Wahrscheinlich war es knapp um die Nachtwende, als Herius die Männer weckte und unter dem Schein einer Oellampe seinen ausgeheckten Plan mit ihnen teilte. Die Wachen des Lagers drüben umrundeten es geschickt. Sie forderten Feinde auf sich zu teilen. Waren es nur wenige barg dies eine große Gefahr entdeckt zu werden bevor sie den inneren Ring bestehend aus Zelten und den Wagen überhaupt erreicht hatten. Dazu kam eine Anzahl Wächter, die ihren Punkt nicht verließen, aber trotzdem von weiteren Soldaten im Auge gehalten wurden. Die Präzision mußte also das Perfekte übersteigen, wollten sie überhaupt ins Lager kommen. Noch dazu wählte die nächtliche Streife eine Route, die sie aller einer bestimmten Zeit ins Blickfeld der standhaften Wachen führte. Bedeutend war für die Angreifer also, das sie die postierten Wachen ebenfalls zeitnah auszuschalten hatten.
Ein zweiter Weg wäre gewesen sich in den inneren Kreis zu schleichen. Aber der Zufall war ein übermächtiger Feind und die Anzahl derer, die das Lager verteidigen konnten, waren sie erstmal alarmiert, erdrückend.
Sie konnten also nur den blutigen Weg gehen, der trotzdem ihr aller Ende sein konnte, machten sie zuviele Fehler.
Subdolus nahm die Einteilung vor. Dabei achtete er auch auf Zuneigungen, die er im Laufe der letzten Monate zwischen den Söldnern beobachtet hatte. Die zwei zögerlichsten Männer ließ er im Lager. Sie bekamen die wichtige Aufgabe zu packen und die Tiere bereitzuhalten. Am Ende der Nacht würden sie sehr schnell weg müssen. Ansonsten verteilte er die Angreifer immer in zwei Mann Gruppen, dabei kam es vor, das mehrere Due eine Aktion ausführten. Dann war immer ein Römer dabei und die Befehlsstruktur klar. Gesprochen sollte wenn möglich garnicht. Die Augen, Arme und der Kopf mußten ausreichen.
Für den Hadrianus stand ein Mallorquiner bereit, der mit der balearischen Schleuder umzugehen wußte. Dazu kamen Meuchler die das Messer als ihre liebste Waffe wählten. Sie schlichen vorwärts und nahmen die Wachen von hinten. Mit einem zielgerichteten Stich durch das linke Ohr in den Kopfraum brachten sie ihre Opfer ohne Röcheln zum sofortigen Tod. Zwei Beilwerfer komplettierten die Spezialisten. Ihre hässliche Wunden bringende Fernwurfwaffe war ähnlich den Schleuderern ein gutes Argument einen Fehler wett zu machen und gef. auftauchende Zufallswachen danieder zu strecken.
Manchmal ist es gerade so ein Gang, der einen Mann verrückt macht. Er hofft an alles nur Mögliche gedacht zu haben. Ihm wird gewärtig, das er nicht vor einer mehrerer tausend Mann starken Schlachtreihe aufreitet und die Männer einbeschwört. Er muß damit rechnen den Fährmann zu treffen und das zum letzten Mal in seinem kurzen Leben. Er fordert den Geist dazu auf stark zu sein und keine Angst zu kennen. Aber die Furcht ist es oft, die den Mann klar denken läßt, die ihn im Leben weiter bringt und die ihn vorallem am Leben hällt. Ein Kämpfer ohne Angst, ein Held geht hinaus um große Taten zu vollbringen derer sich die Nachwelt erinnert. Dann wenn seine Gebeine schon lange verwest sind.
Sie kamen um ihren Kameraden zu fordern, sie erschienen nicht um Held zu sein und letztlich nicht wieder mit zurückzukommen.
Im Nebel der Wüste krochen sie vorwärts. Bis an die Zähne bewaffnet und entschlossen endlich das zu tun, wozu Rom seinen Kriegern verpflichtet war. Holt ihn heim, hatte man gesagt mit der Ernüchterung in den Augen wahrscheinlich niemals überhaupt einen Funken Leben zu finden. Jetzt war eine Chance, sie war angesichts der Übermacht gering und sie würde Opfer fordern. Doch mit den Göttern auf ihrer Seite gab es immer einen Weg rein, wie auch raus. Männer würden sterben.
Über dem Lager wich der kalte Nebel dem Dunst der Feuer. Die Auskundung schien sich zu bewahrheiten. Trotzdem wartete Subdolus eine Runde mehr ab als die Letzte, er wollte sich ein sicheres Bild machen. Doch die Zeit strich dahin. Sie teilten sich auf und forderten einander in die Ausgangsposition. Schnell mußte es gehen und wenig später zischten die ersten Steinchen durch die Luft. Kein Poldern schreckte Andere auf, denn die Ziele standen auf weichem Sand. Hastig ging es nach vorn. Ein Mann dort vor zwei Palmen lehnte danach am Holz und schien einfach nur zu dösen. Die Söldner kamen schneller voran, als zuvor gedacht. Während man zu sechst eine fünfköpfige Patrollie ausschaltete, waren Herius und der Schleuderer bereits im inneren Ring, um den Zyklus der Zeit einzuhalten. Wichtige Augenpaare mußten geschlossen werden. Sie standen hoch oben. Positioniert auf den Wagen, um einen besseren Überblick zu haben. Fast im Rythmus drehten sie sich nach den Himmelsrichtungen und kamen aller drei Bewegungen einander ins Blickfeld. Dumm nur, das der Hadrianus auch nicht mehr der Schnellste seiner Art war. Während also Wache eins bereits vom Wagen in den Sand dahinter gesackt war, erfreute sich Wache zwei noch bester Gesundheit und blickte wenig später auf den frei gewordenen Aussichtspunkt. Der Kopf schob sich nach vorn, die Augen traten hervor langsam drehte er den Kopf links, dann rechts. Doch nur den Kopf in diesem Sichtwinkel. Es war anzuraten fix zu handeln, doch Herius hatte seine Axt bereits auf einen Weglagerer verwendet und war danach hinab in die Arena geeilt. Dem Steinewerfer fehlte es an einer guten Positionierung und Herius wollte eigentlich das Messer oben auf dem Wagen nehmen. Zu langsam war er dafür und nun schien ihm ein gerade darum stehender Speer als das einzigste Mittel, um die Katastrophe noch abzuwenden. Der vorgeneigte Kopf kam ihm dabei gelegen. Der Moment des Zögerns war vorbei und das Eisen des Speers drang durch den Hinterhals bis weit ins Gehirn ein. Dem armen Mann blieb kein Korn in der Sanduhr zum Aufschreien er sackte zusammen. Herius hingegen konnte sich ein 'Uff' nicht verkneifen.
