Beiträge von Flavia Epicharis

    Die Claudierin sprang auf und machte einige Schritte nach links, bewegte sich dann nach rechts und schien aufgeregt. Wie sollte sie ihn empfangen - sitzend? Stehend? 'Eine Frau muss sich rar machen, Kind, damit des Mannes Interesse größer wird.' Tanta Sagitta und ihre Lebensweisheiten. Und nun, sollte sie tun, als sei sie noch beschäftigt, zwei- oder dreimal noch das Schiffchen wandern lassen, ehe sie sich umwandte und Flavius Aristides willkommen hieß? Oder sollte sie sitzen und ihre Aufmerksamkeit sogleich vollends auf ihn richten? Was war wohl geschickter, was wäre angemessen?


    Epicharis merkte, dass sie Angst hatte, etwas zu verbaseln. Dhara half ihr, und Epicharis liebte sie für einen Moment regelrecht für die befehlenden Worte, die ihr an anderer Stelle sicherlich einen scharfen Verweis eingebracht hätten. So setzte sie sich und ließ die viel zu kurze Nackenmassage über sich ergehen, lauschte den beruhigenden Worten seitens der Sklavin und folgte ihr, nun schon etwas entspannter, mit den Augen, als sie eine Knospe brach und ihr ins Haar steckte. Das Kompliment ermutigte sie ebenfalls. Epicharis lächelte flüchtig und schloss die Augen, und unwillkürlich und völlig zusammenhanglos kamen ihr Senecas Worte ins Gedächtnis zurück. 'Dass wir leben', hatte er geschrieben, 'ist ohne Zweifel ein Geschenk der Götter. Dass wir ehrbar leben hingegen, ist ein Geschenk der Philosophie.' Epicharis wollte um jeden Preis ehrbar leben und ihrem Vater keine Schande bereiten, indem sie sich ungeschickt verhielt und eine eventuelle Absprache mit Flavius Aristides wegen seines Desinteresses hinfällig wurde. Noch konnte die Claudierin es nur vermuten, doch sprachen alle Hinweis dafür, dass er es war, den ihr Vater auserkoren hatte. Die Einladung zum Bankett, das großzügige Geschenk auf dem Sklavenmarkt, dass er nun hier war, um sie allein einzuladen...


    Dhara war soeben entschwunden und Epicharis erhob sich erneut, machte zwei Schritte vom Webstuhl fort, entschloss sich dann aber anders und setzte sich wieder hin. Schnell strich sie die hellblaue Tunika glatt, tastete über ihr Haar um zu ergründen, ob es noch recht saß und faltete sodann locker die Hände im Schoß. Einen flüchtigen Moment schloss sie die Augen, um sich zu sammeln, sie spürte die wärmende Frühlingssonne auf ihrem Körper und das berühigte sie. Epicharis erschien nun gänzlich gefasst, hatte den Aufruhr in ihrem Inneren und die Angst, etwas falsch zu machen, gänzlich unter Kontrolle und lächelte leicht.


    Umso erleichterte war sie, als es der Sklave war - Hannibal? - der nun eintrat und sich tief verbeugte. Epicharis ertappte sich dabei, wie sie kurz den freien Raum hinter dem Sklaven absuchte, um sicher zu gehen, dass es auch wirklich nur er war und nicht auch er die Villa betreten hatte, aber der Flavier blieb verschollen. Epicharis atmete unmerklich auf und konzentrierte sich nun auf den flavischen Sklaven vor ihr, der sich gar vorbildlich verhielt. Seine Haltung war perfekt und seine Worte wohl gewählt. Wenn nur Nordwin auch so wäre, schoss es ihr durch den Kopf und sogleich tadelte sie sich des gedanklichen Ausfluges in dieser Situation. Epicharis schwieg, bis Hannibal geendet hatte. Ihre Miene verriet nichts über die Gedanken, die hinter der Stirn wogten. Er lud sie zu einem Mahl ein, hatte bereits alles arrangiert? Ihre Tunika passte kaum zu einem derartigen Ereignis, die Haare? Vielleicht. Schminke? Nun, sie war durchaus gesellschaftsfähig, aber war sie auch fähig, dieses Mahl zu überstehen? Schnell ging sie ihre Garderobe durch. Die blutrote Tunika, die sie neulich erst erstanden hatte würde vielleicht gehen, aber rot trug man auf der Hochzeit, also wohl besser nicht. Ah, das lindgrüne Stück, dass sie mit dem Tiberier erworben hatte, das würde gehen..


    Epicharis bemerkte, dass Hannibal beinahe eine geschlagene Minute auf seine Antwort warten musste, während sie sich gedanklich in kleidungsspezifischen Weiten verlor. Das war nicht recht, und schnell schenkte sie ihm ein strahlenden Lächeln.


    "Hannibal! Zuerst möchte ich meine Freude aussprechen, dich unter diesen Umständen wiederzusehen. Dein Herr scheint mir einen guten Geschmack zu haben, was Sklaven anbelangt", lobte sie ihn ehrlicherweise, noch ehe sie etwas zu der Einladung sagte. Sie machte es spannend, indem sie noch einen kleinen Moment so tat, als müsse sie noch überlegen wie die Entscheidung ausfallen würde, sprach dann jedoch weiter. "Teile deinem Herren mit, dass ich seiner Einladung sehr gern zur Stunde folgen werde. Doch wenn er vielleicht noch einen kleinen Augenblick warten würde, bis ich mich habe frisch machen lassen, wäre ich ihm wirklich zu Dank verpflichtet."


