zwölf, als ich Baiae bereiste. Es waren auch nur fünf Wochen, die ich dort verbrachte, immer in Begleitung von Leibwächtern und Sklaven, die das Wort meines Vaters fürchteten und mich kaum einen selbstständigen Schritt tun ließen.“ Kein Wunder, denn er hatte ihnen angedroht, die Haut in Streifen abzuziehen, wenn Epicharis etwas zustieß. „Von den Quellen hörte ich, doch konnte ich nicht in den Genuss kommen, mir ein eigenes Bild zu machen. Dieses Blütenmeer würde ich wirklich gern einmal sehen, ich war leider im Herbst dort.“ Epicharis dachte an die vielen Bäume, die ihr Laub abgeworfen hatten und einfach nur trist wirkten. Auch wenn es in Italia nicht so häufig regnete, hatte es während dieses Aufenthalts beinahe ständig genieselt. Die wenigen Stunden am Tag, die es nicht geregnet hatte, war Epicharis natürlich unterwegs gewesen - und zwar einkaufen, vorwiegend. Eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, daher war es gar nicht einmal so schlecht, wenn Aristides so viel Geld hatte, dass er sich diese pompöse Einladung leisten konnte, überlegte Epicharis und verspeiste eine Schnecke. Auch die Eier kostete sie und befand, dass die gerade in Verbindung mit diesem Dillschaum sehr köstlich waren.


    Nach diesem Ei begann das Gespräch wirklich interessant zu werden. Aristides hatte wunderbare Vorlagen für die Fragen geboten, die Epicharis unter den Nägel brannten. „Deine Familie wohnt in Rom, du dienst aber der Legion in Mantua. Fühlst du dich nicht manchmal einsam? Besonders, wenn deine Kinder einige Tagesritte entfernt in Rom wohnen. Ein Besuch wird nur in Ausnahmesituationen möglich sein, vermute ich, da wird es dir nicht anders ergehen als meinem Vater. Und selbst er findet selten genug die Zeit, auch nur für die Dauer einer Cena daheim zu weilen, obwohl das Kastell doch nur einen Steinwurf entfernt liegt.“ Davon, dass Vesuvianus zur Stunde auf dem Weg nach Rom war, um beim Kaiser um die Entlassung aus seinem Amt zu bitten, wusste Epicharis noch nichts. „Du sagst, deine Kinder leben hier. Dass du eine Tochter hast, weiß ich aus unserem letzten Gespräch auf dem Bankett. Dann hast du noch einen Sohn?“ Epicharis sah Aristides fragend an und nippte an dem Wein. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Dieser kleine, vorlaute, unerzogene Katzenquäler, der mit dem Mastino – das war doch nicht etwa...?


    „Ja, ich hatte vor, recht bald nach Mantua zurückzureisen. Du kannst dich mit deinem Gefolge gern uns anschließen. Aber darf ich fragen, warum du Rom bereist hast? Es muss doch schwer sein, einige Tage frei zu bekommen“, fragte Epicharis die Frage der Fragen und schlug die Augen kokett nieder. Flüchtig tauschte sie einen Blick mit Dhara.

    "Wunderschön!" pflichtete Epicharis Minervina bei und nickte mehrere Male. Bald deutete sie auf einen ledernen Würfelbecher, in dessen Leder kleine Motive eingebrannt worden waren. Diese Becher gab es mit den unterschiedlichsten Bildchen. Am besten gefiel Epicharis ein Würfelbecher, auf dessen Äußeres kleine Blüten zu sehen waren. Sie jauchzte. "Ach schau doch nur einmal! Ist das nicht ein herrliches Werk? Ich würfele zwar selten, viel mehr reizen mich Brettspiele - aber diesen Becher dort, den muss ich unbedingt haben!" Sprach's und ließ dem Händler die vier Sesterzen im Tausch für den Würfelbecher reichen. Der gute Mann schlug ihn zweimal in Papier ein und reichte ihn dann einem der Trägersklaven. Epicharis war zufrieden. "Wo sind denn die anderen?" fragte sie Minervina.

