Beiträge von Nikolaos Kerykes

    Rasch hatte Nikolaos den Brief gefunden, schließlich lag er gut sichtbar auf dem großen Schreibtisch. Auch viele andere Schriftstücke lagen dort herum, es wurde Zeit, dass der Gymnasiarchos einmal aufräumte, oder aufräumen ließ.


    Behutsam nahm er das Papyrusblatt in die Hände und las es sorgfältig. Nicht lange brauchte er dafür, schließlich war er im Lesen geübt. Er legte es wieder auf den Tisch und suchte nach einer Wachstafel und einem Griffel. Er schrieb den Text noch einmal ab, um ihn mit Bemerkungen zu versehen.


    "Gut, dass der junge Herr seine Verwandten gefunden hat. Er schien etwas ausgelaugt von der Reise zu sein. Ich denke, er war froh darüber, in dir eine solch zuvorkommende Helferin gefunden zu haben.", sagte er frei jeglichen Untertons und damit wiederum durchaus zweideutig, während er schrieb.


    Gesetzesvorschlag von Marcus Achilleos, Bürger der Polis Alexandria und Mitglied der Priesterschaft der Musen und des Apollons:


    "Ich nutze hiermit mein Recht als Bürger Alexandrias einen Vorschlag zur Verbesserung der Sicherheit aller Bürger zu machen. Dieser Vorschlag sieht eine Erweiterung des Strafrechts vor. Man kann jetzt natürlich entgegnen, dass das Strafrecht Roms für die Polis übernommen wurde, doch habe ich bereits juristisch geklärt"


    Geklärt - inwiefern?


    ", dass lokal gültige Ergänzungen möglich sind. Folgenden Paragraphen schlage ich vor:"


    Paragraphen wofür? In die Katastis zu übernehmende?


    "Jedwede Person, die Kenntnis einer Straftat hat und diese nicht den Behörden meldet, ist so zu bestrafen, als hätte sie selbst die gleiche Straftat begangen."


    Das wird nicht durchkommen i.d. Ekklesia!


    "Begründung: Wer Kenntnis einer Straftat besitzt, und sie nicht den Behörden meldet, der unterstützt diese Tat damit implizit. Es ist dabei nicht wichtig, ob man die Straftat nicht meldet, weil man Komplize ist, es einem einfach egal ist oder man Angst hat. Wichtig ist nur, dass man seiner Bürgerpflicht nicht nachkommt. Gesetze haben die Aufgabe, unerwünschtes Verhalten zu bestrafen. Es steht außer Frage, dass die Vertuschung einer Straftat ein unerwünschtes Verhalten ist. Das Nicht-Melden einer Straftat kommt aber einer Vertuschung gleich. Deshalb ist es zu bestrafen. Ebenfalls sollte die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Deshalb soll die Strafe der Strafe für die Tat entsprechen."
    Wie ist zu beweisen, dass jemand von einer Straftat gewusst hat? Wer kann in Köpfe sehen, und erkennen, ob Kenntnis von etwas vorhanden ist oder nicht?


    Die Notizen zeigte er seiner Schreiberin nicht. Sie würden nur ihm als Grundlage für ein Gespräch mit Markus dienen.


    Iunia Axilla schien das Bedürfnis zu haben, mit ihm darüber zu sprechen, wie sich nun herausstellte. Sie hatte auch schon unaufgefordert Platz genommen.


    "Ich sehe da im Grunde nur ein Problem: In dieser Form wird der Gesetzesentwurf in der Ekklesia aus tausend Kehlen laut verdammt werden und mit dem Gesetz möglicherweise auch der Antragssteller.


    Ich werde mit Markus Achilleos darüber sprechen. Sollte er darauf bestehen, den Entwurf zu belassen, wie er ist, so werde ich es jedoch unverändert auf die Tagesordnung der nächsten Ekklesia setzen.


    Mag ein Antrag aussichtslos scheinen und auch viele Mängel oder einen grundsätzlichen großen Mangel aufweisen, so muss er dennoch vom alexandrinischen Volk gehört werden.


    Es ist nicht meine Aufgabe, freie Bürger von ihrem Willen abzuhalten. Ich kann lediglich Ratschläge erteilen. Ob sie angenommen werden oder nicht, das liegt nicht in meiner Hand.


    Nun aber sage mir, welche Schwierigkeiten du in diesem Antrag siehst."

