Beiträge von Nikolaos Kerykes

    Auch du noch!
    Wenn das so weiter geht, ist Nikolaos bald ein verbitterter Griesgram.


    Nun gut: Möge deine Seele den Weg finden (und mögen deine Verwandten / Bestatter den Obolus nicht vergessen...)

    "Chaire, Cleonymus.", sagte Nikolaos, trat ein und schloss die Tür sogleich hinter sich. Er wollte sichergehen, dass er und der Strategos ungestört wären. "Gerade kam der rhomäische Heeresführer auf einen Besuch bei mir vorbei.", sagte er mit einem spöttischen Unterton. "Ich fürchte, du hattest Recht in deiner Annahme." Er fletschte die Zähne. "Im Vertrauen gesagt, die Zeiten waren besser, als der ehrenwerte Eparchos selbst die Führung der Legion inne hatte." Pause. "Ich hoffe, es stört dich nicht, dass ich ihm versichert habe, dass du in der nächsten Pyrtanie kein Strategos mehr sein wirst. Diese Sache haben wir ja vor einiger Zeit auf meinem Landgut geklärt. Ich habe ihm natürlich nicht davon erzählt, als er mich, mit einem gewissen Nachdruck, bat, dafür zu sorgen, dass in der nächsten Pyrtanie nicht mehr Strategos bist. Ich hoffe, damit ist er hinreichend befriedigt. Ich wollte es dir nur sagen, damit kein falscher Eindruck entsteht."

    Eine Gestalt löste sich aus der Traube an Menschen hinter der Hecke. Langsam kam sie auf die junge Frau zu. Eine lange Chlamys trug die Gestalt in einer dunklen Farbe, die nun wie alle Farben im Schatten der Hecken, die die Abendsonne zurückhielten, nicht zu erkennen war.


    "Sei gegrüßt, werte Penelope. Mich freut, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Mich freut auch, dass du allein gekommen bist.", sagte die Gestalt und streifte sich einen Schleier oder eine Kapuze oder einen Zipfel der Chlamys, was genau, war nicht zu erkennen, vom Kopf. Das Gesicht des Gymnasiarchen war im Halbdunkel nun zu sehen.


    "Dass du alleine kommen solltest, mag dir etwas unheimlich angemutet haben, doch wie ich sehe bist du dennoch gekommen. Ich bat dich nicht darum, dies zu tun, um nun, wenn du dies erwartet haben solltest, was ich bei all deiner Tugend nicht glaube, zu einer wilden Feier in der Art einzuladen, die den Göttern missfällt, da sie schäbig ist und vor allem die Teilnehmer nicht durch sie zu sehen lernen, sondern erblinden.
    Freilich ist Dionysos am besten im Rausch verehrt, doch es gibt Unterschiede zwischen einem Rausch, der den Menschen am Leib spüren läßt, was seine Seele erfährt und dem Rausch, der um seiner selbst willen gepflegt wird und der nichts mehr ist als die abgetakelte Beschäftigung reich und fettgewordener Bürger.
    Nicht einmal der Rausch, der zur Erkenntnis führt, wird an diesem Abend gelebt werden."


    Nikolaos blickte Penelope lange an.


    "Denn etwas am Leib zu spüren, ist nur Ersatz für etwas Höheres, das ausbleibt. Der Rausch kann Reinigung sein, aber Reinigung ist nicht der Weg zur Reinheit."


    Stille.


    "Ich werde bald von etwas sprechen, dass mehr als nur ein weiser Lehrer mir mitgeteilt und dass ich schließlich selbst herangezogen und gehegt habe."


    Stille.