    Kassandra bewies ein gutes Augenmaß, denn die ausgesuchte Tunika schien ihr wie angegossen zu passen, zumindest, was das erste Anhalten anbelangte. Ob sie auch wirklich gut sitzen würde, das musste sich natürlich erst noch herausstellen. Aber für den Fall, dass dem nicht so sein würde, hatte Dhara bereits verlauten lassen, dass sie des Nähens mächtig war. Epicharis nickte Kassandra zu und ließ den Blick sodann weiter über die Märkte schweifen, darauf bedacht, einen Händler zu suchen, der gutes und robustes Schuhwerk herstellte und hier feilbot. Bald schon hatte sie einen Sandalenverkäufer gesichtet und beschlossen, auch diesem gleich noch einen Besuch abzustatten. Ein Blick auf Dharas und Kassandras Schuhwerk sagte ihr, dass dies dringend notwendig war. So wandte sie sich vorerst um, um zu schauen, wie weit die beiden waren. Nordwin stand mürrisch neben den zwei Sklavinnen und hielt bereits drei Tuniken, Dhara wartete ebenfalls und Kassandra zeigte ihrer neuen Herrin die Kleidung. Mit fachfrauischer Miene begutachtete Epicharis Stoff und Schließe der drei Tuniken und nickte. "Abgemacht, die nehmen wir alle drei. Gib sie doch bitte Nordwin, er wird sie tragen." Das Blau von Kassandras Tunika gefiel Epicharis recht gut, es wirkte frisch und würde sicher famos zu ihrem hellen Haar stehen. Mode war heutzutage wirklich alles. Wer nicht ständig die Kleidung der engsten Sklaven mit seiner eigenen abstimmte, war im Rom diesen Jahres nicht mehr ganz oben mit dabei. Und Epicharis wollte ganz oben mit dabei sein, wenn es um Mode ging. In Leontia hatte sie eine Verbündete gefunden und mit diesen beiden Sklavinnen zwei perfekte Gegensätze, die man mittels der Mode noch herausarbeiten konnte.


    Epicharis lächelte in sich hinein, gerade, als es erneut grollte. Inzwischen leerte sich der Markt bereits etwas, auch wenn der Wolkenbruch noch etwas auf sich warten lassen würde. Händler brachten ihre Ware in Sicherheit, Kinder liefen hinter ihren Müttern her - und Epicharis stand mit Kassandra, Dhara, Nordwin und einer kleinen Schar von Begleitsklaven bei dem Stand und übersah den Schauplatz des Geschehens. Erst Dharas Worte rissen Epicharis aus ihrer Lethargie. "Was? Oh, ja, natürlich. Aber zuerst müssen wir noch Sandalen für euch beide kaufen, und diese Zutaten, die du für die Tinkturen und Salben benötigst, Dhara", gab sie zurück und deutete auf den Schuhverkäufer, der eben einige Kartons mit schicken Lederriemchensandalen hinter den Verkaufstisch und unter seine Markise brachte, damit sie nicht nass werden würden. Gemeinsam mit den anderen setzte sie sich in Bewegung.


    Noch ehe sie beim Stand ankamen, wies Epicharis Dhara und Kassandra an: "Gut, also hier braucht jeder von euch ein Paar ganz normale Sandalen ohne Zierde. Die Größe sollte aber stimmen." Nordwin lief hinterher und zog Grimassen, murmelte etwas von "Frauen", "einkaufen" und "Wahn". Epicharis zog es vor, das besser zu überhören.


    Sharif, der Ianitor der Villa Claudia, wirkte stets desinteressiert und abweisend. Deswegen hatte man ihm auch bald nach dem Kauf diese Tätigkeit zugewiesen. Er war ganz zufrieden damit, denn so musste er nicht diese gekünstelte Freundlichkeit zur Schau stellen, mit denen die meisten anderen claudischen Sklaven tagtäglich umzugehen hatten, sondern konnte sein, wie er war, eben mürrisch, abweisend und desinteressiert. Heute war es nicht anders. Es klopfte, und Sharfi schlurfte gemächlich zur Tür, um sie nur eine Handbreit zu öffnen und mit seinem nubisch-schwarzen Gesicht hinauszuspähen.


    "Wer bist du, was willst du", rasselte er seinen Spruch herunter, den er lediglich für Senatoren und Patrizier etwas höflicher gestaltete. Der Klopfende war keines von beiden, also musste er auch nicht höflich sein. So wartete er auf eine Antwort und machte keine Anstalten, die Tür noch weiter zu öffnen.



    Sim-Off:

    Sich melden und zahlen wird der Papi sich, er weiß Bescheid. Spielen musst du aber mit mir. :D

    Natürlich bemerkte Epicharis das entzückte Blinzeln des Flaviers, und natürlich schlug sie in genau jenem Moment die Lider kokett nieder, da das Verlegenheitsgefühl in ihm aufkeimte, von dem sie nichts ahnte. Immerhin hatte sie von einem Gespräch mit ihrem Vater rein gar nichts mitbekommen. Auch für sie war das Gefolge nun Unwichtig, doch mit einem zufriedenen Blick bemerkte sie Dharas auf sie abgestimmte Verbeugung und ihre Bereitschaft, ihrer Herrin jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Nordwin sah sie nicht, er stand irgendwo etwas abseits, vermutlich bei Hannibal und Aristides’ anderen Sklaven. Doch auch er würde bereits sein, einzugreifen, auch wenn Epicharis davon überzeugt war, dass keine Gefahr drohte. Aber wissen konnte man schließlich nie.


    „Hab Dank für dein Kompliment“, entgegnete sie und zeigte in einem Lächeln die glänzenden, weißen Zähne, um die sich Dhara zuvor extra noch mittels Stoff und Marmorstaub bemüht hatte. Sie überlegte, wie weit er ihr wohl voraus sein musste mit seinem Wissen. Dass er bei ihrem Vater gewesen sein musste, stand eigentlich außer Frage. Kein Patrizier hätte es je gewagt, eine unverheiratete Frau ohne die Einwilligung ihres Vaters einzuladen. Nur: Worüber hatten er und Vesuvianus noch gesprochen? Stand am Ende gar schon alles fest, von der Entscheidung über die Mitgift bis zu den Terminen? Oder würde Epicharis morgen bereits von einem anderen Herren eingeladen werden, musste eine Art Konkurrenzkampf mitmachen? Ihr fiel auf, dass sie rein gar nichts von der Ehe wusste. Sicherlich, ihre Tante und auch die Lehrer hatten gute Arbeit geleistet, aber alles wusste Epicharis sicherlich nicht. Sie beschloss, es baldig herauszufinden, gewahrte Aristides’ Geste und wandte sich zu den Klinen.


    „Da hast du wahrlich recht. Es ist wunderschön hier! Die vielen buntgefiederten Vögel auf dem Weg hierher haben mich verzaubert, wenn ich doch auch gestehen muss, dass in den Krokodilen etwas reservierter gegenübergetreten bin. Und die Blumen erst, ich wusste nicht einmal, dass derzeitig schon so viele blühen! Eine wahrhaft gelungene Überraschung“, lobte sie seine Idee und unterdrückte im allerletzten Moment die Frage nach dem Brüllen einer Raubkatze, die sie vorhin zu hören geglaubt hatte. Epicharis war schrecklich neugierig. Das war eine Eigenschaft an ihr, die sie schon manches Mal in unschöne Situationen gebracht hatte, und es fiel ihr außerordentlich schwer, Fragen zurückzuhalten, welche der Besänftigung ihrer Neugier dienten. Sie ging um eine Kline herum und wählte unbewusst diejenige, die näher an dem Terrassensturz und weiter weg vom Krokodilbassin lag. Zuerst setzte sie sich, blickte kurz zu Dhara und legte sodann die Füße ebenfalls hoch, zwar leicht widerstrebend, aber sie würde sich daran gewöhnen, zumindest für dieses Mahl. Mit einem Blick deutete sie Dhara, dass jene ihr die Tunika an den Füßen richten mochte, da sie dort unakkurate Falten warf und Epicharis fand, dass dies nicht schön aussah. Wenn sie schon liegen musste, dann mit Würde.


    Interessiert fiel Epicharis’ Blick nun auf Roms Silhouette, die unter ihnen lag und dem ganzen Ambiente auf eine ganz besondere Art ein gewisses Flair gab und das Gefühl, erhaben zu sein. Der Anblick gefiel ihr durchaus. Doch als ein Klatschen ertönte, wandte sie sich um. Ihr Blick glitt von Aristides zu dem Orientalen, und von dort zu den vielen Sklaven, die nun mit goldenen und silbernen Platten erschienen und Speisen auftrugen. Als Epicharis die Menge derselben erblickte, beglückwünschte sie sich insgeheim, vor dem Aufbruch hierher noch rasch einen Apfel und etwas Brot gegessen zu haben, damit sie hier nicht über die Strenge schlug. Sie fand, dass es sich einfach nicht gehörte, als Frau in der Öffentlich zu viel zu essen. Epicharis war mit bestimmten Verhaltensregeln groß geworden, und diese gehörte dazu, ebenso wie die, dass eine Patrizierin nur sehr selten und wenn überhaupt verdünnten Wein trank und sich nach Möglichkeit setzte zum Speisen. Von alledem konnte Flavius Aristides allerdings nichts wissen, also verzieh sie ihm diese Unwissenheit und richtete sich darauf ein, im Liegen zu speisen und Wein dazu zu trinken. Vermutlich hatte sie dennoch kritisch die Liegen beäugt, denn seine Frage kam gewiss nicht von ungefähr. Epicharis lächelte entschuldigend.