    "Ich glaube, an dieser Verinnerlichung scheitert alles menschliche Streben.", sagte Nikolaos. "Ich kenne Greise, die viel gesehen, viel gelernt und vor allem viele gute Taten vollbracht haben, zu denen selbst diejenigen bewundernd aufblicken, die einst zu ihren Feinden gehörten. Diese Greise aber, vor denen ich grüner Junge vor Ehrfurcht fast zusammenbreche, und die sonst milde lächeln zu allem, was ihnen widerfährt, werden bitter, wenn ich sie weise nenne. >Glaube bloß nicht, dass du jemals weise wirst. Das Leben vergrößert die Weisheit nicht, sondern die Torheit. Sieh mich an, ich schaue dem Tod fast täglich an, ohne dass er mich bisher angefasst hat, und bin närrischer als in meinen übelsten Stutzerjahren.<
    Ich glaube natürlich, dass es vermessen wäre, zu glauben, man könne Vollkommenheit erreichen. Das Streben nach Vollkommenheit allein sei das höchste, was ein Mensch erreichen kann. Doch ich frage mich, ob dieses Streben genügt, ja überhaupt irgendetwas bewirkt.
    Gewiss darf man allein deshalb nicht dieses Streben aufgeben, denn damit gäbe man alles auf.
    Aber manches Mal lassen mich diese Gedanken zweifeln. Es läßt mich zweifeln, dass Greise, die in allem milde sind, in dieser einen Hinsicht bitter und traurig sind.
    Auch glaube ich, dass selbst vortrefflichste Philosophen Schwierigkeiten damit haben, ihre eigenen Lehren zu verinnerlichen."


    Nikolaos lächelte zart.


    "Nun sei es so, ich will mich mit dem Streben begnügen."

    Nikolaos schien nun endlich zur Gänze erwacht zu sein. Die Zerstreutheit wich aus Gesten und Worten. Er raffte die Chlamys, deren Spange verrutscht war.


    "Wann war Markus Achilleos hier?", fragte er und sah die Schreiberin durchdringend an. "Einen Gesetzesentwurf...", fügte er murmelnd hinzu. Die Fingerspitzen, die ihm die Schreiberin präsentierte, würdigte er mit keinem Blick.
    "Sagte Markus Achilleos, ob er meine Einladung annähme?", fragte er. Sein Blick in Iunia Axillas Augen hatte sich weder verändert noch war er gewandert.
    "Dann will ich das Gesuch des Markus Achilleos lesen."
    Er ging in Richtung seines Arbeitsraumes. Im Gehen wandte er sich nach Iunia Axilla um.


    "Folge mir nur. Du hast dich mit ihm darüber unterhalten? Dann wird er dir vielleicht Erklärungen gegeben haben, die im Entwurf nicht auftauchen?"


    Er zog kaum merklich die Augenbrauen hoch und die Stirn in feine Falten. Seine Lippe verzog sich um die Breite einiger Haare, daher auch nur für einen aufmerksam gelenkten Blick sichtbar.


    "Ist dein Gast in der Regia angekommen?", fragte er. Er schürzte kurz die Lippen. Ein feines Lächeln zeichnete sich auf ihnen ab.

    Nikolaos gebot den Sänftenträgern und Leibwächtern, vor dem Haus des Juden zu warten und betrat in Begleitung eines jungen Günstlings das Haus. Bei dem Günstling handelte es sich um Kalthymos, der schon seit längerem das Vertrauen des Nikolaos besaß.

    Lächelnd und mit einer Maske der Heiterkeit hatte Nikolaos die Zeremonie verfolgt. An den entscheidenen Stellen hatte er, wie alle anderen, gejubelt. Innerlich hatte er das Gefühl, zu baden. Mal in Wasser, das kurz vor dem Gefrieren stand, mal in Wasser, das siedete. Mal in kochendem Öl, wie sein Koch gelegentlich Wachteln zuzubereiten pflegte, mal in unverdünntem Essig. Er hatte dem Bräutigam lächelnd zugetrunken, und der Wein hatte ihm wie Bitterkrautsaft geschmeckt, und mal auch wie Essig, und mal so süß, dass er glaubte, einen Sirup aus Bleizucker zu trinken. Die Maske blieb unberührt und zerfiel nicht, wie er oft fürchtete, als es besonders schlimm um ihn stand. Als das Trankopfer der Gäste vollzogen wurde, war es ihm eine Erleichterung, den Wein ausgießen zu dürfen.


