Hatte sie noch vor dem ersten Morgen die Befürchtung gehabt, auszusehen wie eine alte Krähe, da sie die ganze Nacht nicht ein Auge zu getan hatte, so war Epicharis jetzt am Vormittag zufrieden mit dem, was Fiona geleistet hatte. Dezent war die zarte Haut um die Augen gerußt worden, die Lippen trugen ein sattes, nicht zu grelles Rot zur Schau, hier war ein perfekter Lidstrich gezogen worden und dort wirkte die Haut nicht wie Haut, sondern wie feinster ägyptischer Alabaster. Schon einige Stunden trug Epicharis nun die Tunica recta, doch erst kurz vor dem Aufbruch hierher hatte sich das Flammeum hinzugesellt, der orangerote Schleier, der die kunstvoll frisierten Haare verbarg, bis Aristides und sie tatsächlich und wahrhaftig vermählt waren.
Die claudische Sänfte, die Epicharis in sich barg, war nicht das einzige Gefährt, das langsam den südlichsten der sieben Hügel hinaufkroch, wohl aber war sie die schönste des raupenähnlichen claudischen Hochzeitszuges. Epicharis' Sänfte war geschmückt mit Blumen und bunten Bändern, die sich im Wind drehten und verspielt mal hierhin, mal dorthin hüpften. Sechs Sklaven trugen sie, ein jeder gewandet in rot und gold, zwei Farben, welche die Hochzeitsgesellschaft an diesem Tage und auch am darauffolgenden überall wiederfinden würde. In der Acta hatte man geschrieben von diesem Ereignes, von einer romantischen Märchenhochzeit war dort die Rede gewesen, und genau so fühlte sich Epicharis derzeit: Als sei dies alles ein Traum und Aristides der Prinz, mit dem sie für immer und ewig glücklcih werden würde.
Bald setzte die Sänfte sanft auf, Kies knirschte unter zahlreichen Füßen, und man reichte Epicharis die Hand, um ihr hinauszuhelfen. Gleichförmiges Knirschen verriet, dass ein Sklave bereits davongewetzt war, um den Bräutigam zu benachrichtigen. Zuerst einer, dann zwei sattrote Sandalen setzten auf die hellen Kiesel auf. Epicharis blickte sich um. Das schmiedeeiserne Tor mit den vielen, kunstfertig geformten Gesichtern stand weit und einladend offen. Ob bereits Gäste anwesend waren? Von fern konnte man den Ruf eines exotischen Vogels hören, die Geräusche der Wildkatzen erahnen, die hier für die Gäste die ein oder andere Attraktion darstellen mochten. Epicharis ging das Herz auf. Dies war der Tag ihrer Hochzeit! Ihre Hände zitterten für einen Moment so sehr, dass sie nach Fionas Hand greifen musste, um irgendeinen Halt zu haben. Der herrliche Blütenduft war auf dem Weg hierher immer intensiver geworden, und die üppigen Zweige des Blauregens, der über die Mauer hinweg wuchs, kündete von noch mehr Wohlgerüchen, wenn man nur erst einmal den Garten betrat.