    „Ich bin es nicht gewohnt, liegend zu speisen, doch wird es heute gewiss gehen“, erwiderte sie und schenkte ihm ein kurzes, untermauerndes Lächeln. Eine andere Information allerdings hatte sie aufhorchen lassen. „Du kommst aus Baiae? Ich war nur einmal dort, mein Großonkel residierte ebenfalls dort, bis er vor kurzem zum Rest der Familie zurückkehrte. Baiae ist nett.“ Nett hatte Epicharis höchstens die Einkaufsmöglichkeiten gefunden an Baiae. Alles andere war eher ein billiger Abklatsch von Rom gewesen für ihr Befinden. Das Meer war noch hübsch gewesen, aber rückwirkend und insgesamt betrachtet war der fünfwöchige Aufenthalt sterbenslangweilig und Epicharis froh gewesen, wieder nach Hause zurückkehren zu dürfen. Allerdings musste sie ihm das nicht auf die Nase binden.


    Die Sklaven kümmerten sich ganz aufopferungsvoll um Epicharis und ihre Wünsche, reichten ihr eine Auswahl an blumenverzierten Delikatessen und einen schicken Glasbecher aus verziertem Glas. Verwundert begutachtete sie die Blumen. Noch nie zuvor hatte sie gehört, dass man sie mitessen konnte, auch wenn sie nicht giftig waren, wie Kühe auf der Weide jeden Tag aufs Neue bewiesen. Daher sah sie den Sklaven ungläubig an, der sie dezent darauf hinwies, das es essbare Blumen waren. Noch rührte sie nichts von dem an, was sich auf dem Teller oder in ihrem Glas befand, denn vielleicht kam noch ein Trinkspruch von Aristides, man konnte nie wissen. Doch zuerst bemerkte sie den auf ihr ruhenden Blick, dann stellte er eine weitere Frage.


    „Bedauerlicherweise nicht“, erklärte sie. „In Mantua sind nur eine Handvoll meiner Familienmitglieder anzutreffen, die meisten wohnen in Rom. Meine Schwester Prisca, meine beiden Onkel und meine Cousinen. Allerdings haben sie derzeit wenig Zeit für mich, Onkel Marcellus ist sogar nach Germanien gereist, denn er wurde zum Quaestor Classis ernannt. Du hattest Glück mit dem Zeitpunkt deiner Einladung, denn ich gedenke, in den nächsten Tagen zurück nach Mantua zu reisen. Wie steht es mit deiner Familie, wohnt sie nicht ausnahmslos in Rom?“

    Während Dhara sich der vielen Dinge erfreute, die es hier zu sehen gab, wirkte Kassandra mehr und mehr wie eine verschüchterte junge Frau. Epicharis nahm sich vor, in der Villa ein Gespräch mit ihr zu führen. Aber vorerst war es wichtig, die beiden angemessen einzukleiden. Kassandra deutete auf die grüne Tunika in Epicharis' Hand und die Claudierin besah sich dieses Stück noch einmal genauer, dann drückte sie Kassandra die Tunika in die Hand. "Halte sie dir einmal an. Und wenn sie passt, dann such dir noch zwei weitere Farben von diesem Modell aus", wies sie die Sklavin an und lächelte kurz. Auch Dhara übergab sie eine erdfarbene Tunika. Die dritte hing sie wieder fort, dann blickte sie zwischen den beiden hin und her. Dhara wechselte noch auf eine andere Größe und bat sie schließlich, diese Tunika zu kaufen. Sie erhielt die gleiche Anweisung wie Kassandra, nämlich, sich noch zwei weitere Tuniken auszusuchen. Sie winkte Nordwin, damit er die sechs Tuniken bezahlte, und wartete noch, bis die Sklavinnen sich entschieden haben würden.


    In der Ferne grollte es am Himmel. Das würde vermutlich noch Regen geben. Bis dahin wollte Epicharis wieder im Trockenen sein. Es gab nämlich nichts schlimmeres, denn als Frau überraschend nass zu werden, befand sie. Unruhig überflogen ihre Augen den Markt. Hier gingen zwei Stadtwachen vorbei, dort kaufte eine alte Frau einige Apfelsinen und anderenorts ließ sich ein stattlicher Mann die Calcei putzen. Es war ein Tag wie jeder andere auf dem Markt.

