Beiträge von Nikolaos Kerykes

    "Die Freude ist ganz meinerseits.", erwiderte Nikolaos höflich. "Mein Haus soll dir von nun an offen stehen, wenn du Hilfe benötigst. Gibt es noch etwas zu besprechen?" Er hatte währenddessen seinen eintreffenden Kollegen zum Gruss über Urgulanias Schulter hinweg zugenickt. Das Theatron war nun beinahe vollständig gefüllt. Die Morgensonne hatte einen Platz erreicht, von dem aus sie der Stadt mehr schenken konnte als nur ein Zwielicht. Nikolaos flüsterte seinen Epheben etwas zu, woraufhin diese, mit Ausnahme von Kalthtymos, der in Nikolaos' Nähe blieb, ausschwärmten. Nikolaos würde, sofern Urgulania nichts mehr anzumerken hatte, die Volksversammlung in wenigen Augenblicken eröffnen.

    Nachdem ich mir heute die Finger wund geschrieben habe, verordne ich mir für morgen eine IR-Pause. Bitte wartet bei der Volksversammlung auf mich. (Ich habe schließlich auch heute gewartet und habe nicht sofort irgendwelche Kanditaturen bekannt gegeben und zur Abstimmung gerufen ;) ). Ihr könnt, bis ich wieder da bin, das ausspielen, was im Hintergrund oder Vorfeld der Ekklsia abläuft, Ankunft, Klientenbesuche, -instruktionen etc. Aber wartet mit dem Beginn der Versammlung, bis ich meine Eröffnungsrede halte ;).

    "Das will ich dir keineswegs verwehren.", meinte Nikolaos höflich. "Nur gibt es dort ein Hindernis. Ich will es dir gar nicht lange verheimlichen. Du bist Judäer, und nicht alle Alexandriner haben mit deinem Volk so wenig Probleme wie ich. Da du, wie ich vermute, einen Vater hast, der kein Bürgerrecht hat, ist es nicht einfach, dir ein solches anzuerkennen. Auch ein Bürger einer anderen Polis oder gar der Polis Rom bist du nicht, wie ich annehme. Ich fürchte, in deinem Fall bedarf es der Zustimmung der Volksversammlung für dein Bürgerrecht.", schloss er seine Ausführungen.

    Nikolaos hörte dem fetten Judäer gut zu und nutzte dessen Rede, um sein Gesicht ausgiebig zu studieren. Iosua wollte also, wie Nikolaos schon vermutet hatte, Bürger werden. Was für einen Judäer nicht ganz ohne Schwierigkeiten war. Freilich besaß Nikolaos gewisse Mittel, um dieses Ziel gegen alle Widerstände zu erreichen. Jedoch fragte er sich, was er davon hätte und ob es überhaupt seiner eigenen Rolle im öffentlichen Leben der Stadt zuträglich wäre, wenn ein Mann hinzukäme, den Nikolaos nicht für ungefährlich hielt. Aus dem zweiten Teil von Iosuas Rede wurde Nikolaos nicht schlau. Philosophie und Politik in einem? Das gab es nur in Platons Werken. Selbst Nikolaos, der durchaus für sich in Anspruch nahm, ein Philosoph zu sein, musste sich eingestehen, dass er das Ideal vom weisen Staatslenker nicht erfüllte, nicht erfüllen konnte im schmutzigen Kosmos der Polis. Als Tyrann wäre ich freilich gut und weise nicht nur in Gedanken sondern auch in Taten, dachte Nikolaos. Doch er glaubte nicht, dass darauf der fette Judäer hinaus wollte. Ein solch wirres Gefasel hatte er selbst im Museion noch nie gehört. Es schien ihm, als kleidete der fette Judäer, den eigenen Worten nach vermutlich ein wohlhabender Fernhändler, seine mangelhafte Erziehung in schwülstige Worte. "Du möchtest also Bürger werden?", fragte Nikolaos, nicht ohne etwas Lauerndes in seiner Stimme, und überließ die weitere Erläuterung Iosua.

    "Die Mühen waren keineswegs unerträgliche und gehören im übrigen selbstverständlich zu meinen Pflichten den Bürgern und natürlich auch Ehrenbürgern gegenüber.", entgegnete Nikolaos höflich. "Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag. Sicher wird dies nicht unsere letzte Begnung sein, sind wir doch im - weitesten Sinne - Nachbarn." Mit diesen Worten erhob sich Nikolaos zur Verabschiedung.