    Sie überlegte - das war recht neutral und dennoch erfreut, oder? Epicharis entschied für sich, dass die Worte eine gute Wahl gewesen waren, dafür, dass man sie sozusagen überrumpelt hatte. Sie würde die kleinen goldenen Ohrringe tragen. Die, welche so herrlich klimperten und funkelten, wenn die Sonne sie beschien. Und dazu....

    Von den zudringlichen Händen des Jungen als er Dharas Körpermaße nahm, bekam Epicharis nicht so sehr viel mit, da sie sich mit Kassandra unterhielt. Deren Liebe zum Meer konnte sie gut nachvollziehen, immerhin hatte auch Epicharis das Meer in Spanien kennen und lieben gelernt. Aufmerksam betrachtete sie Kassandra bei der Auswahl des Stoffes. So vorsichtig, als könnte er beißen, berührte sie die blauen Bahnen und sprach die zaghaften Worte, die Gefallen ausdrückten. Epicharis lächelte kurz und griff souverän nach dem Stoff, entrollte ihn eine Elle weit und hielt ihn dann Kassandra an. "Ach, doch, der sieht schick aus. Wenn du ersteinmal gebadet und dich ausgeruht und vielleicht ein paar Pfund mehr auf den Rippen hast, wird er dich sehr ansehnlich kleiden." Wie bereits zuvor bei Dhara nickte sie bestimmt und winkte den Jungen mit dem Maßband heran. Gerade, als sie ihm den Stoff unachtsam in die Hand drückte, fühlte sie ihre Hand ergriffen und wandte sich erstaunt um. Dhara hatte nach ihr gegriffen und legte die zierliche claudische Hand auf ihr demütig gesenktes Haupt. Im ersten Moment war Epicharis versucht, die Hand fortzuziehen, doch schon im nächsten registrierte sie den Hintergrund dieser Geste und erinnerte sich an die Dankbarkeit, die sie kurz in Dharas strahlenden Augen gesehen hatte.


    Ach, wie tat es doch gut, einmal wohltätig zu sein! Epicharis seufzte zufrieden und entgegnete schlicht und gönnerhaft: "Gern, Dhara." Derweil vermaß der Junge unter den scharfen Blicken des Händlers die schlanke Griechin. Epicharis nahm nun die Hand fort und sah erneut tatenfroh in die Runde. "Nun gut, dann gehen wir doch als nächstes zu diesem Händler aus Puteoli, der ist hier gleich um die Ecke, wenn ich mich recht entsinne. Nordwin, lass dir ein Datum nennen, zu welchem die angepassten Tuniken abgeholt werden können. Ah, und zu dem Menschen mit erlesenen Ölen müssen wir auch noch, wegen der Tinkturen, nicht wahr?" fragte sie Dhara sodann. Prüfenden Blickes wandte sie sich um und betrachtete Kassandra, die eben von dem Jungen mit einem Nicken entlassen worden war. "Fein, dann können wir ja los. Ah, es sollten vergoldete Fibeln sein bei der Roten, bitte, und versilberte bei der Blauen. Oder meint ihr, vergoldete passen besser zu diesem dunkeln Blau?" hakte sie nach und sah abwechselnd Dhara wie Kassandra an. Während sie das tat, hatte Epicharis noch einen Einfall. Das claudische Genswappen klein auf das Schulterblatt einsticken zu lassen wäre sicherlich ein hübsches Accessior, überlegte sie...

    Dhara war drollig, ein anderes Wort fiel Epicharis auf die Schnelle nicht ein, doch sie tat wie Dhara sie bat und besah sich den Stoff recht kritisch. Unter den wachsamen Augen des Händlers, der schon ein ansehnliches Geschäft witterte, nahm sie den Stoff und unterzog ihn einer Belastungsprobe. Kritisch testete sie ihn auf seine Reißfestigkeit, zog hin hierhin und dorthin und hielt ihn auch gegen das Licht. Er schien ihr eine Spur zu durchsichtig zu sein, aber wenn man ihn mehrlagig vernähte, dürfte er wirklich kleidsam sein. Zu guter Letzt hielt sie ihn Dhara an und beäugte sie kritisch. Schließlich kam ein kleines Wörtchen seitens Dhara, das Epicharis dazu bewog, zu nicken, und außerdem würde die Farbe sie sicherlich gut kleiden. "Also gut, den hier nehmen wir und geben eine feine Tunika für dich in Auftrag, Dhara. Damit bräuchten wir nur noch etwas Funktionales für dich, das bekommen wir am besten bei dem Schneider aus Puteoli. Der ist recht bekannt für seine robuste, aber ansehnliche Kleidung, und er bietet bereits fertig geschneiderte Ware an." Epicharis drückte dem Händler den Stoff in die Hand und winkte nur unwirsch mit der Hand, damit er Dharas Maße nehmen konnte. "Das muss er auch, schließlich kaufen auch viele Seeleute seine Tuniken, und Salzwasser wäscht ja bekanntlich rasch die Farbe aus, nicht?" Während der Händler seinerseits einen kleinen Jungen um den Stand herum und zu Dhara schickte, damit er schnell Maß nahm, wandte sich Epicharis bereits wieder an Kassandra. Für einen Außenstehenden mochte es sicherlich seltsam wirken, dass eine Patrizierin ihre Sklavinnen mit derart maßgeschneiderten Dingen ausstattete, doch Epicharis begründete es ganz einfach damit, dass sie es sich einerseits leisten konnte und andererseits einen bestimmten Effekt mit ihrem Gefolge auf angesehenen gesellschaftlichen Zusammenkünften erzielen wollte. "Kassandra, du brauchst dich nicht fürchten. Komm und suche dir ruhig etwas aus, was dir gefällt. Es muss auch nicht blau sein, wenn dir vielleicht grün eher zusagt, mh?" sagte Epicharis und wandte den Kopf leicht. Da fiel ihr auch schon ein Stück Tuch in die Augen, und sie deutete darauf. "Dieser dort scheint mir formidabel. Was meinst du? Nur zu, du darfst dir etwas aussuchen Kassandra, wie Dhara auch, nur ist sie ja bereits fündig geworden", betonte sie und deutete auf die orientalische Sklavin, die gerade vermessen wurde.

    Epicharis nickte der neuen Sklavin zu. Sie schien bei weitem nicht so selbstbewusst zu sein wie Dhara, ja, schien beinahe das komplette Gegenteil von ihr zu sein. Epicharis schmeichelte das Wörtchen 'bitte', und so nickte sie galant und deutete an der Sänfte vorbei hinaus auf die Märkte.


    "Nun gut, wenn du möchtest, dann kannst du gleich mitkommen. Das ist übrigens Dhara. Im Grunde ist vorerst schon alles gesagt, die wichtigen Dinge kommen später, wenn wir wieder in der Villa sind und Zeit dafür haben. Aber jetzt lasst uns ersteinmal neue Kleidung und Sandalen für euch besorgen", sagte Epicharis und bedeutete zwei breiten männlichen Sklaven, vorauszugehen und eine Gasse in die Menschen zu pflügen, durch die sie bequem würden gehen können. Sodann setzte sie sich in Bewegung und steuerte bald den Stand an, vor dem Dhara den roten Stoff gesichtet hatte. "Dhara, welcher war es noch der dir gefiel?" wollte sie wissen und suchte mit den Augen die Auslagen ab. Aus den Augenwinkeln musterte sie Kassandra. "Du kannst dir auch gern etwas aussuchen, es sollte funktional sein. Eine feinere Tunika für besondere gesellschaftliche Anlässe sollte auch dabei sein", munterte sie Kassandra zum Stöbern auf. "Ein dunkles Blau steht dir sicherlich sehr nett."


    Sim-Off:

    Mein O klemmt 8o

    Sim-Off:

    :D:dafuer: 1 A, ich musste sehr lachen! :D


    Epicharis hörte zwar die Erzählung Dharas, verstand aber rein gar nichts. Ein Faden, der gesponnen wurde? Meinte sie das im übertragenen Sinne oder...? Dass die Suche nach einer geeigneten Frau anderenorts so einfach war, konnte sie nicht glauben. Das war ja wie an einem Bäckereistand auf dem Markt. Man kaufte ein Dinkelküchlein und nahm es mit nach Hause. Nein, Epicharis war froh, dass sie hier zu Hause war und nicht irgendwo im Orient. Wie billig wäre sie sich vorgekommen, hätte irgendein Schnösel ihr eine Münze in den Schoß geworfen und die Hochzeitsnacht gleich vor Ort abgehalten! Glücklicherweise unterbrach Dhara selbst diese Gedankengänge und bot an, etwas zu trinken zu holen. Epicharis hatte kaum genickt, als Dhara auch schon aufgesprungen war. Während sie wartete, webte Epicharis nachdenklich weiter.


    Mit einem Becher Fruchtsaft in der Hand kam sie dann zurückgeeilt und drückte ihn Epicharis in die Hand, die sich gerade bedanken wollte, als Dhara völlig hektisch einen Namen stammelte, der Epicharis aufhorchen ließ. Sie bekam augenblicklich kalte Hände. "Flavius Aristides? und du bist ganz sicher? Oh." Epicharis stellte den Becher ab und legte die Hand auf ihr Dekollettée. Nur am rande nahm sie die weiteren Worte der Sklavin wahr, doch das wichtigste blieb dennoch hängen. "Was? Disponiert? Dass ich meine...oh, du meinst...? Nein. Disponiert bedeutet gesellschaftsfähig, Dhara. Du kannst ihn herbitten", entgegnete sie und blinzelte einige Male. Ob er sebst kommen oder nur seinen Sklaven vorschicken würde? Epicharis runzelte nachdenklich die Stirn. Sie ahnte schon, warum er hier war.

    Mit vierzehn Jahren! Epicharis war schon neunzehn, würde bald zwanzig werden. Wie mochten da die Chancen stehen, nicht wie eine faltige Kuh zu enden? Dharas Worte machten ihr nicht gerade Mut. Anderesrseits war sie eine Patrizierin und keine Bäuerin, das hatte schon mal was für sich. Und Dhara versprach ihr, zu verhindern, dass sie faltig und unansehnlich wurde. Immerhin etwas, darauf würde sie dann gewiss zurückkommen. Die Komplimente waren Balsam für die Seele, zumindest fasste Epicharis sie als solche auf und dachte nichts Böses dabei. Vielleicht sollte sich das irgendwann als fehler herausstellen? Epicharis jedenfalls lächelte und betätigte Schiffchen und Fußpedal weitere zweimal, ehe sie erneut in den bann der Sklavin gezogen wurde. Leicht peinlich berührt nahm sie Dharas Gebärden wahr, nie im Leben würde sie sich so selbstsicher präsentieren können. Zumindest glaubte Epicharis das, herausfinden würde sie es erst, wenn sie verheiratet war. Aber die Claudierin hatte schon einiges vom Beischlaf gehört. Dass es weh tat, nicht angenehm war und nur für die Männer ein Genuss. Wenn sie da an Antonias Worte dachte, stimmte das sogar.