    Es war ein langer Weg und er führte tatsächlich nicht zur Villa Flavia, aber das hatte Hannibal ihr schließlich bereits mitgeteilt. Es ging zum Aventin, und während des Weges dorthin hatte Epicharis ausreichend Zeit, sich in Ruhe umzusehen und sich zu fragen, was dieser Tag noch für sie bringen mochte. Die claudischen Leibwächter hatten wenig zu tun und begannen sich spätestens nach der Passierung des Forum Romanum zu fragen, ob sie die flavischen Leibwächter nun ergänzten oder wirklich umsonst mitgekommen waren, doch Epicharis interessierte das herzlich wenig. Als sie den Tempel des Divus Claudius passiert hatten, wurde ihr zusehends mulmiger zumute, doch die Sänfte kroch unaufhaltsam immer weiter durch die pulsierenden Straßen Roms, auch wenn das Leben immer weiter abnahm, je näher sie dem Aventin kamen.


    Bald darauf nahmen sie eine letzte Wendung und vor ihnen lag ein geschmiedetes Tor, das von zwei Nubiern bewacht wurde. Epicharis tauschte einen vielsagenden Blick mit Dhara. Die Sänfte hielt und wurde behutsam abgesetzt, derweil bildete sich ein kleiner Kloß im claudischen Halse, der rasch an Größe zunahm. Jemand wischte die luftigen, goldgesäumten Vorhänge der Sänfte zur Seite, doch vorerst wurde Epicharis keine helfende Hand gereicht. Auch Flavius Aristides sah sie nicht, stattdessen kamen ein junger und ein älterer Herr in seltsamer Kleidung auf das Grüppchen zu. Der junge Mann warf sich sogleich in den Staub vor der Sänfte, so dass Epicharis seinen Rücken als eine Art Treppe benutzen konnte. Und nun war auch sofort eine helfende Hand zur Stelle, die sie sicher aus der Sänfte geleitete. Wenige Sekunden später fand sich die Claudierin auf dem Pflaster stehend wieder, hinter ihr rappelte sich der junge Mann auf und klopfte sich verstohlen den Staub vom Körper. Epicharis hatte nun Zeit, den älteren Mann etwas eingehender zu mustern. Er wirkte auf eine seltsame Art künstlich, ohne dass sie hätte sagen können, woran sie das festmachte. Vielleicht war es seine Kleidung in Verbindung mit der Schminke, die er vermutlich dazu benutzt hatte, sein aufgedunsenes Gesicht zu kaschieren. Er wirkte dabei jedoch keinesfalls abstoßend. Im Gegenteil, seine Gesichtszüge ähnelten denen von Dhara, die Kleider entsprachen der Beschreibung ihrer Heimat zudem sehr. Er kniete sich erstaunlich tief und dabei erstaunlich flink nieder und begrüßte sie erst, als er wieder stand. Von einem Hortus Lucretius hatte sie zwar schon einmal etwas gehört, aber als unwichtig abgetan. Ein Fehler, wie sich nun herausstellte.


    „Welch freundliche Begrüßung“, entgegnete sie erfreut und nickte dem Mann leicht zu. Da hatte er sich auch schon umgedreht und führte sie durch das Tor hindurch und an den beiden Wächtern vorbei. Es eröffnete sich eine wahre Pracht an Blumen, Sträuchern, Bäumen und Gewächsen, die allesamt den Frühling willkommen hießen und der Sonne ihre grünen Triebe entgegen reckten. Epicharis konnte sich nicht satt sehen, wandte den Kopf hierhin und dort hin, betrachtete zarte Blütenköpfe und blinzelte in die warme Frühlingssonne. In der Ferne brüllte eine Raubkatze, in der Nähe standen Volieren mit den herrlichsten Vögeln darin, die sie je gesehen hatte. Epicharis war in höchstem Maße angetan. Der Mann führte sie und ihre beiden Sklaven durch den Garten, vorbei an Volieren und Käfigen mit den unterschiedlichsten Tiere darin – hatte sie eben tatsächlich einen Elefanten trompeten gehört? In einiger Entfernung folgten weitere Sklaven, vermutlich die des Flavius Aristides. „Schau Dhara, wie wunderschön!“ flüsterte Epicharis fasziniert und deutete auf ein leuchtendblaues Papageienpaar mit gelben Flügelspitzen. Natürlich war sie schon einmal in einem solchen Garten gewesen, damals, mit Tante Sagitta in Tarraco. Aber so wundervoll wie dieser war jener fern der Heimat ganz gewiss nicht gewesen.