    Nikolaos hörte dem Strategos aufmerksam zu. Dass dieser eine gewisse Abneigung gegen den Agoranomos hegte, war ihm nur recht.
    "Wir müssen dennoch damit rechnen, dass er bei der nächsten Wahl wieder ein Amt erlangen wird. Damit er und seine Anhänger nicht zu viel Einfluss unter den Pyrtanen erlangen, bitte ich dich, bei der nächsten Sitzung des Koinons in der Pyrtanie für mich zu stimmen, wenn es darum geht, wer den Vorsitz des Pyrtaneions inne haben soll." Er blickte Cleonymus prüfend an. "Was das weitere Vorgehen betrifft, so müssen wir Mithridates freilich in den Reihen der einflussreichen Bürger tolerieren, denn er hat eine Macht, die wir nicht einfach zerschlagen können. Dennoch gilt es, ihn nicht zu hoch kommen zu lassen. Ich vermute, du weißt, was ich meine.", schloss er.

    Nikolaos ahnte langsam, welches Gewerbe die Frau vor ihm betrieb. Ihre Herabwürdigung der Alexandriner ärgerte den Exegetes ein wenig, und der Ärger wurde auch nicht durch das Lob seiner Person gemildert. Dass Kunden gewisser Dienstleistungen der Besitzerin des Ortes, in dem diese Dienstleistungen ausgeführt wurden, ihre Stimme verkauften, hielt Nikolaos für völlig übertrieben, jedoch beließ er es dabei.
    In Gedanken ging er die möglichen Kanditaten für das Amt das Eutheniarchen durch. Natürlich hatte er sich schon Tage vor der Volksversammlung den meisten seiner Klienten Besuche abgestattet, um sie nach ihren Plänen zu befragen. Er konnte im Grunde nichts verlieren, wenn nicht die Römerin das Amt übernähme, so täte es einer der Krateiden oder Nearchäer oder womöglich ein Anhänger des Mithridates Castor, oder sogar dieser selbst. Vorschlagen würde er die Römerin natürlich nicht, denn es hätte seine Position womöglich geschwächt, wenn er versucht hätte, eine Frau in ein Amt zu bringen.
    "Du hast meine Stimme und die Stimmen meiner Anhänger, wenn du dich für das Amt des Eutheniarchen aufstellen läßt. Ich werde gleich meine Epheben ausschwärmen lassen, um einigen Männern diese Weisung zu erteilen.", sagte Nikolaos schließlich. Er sprach sehr leise, folgendes flüsterte er sogar. "Solltest du in die Reihen der Pyrtanen gelangen, so erwarte ich, dass du in allem was du tust niemals entgegen meiner Absichten handelst. Als erste Gegenleistung wünsche ich, dass du, falls du das Amt erlangen solltest, mir bei der nächsten Sitzung der Pyrtanen den Vorsitz der Pyrtanen aufdrängst. Ich hatte ihn bereits in der letzten Pyrtanie inne, da würde es unnötigerweise ein Gerücht über meine Unbescheidenheit erzeugen, wenn ich mich selbst aufdrängte. Wenn du mit mir zusammenarbeitest und dir nicht zu schade bist, mir über deine Vorhaben Bericht zu erstatten, sollst du meine volle Unterstützung haben." Er sah die ältere Frau lange an. "Solltest du in irgendwelchen Angelegenheiten Hilfe benötigen, so scheue dich nicht, sie dir bei mir zu holen. Im Gegenzug werde ich dies auch bei dir auf diese Art handhaben." Wieder eine Pause. "Bist du zu einer Zusammenarbeit dieser Art mit mir bereit?"

    "So ist es.", meinte Nikolaos. Er kannte die Frau. An ihr Gesicht hatte er sich erinnert, im Gegensatz zu den tausenden anderer Bittsteller, die in der letzten Amtszeit zu ihm durchgedrungen waren. Um keine peinliche Pause entstehen zu lassen und um Zeit zu sparen, begann er sogleich mit dem angekündigten Gespräch.
    "Du möchtest also, als Frau, Eutheniarchos werden, und ich soll dir dazu verhelfen? Es ist zugegeben etwas unüblich, dass eine Frau sich in ein Amt wählen lässt-" Er musterte Urgulania. "-jedoch in heutiger Zeit nicht mehr völlig abwegig. Ich glaube, von dir zu wissen, dass du unverheiratet und auch sonst mündig bist. So steht diese Frage deiner Kanditatur nicht im Wege, lediglich eine gewisse Frage der Akzeptanz bei den Bürgern, die sich jedoch heute klären wird." Er legte eine Pause ein. "Ich möchte dich bitten, mir darzulegen, was du dir von dem Amt versprichst und was ich, ich folge hier deinem Brief, mir davon zu versprechen habe."