    Dhara fuhr fort, und Epicharis bekam erneut große Augen. Mit dem Schiffchen in der Hand saß sie auf dem bequemen Stuhl und fragte sich, was für barbarische Zustände in Babylon herrschen mussten, dass man die Ehe auf diese Art und Weise praktizierte. Das übertraf ihre Vorstellungskraft bei weitem. Beischlaf im Tempel! Welcher Frevel musste das sein! Noch als Dhara die Erzählung beendet hatte, starrte Epicharis sie einfach nur an. Als sie sich schließlich anschickte, etwas zu sagen, tat sie es im Flüsterton.


    "Aber Dhara, wie kann man es Ehe nennen, wenn der Mann einer Frau seiner Wahl Geld schenkt, damit sie sich im Tempel von ihm begatten lässt wie ein... wie ein Pferd? Wie kommen die Göter ins Spiel beim heiligen Bund, was passiert mit der Frau, nachdem der Mann sie im Tempel....nachdem er sich genommen hat, was er begehrt? Nimmt er sie mit in sein Heim oder lässt er sie dort wie eine billige Lupa?"

    Rufus tauschte den Ring mit dem claudischen Wappen gegen die Besitzurkunde, denn niemand führte eine solch hohe Summe an Geld mit sich über den Markt spazieren. Der Händler würde sein geld später bekommen, das wusste er und der claudische Ring diente ihm als Pfand. Zielstrebig führte er die junge Frau, die unter der Schmutz- und Staubschicht gewiss sehr hübsch sein würde, zu Claudia Epicharis, Nordwin und Dhara, die nahe der Sänfte standen und warteten.


    Epicharis sah der Griechin interessiert entgegen. Sie wirkte schmal und halle blondes Haar, die Tunika war mehr ein Fetzen als ein gescheites Stück Stoff und ihr Gesicht wirkte jung und verstört. Sie überlegte. Vermutlich war es doch keine gute Idee, sie gleich mit zum Einkauf zu nehmen. Nachdenklich musterte Epicharis Kassandra beim Näherkommen, bis Rufus mit ihr heran war und kurz demütig den Kopf neigte. Sie schickte ihn mit einer beiläufigen Bewegung zur Seite, und dann stand die Griechin direkt vor ihr und wirkte verlassen. Epicharis' Mundwinkel zuckten, und wie schon beim Kauf Dharas am Vortag zeigte sie eine Spur Mitleid, auch wenn sie insgeheim froh war, nicht selbst in den Umständen der Sklaverei zu stecken.


    "Kassandra heißt du, nicht wahr?" fragte sie schließlich. "Mein Name ist Claudia Epicharis, du wirst fortan meine Sklavin sein. Es war eigentlich nicht geplant, einen Zwischenstop auf dem Sklavenmarkt einzulegen, aber wie das nun einmal ist, kann man nichts daran ändern." Ein gütiges Schmunzeln umspielte ihre Lippen. "Ich hege die Absicht, noch eine Weile auf dem Markt zu verbringen, Dhara hier, meine Leibsklavin, hat einige neue Tunken nötig, um nicht herumzulaufen wie eine germanische Barbarin. Du siehst mitgenommen aus, glaubst du, du schaffst einen Einkauf? Selbstverständlich brauchst auch du etwas Anständiges zum Anziehen. Für gewöhnlich lasse ich neuen Sklaven allerdings eine kleine Eingewöhnungszeit, es wäre daher nicht so tragisch, wenn du dich zuerst einmal von Nordwin in die Villa geleiten ließest, um dich zu säubern und etwas auszuruhen. Tuniken laufen nicht weg, ganz Rom ist voll davon. Die Entscheidung liegt bei dir."

    Epicharis schmunzelte. Sie ahnte schon, woher der Wind wehte bei Dhara. So eine Sklavin wie ich. Die Claudierin neigte den Kopf und zwinkerte Dhara durch die durchscheinenden Vorhänge hindurch zu. "Du wirst dir Tunika oder Stoff selbst aussuchen dürfen, doch beachte, dass es robustes Material sein sollte und nicht allzu feines. Immerhin wirst du damit Arbeiten erledigen müssen. Aber gegen eine feine Tunika spricht nichts, die kannst du dann tragen, wenn wir zu gesellschaftlichen Anlässen geladen sind, Dhara", sagte sie und stellte sich vor, wie man sie zu der hübschen, wohlgekleideten Sklavin beglückwünschen würde. Kaum war sie in diesen gedanken versunken, hatte Dhara wohl schon Stände erspäht und lief darauf zu, um zwischen den unterschiedlichen Tuchballen und Stoffbahnen zu suchen. Epicharis runzelte kurz missbilligend die Stirn und ließ sich von Nordwin aus der Sänfte helfen, während sie seine Worte hörte. Nur kurz dachte Epicharis nach, dann wandte sie sich an ihren Leibwächter. "Nordwin, ich möchte, dass du jemanden nach vorn schickst und fragen lässt, was die Sklavin kann. Ich lege Wert auf..." Und hier folgten einige Dinge, zum Beispiel lesen und schreiben und auch Massagetätigkeit, was allerdings etwas war, das man durchaus erlernen konnte. Nach diesen Anweisungen und nachdem Nordwin beiseite getreten war um einen Sklaven nach vorn zu schicken, wandte sich Epicharis an Dhara. Dazu musste sie der Sklavin einige Schritt hinterherlaufen, da diese bereits am nächsten Stand war und dort den Stoff befühlte. Zwei Sklaven folgten ihr. "Dhara", begann die Claudierin. "Ich möchte nicht, dass du hier kopflos herumläufst. Ich hatte dich etwas gefragt und ich schätze es gar nicht, wenn man meine Fragen ignoriert und sich anderen Dingen zuwendet. Das mag sich ein Mitglied meiner Familie erlauben, aber eine Sklavin nicht. Halte dich bitte nächstens daran. Noch einen Moment schaute sie ernst drein.

    Epicharis schlug vor Schreck die Hand vor den Mund und starrte Dhara fassungslos an. Sie stellte sich vor, dass nach einer Geburt die feine Kordel nicht mehr reichen würde, um ihre Oberweite am Platz zu halten. Eine Kuh, deren Euter bis zu den Knien....? Epicharis schüttelte den Kopf. "Sicher war sie schon alt, nicht? Die Haut wird doch elastischer im Alter", erklärte sie und versuchte, sich damit selbst zu beruhigen. "Und wie passiert es dann, dass es doch Frauen gibt, die nach einem oder mehreren Kindern ganz normal wirken?"


    Schrecklich, die Vorstellung, dass sie in zehn Jahren aussehen würde wie eine Kuh. Daran wollte Epicharis lieber nicht denken, und doch konnte sie die Gedanken nicht davonschieben. Sie hatte sich für eine Ehe entschieden, wer der Mann werden würde, lag nun im Ermessen ihres Vaters. Angesichts dieser Tatsache allerdings fragte sich Epicharis, ob es nicht vielleicht doch besser gewesen wäre, Vesta zu dienen. Dharas weitere Worte trugen auch nicht dazu bei, dass das mulmige Gefühl aus Epicharis Bauch wich. Seien es Zähne, Haare, Haut oder Talille, sagte sie. Epicharis schauderte. Sie sah eine Kuh, die schief und zahnlos grinste, viele Pickel hatte und wie eine Tonne mit Glatze wirkte. Glücklicherweise zerstörte eine Dhara mit zwei Kindern das Bild ihres Inneren Auges, und Epicharis seufzte beinahe dankbar auf. Nein, Dhara mit Kindern konnte sie sich auch nicht vorstellen. Dennoch sagte sie: "Ach, warte ab, wenn du einen netten Mann findest, dann kommt der Kinderwunsch schon von ganz allein. Ich werde es mir nicht aussuchen können, ob ich irgendwann Kinder bekommen werde. Mein Vater wird mich verheiraten und von einer anständigen Patrizierin erwartet man, dass sie Kinder bekommt, vorzugsweise Söhne. Ist das denn bei euch in Babylonien nicht so?"


    Epicharis riskierte es, das Schiffchen wieder surren zu lassen und webte drei Reihen, während Dhara von den Frauen erzählte, die eine Göttin um Fruchtbarkeit baten. "Hier betet man zu Iuno. Das wird mir auch bevorstehen, irgendwann. Nur jetzt um Kindersegen zu beten wäre nicht angebracht, immerhin bin ich noch nicht einmal verheiratet." Epicharis webte eine weitere Reihe, hielt dann aber verwirrt inne und sah Dhara mit aufgerissenen Augen an. Sie? Schwanger? Verwirrt blinzelte die Claudierin und fragte sicherheitshalber noch einmal nach. "Ich?" Doch ohne eine Antwort abzuwarten, sprach Epicharis gleich weiter. "Oh! Nein, Dhara. Ich lag noch niemals bei einem Mann. Das gehört sich nicht. Erst in der Hochzeitsnacht, weißt du. Darf man denn da wo du herkommst... Ich meine, ist es Sitte, dass man bei dem Mann liegt, schon vor der Hochzeit?" fragte sie die Sklavin dann in einem verschwörerisch leisen Tonfall. Anschließend sah sich Epicharis kurz in der Exedra um, aber niemand außer Dhara war zugegen.. Das war gut so, denn einerseits interessierte die junge Frau das Thema sehr, andererseits war das nun wirklich nichts, was eine junge Patrizierin wissen sollte. Erwartungsvoll blickte sie ihre Leibsklavin an.

    Epicharis kicherte ziemlich undamenhaft und warf Dhara einen Blick zu. Ausgelassen schaukelte sie ebenfalls, wie Dhara, vor und zurück und sang zusammen mit Dhara vor sich hin. Dann, während sie weiterhin die roten und beigen Fäden zusammenwebte, hielt sie im Singen inne und blickte zu Dhara.


    "Dhara, was meinst du, wie muss sich eine Frau fühlen, die siebzehn Kinder hat? Der älteste Sohn muss bereits in der Legion dienen, während der jüngste noch die Brust der Amme nötig hat. Wie muss das sein für eine Frau?"


    Sie nagte an ihrer Unterlippe und konzentrierte sich wieder auf den Webstuhl, aber nur kurz. Zu interessant war das Gesprächsthema, und so ließ sie das Schiffchen für einen Moment ruhen und wandte sich Dhara erneut zu.


    "Denkst du, jemand ohne jegliche Erfahrung wird eine gute Mutter sein? Ich könnte nicht einmal jemanden fragen, der sich damit auskennt. Claudia Severina lebt in Spanien und Antonia hat noch keine Kinder. Ach, das muss auch schlimm sein. So lange ist sie mit Gracchus verheiratet und wird trotzdem nicht schwanger. Gewiss sorgt sich der Flavier um sein Erbe. Vielleicht liegt es aber auch gar nicht an Antonia, sondern an ihm selbst? Was denkst du?"

    Zurieden schürzte Epicharis die Lippen und nickte unmerklich. Dhara schien nicht mehr so traurig zu sein, von einem auf den anderen Moment, also waren hier keine einfühlsamen Worte mehr vonnöten. So hatte sie Zeit, einen Moment über die Worte der Sklavin bezüglich der Milch nachzudenken. In Ägypten badete man in Eselsmilch, vielleicht glaubten die Ägypter auch, dass Milch ein Symbol der Geburt und Erneuerung war? Das wrde auch erklären, warum sie dir Haut weich und zart machte. Epicharis fragte sich, ob die borkige Rinde eines alten Baumes auch ihre Runzeln verlor, wenn man sie mit geweihter Milch bestrich. Doch Dharas Bekenntnis lenkte sie von diesem Gedanken fort und ließ sie die orientalische Sklaven verwundert anschauen. Hatte sie Gedanken gelesen?


    "Das freut mich, Dhara. Wirklich", entgegnete Epicharis und lächelte kurz, dann erhob sie sich.
    "Dann stelle du doch bitte eine Liste zusammen, während ich frühstücke. Ich werde nach dir schicken lassen und dann können wir zum Markt."


    Epicharis ging davon aus, dass die Sklavin selbst schon etwas gegegssen hatte. Und so verließ sie das Cubiculum und suchte das Triclinium auf, wo für gewohnlich das Frühstück aufgetragen wurde. Später würden sie dann auf die Märkte gehen, um Dhara einzurichten.

    Es war ein herrlicher Tag, die Sonne scheinte, hier und dort sah man die kleinen gefiederten Spatzen nach Körnern oder winzigen Tierchen picken und die Luft war erfüllt vom Rollen der Wagen, Tuscheln der Menschen und Preisen der Händler auf den Mercati Traiani, denen sie nun immer näher kamen. Epicharis lag gemütlich in der claudischen Sänfte aus dunkem Holz, an deren vier Stützen das Genswappen prangte, Dhara lief direkt nebenher, wie sich das für eine Leibsklavin gehörte. Durch die luftigen, halbtransparenten Vorhänge hindurch unterhielt sie sich mit Dhara.


    "...und hast du schon eine bestimmte Farbe im Sinn? Dunkles Rot würde dir äußerst formidabel stehen. Und neue Sandalen brauchst du auch. Diese dort sind sehr abgetragen. Ach, wir werden dich schon fein herrichten pass nur einmal auf."


    Da drangen Worte einer Sklavenversteigerung in Epicharis' Ohr. Das Durchkommen war hier sehr viel schwieriger als am rande der Märkte, denn die Menschen standen dicht an dicht. Und so war es nicht verwunderlich, dass die Sänfte alsbald stockte und schließlich gar nicht mehr weiter kam. Epicharis wandte sich an Dhara. "Was ist denn da los?" fragte sie ihre Sklavin, weil sie selbst nichts sehe konnte, denn sie saß schließlich in der Sänfte. Gerade pries der Händler eine griechische Sklavin an.

    Ich hatte es ja schon einmal angesprochen, das wurde aber leider gelöscht, weil es SimOff im SimOn war. Vielleicht sollte man die Tätigkeit auf mehrere Personen verteilen, wenn es nur eine ist? Oder auf jemanden abwälzen, der vielleicht öfter online ist?

    An diesem Nachmittag im Martius hatte sich Epicharis den Webstuhl nach draußen schaffen lassen. Zwar waren die Sklaven, die dieses Unterfangen bewerkstelligen mussten, nicht sonderlich davon angetan, doch Epicharis' Wort stand und so hatten sie ihr die kleinere Version des Webstuhles hinausgetragen. Den großen hinauszuschaffen, das würe auch wahrhaftig wahnwitzig gewesen. Epicharis stand derweil in der Exedra und roch hier und da an gerade frisch aufgeblühten Knospen, zerrieb ein frisch gesprossenes Blättchen Zitronenmmelisse zwischen Daumen und Zeigefinger und summte fröhlich eine Melodie vor sich hin. Sie liebte den Frühling! Alles blühte und wuchs, alles gedieh und auch die Menschen waren freundlicher zueinander.


    Während sich die Sklaven noch mit dem Webstuhl abmühten, war Epicharis neben einem kahlen Busch stehen geblieben. Sie brach einen Zweig, doch statt grüne Fasern erkennen zu können, erblickte sie trockenes Braun im Inneren. Epicharis wandte sich um. "Diesen Busch hier müsst ihr tauschen. Nicht jetzt, macht das später. Aber lasst euch nicht zu lange Zeit damit", trug sie den Sklaven auf und ließ den abgepflückten zweig achtlos fallen. Die Sklaven waren derweil fertig mit dem Aufstellen des "schweren Geräts" und zogen sich auf Epicharis' Wink hin zurück. Die Claudierin strich noch einen Moment lang summend an den im Vergleich zum Hortus wenigen Pflanzen vorbei, warf dann einen Blick in das etwas erhöhte, sechseckige Wasserbassin, in welches fröhlich ein kleines Wasserrinnsal plätscherte, das seinen Urprung in einer von einem Mädchen gehaltenen Amphore am rand fand, und setzte sich dann an den Webstuhl, um ihre Arbeit zu Ende zu bringen.