    Gerade, als sie einen kleinen, kreisrunden Platz mit zwei Bänken passierten, krächzte es schräg neben ihnen „Willkommen, arg, im Hortus Lucretia, arg! Willkommen! Arg!“ Epicharis schmunzelte und bedachte den rotgefiederten Papagei mit einem Lächeln, doch schnell folgte sie ihrem Führer, um den Anschluss nicht zu verlieren. Alsbald steuerte er auf ein großes, eingelassenes Wasserbassin zu, über das sich eine hölzerne Brücke spannte. Epicharis trat näher heran, um hinunterspähen zu können, doch machte sie hastig wieder einen Schritt zurück. Der Grund dafür waren die riesigen, dunkelgrünen Krokodile, die sich am Grund tummelten, und eines von ihnen lag gefährlich nahe am Rand. Der Orientale bemerkte ihre Sorge und beruhigte sie sogleich, und auch Nordwins furchtloses Verhalten (er trat heran und sah lässig hinab) trug dazu bei, dass die Claudierin bald wieder einen Schritt nach vorn machte.


    Bald traten sie vom marmornen Weg herunter und auf die Brücke, die sich über das Bassin spannte, überquerten sie und langten auf einem kleinen Platz an, der vielleicht den Mittelpunkt der ganzen Anlage darstellte, vermutete Epicharis. Neben den knirschenden Kostbarkeiten unter ihren Füßen bemerkte die Patrizierin auch die beiden Klinen, die hier standen, und hob verwundert die Brauen. Sie hatte angenommen, dass man nach der Begehung des Parks speisen würde, aber im Park? Nur am Rande registrierte sie, dass sie sich würde legen müssen, denn sie sah nur die beiden Klinen, nicht aber einen Sessel oder ähnliches. Nun ja, da musste man eben improvisieren.


    Der runde Platz war umsäumt von marmornen Statuen, die Fabelwesen zeigten. Greifen, Nixen und anderes Getier bäumte sich in elegantem Weiß auf, und neben einer Hydra erblickte sie auch Flavius Aristides. Epicharis bückte sich kurz geziert und hob einen der tiefrot funkelnden Steine auf, um ihn in der Hand zu drehen und um sich damit von ihrer Aufregung im Inneren abzulenken, dann trat sie dem Flavier nur wenige Schritte mit Dhara an ihrer Seite und Nordwin einige Schritt hinter sich entgegen. Der Orientale wartete in respektvollem Abstand. Epicharis musterte Aristides beim Näherkommen, er hatte eine enorme Ausstrahlung in seiner Aufmachung, die ihm vermutlich nicht einmal selbst bewusst war. Epicharis jedoch war er sympathisch, aber das war nichts Neues, immerhin hatte sie auch auf dem Bankett schon so gedacht. Wenigstens, so schoss es ihr durch den Kopf, würde sie die Wahl ihres Vaters so nicht vollkommen abstoßend finden. Artig lächelte sie bei der Begrüßung.


    „Flavius Aristides, ich bedanke mich sehr für die unverhoffte Einladung. Der Weg hierher war lang, aber angenehm. Du hast gute Träger gesandt und ich gestehe, dass ich mit allem gerechnet habe, nur nicht mit einem Mahl in einem Hortus Domesticus. Die Überraschung ist geglückt“, entgegnete sie verschmitzt und neigte den Kopf ganz leicht zur Seite. Dabei erfasste ihr Blick nur ganz kurz die Aussicht, die man von diesem erhöht liegenden Plateau hatte, und sie hielt ergriffen den Atem an. Beinahe meinte man, ganz Rom von hier oben betrachten zu können. Atemberaubend schön.

    Schließlich hatten Dhara und sie es doch geschafft, aus Epicharis eine sehr hübsche junge Patrizierin zu machen, bei deren Anblick dem ein oder anderen Mann durchaus die Worte fehlen konnten. Fließend umspielte der zart lindgrüne, feenartige Stoff die helle Haut der Claudierin. Die filigran gestickten Blüten und Ranken wogen ihre silbern und golden miteinander verschmolzenen Fäden auf der rechten Körperseite in nett anzuschauenden Mustern, eine goldene Kordel raffte die Tunika geschickt unter der Brust und war ebenfalls rechts geknotet, goldene Spangen hielten die lindgrüne Tunika auf den Schultern und in Form. Passend zu den bereits vorherrschenden Farben trug Epicharis eine schneeweiße Palla, goldene Ohrringe mit eingefasstem Smaragd und eine zierliche Perlenkette um den Hals. Dhara hatte ihre Augenlider mit sehr hellem Lidschatten betont, einen sauberen Lidstrich mit dem Kohlestift gezogen und Lippen wie Wangen leicht gerötet. Ihre Haare waren zu einer einfachen aber eleganten Hochsteckfrisur zusammengesteckt. So war sie wirklich bestens gewappnet. Ehe sie die Villa verließ, ließ sie noch einen dünnen Mantel holen, denn sie wusste nicht, wann sie wieder zurück sein würde.


