Wenn Subdolus gedacht hätte der Sommer würde für ihn um einiges leichter werden, als der Letzte dann wäre er jetzt wahrscheinlich schon am Unmut zerbrochen. Doch er hatte die Botschaft aus Rom mit Wachsamkeit aufgenommen. Mehr nicht. Der alltägliche Ablauf war seitdem gleich geblieben. Er vertrat den fehlenden Kommandeur so gut er es vermochte und stand auch nicht am Pier um auf den Neuen aus Aegyptus zu warten. Das war bis jetzt gut so, denn er hätte schlichtweg Zeit vergeudet. Zeit, die es in den Sommermonaten aber nicht gab.
Sie hatten einige Probleme, was die Verfügbarkeit von seetauglichen Schiffen anbelangte. Es war dieses Jahr ein Aufschwungjahr und genauso wie der Bedarf an Transportmitteln stieg, genauso viele Geleitaufträge wurden ausgelöst. Noch dazu wo eine fette Beute wartet, auch das gewetzte Messer eines Piraten nicht lange auf sich warten läßt. Doch man hielt den zu patrolierenden Seeraum weitestgehend sauber. Sicher wurden nicht alle Handelsschiffe gerettet, aber das war bei der schier unendlichen Zahl auch unmöglich. Jene die es auf eigene Faust über das Meer schaffen wollten, weil ihnen die Gebühren für die Geleitkonvois zu teuer waren, mußten eben ihr eigenes Abenteuer bestehen und standen hinterher nicht geschröpft, sondern Mittel los da.
Für Herius bedeutete der Tag zeitiges Aufstehen, einen Apell mit den Mannschaften. Die erste Dienstanweisung der Offiziere, die an diesem Tag den Hafen verlassen würden. Eine Liste mit den Schiffen, die später auf einem großen Brett in Kartenform aufs offene Meer geschoben wurden und schon einen ansehnlichen Haufen Probleme, die er spätenstens nach dem Frühstück an andere Offiziere abschieben würde. Denn nach der Mahlzeit kam auch schon die zweite Kommandorunde, die Missionen erörterte, welche demnächst in Betracht gezogen wurden. Die momentane Lage ließ allerdings nur einen Bruchteil dessen zu. Danach folgte ein Rundgang durch's Lager und ein Ausritt zum Bepo. Wo es meist nichts Neues gab, aber wenigstens die Luft um einiges reiner war, als unten im Lager, wo die Schmieden der Classis alle Hände voll zu tun hatten und kaum noch ein Lüftchen blies. War dies getan eilte die Mittagszeit heran. Das Essen war leicht, aber ausgewogen. Später ließ Subdolus sich die Berichte der Heimkehrer reichen und gab den Diktator, um sie im Archiv deponieren zu können. Mindestens zwei Chroniken wurden immer verfasst und in zwei unterschiedlichen Räumen in unterschiedlichen Gebäuden die weit auseinander im Stützpunkt lagen, einsortiert. Das diente dem Willen sie für die Nachwelt zu erhalten, fiel ein Gebäude mal dem Feuerteufel zum Opfer.
Nach den Berichten folgte eine weitere Lagerrunde diesmal runter zum Hafen. Meist gab es die größten Probleme beim Be- und Entladen der Schiffe, aber auch im Depot schaute er vorbei und ließ sich weitere Querelen aufhalsen. Danach folgte eine Visitte im Vorratslager und den Ställen. Die Mannschaftsbaracken konnte er um diese Zeit getrost auslassen, denn sie waren noch wie leer gefegt. Es folgte hindes ein weiteres Mahl, diesmal deutlich kräftiger und es gab auch reichlich verdünnten Wein dazu. Der Tag begann duster zu werden, aber der Tribun war immernoch nicht fertig. Die gewonnen Eindrücke verlangten nach Taten und so begann mit dem Untertauchen der Sonne das Gebäude der Principia sich erneut in einen Bienenstock zu verwandeln. Erst spät in der Nacht legte er sich zu Bett und war wieder nicht mit allen vorgenommenen Dingen fertig geworden. Nein viel mehr war dieses Zweiwort 'fertig werden' längst aus seinem Wortschatz verflogen.
Da war es nicht verwunderlich, das das Ausbleiben des neu ernannten Praefectus Classis gar nicht so arg debattiert wurde. Zwar war seit dem Schreiben aus Rom bereits ein ganzer Monat vergangen, doch blieb in den stressigen Sommertagen keine Zeit darüber zu sinnieren. Laut dem täglichen Umfeld konnten es gefühlte fünf Tage sein. Arbeit schafft eben reichlich Ablenkung und läßt die Zeit vergessen...