    Rote und cremefarbene Fäden vereinten sich vor den Augen der Claudierin zu einem hübschen Stück Stoff, und Epicharis sang ein Lied, das von einer Patrizierin handelte, die siebzehn Kinder gebar und ihrer nicht mehr Herr wurde. Die Melodie war fröhlich, der Takt ebenso holperig wie schnell. Epicharis' Amme hatte es ihr beigebracht, und sie sang es nun das erste Mal wieder, seitdem Tante Sagitta gestorben war. Flink betätigte sie das Fußpedal, schob das schmale Schiffchen mal nach links, mal nach rechts, neigte den Kopf zur Seite und nach vorn, immer im Takte der Musik. Der Stoff nahm allmählich Form an.

    Es schien Epicharis so, als sei Leontia kurz abwesend, wie sie mit diesem in die Ferne schauenden Blick auf ein Paar Sandalen herab sah, doch schon einen kleinen Moment später bedeutete sie ihrer Sklavin, dass sie jenes Sandalenpaar unbedingt probieren wollte, doch es kleidete die Flavierin nicht gut. Zu locker saßen die feinen Riemchen. Epicharis wandte den Blick ab und sah nach Antonia, deren Augen strahlten wie die eines Kleinkindes beim Süßwarenstand. Epicharis kicherte kurz hinter vorgehaltener Hand und nickte mit Nachdruck.


    "Das sollten wir wirklich, Antonia. Man sieht dich ohnehin viel zu selten. Bei mir ist es ja wahrhaftig kein Wunder, ich bin ja auch erst seit wenigen Wochen wieder da, aber die Familie spricht oft davon, dich seit der Hochzeit nicht mehr gesehen zu haben. Vielleicht halten wir einmal ein flavisch-claudisches Fest ab. Antonia, Leontia, was meint ihr dazu?"


    Jetzt, da sie diese fixe Idee ausgesprochen hatte, gefiel sie ihr sogar außerordentlich gut. Allerdings, was die männlichen Gensmitglieder anbelangte, konnte es vermutlich einiges an hochgezogenen Augenbrauen und ungläubigen Blicken hageln. Leontia und Antonia würden sicherlich besser wissen, wie die flavischen Verwandten dazu standen, Epicharis glaubte bisher nur daran, dass aus der claudischen Riege am ehesten Myrtilus zu einem solchen spontan entschiendenen Conventus kommen würde. Vesuvianus und Cunctator würden deswegen nicht von Mantua anreisen, Marcellus war in Germanien und Vitulus war ohnehin seit Ewigkeiten nicht mehr vor die Tür gegangen. Bedauerlicherweise hatte Marcellus Dolabella mitgenommen, dachte Epicharis und seufzte leise.


    "Es muss ja nicht gegenwärtig sein", revidierte sie daher die Worte und gewahrte aus den Augenwinkeln den Jungen. Komisch, sie hatte ihn gar nicht vermisst. Mit einem Mal war Epicharis froh, keinen Knaben seines Alters und seiner Konstitution (er hatte Hummeln im Hintern) zu haben. Glücklich darüber, sich weder mit dem Abbleiben noch mit der Erziehung des Flavius Serenus abgeben zu müssen, schlenderte sie fröhlich neben Antonia und Minervina von Stand zu Stand.


    Bald kamen sie nahe des Sklavenmarktes an einem Stand an, in dessen Auslage sich die verschiedensten Züchtigungs- und Folterinstrumente präsentierten. Epicharis ging mit nicht ganz so viel Elan wie Leontia und der Junge an die Sache heran, fuhr aber hier und dort über Peitschen und mit dornen besetzte Lederriemen. Allerdings ließ sie keinen einzigen Sesterz an diesem Verkaufstisch. Bestrafungen waren eine Sache, die sie lieber durchführen ließ denn selbst durchführte. Dies sah sie ähnlich wie Antonia - vermutlich Teil der claudischen Erziehung.


    Während Leontia und Serenus sich derweil angeregt über Sanktionierungen unterhielten, sah Epicharis sich in der näheren Umgebung um. Nicht weit entfernt verkaufte ein kleiner, dicker Mann ohne Haare auf dem Kopf Gesellschaftsspiele. Epicharis, die ohnehin eine Spielefanatikerin war, deutete mit leuchtenden Augen auf den buntbewimpelten Stand, über den sich eine leuchtend rote Stoffbahn spannte.


    "Oh seht mal, dort!" jauchzte Epicharis und hatte schon die Hälfte des Weges uber das schmutzige Pflaster der Trajansmärkte zurückgelegt. Wenig später stand sie vor den Auslagen, fuhr hier über in Zitrusholz eingelassene Edelsteine und dort über Elfenbeinintarsien in Zedernholz. Es gab alles, was das Herz begeherte, und Epicharis konnte sich gar nicht satt sehen. Schon überlegte sie, ob ein zweites Ludus Latrunculorum in Reserve vielleicht sinnvoll wäre, da fiel ihr ein, dass sie in Tarraco schon eines gekauft hatte, das die Reserve der Reserve darstellte. Schweren Herzens warf sie einen letzten Blick auf das wunderschön gearbeitete und mit Blütenmotiv verzierte Spielbrett.

    Epicharis lächelte nur milde ob der Bitte ihrer Sklavin. Geduld hatte sie wohl, doch nicht übermäßig und auch nicht sehr viel gegenüber einer Sklavin, die noch dazu neu war. Doch vorerst wollte die Claudierin sich anhören, was Dhara sonst zu berichten hatte. Sie konnte sich nicht recht vorstellen, was Dhara mit 'Stadt in der Stadt' meinte. Vielleicht etwas wie die Suburba? Noch während die Sklavin sprach und vieles versuchte, anschaulich darzustellen, schloss Epicharis träge die Augen und genoss die ungewohnte Massage von weichen Händen am Morgen. Insgeheim neidete sie Dhara die Pfirsichhaut. Sie würde unbedingt dafür sorgen müssen, dass die Sklavin ihr diese Tinkturen, Salben und Cremes mischte.


    Die Hohen Mauern, die verzierten Tore und die prächtigen Fresken, von denen Dhara schwärmte, erschienen hinter Epicharis' Stirn. Alles ward beschienen von der Sonne und erfüllt von regem Treiben, sie sah auch die Zicklien und wie man sie wusch und in der Milch badete. Bunte Bänder flatterten in sanfter Frühlingsbrise und die kraftspendende Sonne beschien alles mit ihren wonnigen Strahlen. Dhara hielt plötzlich inne, und Epicharis öffnete einen Moment später die Augen und sah ihr Spiegelbild an. Fort waren fremdartige Gebäude und die orientalischen Klänge, die sie gemeint hatte zu hören. Epicharis blinzelte einige Male und betrachtete dann mit einem Stirnrunzeln Dharas Gesicht im Spiegel. Sie wirkte schmerzerfüllt und unglücklich.


    "Warum bestreicht man die Bäume mit der Milch?" stellte sie die Frage geradeheraus und betrachtete Dhara wartend. Es kam zwar oft vor, dass Epicharis Mitleid irgendwem oder irgendwas gegenüber zeigte, doch waren es äußerst selten Sklaven, zumal die claudischen Sklaven allesamt gut behandelt und nur dann bestraft wurden, wenn sie etwas wirklich schlimmes ausgefressen hatten. Dass Dhara nun weinte, rief irgendwo tief in Epicharis' Innerem jedenfalls das Gefühl von Mitleid wach, und die Claudierin seufzte kurz und runzelte die Stirn. Sie verharrte noch einen winzigen Moment, dann rutschte sie auf ihrem Stuhl herum, sodass sie Dhara selbst ansehen konnte und dafür nicht den Spiegel nutzen musste.


    "Dhara, höre mir einmal zu. Du bist meine Leibsklavin, auch wenn man es dir noch nicht ansehen mag, was ich gewiss heute zu ändern gedenke. Dennoch bist du die Sklavin, die jeden Tag aufs neue an meiner Seite sein wird. Du wirst bald Dinge über mich wissen, die nicht einmal mein Vater weiß, du wirst besser über meine Lebensart Bescheid wissen als es mein zukünftiger Ehemann tun wird - weil du meine Leibsklavin sein wirst. Mit dir werde ich Freude teilen, wenn ich glücklich bin, und Trauer, wenn mich etwas bedrückt. Du wirst Sklavin und auch Freundin zugleich sein, wirst später meine Kinder betreuen, als wären es die deinen und nicht leiden müssen, weil du meine Leibsklavin bist und nicht die einer anderen Frau."


    Epicharis hielt inne und sah Dhara eindringlich an. Ein kurzes Lächeln umspielte ihre Lippen.


    "Ich verstehe, dass dich die Erinnerung an Vergangenes bedrückt. Auch mich bedrückt der Gedanke an jene Tage, da ich jung war und oft bei meiner Tante in Hispania sein konnte. Doch diese Zeiten sind vorbei und ich weine ihnen nicht nach, sondern versuche, sie in meiner Erinnerung zu wahren und niemals zu vergessen. Es begann ein neuer Abschnitt in meinem Leben, weil der vorige mit dem Tod dieser Tante endete. Ich muss es respektieren, und so musst du respektieren, dass du nun eine claudische Sklavin bist, der einst die Freiheit offenstehen wird. Und wenn du dich dann noch an deine Heimat erinnerst, so hält dich nichts mehr hier in Rom außer vielleicht deiner Loyalität, Dhara."


    Draußen sang ein Vogel sein einsames Lied, als Epicharis kurz pausierte. Die Sklavin befand sich nicht einmal vierundzwanzig Stunden im Haus, deswegen konnte sich die Claudierin auch nicht sicher sein, dass Dhara nicht etwas Dummes unternehmen würde. Dies war auch der Grund, aus dem sie der Sklavin noch nichts davon erzählt hatte, dass diese wie jeder Leibsklave ihre eigene Kammer erhalten würde, sobald Epicharis sich Dharas Loyalität sicher war. Die Kammer befand sich nur wenige Schritte von Epicharis' Schlafgemacht entfernt direkt daneben, damit die Sklavin zu jeder Tages- und Nachtzeit würde bereit sein können, wenn Epicharis sie brauchte. Doch vorerst schwieg sich Epicharis noch darüber aus, sie wollte noch einige Zeit ins Land streichen lassen, ehe sie davon erzählte und sie Dhara gestattete, so nah bei ihr zu sein, wenn sie arglos schlief. Epicharis seufzte tief und setzte ein fröhliches Gesicht auf.


    "So! Und nun werde ich frühstücken und dann können wir los. Die Frühjahrsmode besteht dieses Jahr aus hellen und luftigen Farben, da finden wir sicherlich etwas, das dich kleidet. Während ich frühstücke, könntest du schon eine kleine Liste erstellen, was du für Zutaten für diese Tinkturen und so weiter brauchst. In Ordnung?"