    "Die Sonne ist rot geworden am Rand des Ausschnittes der Welt, den wir überblicken können. Wir werden nun in eine Halle gehen, in der wir ungestört sind. Denke keineswegs, dass ich versuchen möchte, die hier anwesenden jungen und älteren Menschen anzustacheln, zu verführen oder aufzuhetzen. Mag ich mich vor niederem Trachten sowenig schützen, wie es jedem Menschen misslingt, doch nicht in Niedertracht habe ich euch alle zusammengerufen.
    Es gibt nur Dinge, über die nicht jeder nachdenken sollte. Der Großteil der Menschen ist dazu bestimmt, zu arbeiten, sich mehr oder weniger glücklich zu schätzen. Darunter sind auch viele sehr große Männer - und Frauen. Es ist keineswegs der Fall, dass ich Menschen, für die jene Gedanken in meiner Vorstellung nicht bestimmt sind, verachte oder geringschätze. Das Gegenteil ist der Fall.
    Es liegt mir bloß am Herzen, sie nicht zu verwirren oder aus der natürlichen Ruhe zu bringen, die zu zuweilen zu haben scheinen, auch wenn natürlich der Anschein trügt, denn kaum ein Mensch hat die Gabe der Ruhe."


    Stille.


    "Wenn du uns folgen möchtest, so tue es. Wenn du es nicht möchtest, so gehe deiner Wege."

    Gleich nach dem Besuch des Legionspräfekten in seiner eigenen Amtsstube war Nikolaos über die Agora zu den Räumlichkeiten des amtierenden Strategos gegangen. Er trug das ausladende, graue Gewand, das ihn schon des öfteren gute Dienste dabei geleistet hatte, unbemerkt durch die Stadt zu gehen. Es hatte eine tiefe Kapuze, die das Gesicht des Nikolaos beschattete. Zu dieser Jahreszeit, als es durchaus regnen konnte, erregte eine solche Kleidung auch kein Aufsehen.
    So unauffällig wie er gekommen war, klopfte er auch an der Tür.

    Stirnrunzelnd hörte Nikolaos dem Heerführer zu. Die Erwähnung der Tatsache, der Eparchos könnte durch einen anderen ersetzt wären, war mehr als taktlos. Nikolaos prägte sich diesen Satz genau ein.


    "Cleonymus wird in der nächsten Pyrtanie nicht Strategos sein.", antwortete Nikolaos knapp. Dass dies ohnehin schon geplant war, wusste natürlich der Römer nicht.

    "Ich werde bei Gelegenheit einmal vorbeischauen, werter Markos Achilleos. Leider lassen meine Pflichten als Gymnasiarch und Lehrer im Heiligtum der Musen und des Apollons mir keine Zeit für Unterricht in einer weiteren Einrichtung. Solltest du aber Hilfe pekuniärer Natur benötigen, so kann ich dir selbstverständlich helfen. Wenn einige deiner Schüler wie du sagtest außerordentliche Verstandesgaben haben, so kann ich vielleicht für den einen oder anderen den Beginn einer Laufbahn als Schüler, später Gelehrter gewissermaßen anstoßen."


    Der zweite Gang wurde aufgetragen. Er bestand aus Schweinefleisch, das, in Streifen geschnitten und raffiniert zu Zöpfen gewickelt, verschiedene Früchte und Arten Gemüse umgab. Dazu wurde eine Kümmelsauce gereicht. Dazu kamen einige ganze Hühner, die mit Gewürzen, Pfauenfedern und Früchten zu bunten Vögeln ausstaffiert waren und in deren ausgeweideten Leib sich ebenfalls eine Füllung befand. Die Haut war knusprig gebrachten und raffiniert mariniert.

    Der Gymnasiarch kam als einer der ersten Pyrtanen in die Sitzungshalle. Cleonymus hatte die Sitzung einberufen, da konnte sich dessen Verbündeter bereits denken, um was es gehen würde. Da der oberste Stadtwächter noch allein war, abgesehen von einigen obligaten Epheben, kam Nikolaos direkt auf ihn zu.
    "Chaire, werter Cleonymus.", sagte er höflich und wartete darauf, dass der Angesprochene von selbst zu erzählen beginnen würde, was er vorhätte.

    Nikolaos schüttelte abwehrend, dabei jedoch entwaffnend offenherzig lächelnd den Kopf.
    "Ich fürchte, da hat man dich falsch unterrichtet, werter Praefekt der Legion.", untertrieb er. "Ich fürchte, du überschätzt daher meinen Einfluss maßlos, was ich dir natürlich nicht übel nehmen möchte." Er lächelte sanft. "Natürlich ist es eine große Ehre für mich, vom alexandrinischen Volk zu seinem, wie man bei euch Römern sagen würde, Tribun erwählt worden zu sein."