Bis zum Wagen war es nicht mehr weit doch noch immer trennten sie fünfzehn dieser Wachen davon. Er war besser bewacht als ausgekundet. Doch diesen Unterschied sah man nicht von draußen, denn die Wagen schotteten den Römer und seine Wachhunde bestens ab. Die Angreifer waren weit gekommen. Es rührte sich kein Glied im Lager. Die Patrollien außen herum waren erledigt. Dazu einige stehende Wachposten mit Feuerstätten etwas außerhalb. Noch dazu sogenannte Aussichtsposten. Während Subdolus den auflaufenden Söldnern 'mit Händen und Augen' Befehle gab sich neu zu formieren und zu positionieren, fehlte ihm immernoch der zündende Funke dieses Netz an zwar weit verstreuten, aber immerhin blicklich ganz gut in Kontakt stehenden Soldaten zu zertrennen.
Ein Wunder wäre nicht schlecht, aber sie waren hier allein. Er ballte die Faust. Etwas abseits stand das Gefängnis zwar, doch ein offener Angriff wäre viel zu laut. Sie alle zusammen waren zwölf. Selbst mit einer guten Aufteilung würden drei Mann über bleiben und noch dazu war es schwierig zu Fuß bis an jede Wache heran zu kommen. Ihnen blieb aber garnichts anderes übrig, als das Netz derart zu verkleinern und die gefallenen Gegner zu verbergen. Es war auf keinen Fall einfach es überhaupt zu durchschauen. Doch umso mehr sich Herius damit beschäftigte desto ersichtlicher wurde ihm das nicht alle dieser Männer wachten, sondern viele vielmehr nur süßes träumten. Ein Werk der Götter dachte er und gab seinen Mannen den Weg vor. Sie schlichen, sie krochen und verharrten. Geschah ein Geräusch blieben sie erstarrt für den Moment.
Der Beute nah, geschah etwas Unvorbereitete. Eine Zeltpforte wurde aufgeworfen und eine in Tuche gehüllte Gestalt trat heraus. Sie war faul und schläfrig -zu ihren Glück- . Ein Plätschern, das nicht am Wagen zu vernehmen war, ließ den Grund des nächtlichen Ausganges erahnen. Wenig später verschwand sie wieder im Inneren und alle verdrückten sich ein erleichtertes Aufatmen. Nur ein kleiner Rundblick hätte die Frage aufwerfen können, wo die Ausgucke hin sind.
Eine neue Konstellation am Wagen trat nicht auf. Aber einer der Burschen wollte wohl noch etwas vom edlen Saft nachtanken und verlegte daher seinen Standpunkt in die Nähe eines Anderen. Wieder Zeit die verstrich, denn eine Bewegung so öffentlich wie sie durch die trunkischen Bolde ausgeführt wurde, war immer mit einem Nachhall der dösenden, wie schlafenden Gemeinschaft zu spüren. Für den bisweil führenden Römer gab sich die Gelegenheit auf zwei Gegner nun. Er zückte daher auch zwei Messer. Im Angriff nahm er sie in seine kräftigen Arme, um blitzschnell das Kehle aufzuschneiden. Das Röcheln war nicht weiter schlimm, denn die Zelte des Osroes weit und die anderen Männer bis auf zwei, die jetzt völlig trandrüsig und überrascht die Augen aufrissen, gemeuchelt. Noch war keine Zeit zu verharren. Einer der Beiden sah sich -völlig zu Recht- der Übermacht nicht gewachsen und rannte los. Der Zweite bekam gerade eben den Dolch eines vorspringenden Söldners zu spüren. Ein Mann in jungen Jahren, dem das leise Vorgehen wohl nicht sonderlich behagte. Aber dieses Opfer zu den Seinigen zählte. Agressiv, aber gefasst blickte sich Herius um, fand was er suchte und zog ihn mit dem rechten Arm auf. Schon zwanzig Meter weg ereilte dem Flüchtenden das Schicksal. Einmal mehr bot ein Speer sich als das beste Instrument an.
Dieser Zwischenfall war lauter als gehofft. Aber noch regte ich nichts. Subdolus riet zur Eile und war als Erster am Wagen. Mit einem Beil trennten sie das übergroße Schloss vom Holm und drückten den Wagen auf. Diese Aktion mußte den Gefangenen -und hoffentlich nur ihn- schon geweckt haben...