    Derart ausgestattet, hatte sie Dhara und Nordwin aufgetragen, sich ebenfalls gute Kleidung anzuziehen, da sie darauf besonderen Wert legte. Diese beiden waren es auch, die sie begleiten würden. Kassandra würde vorerst in der Villa bleiben, denn Epicharis wollte ihr noch eine kleine Eingewöhnungszeit gönnen, ehe sie auf Anlässe solcher Art mitgenommen werden würde. So trat sie also hinaus auf die Treppe, an deren Fuß eine ebenholzfarbene Sänfte mit dem flavischen Genswappen wartete, nebst einer kleinen Eskorte. Auch Hannibal stand dort und war ein äußerst zuvorkommender Helfer. Wenige Augenblicke später saß Epicharis in der Sänfte und die fleißigen Träger hoben sie an, um sie flink und dennoch sicher zum auserkorenen Bestimmungsort dieser Einladung. Epicharis hoffte, dass Dhara und Nordwin der Sänfte mit den anderen zusammen folgen würden. Zwei claudische Leibwächter folgten in einiger Entfernung als zusätzliche Sicherheit, blieben jedoch von unerfahrenen Augen unerkannt.

    Goldplastinen...Epicharis überlegte, sicher meinte Dhara Pailletten. Solche besaß die Claudierin zwar, doch nur an Tuniken und nicht separat. Epicharis nahm diese Einladung auch ernst, sonst würde sie nicht einmal in Erwägung ziehen, ihr zu folgen. Halb abwesend hörte sie den Ausführungen der Sklavin zu und nickte dann und wann. Die Schminke wollte sie keinesfalls weglassen. Irgendwie würden sie schon einen Mittelweg finden, befand sie. Dhara hatte natürlich recht, zuerst einmal galt es, den Herzschlag zu beruhigen und Ruhe zu bewahren. Dennoch ließen Dharas Worte sie leicht melancholisch werden.


    "Weißt du", begann sie. "Es ist mein Vater, der eine Ehe für mich möchte, nicht mein Herz, das etwas begehert. Ich kenne den Flavier nicht einmal, wir haben und lediglich für wenige Minuten unterhalten auf dem Bankett, dass mein Vater gab. Aber du hast recht, wir zögern nur das Unvermeidbare heraus, wenn wir hier herumstehen. gehen wir."


    Epicharis seufzte vernehmlich und wandte sich zum Inneren der Villa um. Auf dem Weg in ihr Zimmer trug sie einem Sklaven auf, den Webstuhl wieder fortzuschaffen.

    Epicharis bemerkte durchaus, dass Dhara dieses Mal keinen Ratschlag gab, und so nickte sie ihrer Leibsklavin lediglich zu und dachte sich nichts Besonderes dabei. Zu Kassandra hingegen, die sich unsicher für versilberte Fibeln entschied, sagte sie: "Ja, ich denke auch, dass versilberte Spangen ganz famos zu der Tunika passen werden. Also denn, silber für die blaue und gold für die rote. Und mein Sklave hier wird die fertigen Stücke abholen und dich entlohnen", fügte sie zum Händler an und deutete auf Nordwin. Kaum gesprochen, deutete sie auch schon an, weiter zu gehen. Dharas Schmeicheleien waren allmählich normal für Epicharis, sie gewöhnte sich daran, denn es gefiel ihr.


    Wenige Schritte weiter waren sie auch schon bei besagtem Händler aus Puteoli angekommen. Ein dunkelgrüner Baldachin spannte sich über dem bewimpelten Holzstand, und an einer Stange hingen sehr viele Tuniken und drehten sich leicht im Wind. "So, da wären wir", meinte Epicharis fröhlich und griff auch schon nach der erstbesten Tunika. Massenware, aber hochwertig und funktional. Der Stoff war viel gröber als der beim vorigen Händler, aber das war auch Sinn der Sache. Er kratzte nicht auf der Haut und würde nicht schnell zerschleißen. Epicharis suchte drei Tuniken in verschiedenen Farben aus dem Wulst heraus und wandte sich zu Kassandra und Dhara um. "Die hier? Vielleicht für dich? Oder doch lieber für dich? Sie haben ohnehin allesamt den gleichen Schnitt, es geht mehr um die Farbe und Größe", erklärte sie den beiden.