    Er sah den Römer an und wartete darauf, dass dieser endlich mit seinem Anliegen hervorkam. Es würde, so glaubte er jetzt schon sicher zu wissen, darauf hinauslaufen, dass der Offizier ihn dazu bringen wollte, irgendetwas in der Volksversammlung durchzusetzen. Daher war Nikolaos gar nicht frei von Misstrauen. Er hoffte, der Mann bat um nichts, was der Gymnasiarchos entschieden und heftig zurückweisen müsste. In Gedanken notierte er sich, dass er auf jeden Fall nach diesem Gespräch den Eparchos aufsuchen würde. Wer wusste, ob nicht der Offizier seinen Einfluss in der Stadt erweitern und so dem Eparchos Konkurrenz machen wollte. War gar eine Intrige darin, so musste Nikolaos achtgeben, nicht gewissermaßen in die Mühlen dieser Intrige zu geraten. Wenn Titanen ringen und einer fällt, so begräbt er alles, was sich nicht zur rechten Zeit in Sicherheit gebracht hat.

    An Leonidas Kleomenes, Schüler des Heiligtums der Musen und des Apollons in Alexandria



    Chaire Leonidas,


    ich würde mich sehr freuen, kämest du in Bälde auf einen weiteren Besuch in meine Schreibstube im Gymnasion.


    Es grüßt dich


    Nikolaos der Keryke aus Athen, Gymnasiarchos der Polis Alexandria, Archipyrtanes des Pyrtaneions, Philosophos des Museions.


    "Salve, Praefecte Legionis.", sagte Nikolaos höflich und in bestem Latein, auch wenn er diese Sprache nicht allzu hoch schätzte. "Ich habe bereits von dir gehört, doch noch nie das Vergnügen, dich persönlich kennen zu lernen. Bitte nimm Platz."
    Er verschwieg, dass das, was er von diesem Mann gehört hatte, nichts Gutes war. Nikolaos war in dieser Hinsicht ganz Staatsmann. Er lächelte freundlich und harmlos und betrachtete zugleich, und durch das Lächeln verborgen, den Soldaten sehr ausgiebig. Schließlich wollte er so früh wie möglich erfahren, mit einen wie beschaffenen Römer er es zu tun hatte.

    Zwar hegte Nikolaos ein gewisses Misstrauen gegen Markus Achilleos, was durch die Tatsache, dass sich dieser offenbar darin gefiel, dem ägyptischen Pöbel von Rhakotis Lesen, Schreiben und womöglich seine seltsamen Gedanken beibrachte, noch verstärkt wurde, aber er hielt eine freundliche Fassade aufrecht.


    "Das ist ein überaus löbliches Anliegen. Wie kein anderer weiß ich, dass es für eine Polis wichtig ist, dass auch andere Völker sich dazu entschließen, nach ihren Sitten zu leben und sich ihrem Gemeinwesen anzuschließen. Wenn du erlaubst, würde ich gerne diese Akademie einmal besichtigen. Magst du mir sagen, wo ich sie finde?"


    Nikolaos nahm einen Schluck Wein, dann machte er sich über eine Wachtel her. Er fand, mit der Auswahl seiner drei Sklaven für das Hauswesen seiner villa eine gute Auswahl getroffen zu haben.

    Im letzten Rot des vergehenden Tages, was in diesen Breiten nie lange währte, sondern schnell der Dunkelheit der Nacht weichen würde, hatten sich in einem ruhigen Winkel eines Gartens am Museion einige Gestalten versammelt. Nach und nach waren sie eingetroffen, und es trafen hin und wieder einige Nachzügler ein. Im Schutz des Schattens einer dichten Hecke, die diesen Bereich der Parkanlagen abgrenzte, standen die Menschen da. Unter ihnen war auch ein Mann jüngeren Alters. Auch wenn die Nächte immer noch mild waren in diesen Tagen trug er eine lange Chlamys und ein Tuch über dem Kopf, sodass auch jemand der zufällig vorbeikäme ihn nicht erkennen würde.

    Immer diese arroganten Römer, die auf ihre Barbarensprache nie verzichten wollten! Ignorante Leute, diese Römer. Selbst in hellenischen Gegenden ließen sie sich nicht herab, wenigstens die Koiné zu lernen... . Der Schreiber runzelte kaum merklich die Stirn.


    "Äh... Salve... Ich werde eben fragen, ob der Gymnasiarchos Zeit für dich hat."


    Zwar war dem Schreiber durchaus bewusst, dass hier ein hochrangiger Römer vor ihm stand, doch seiner Meinung nach war der Gymnasiarchos diesem wenigstens ebenbürtig.
    Der Mann erhob sich und klopfte an der Tür zum Zimmer des Gymnasiarchos, ehe er eintrat und etwas für die im Vorzimmer stehenden Unverständliches murmelte. Nickend kehrte er an seinen Platz zurück.


    "Ehrenwerter Präfekt, der Gymnasiarchos ist gewillt, dich sofort zu empfangen. Allerdings muss ich dich bitten, deine bewaffneten Begleiter hier warten zu lassen."

    Nikolaos war froh, dass nun die schnöde Politik zunächst einmal abgehandelt war. Er klatschte in die Hände. Daraufhin öffnete sich die Tür zum Hof, die Tür auf die Säulenhalle und den Garten hinaus war bereits geöffnet, um die wohltuende Frische des Abendwindes in das Andron wehen zu lassen, und Diener traten ein. Sie schenkten den Anwesenden feinen Falerner-Wein ein und trugen den ersten Gang auf. Es gab in Honig und Milch geschmorte Wachteln, dazu Datteln und allerlei andere Früchte.




    Sim-Off:

    In Kürze auch in der WiSim!

    So gingen sie zu den großen Katalogen. Nikolaos ließ sich von einem Sklaven die Hauptkataloge für alle Erwerbungen von einem Sklaven auf ein Pult legen.


    "So aktuell wie mögllich...", murmelte Nikolaos, während sein Finger die Zeilen entlangwanderte.
    "Lysander, bitte bringe den Katalog der geographischen Werke für die letzten Jahrzehnte.", sagte er, ohne seine Suche zu unterbrechen. Rasch war das Gewünschte herbeitragen. "Strabon... Geographiká..."
    "Du musst entschuldigen, dass es etwas länger dauert, in den Beständen an geographischen Werken finde ich mich nicht so gut zurecht.", sagte Nikolaos. Aber kurz darauf hatte er gefunden, was er suchte.
    "Strabon von Amaseia, Geographiká, abgeschrieben und bearbeitet vor dreizehn Jahren von einem gewissen Agatharchides, allerdings nicht zu verwechseln mit dem berühmten Knider. Vermutlich hat die Abschrift aber ein Schüler zu Unterrichtszwecken angefertigt, denn erst im Jahre zuvor ist bereits eine neue Ausgabe geschrieben worden. Oder aber dieser Agatharchides wollte es besser machen als sein Vorgänger."
    Hochmut wucherte im Museion endemisch.
    "Das Buch liegt, wenn es nicht von irgendjemanden auf unbestimmte Zeit ausgeliehen oder einfach irgendwo liegen gelassen worden ist, im Regal Tau des Saales der Klio. Da ich vermute, dass du nicht alleine dorthin finden wirst, kann ich dich gerne hinführen. Sofern du nicht doch eine anderen Ausgabe einsehen möchtest. Wenn dein Gedächtnis nicht so gut ist-" Sein Mund formte sich zu einem leicht spöttischem Lächeln."-als dass du dir Karten einprägen könntest, empfehle ich dir, sie abzeichnen zu lassen. Im ganzen Gebäude läuft eine ganze Herde an Schülern herum, die sich nur allzu gerne ein paar Drachmen hinzu verdienen. Obgleich sie Unterkunft und Speise kostenlos von uns erhalten."