Nikolaos war erfreut über die Bescheidenheit der Iunierin (, die seinem Verlangen nach Macht zu Gute kam.) Allerdings hätte er sich auch darauf eingelassen, sie zum Leiter der Pyrtanenversammlung zu machen. Sie wäre ihm in dieser Rolle lieber gewesen als irgendein Nearchäer oder Krateide, wobei diese ungefährlich geworden waren, und sehr viel lieber als Mithridates. Letzteren hielt Nikolaos für durchtrieben und gefährlich. Er würde, im Anschluss an diese Versammlung, Cleonymus und Urgulania auf sein Landgut einladen an einem der folgenden Tage, um mit ihnen weiteres Vorgehen zu besprechen. Doch zunächst musste er auf den Vorschlag seiner Klientin angemessen reagieren.
Er lächelte bescheiden.
"Es ist mir eine große Ehre, dass ihr mir euer Vertrauen auch ein zweites Mal aussprecht.", meinte er höflich und ganz und gar nicht in einem Ton, der seine Gier nach Macht verriet. Nikolaos war ein guter Schauspieler, sein bisheriges Leben in dieser Stadt war ihm darin eine gute Lehrzeit gewesen. Alexandria war ein Sumpf, der von giftigen Tieren bevölkert war, da war es gefährlich, ungiftig zu sein.
"Bevor wir gleich den Eparchos aufsuchen sollten, würde ich gerne, wenn ihr erlaubt, noch eine Sache besprechen, die im Grunde nur eine Sache der Form ist, die jedoch, wie ich glaube, nicht vergessen werden sollte. Es geht um die Anbringung von Inschriften im Gedenken an die Pyrtanen der letzten Pyrtanie. Sollte jemand etwas dagegen haben, so bitte ich diesen, dies nun mitzuteilen. Ansonsten werde ich in den nächsten Tagen einen Bildhauer mit der Anbringung der Inschriften beauftragen. Ich habe einige Vorschläge für die Texte ausgearbeitet, selbstverständlich sollen mir aber auch andere Vorschläge recht sein."
Er zog eine Rolle aus Holz hervor, öffnete ihren Deckel und entnahm ihr ein Blatt Papyrus.
"Zur Anerkennung des großartigen Einsatzes des Agoranomos Mithridates Castor, Sohn des Nikanders, der schützend seine Hände über den Handel in der Stadt gehalten hat und der das Vermögen der Stadt aufs Vortrefflichste verwaltet hat.", las Nikolaos.
"Für den Strategos Cleonymus, dem es zu verdanken ist, dass die von seinem Vorgänger Nikolaos Kerykes begonnenden Verbesserungen der Stadtwache weitergeführt wurden und der sich um die Sicherheit in der Stadt in besonderer Weise verdient gemacht hat."
Er legte eine Pause ein, dann fuhr er fort.
"Dem Exegetes und Archipyrtanes Nikolaos Kerykes, der mit einem ausgeprägten Sinn für das richtige Maß und Geschick die Versammlungen der Pyrtanen geleitet hat, der nie müde war, sich die Sorgen und Anliegen der Bürger anzuhören und dafür mit dem Hintergrund langjähriger Erfahrung Lösungen zu suchen und der dem Apollon ein überaus vortreffliches Fest bereitet und mit seiner dichterischen Kraft bereichert hat."
Er sah in die Runde.
"Möchte jemand etwas dazu anmerken?", fragte er, in einem überaus bescheidenen Tonfall.
Beiträge von Nikolaos Kerykes
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Fast bewunderte Nikolaos den Agoranomos. Er versuchte, Zwietracht zu bringen zwischen Nikolaos und der Iunierin. Doch da Nikolaos dies bemerkt hatte, würde er es nicht so weit kommen lassen. Er blickte Urgulania an. Den Blick des Mithridates überging er.
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Am Morgen des Tages nach der Volksversammlung kam, wie es schon beinahe Brauch war, das neue Pyrtaneion zum ersten Mal zusammen.
Nikolaos leitete die Versammlung. Er kam recht schnell zur Sache."Pyrtaen! Es gibt heute, an diesem ersten Tag der neuen Pyrtanie, einiges für uns zu tun. Wir werden, wie es Sitte ist, dem Eparchos der Rhomäer noch heute Morgen um eine Audienz bitten. Ferner gilt es noch ein Sühneopfer für die Tyche abzuleisten. Außerdem sollten wir das Fest des Alexanders und der Tyche planen, das schon bald stattfinden wird. Der werte Agoranomos und ich werden zum Teil die Bewirtung des Volkes übernehmen. Im Koinon zu besprechen gibt es also vor allem den Ablauf und die Aufgabenverteilung während des Umzuges und während der Opferungen.
Zuvor jedoch sollten wir einen Leiter unserer Versammlungen bestimmen. Ich bitte euch, geeignete Pyrtanen vorzuschlagen." -
Da niemand zu das Wahlergebnis anfechten wollte, fuhr Nikolaos fort mit der Tagesordnung. Inzwischen war es später Nachmittag geworden. Der Magen des Gymnasiarchos machte sich langsam bemerkbar. Er wollte die Versammlung rasch vorantreiben, damit er endlich nach Hause gehen konnte. Auch die Hitze machte ihm zu schaffen.
"Der Judäer Iosua, Sohn des Dabids, hat um das Bürgerrecht gebeten. Er ist gleichzeitig Untertan des Königs von Tylus. Er scheint einen guten Leumund zu haben, über kriminelle Aktivitäten habe ich nichts herausgefunden.
Wollen wir ihm, sowie schwört, den hellenischen Göttern mindestens im gleichen Maße zu dienen wie dem Judengott und wenn er einer genauen Prüfung durch die Priester der Stadt* standhält, das Bürgerrecht zugestehen? Dies ist eine Angelegenheit der Volksversammlung, da dies ein außergewöhnlicher Fall ist. Sein Vater ist kein Bürger, zudem ist der Mann für die Ephebie zu alt und vor allem Judäeer. Daher wollen wir nun abstimmen."Sim-Off: * Gemeint ist hier die SimOff-Ephbie, deren Abgabefrist in etwa einer Woche endet. Wenn Ioshua durchfallen sollte, hilft ihm natürlich auch das Urteil der Volksversammlung nicht.
Abstimmung: Entweder für oder gegen die "Einbürgerung" Ioshuas.
Edit: Joshua ist natürlich nicht zu jung für die Ephebie sondern zu alt ;).
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Es dauerte bei jedem Wahlgang sehr lange, bis die unzähligen um den Zuschauerraum herumwuselnden, mit Wachstafeln und Griffeln bewaffneten Archonten die Stimmen einer jeden im Theatron vertretenden Phyle* aufgenommen hatten. Schließlich waren es einige tausend Stimmen, die hier abgegeben worden und es widersprach der hellenischen Sitte, etwa Stimmen einer Phyle zusammenzufassen zu einer, die der Mehrheit der jeweiligen Gruppe entsprach. Jeder Bürger hatte ein Recht darauf, dass seine Stimme volles Gewicht erhielt.
So war es nicht verwunderlich, dass einige der Zähler in Streit gerieten, manche Wahlgänge wiederholt werden mussten, manche sogar mehrfach wiederholt werden mussten.
Endlich trugen die Archonten ihre Listen nach vorne, wo andere Archonten darauf warteten, unter der Aufsicht der Pyrtanen und einiger durch Los bestimmter Bürger die Stimmen zusammen zu zählen. Dies war eine schweißtreibende Arbeit, denn sie fand in der Mittagsglut und vor der Sonne ungeschützt statt.
Schließlich waren auf einige Tafeln die Ergebnisse geschrieben, die Zähler schwörten bei der Tyche und beim Dionysos, dass sie ihre Aufgabe ehrlich erfüllt hatten, die jeweils zweiten Zähler bestätigten, dass ihre Kollegen die Arbeit ordentlich verrichtet hatten, die Gesamtzähler leisteten ebenso einen Eid.
Die Sonne hatte ihren höchsten Stand längst überschritten, als der derzeitige Archipyrtan vortrat und die Ergebnisse verlas, die ihm andere Archonten auf den Tafeln vorhielten."Bürger! Das Volk von Alexandria hat frei und unter freien Bedingungen entschieden, dass Mithridates Castor, der Sohn des Nikanders, das Amt des Agoranomos ausfüllen wird.
Das Volk von Alexandria hat frei und unter freien Bedingungen entschieden, dass Iunia Urgulania das Amt des Eutheniarchos besetzen wird.
Das Volk von Alexandria hat frei und unter freien Bedingungen entschieden, dass Cleonymus der nächste Strategos wird.
Das Volk von Alexandria hat frei und unter freien Bedingungen Nikolaos Kerykes zum Gymnasiarchos gewählt ... "
Es folgte eine Bekanntgabe der übrigen Ämter.
"Bürger! Sollte jemand dieses Ergebnis für unrichtig halten, so möge er nun die Wahl anfechten. Falls dies nicht so ist, beginnt nach dem Ende der Ekklesia eine neue Pyrtanie, bei der die Genannten die jeweiligen Ämter besetzen."
Nikolaos sah sich im Theatron um. Er schielte bereits auf die Liste mit den übrigen Tagesordnungspunkten, unter anderem mit dem Antrag des Iosuas.Sim-Off: *Ich weiß leider nicht, wie die Stimmauszählung bei einer Volksversammlung zu dieser Zeit in Alexandria genau abgelaufen ist. Ich denke aber, dass die Polis das Modell der Sitzplätze nach Phylen (wie zuerst einige hundert Jahre zuvor in Athen) geordnet aufgegriffen haben wird, da es einfach praktisch ist. Die in vielen griechischen Poleis verbreitete Sitte, dass die Stimmen des Leiter der Volksversammlung in allen Entscheidungen im Zweifel oder bei knappen Ergebnissen als Enthaltung gezählt wurde, lasse ich hier mal ganz außen vor.
Unsere Volksversammlung ist also aus dieser Sicht eine spieltechnisch günstige Mischung aus verschiedenen historischen Aspekten, die vereinfacht wurde.
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"Nein, dass wäre es erst einmal. Natürlich ist es mir immer eine Freude, mit dir zu sprechen.", meinte Nikolaos höflich. "Jedoch muss ich heute noch nach nebenan, in meine Amtsstube, die Bürgerlisten warten darauf, auf den neuesten Stand gebracht zu werden, und meine Schreiber brauchen ab und an ein wenig Beaufsichtigung.", sagte er lächelnd und erhob sich zum Gehen. "Einen guten Tag wünsche ich dir noch."
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Memmos:
Herbal sollte sich täuschen. Lyros kam nicht. Immer noch grollte der fette Wirt ob der Tatsache, dass da jemand gewagt hatte, ihn an noch seine noch ausstehende Pacht zu erinnern. Nun saß Lyros in seinem kleinen Schreibzimmer und versuchte herauszufinden, wo er noch Geld auftreiben könnte, um die Pacht so rasch wie möglich zu begleichen.
Statt seiner kam Memmos in das Speisezimmer. Schweigend und mit verängstigter Miene räumte er das Geschirr und die Speisereste vom Tisch.
"Der Wirt läßt ausrichten-", begann Memmos leise und mit stockender Stimme. "-, dass dein Zimmer nun bereit ist. Dort steht auch eine Wanne mit heißem Wasser und ein Sklave wird dir behilflich sein beim Waschen. Frische Kleidung liegt auf deinem Bett. Deine alten Sachen kannst du dem Sklaven geben. Sie werden morgen in eine Wäscherei gebracht." Grußlos verließ Memmos den Raum. -
"Chaire, Antigone*!" Nikolaos sprang, in freudiger Überraschung, von seinem Sessel auf und ging auf den Besucher zu. Er war sehr bleich im Gesicht und seine Hand zitterte und sie schmerzte ihm vom vielen Schreiben. Das Zittern indes war ein Zeichen, dass sein Körper nach dem Schlafmohnsaft verlangte. Nikolaos würde, am besten noch an diesem Tag, seinen Pächter Seth aufsuchen und sich von ihm etwas Opium nach dessen Spezialrezeptur zubereiten lassen, die neben dem geronnen Saft des Schlafbringers auch andere Dinge enthielt.
"Welche Freude, dich wieder zu sehen! Du musst mir sogleich erzählen, welche Fortschritte du in der Heilkunde gemacht hast." "Aber zuvor will ich dir antworten.", fügte Nikolaos lächelnd hinzu. Er griff aus der Papyrusflut auf seinem Schreibtisch einige Blätter. "Leider fehlt mir momentan die Kraft für ein edles Werk der Ideen, daher widme ich meine Zeit in diesen Tagen der bloßen Sammlung von Wissen. Ich habe ein Wörterbuch begonnen mit Wissen aus allen Gebieten des Lebens. Jedoch bin ich noch nicht allzu weit. Ich hoffe, dass dies bald zu einer eher nebensächlichen Arbeit wird, und mir die Kraft gegeben sein wird für ein größeres eigenes Werk." Er reichte Antigonos den Stapel. "Das sind erste Fassungen einiger Abschnitte." Nikolaos wühlte ein wenig in dem, was seinen Tisch bedeckte, fasste dabei in einen noch nicht ganz eingetrockneten Tintenfleck, besudelte damit einige Bögen, fluchte leise, fischte schließlich einige weitere Blätter hervor, die er ebenfalls seinem Gast reichte. "So, und nun sollst du mir erzählen, was du treibst.", meinte er freundschaftlich mit gespielter Strenge. "Hast du immer noch Unterricht bei diesem-" Nikolaos hätte beinahe jugendlichen Schmeichellecker gesagt, doch da fiel ihm ein, dass er selbst noch recht jung für einen Priester der Musen und des Apollons war, daher hielt er sich zurück. "-bei diesem Doros?"*=quasi Vokativ von Antigonos, nicht zu verwechseln mit Antigoné
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Nikolaos' Gefolgschaft folgte dem Beispiel ihres Demagogens. Dieser hob fast übereifrig bei Mithridates die Hand, als die Wahl des Agoranomos anstand. Schließlich hatte er diesen zuvor in den höchsten Tönen gelobt, da wäre es etwas widersprüchlich gewesen, ihn nicht zu wählen. Beim Eutheniarchen erhielt wie erwartet die Iunierin die Stimme des Nikolaos und die Stimmen seiner Anhänger, auch Cleonymus als Stratege erfreute sich großer Zustimmung unter den Leuten des Nikolaos und von diesem selbst. Bei den Ämtern, für die es keinen Kandiditat nach Nikolaos' Willen gab, setzte er sich, sowie möglich, für den Mann ein, der weder Nearchäer noch Krateide war; sowie nicht möglich bemühte er sich um ein ausgewogenes Verhältnis der beiden Familien beziehungsweise ihrer Gefolgschaft. Was hatte der göttliche Julius Caesar noch gesagt? Nikolaos dachte kurz nach. Teile und herrsche... .
Als die Wahl des Gymnasiarchos anstand, hob der Kandidat selbst eher dezent und bescheiden die Hand, während seine Anhänger in laute Begeisterungsstürme ausbrachen.Sim-Off: Mithridates Castor als Agoranomos: Ja!
Iunia Urgulania als Eutheniarchos: Ja!
Cleonymus als Strategos: Ja!
Nikolaos Kerykes als Gymnasiarchos: Ja!edits: verdammten Code für Daumen hoch nicht gefunden... . Peinlich, peinlich...
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Sim-Off: Und noch etwas:
Die NSC dienen nur der Vollständigkeit, ihr müsst sie in eure Wahl nicht mit einbeziehen.
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Nikolaos hatte gerade an seinem großen Wörterbuch gearbeitet, als es klopfte. Er empfand die Störung als nicht sonderlich störend, da es mit seiner Arbeit schleppend voran ging und ihm ein wenig Abwechslung sehr gelegen war.
"Tritt ein.", antwortete er dem Klopfenden daher überaus freundlich. -
"Das würde mich sehr freuen. Ich möchte soviele Häuser zur Auswahl haben wie möglich, denn die meisten, die ich bisher besichtigt habe, waren in einem Zustand, der eher einen Abriss nahe legt als eine Instandsetzung. Der Verwalter findet mich in meinen Arbeitsräumen an der Agora. Er soll den Schreibern sagen, er hat ein dringendes persönliches Anliegen, dann kommt er schneller durch. Ich danke dir für deine Hilfe.", antwortete Nikolaos. Er hoffte, er würde keine Enttäuschung erleben mit dem Haus.
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Sim-Off: Wenn jetzt noch jemand dazukommen möchte, kann er das natürlich gerne tun
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Zum Abstimmungsverfahren:
Für jedes Amt hat jeder eine Ja -( [thumbsup])-Stimme, die er einem der Kandidaten geben kann. Es gilt das Prinzip der einfachen Mehrheit, d. h. ein Kandidat kommt auch dann in ein Amt, wenn nur er selbst für sich stimmt, aber keine Gegenkandidaten vorhanden sind.
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Während die Anhänger des Nikolaos bei der Rede des Mithridates mit wie versteinerten oder gefrorenen Mienen dagesessen hatten und allenfalls missbilligendes Raunen von sich gegeben hatten, bekam nun Cleonymus von ihnen ähnliche Unterstützung wie zuvor die Römerin. "Cleonymus schützt euren Besitz!", "Wählt Cleonymus, wenn ihr sicher auf den Straßen gehen wollt!".
Nikolaos nahm dies zufrieden zur Kenntnis. Seine Epheben hatten den Anhängern offenbar sehr deutliche Anweisungen gegeben. Er würde demnächst wieder einmal einige Bürger einladen und beschenken... .
Mithridates hatte den Kunstgriff in Nikolaos' