Beiträge von Dhara

    Dhara trug eine weiße weitgeschnittene Leinentunika, ihr Körper wurde von einem anderen Tuch fest gewickelt und seine blaue Farbe drang durch den milchigen Leinen nach Außen. Raffiniert drapiert erlaubte Dharas Kleid nur kleine Schritte. Um nicht zu fallen war sie dadurch gezwungen, mit ihrem Körper Gleichgewicht zu halten. Durchaus eine beachtliche Aufgabe, die viel Kraft und Geschicklichkeit fordert. So mußte auch Dhara dem Tribut leisten und ihre Hüften auf eine besondere Art schwingen lassen. Bei jedem Schritt verriet der Stoff diese Bewegungen, dehnte sich dabei und ließ der Fantasie genug freien Raum. Ihr Haar war bis zu den Schultern frei und erst dann mit einer goldenen Brosche in Form eines Löwen zusammengehalten. Von da aus schwebten die drei dicken Zöpfe bis zum Poansatz wie drei Schlangen, deren Enden kleine Glöckchen zieren. Die großen Mandelaugen blickten Corvina fremd und gleichgültig. Sie war nicht ihres Blutes, eine Sklavin, die anscheinend nicht gelernt hat, ihre Gefühle zu verbergen. Dhara sah zu Antipater, der der kleinen Sklavin einen Klapps gegeben hat, dann wartete sie ab, bis beide an ihr vorbeigingen, um erst dann, mit einem kleinen Abstand von beiden, einzutreten. Ihre Augen fassen sofort die Einrichtung des Raums, die Coptha selbst, den Gast, sie wartete nicht auf Antipater und Corvina, sondern verneigte sich tief mit den vor der Brust gekreuzten Händen vor der Copta und dann vor dem Fremden. Dabei schloß sie die Augen als Zeichen ihrer Unterordnung und Vertrauens.

    Dem einen Kuss folgte der zweite, dann noch eins und noch eins. Geschickt lockte sie ihn tiefer und dann entzog sich ihm im letzten Moment. "Wirf deine Masken wie die Kleider ab" - flüsterte sie ihm. "Zeig dich" Das waren ihre Worte zwischen den Küssen und der schmerzhaft-süßer Verführung.

    Dhara drehte sich in seinen Armen mit dem Gesicht zu ihm und augenblicklcih drücken sich ihre Lippen sehnsüchtig und gierig auf seine, als ob sie ihm die Seele austrinken wollte. Ihre Kraft hat er unterschätzt. Dieser Kuss, ihr Körper, diese Hände, die sich in seinen Rücken, seinen Nacken verkrallten. Stumm, ohne ein einizges Wort nahm sie sich das, wonach sie sich in diesem Moment gierte. Einen Mann. Und welcher Mann kann dieser wilden Wucht widerstehen, besonders nach dem Honigwein, berauschenden Tänzen und schönen Frauen.

    Dhara verneigte sich still, machte ein paar Schritte rückwärts, bevor sie sich umdrehte. Noch beim Verlassen des Raums drehte sie ihren Kopf nach Antipater und er sah eine eindeutige Einladung in ihren Augen und ihrem Lächeln.

    Trotz diesem barschen Ton lächelte ihm Dhara zu und nickte. Als ob jemand sie in die Rippe stocherte "Dhara kann sich gedeulden"

    Das klang so laut, komisch und lustig, dass Dhara ihr Lachen nicht verbergen konnte. Sie spürte, dass sie ihrem Vorhaben, sich zurückhaltend zu verhalten, zu beobachten und so weing von sich wie möglich zu verraten, am entferntesten sei. Noch mehr. dieses Lachen war so offen und herzlich, mädchenhaft und nicht gerade mit höflicher Kühle dargeboten. Wann hat sie das letzte Mal so gelacht? ach ja...
    "Läßt der Herr auch ein paar Tropfen für Dhara übrig?"

    "Amessis Vestilla ist vom königlichen Blut, Herr. Schon allein deswegen zollt Dhara ihr Respekt. Ihre Ahnen herrschten über die Babel und das Reich. Sie schrieb der Hohenpristerin einen Brief, danach wurde mir mitgeteilt, ich soll nach Rom aufbrechen." Dhara blickte auf den Mann... Sie verspürte auch Durst. Seine übliche Schluck-Bewegung verriet ihr auch seinen Wunsch nach einer Erfrischung. "Herr, verzeiht, wenn ich Euch störe, aber es ist heiß, auch in diesem Garten. Die Kehle und der Körper aber auch der Geist brauchen die kühle Erfrischung"

    Dhara sah bestürzt zum Boden. Was soll sie darauf antworten. "Amessis Vestilla hat nach mir gefragt. So kam ich nach Rom. Die Zeiten für die Reise sind gefährlich, aber am wenigsten beachtet man die Sklaven. So kam ich mit einer der unzähligen Karawanen zu den Toren dieser Stadt." Dhara lächelte. "Ich bewundere Römer. Sie sehen nach vorn, sind voller Energie. Eigenartig. Meine Welt droht auszusterben. Zu sehr blicken wir in die Vergangenheit." Dhara seufzte.

    "Ganz anders, Herr!" Dharas Augen bekommen den seidigen Glanz. "Die Menschen sind freundlich, offen, es ist jeden Tag ein Fest! meine Kindheit habe ich im Tempel in den Bergen gebracht, neben einem kleinen Dorf. Dann wurde ich nach Seleukia am Tigris geschickt und dort meine Ausbildung genossen. Der mächtige, der große Fluß umfasst wie eine Schlange die Stadt. Der fruchtbare Boden, blühende Pracht der Blumen, der Bäume, das Lachen der Kinder, die im Wasser plantschen... die rote aufgehende Sonne, die ihre Strahlen über die Welt verbreitet und jedem lächelt, der sie begrüßt. Die Hitze des Mittags, wo man denkt, dass der bloße Atem das Papier anzündet. Der Gesang auf den Straßen..., die großen Prozessionen der Priester...farbig, prächtiglustvoll!"

    Dhara spürte, dass sie etwas nicht richtig getan hat, doch sie konnte es nicht ahnen, dass er wahrscheinlich ihre Sitzposition meinte. Sie fand es einfacher angelehnt an die Bank zu knien, als aufrecht, ohne Lehne auf dem Stein zu sitzen. außerdem...wer war sie, um neben dem Herrn zu sitzen, in der gleichen Höhe wie er. "Verzeiht mir, Herr. Ich bin mit den Sitten der Römer nicht recht vertraut." Ihr Gesicht widerspiegelt diese leichte Verwunderung.

    Dhara nickte, ging zu ihm, kniete sich neben der Bank, legte ihre Arme darauf und auf ihre Arme die Wange angekuschelt. Die Augen blickten aufmerksam zu ihm.

    Dhara spürte die Blicke des Sklaven auf ihrem Körper, doch sie huldigte ihn mit keinem iherr Blicke, er war unwichtig und unbedeutend. Obwohl.... sein sehniger Körper versprach vieles und bestimmt war er in der körperlichen Liebe manch einem weichleibigen Herrn überlegen. Doch er war nur ein Sklave. Wie sie. "Ihr seid ein beschäftigter Mann, Herr". Sie speicherte die Information über das Eisen und vor allem über den Pompeius. "Der weiß, dass auch die Rosen Aufmerksamkeit brauchen" Dhara verneigt sich leicht und senkt ihren Kopf. "Darf Dhara neugierig sein und fragen, welche Gedanken der Herr in diesem Moment pflegt?" Das war gewagt, doch Dhara war wirklich neugierig. Sie blickt erwartungsvoll in sein Gesicht. Ihr Körper streckt sich leicht nach vorn. Die Arme verlassen die Seitenflanken und die schmale Taille wird freigegeben, verführerisch für eine Umarmung. Nicht vordergründig, denn auf erster Stelle stand Dharas Neugier in den mandelförmigen Augen.

    Im Garten wurde zu dunkel und frisch. Dhara frohr und die einlandende Wärme der Räume wirkte auf sie wie ein Magnet. Sie schloß die Tür zum Garten hinter sich, drehte sich um und sah, wie eine der Tempeldienerinnen einen Gast nach seinem Begehr in diesem Hause fragte. Mit eiligen Schritten erreichte sie beide. Ihr Tuch, das sie als Kaputze über die in hunderte kleine Zöpfe geflochtenen Haare legte, rutschte nach hinten, die mandelförmigen Augen blicken auf den Herrn respektvoll und zurückhaltend "Herr, erlaubt Dhara Euch zu anderen Gästen begleiten. Es sei denn, Ihr seid hier wengen einer anderen Angelegenheit als die Feier" Sie machte eine eindeutige elegante Geste, die an die Dienerin gerichtet war und ihr unmißverständlich zu verstehen gegeben hat, sie soll sich entfernen.

    "Achte darauf, dass die aufkeimende Pflanze dich nicht verschlingt oder süchtig macht" Allein, wie sie dieses Wort "SÜCHTIG" ausgesprochen hat, diese leidenschaftliche glühnende Stimme, die jeden Buchstaben mit Leben einhaucht. Ihre Augen verfolgen seine Reaktion, die Mimik, die Gesten.
    Plötzlich beginnt sie leise zu singen:


    "Bette meinen Körper
    Auf die Zweige der grünen Feigen,
    Erobere meinen Schoß,
    Erwecke mich zum Leben.
    Mein Leib ruft nach deinen Händen -
    Umarme mich.
    Meine Lippen rufen nach deinen -
    Küsse mich.
    Die Freude dich zu sehen,
    Macht mich schön.
    Der Wunsch dir zu gefallen,
    Macht mich schön.
    Du bist das Gefäß,
    Ich bin nur dein Wasser..."


    Die melodische Stimme singt leise mit Sehnsucht der Jahrhunderte. Dann plötzlich bricht Dhara das Singen ab. "Das ist kein Lobgesang. Nur ein einfaches Lied aus dem Dorf, das unten im Tal lag, in der Nähe des Tempels."

    "Eine bescheidene Gabe für eine Frau, Das Recht zu sprechen. Andererseits... darf eine Sklavin dieses Recht besitzen?" Ihre Finger berühren seine, die seidige goldbraune Haut riecht süß, wie ihr Haar, die wilde lockige kastanienbraune Mähne, die hinten von einem Haarband zusammengehalten wird. Sie nimmt die Rose, ohne zu danken, führt zu ihren lächelnden Lippen. Dieser unglaublich intensiver Duft... sie muß einfach im Genuß die Augen schließen. Die dunklen fleischigen Lippenblüten treffen die von der Rose in einem sanften Kuss. Dann steckt Dhara die dargebotene Rose in ihr prachtvolles Haar. "Diese Geste ehrt mich" Sie weiß nicht so recht, wie sie den Mann ihr gegenüber ansprechen darf und soll. Also verhält sie sich vorsichtig. Wie ein geübter Lotse prüft sie tastend die Tiefe der fremden Gewässer. Ihr Gesicht, Mimik, leicht unsichere und zurückhaltende Bewegungen zeigen es für einen aufmerksamen und erfahrenen Beobachter all zu deutlich.

    Dhara stand da vor diesem Mann mit dem strengen Gesicht. Sie versuchte in den Linien der Falten nachzulesen, was sie erwartet, was sie zu befürchten hat, welche Waffen sie schon parat holen sollte. Ihr Kopf wandte nicht einmal zu Antipater, sie vernahm nur seine Schritte, mit denen er sich aus dem Garten entfernte. Dhara ging zu einem schönen Rosenbusch, ihre Finger streicheln die blumige Pracht der Blüten. "Euer Garten kann mit den hängenden Gärten der Semiramis verglichen werden und diesen Vergleich standhalten" Ihr Lächeln widerspiegelt sich in ihrer Stimme.

    "Wer nicht fragt, bleibt auch ohne Antwort" sagt sie leise. "Mit der ..." sie macht eine kleine Pause und ihre dunklen rubinroten Lippen lächeln ihm zu, wobei kann man weder sagen, sie lacht Amessis aus, noch dass sie sie verspottet, beides würde zutreffen, wenn man ein Lächeln überhaupt deuten kann, besonders das von Dhara. "...Cophta hat Dhara geredet" Wenn sie diese Frau als Cophta nennen muß, dann wird sie zumindest über sich selbst in dritter Form sprechen, eine Art zu verstehen zu geben, dass Dhara unpersönlich und gleichgültig dabei wird. "Und jetzt weißt du, was du von mir halten sollst? Mit der Erkenntnis, dass ich deine Sporache spreche?" *sie setzt sich in Bewegung, wie etwas undurchsichtiges, gefangen in dieser Haut der Farbe vom reifen Honig, in diesem kurvenreichen Körper und schmaler Taille einer Tempeltänzerin.

    Nachdem Dhara von Amessis entlassen wurde, ging sie im Garten. Sie dachte über das Gespräch mit dieser Frau nach. Die Wärme tat ihrem Körper gut. Sie atmete tief auf und ein, als ob jeder Atemzug von ihr das letzte wäre.

    "Warum hälst du mich eingesperrt, Herr?" eine direkte Frage, aber sie fand es angebracht, die Andeutungen beiseite zu legen und diese gerdelinige Form zu nehmen, was Dhara eigentlich immer als unangenehm fand.

    Ishtar hat viele Gesichter. Manch einer denkt, sie entstand von Nanna und Ningal. Mondgott und seine große Dame haben diese Welt beherrscht. Doch ich denke... Ishtar ist als Kala oder Kali geboren. In der Dunkelheit des Berges. In der Tiefe der Erde. Alles wird geboren, alles wird sterben, um den Platz für das Neue zu schaffen.