    "Verehrte Gäste, ehrenwerter Philolaos, liebes Brautpaar! Mit Freuden habe ich die Einladung angenommen, mit Spannung bis zu diesem Abend gewartet. Vor einiger Zeit noch hatte ich die Ehre, diese beiden vortrefflichen jungen Menschen auf dem Weg vom Jugendalter in das Lebensalter erwachsener Bürger zu begleiten. Schon damals war deutlich, dass die Götter euch beiden, werte Penelope und werter Ánthimos, mit großen Gaben gesegnet hatten.


    Und nun bestätigt es sich: Du, werte Penelope, bist Priesterin der Musen und des Apollons. Und dies nicht allein durch den Ruhm des ehrenwerten Philolaos, deines Großvaters, sondern, wie ich, bei all meinem Dilettantismus auf dem Gebiete der Musik, zu behaupten wage: Durch eigene Kunstfertigkeit. Nicht nur das. Auch durch große Achtsamkeit den Göttern gegenüber und durch Ehrbarkeit zeichnest du dich aus, werte Penelope, werte Braut dieser Hochzeit.


    Du, werter Ánthimos, nahmst in deinem jungen Alter die Bürde eines Amtes der Polis auf dich. Ich bin mir sicher, du wirst es vortrefflich ausführen und der Polis zum Ruhme gereichen und dich verdient machen, auf dass noch die Kindeskinder deiner Kindeskinder stolz von deinen Taten berichten können.


    Ihr beide seid jung und Lieblinge der Götter.


    So hoffe ich, dass aus diesem ehelichen Bund eine Vielzahl an Kindern hervorgehen möge, die ebenso vortrefflich sind wie ihr, liebe zukünftigen Eltern. Möget ihr noch siebzig Jahre und mehr gemeinsam die jährliche Geburt der Kore erleben, möge euch Aphrodite segnen, mögen dir, werte Penelope, die Musen und der Apollon gewogen sein, und dir, werter Ánthimos, der Hermes und der Herakles."


    Er trank Wein. Seine Zunge schien während der Ansprache ertaubt zu sein durch den Schwall süßer Worte. Äußerlich hingegen war der Gymnasiarchos Inbegriff eines, ungeachtet seines eigenen jungen Alters, väterlichen Wohlwollens.

    Torwächter:


    Der Torwächter verstand nur die Hälfte von dem, was der Soldat ihm mitteilte. Was ein maior domus oder ein scriba personalis sei, wusste der Mann nicht. Was ihn noch mehr verwirrte, war der höfliche Ton, den der Soldat an den Tag legte.


    "Der Hausherr hält gerade Mittagsruhe.", sagte er in der gemeinen Sprache der Hellenen. Latein sprechen konnte der Torwächter noch viel weniger als verstehen. "Wenn es dir recht ist, kannst du mir sagen, was ich ihm ausrichten soll, wenn er erwacht ist."

    Wenig später kam Nikolaos etwas verschwitzt in das Gymnasion. Er trug - für seine Verhältnisse- sehr einfache Kleidung. Offenbar hatte die Zeit zum Anlegen seiner Amtstracht nicht gereicht. Er hatte sich, nach der Mahlzeit mit Axilla und dem Fremden, zur Ruhe gelegt und war dabei, ohne dass er es gewollt hatte, eingeschlafen. Erst als der Mittag längst vorrüber war, hatte Peistratos es gewagt, ihn zu wecken.


    Im Gymnasion traf er seine Schreiberin an, die sich scheinbar gerade auf den Weg machte.


    "Sei gegrüßt, Iunia Axilla.", sagte er, noch etwas zerstreut. "Entschuldige meine Verspätung..." Warum hatte er um Verzeihung gebeten? Es war ihm unbegreiflich. Dieses Mädchen brachte ihn in Verlegenheit... .
    "Ist in meiner Abwesenheit etwas geschehen?", fragte er. "Hast du die Briefe schon abgeschrieben?"

    Wie nach dem Ende jeder Pyrtanie machten sich auch nach der jüngsten Steinmetze und Bildhauer daran, den vorherigen Pyrtanen Denkmäler zu setzen.


    Neben einer Reihe von Inschriften wurde auch eine Statue in der Stoa aufgestellt, die den vorherigen und nun wiedergewählten Gymnasiarchos als Erzieher der Jugend im Philosophenmantel und mit einer Schreibtafel und einem Griffel zeigte.


    Dem hochgelobten Nikolaos Kerykes für seine unbeschreiblichen Verdienste an der Polis Alexandria während seiner Amtszeit als Gymnasiarchos und Archipyrtanes.


    Dem tapferen Cleonymus für seinen Einsatz im Namen des Gesetzes in seiner Amtszeit als Strategos der Polis.


    Der ehrenwerten Iunia Urgulania für ihre Gewährleistung der Stadtversorgung und derer Roms als Eutheniarche Alexandrias.


    Dem verdienten Mithridates Castor für seine tadellosen Leistungen als Agoranomos die Stadtkasse Alexandrias betreffend.

    "Ich danke dir, werter Strategos.", sagte Nikolaos. "Ohne allzu ehrgeizig erscheinen zu wollen, möchte ich anmerken, dass ich in der letzten Amtszeit auch Archipyrtanes war." Er lächelte bescheiden. "Wo wir bei der nächsten Sache wären: Wir sollten, bevor wir uns auf den Weg zum Eparchos machen, einen aus unseren Reihen bestimmen, der den Vorsitz über unsere Versammlungen führen wird."


    Er legte eine Pause ein.


    "Ich möchte dafür die ehrenwerte Iunia Urgulania, die als Eutheniarchos vorbildlich die Getreideversorgung unserer Polis sicherstellte und als Verbindung zu den Römern diente und dient, die - soweit ich mich entsinne- als erste Frau im Amt des Exegetes in die Geschichte der Polis eingehen wird, vorschlagen und empfehlen. Nicht nur, dass häufig der Exegetes gleichzeitig Archipyrtanes ist, sondern auch, dass diese Exegetin eine besonders vortreffliche Bürgerin der Polis ist, spricht dafür."


    Die Tatsache, dass der Benennung einer Römerin zudem in der angespannten Situation eine Taktik zugrunde lag, die darauf hinauslief, gewissen feindseligen Römern die Angriffsfläche gegen die Polis und ihre führenden Bürger zu entziehen, erwähnte Nikolaos nicht. Aber keinem aufmerksamen Pyrtan dürfte dieser weitere Vorzug der Iunierin entgangen sein... .

    Der alte Nikolaos ist von der Reise zurückgekehrt und hat nun wieder regelmäßig Internet. Allerdings auch viel Arbeit. Ich werde dennoch mich daran setzen, alles Unbeantwortete zu beantworten.

    Wundert euch nicht, dass ich gerade anwesend bin. Ich bin noch im Urlaub, habe aber kurz Gelegenheit gefunden, ins Internet zu kommen. Ich lese ein wenig, habe aber nicht viel Zeit. Daher kommen Pn- und Forums-Antworten frühestens ab Mittwoch.

    Was war los am diesen Tag? Warum war es so still im Koinon? War es Niedergeschlagenheit ob jener schmutzigen Schandschrift?


    "Fällt euch beiden schon etwas ein?", fragte er vorsichtig und sah Ánthimos und Thimótheos an.


    "Bevor wir uns über Details der Auszeichnungen einigen: Ich schlage vor, dass wir auch den Eparchos mit einer Statue beehren. Dies können wir ihm mitteilen, bevor wir ihn mit den weniger erfreulichen Angelegenheiten belästigen. Wir könnten ihn fragen, ob ihm das genehm ist, ihn fragen, ob er den Bildhauer, den wir noch auswählen müssen, empfangen wird, um ihm seine Wünsche mitzuteilen bezüglich der Darstellung, wir könnten ihm bei dieser Gelegenheit einmal mehr danken. Somit beugen wir dem vor, dass es den Anschein haben könnte, als seien der Brief des Soldatens und unsere Sorge die einzigen Gründe, weshalb wir zum Eparchos gehen. Wer ist für diese Auszeichnung, wer ist dagegen?"

    Nikolaos hörte den blumigen und etwas übermütigen Ausführungen seiner jungen Schreiberin lächelnd zu. Irgendwie trug ihre Unbedarftheit bei aller Lästigkeit ein erfrischendes Wesen in sich.


    Interessanter jedoch fand er die Erzählungen des blonden Gastes. Als dieser auf die Jagd zu sprechen kam, fand ihn der Gymnasiarchos noch etwas barbarischer als zuvor, dabei machte es ihn zugleich neugieriger. Ganz von der merkwürdigen Kleidung, die er bei der ersten Begegnung getragen hatte und von seinen merkwürdigen Ansichten über die Körperreinigung abgesehen hatte der römische blonde Barbar durchaus gute Umgangsformen.