    Irgendwann unterbrach der Sklave erneut ihr fantasievolles Denken bezüglich der Kleidung, was an sich auch gut so war, denn sonst hätte Epicharis vermutlich noch eine halbe Stunde damit zugebracht, gedanklich Tuniken auszuwählen und die Wahl wieder zu verwerfen, um sich zwei Tuniken später doch wieder für die erste Wahl zu entscheiden. So aber nahm sie das erfreute Lächeln zusammen mit den netten Worten auf und tauschte einen kurzen Blick mit Dhara. "Tage werden es gewiss nicht werden, doch alles dauert seine Zeit", erwiderte Epicharis und neigte den Kopf zur Seite. "Ich werde mich bemühen, deinen Herren nicht allzu lang warten zu lassen." Sie hatte nicht vor, den Sklaven oder seinen Herrn stundenlang warten zu lassen, aber etwas Zeit würde sie doch benötigen.


    Erneut verbeugte sich der Sklave und verschwand schließlich auf eine angenehme Art und Weise. Epicharis war richtiggehend beeindruckt und vermutete, dass dieser Sklave schon sehr lange diente, vielleicht sogar damit aufgewachsen war. Kaum war er gegangen, nickte Epicharis Nordwin zu, der dem Fremden bis zur Öffnung nach draußen gefolgt war - man konnte schließlich nie wissen - woraufhin dieser nickte und Hannibal hinaus geleitete. Epicharis allerdings sprang auf und ergriff mit ihren kalten Händen Dharas Hände. "Hast du gehört?", japste sie. "Oh, ein Mahl! Er läd mich ein, Dhara. Gewiss ist er derjenige, den Vater ausgewählt hat. Sonst wäre diese Einladung doch nicht ausgesprochen worden. Ganz bestimmt. Was meinst du? Was soll ich nur tragen? Hältst du daie lindgrüne Tunika mit den gold- und silberfarbenen Rankenornamenten und den goldenen Fibeln für überzogen? Und dazu die Riemchen-Calcei, die ich mit Leontia und Antonia auf dem Markt erworben habe, die aus weichem, rehbraunem Leder...vielleicht die goldenen Ohrringe, die das Licht einfangen zu scheinen - oder doch eher die smaragdbesetzten Creolen? ich könnte auch..." Epicharis schien zu überlegen und ließ Dhara dabei nicht los. Aufgeregt plapperte sie immer weiter, verwarf die Schmuckzusammensetzungen und wiederholte sich letzten Endes immer wieder in ihren lauten Überlegungen. Aufregung stand ihr ins Gesicht geschrieben, ein klein wenig Angst und auch eine gehörige Portion Neugier. "...möchte ich meinem Stand angemessen wirken, aber er soll nicht denken, dass dies alles ist, was ich zu bieten habe. Es soll daher nicht das Allerfeinste sein, was ich besitze, aber trotzdem gutaussehend." Sie hielt inne und ließ nun auch Dhara los. "Verstehst du?" fragte sie vollkommen überflüssigerweise.

    Ich glaube ich weiß worum es geht, Vesuvianus. :)


    Alienus, geh davon aus, dass der Spieler nicht oft ins Spiel schauen kann, dann bist du auf dem richtigen Weg. Ich würde da also sagen, dass er ehrenhaft entlassen werden kann, weil er mindestens 6 Monate dabei war und auch gespielt hat, nur eben mit einem Posting alle 2-3 Tage. Aber macht das besser mit jemandem ab, der sich damit auskennt (Gelbe Seiten zum Bleistift :D).

    Kann man das so sagen? Die durchschnittlichen Beförderungszeiten hängen doch davon ab, wie oft und wie lange der Probatus bzw. Spieler online sein und schreiben kann, oder? Es gibt Leute, die sind im Verhältnis gesehen nicht oft online und schreiben dennoch klasse. Flavia Leontia, Artoria Medeia, Decima Lucilla - um nur einige Beispiele zu nennen. :)


    Ich würde sagen, dass die se Zeit generell 6 Monate betragen muss oder es im Ermessen des jeweiligen Befehlshabers liegt, aber ich bin ja auch nur eine Patrizierin und kenne mich mit dem Militär nicht aus. ;)


    Rechtschreibung editiert