    "Die Proxenie nach den Freundschaftsverträgen mit dem göttlichen Imperator gilt nur für in Alexandria ansässige römische Bürger. Sollte also ein Proxenios nach dieser Regelung die Stadt dauerhaft verlassen, kann ihm die Ehrenbürgerschaft aberkannt werden. Bei erneutem Umzug zurück in die Polis kann er selbstverständlich um eine erneute Anerkennung als Proxenios bitten. Eine aufenthaltsunabhängige Proxenie wird lediglich in Einzelfällen an Fremde verliehen, die sich besonders um die Polis verdient gemacht haben. Natürlich steht dieser Weg dir und deinen Verwandten auch offen." Er legte eine kurze Pause ein und beobachtete, ob der Römer seiner Rede gefolgt war. "Aus diesen Gründen bitte ich dich um eine Meldung, wenn einer deiner Verwandten die Stadt verlassen hat oder verstorben ist." "Wir haben ohnehin unsere Schwierigkeiten, die Bürgerlisten auf dem neuesten Stand zu halten.", bemerkte er mit einem Lächeln.

    Eine Frau, die Pyrtane werden wollte... . Das war für Nikolaos überaus befremdlich. Und noch dazu eine Römerin... . Er dachte einen Moment nach. Einige Vorzüge hätte es natürlich, einen weiteren abhängigen Pyrtanen, ob nun männlich oder weiblich, römisch oder hellenisch, im Pyrtaeion sitzen zu haben.
    "Bitte richte deiner Herrin aus, sie möge sich zu mir begeben, damit wir über ihr Anliegen von Angesicht zu Angesicht sprechen können. Noch hat die Volksversammlung nicht begonnen, es bleibt dafür also genug Zeit. Dennoch soll sie sich beeilen, wenn dies möglich ist.", sagte er schließlich. Er war neugierig auf diese Frau.

    Nikolaos erschrak beinahe, als ihn die Frau ansprach. Die Müdigkeit verließ ihn schlagartig. "Chaire, Frau.", grüßte er die, die ihn angesprochen hatte. Dann musterte er sie ausgiebig. Ihrer Aufmachung nach, der Tatsache, dass sie ihr Haar offen trug und keinen Schleier und einen tiefen Ausschnitt und ohne männliche Begleitung hier war und überhaupt kräftiger geschminkt war als Nikolaos selbst, vermutete Nikolaos, dass es sich bei ihr um keine anständige Frau handelte, sondern vielmehr um eine, die ihr Geld selbst zu verdienen pflegte, was noch dezent umschrieben war, da es die Art ihres Gewerbes unerwähnt ließ. So wich Nikolaos zurück und verzog das Gesicht zu einem Ausdruck der Geringschätzung.
    "Dieser bin ich in der Tat.", gab er knapp zur Antwort und wandte sich dann an einen seiner vier Epheben, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. "Was willst du von mir?", fragte er, zwar nicht direkt grob, jedoch wie jemand, der rasch sein Gegenüber loswerden möchte.

    Hiermit wird den in Alexandria ansässigen römischen Bürgern Lucius Iunius Silanus, Manlius Iunius Laevinus, Marcus Iunius Varus, Iunia Alba, Iunia Attica, Iunia Axilla, Iunia Varilla die Proxenie verliehen.



    Im Auftrage der Verwaltung der Polis Alexandria


    Nikolaos Kerykes




    Sim-Off:

    Bitte noch nicht eintragen, es muss SimOff noch etwas geklärt werden! Ich werde mich per Pn dann bei der Sl melden.


    edit: Kann nun eingetragen werden!

    Nikolaos nickte höflich. "Dann steht einer Einbürgerung nichts mehr im Wege. Ich werde gleich heute noch einen Schreiber anweisen, die Namen in den Bürgerlisten unter Ehrenbürgern einzutragen. Hast du noch Fragen hierzu oder ein weiteres Anliegen?"