    Ein Geschäftsmann war dieser also. Als Nikolaos hörte, dass der junge Mann gerne in der Schreibstube herumsaß und Listen führte, verzog er kurz das Gesicht. Soetwas konnte eine erfüllende Tätigkeit sein? Er dachte wieder an sein Handelsunternehmen, an die nachlässigen und faulen Verwalter, und er bekam Kopfschmerzen.


    "Ein Handelshaus führst du folglich?", fragte Nikolaos. Eigentlich waren ihm Geschäfte zuwider. Doch auf der anderen Seite musste er seine kostspieligen Ehrenämter und seine nicht minder kostspielige Lebensweise bezahlen. "Bis wohin vertreibst du deine Waren?"

    Torwächter:


    Der große Torwächter (und im übrigen auch Gärtner; er hatte trotz seiner riesigen Hände ein feines Gespür für Pflanzen) öffnete das Tor.


    "Chaire.", sagte er höflich, doch mit einer Bärenstimme. Er hatte sofort gesehen, dass der Besucher ein römischer Soldat war, auch wenn dieser seine Waffen nicht bei sich trug. Sein Blick wurde misstrauisch, doch nicht feindselig.
    "Was kann ich für dich tun?", fragte er.

    Ein Bote des Gymnasiarchos.


    "Chaire, ehrenwerter Optio. Ich möchte im Auftrag meines Herren etwas abgeben.", sagte der Bote des Gymasiarchos, ein junger Bursche und reichte dem wachhabenden Unteroffizier eine Wachstafel, in deren Versiegelung das Zeichen der Keryken gedrückt war.


    Als Gäste des Nikolaos sind zu betrachten:


    Marcus Achilleos
    Geórgios Krateidos.


    Sie werden in nächster Zeit voraussichtlich auf einen Besuch in das Königsviertel kommen. Um ihren Einlass bittet hochachtungsvoll


    Nikolaos, der ferner um eine Nachricht bittet, sollte es Schwierigkeiten geben.


    Eirene:


    Eirene lächelte kühl, als sie bemerkte, dass Geórgios sie musterte. Sie bleckte die Zähne, was man jedoch im Dunkeln schwer erkennen konnte. Sie schürzte die Lippen und schnalzte, kaum hörbar, mit der Zunge.


    "Zunächst-" Sie sprach langsam, als habe sie mehr als nur ein Menschenleben Zeit auf Erden. "-übermittle ich eine Botschaft für dich, ehrenwerter Geórgios Krateidos. Um Missverständnisse zu vermeiden, ehe sie entstehen können, lasse ich dich wissen, dass ich, obwohl ich diese Botschaft überbringe, wahrlich kein Bote bin und vor allem nicht nur ein Bote."


    Sie sah den Mann durchdringend an. Wieder schürzte sie die Lippen. Sie schimmerten für einen Augenblick seidig im Licht einer Öllampe, die am Wegesrand stand. Auch ihre Augen funkelten. Eisig, fast eisern funkelten sie.


    "Nikolaos, den ich bereits erwähnte, möchte mit dir sprechen. Er sagte, er hätte dir ein Angebot zu unterbreiten. Worin es besteht, sagte er mir nicht, es ist mir im Übrigen einerlei. Du kannst es ablehnen und du kannst es annehmen; nur sagte Nikolaos, ihm sei sehr daran gelegen, dass du es dir wenigstens anhörst."


    Wieder legte sie absichtlich eine längere Pause ein.


    "Er sagte, du fändest ihn in seinem Haus in Alexandria. Außerdem läßt er dich bitten, entweder in der Dämmerung oder in der Mittagshitze zu kommen; in anderen Stunden des Tages ist er durch andere Geschäfte verhindert."


    Ihr Blick war nicht weniger durchdringend geworden im Laufe ihrer Rede. Nicht eine Sekunde hatte sie von ihm abgelassen.


    Jetzt lächelte sie. Zart war ihr Lächeln und kühl. Aber war da ein warmer Zug enthalten? War es ein echter warmer Zug oder Teil ihrer Maske? Sie ließ es ihren Gegenüber nicht erfahren. Nur Vermutungen mochte dieser anstellen; oder er ließe es bleiben.


    "Die Nachricht ist nun überbracht. Möchtest du eine oder mehr als eine Frage stellen?"