    "Nun ja, wie du wahrscheinlich weißt, ist der göttliche Imperator in Bezug auf Rhomäern in seiner unserer Stadt benachbarten Provinz empfindlich." Nikolaos hatte wie selbstverständlich betont, dass Provinz und Polis zwei völlig unterschiedliche Dinge waren, was formal natürlich zutraf, hinter den Kulissen allerdings nicht immer. "Doch ich vermute, dass keiner deiner Hausgenossen Mitglied in der römischen boulé ist." Das Wort, das die Römer dafür benutzten, war ihm entfallen, er hoffte, Lucius Iunius Silanus würde ihn auch so verstehen.

    Der blasse, schmächtige Junge sah dem Boten noch lange nach. Beinahe sehnsüchtig. Zwar hatte der Bote ihn geängstigt, doch es war der erste Mensch seit langem, der den Weg zum Haus des Nikodemos gefunden hatte. Der alte Hausherr hatte viele Diener in der letzten Zeit aus dem Haus gejagdt, sodass der Junge einer der wenigen war, die mit Nikodemos in einem Haus lebten. Sein Herr machte ihm Angst. Nicht, dass er gewalttätig würde, im Gegenteil, er schlug seine Diener kaum noch. Doch sein Blick war seltsam geworden und seine Bewegungen fahrig. Nächtelang ging er im Haus umher und murmelte eigenartiges Zeug. Nächtelang hörte der Junge die Schritte des Herrn durch die Hallen und Höfe, durch die vielen Zimmer und Säale des Hauses hallen. Tagsüber saß Nikodemos oft zusammengekauert auf dem Boden an eine Säule gelehnt. In diesem Zustand durfte man ihm nicht zu nahe kommen, denn sooft sich jemand näherte, sprang er wie von einem Insekt gestochen auf und blieb wie erstarrt stehen, die Augen weit aufgerissen.
    Der einzige Besucher, den der Junge hin und wieder einließ, war Nikolaos. Doch seine gelegentlichen Besuche spendeten dem Jungen keinen Trost. Auch Herr Nikolaos machte ihm Angst... .
    Der Fremde war hinter den Dünen verschwunden. Der Junge kehrte zurück in das große, leere Haus. Als er die Tür hinter sich zuschlug, und die Flügel laut gegeneinander schlugen, bekam der Junge eine Gänsehaut.


    edit: Signatur entfernt.

    Nikolaos war schon vor Sonnenaufgang in die Stadt aufgebrochen. Nun stand er, noch etwas schläfrig, in der orchestra des Theaters. Auf den Holzbänken der hinteren Ränge saßen nur einige Bürger, einige lagen auch unter Decken und schliefen. Diese waren wohl von weit her gekommen, vermutlich waren sie im Umland lebende Bürger, wie Nikolaos, die sich aber nicht wie Nikolaos die Annehmlichkeit eines Pferdewagens leisten konnten. Noch war es dämmrig. Im Osten färbte sich der Himmel langsam rot. Lange würde es nicht mehr dauern, bis es hell würde.
    Nikolaos ließ sich von einem Diener seine Amtstracht zurecht zupfen. Außer diesem Diener waren auch seine Epheben hier. Einer der beiden naschte, zu Nikolaos Verärgerung, einige Datteln aus einem Körbchen, dass der Diener mitgenommen hatte. Doch lediglich mit einem milden Lächeln gab Nikolaos dem Jungen zu verstehen, dass er ertappt war. Die Müdigkeit hüllte den Exegetes wohlig ein und dämpfte seine Gemütsregungen.
    Langsam füllten sich die Ränge des Theaters. Nun kamen auch Männer, denen man ansah, dass es sich bei ihnen um Stadtbewohner handelte. Auch einige wohlhabende Bürger, die auf Landgütern in der chora wohnten, kamen in das Theater. Zu erkennen waren sie daran, dass sie von vielen Männern begleitet wurden und diese Männer große Körbe mit Proviant trugen. Auch einige Seidenschirmchen waren zu sehen, diese waren noch unnötig, würden jedoch in den Mittagsstunden ihren Besitzern eine Wohltat sein. So manche Volksversammlung dauerte bis abends. Nikolaos hoffte jedoch, dass sich schnell alles regeln und finden würde an diesem Tag.