    Sie lagen im Speiseraum links vom andron des Hauses. Von der Klinengruppe aus konnte man durch den langen Peristylongarten bis auf das Meer hinaus blicken. Ein frischer Wind kam von dorther und bewegte zuweilen die Vorhänge, die zart und zerbrechlich schienen.


    Ein kleines Mahl nur, wie man es mittags in dieser Gegend einzunehmen pflegte, trugen die Lohndiener auf. Peistratos, der alte Lieblingssklave und Hausverwalter des Nikolaos, ließ sich nicht blicken. Darüber sah der Hausherr hinweg. Schließlich nahm er ihn oft genug in Anspruch, und Nikolaos wusste selbst, dass er nicht immer ein angenehmer Herr war.


    Oliven, in Öl gebratenes und in Kräutersud oder Garum eingelegtes Gemüse,Obst unterschiedlicher Art und Zubereitung sowie scharf gewürztes Räucherfleisch trugen die Diener auf, und natürlich Wein, der jedoch mit Wasser stark verdünnt war.


    Der hatte das Gespräch der beiden zart lächelnd verfolgt. Dass die junge Iunierin ihn nun einzubeziehen versuchte, rührte ihn beinahe. Er nahm einen Schluck Wein aus dem seinen der Becher aus hauchdünnem, grünem Glas, die auf dem niedrigen, runden Zitrusholztisch standen, er nahm eine Olive und zerkaute sie mit wohlgewählten, gewollt grazilen Bewegungen, ehe er antwortete.


    "Kalt ist es an diesem Tag. Im Vergleich zu manchen Tagen im Sommer, wie denen im Zeichen des großen Hundes zu Beginn der Nilflut. Noch ist es sehr angenehm hier. Doch bald weht der heiße Wüstenwind. Dann sind die Straßen manchmal voll von Staub, und man tut besser daran, einen Schleier zu tragen."


    Er lachte kurz und heiser und nahm sich eine weitere Olive.


    In Bezug auf die römischen Soldaten konnte Nikolaos dem jungen Duccier nur allzu sehr rechtgeben. Doch er wollte nichts von sich geben, dass seine Schreiberin am Ende noch in den falschen Hals bekäme. Das, so glaubte er, würde sie mit Sicherheit, auch wenn ihr Vormund zu den angenehmeren Vertretern der Legion gehörte.


    "Zu Beginn der Nilflut wirst du kaum einen freien Handwerker finden, der bereit ist, dein Dach auszubessern oder sonstige Arbeiten zu verrichten.", fügte er noch hinzu. "Wer es sich leisten kann, ist in jenen Tagen faul."


    "Im Gegensatz zu Mogontiacum ist es sicher selbst heute sehr warm hier.", meinte er, ohne überhaupt zu wissen, wo genau dieses Mogontiacum lag. "Stimmt es, dass dort zu dieser Zeit Schnee liegt, zuweilen so hoch, dass manche Straßen gänzlich unbefahrbar sind?"


    Weiter als hundert Meilen hatte sich Nikolaos in seinem ganzen Leben nie vom Mittelmeer entfernt. Die Vorstellung, die er vom Land der Germanen, die eigentlich, so wusste er wage, aus vielen Völkern bestanden, war nicht angenehm.


    "Wie sieht Mogontiacum aus? Hat es viele Einwohner?"





    Sim-Off:

    Jetzt habt ihr ohne mich mit dem Essen angefangen... ;)
    Gleich gibt's Angebote in der WiSim.

    Gerade wollte Nikolaos etwas antworten, da begann das Voropfer. Mit Spannung sah er den heiligen Handlungen zu. Auf seiner Stirn erschien Schweiß. Ob dieser nun von der Schwüle des Abends kam oder mit dem Unwohlsein einherging, das ihn ergriffen hatte, vermochte er selbst nicht zu sagen. Er fühlte eine seltsame Verbundenheit mit dem alten Kitharöden, dem seine Enkelin geraubt wurde. Man sagte sich vieles über diesen Philolaos. Dass er sein einst durchaus vorhandenes Vermögen in Wein, Opium und anderen Heilmitteln durchgebracht hätte, die ihm jedoch keine Heilung gebracht hätte. Dass er gar verrückt sei. Nikolaos räusperte sich unterdrückt und leise. Er entsann sich jener Bleilamelle... . Er beschloss, dem Zeus zu opfern und der Hera. Lebe wohl, Penelope..., dachte er und spürte einen stechenden Schmerz hinter den Schläfen.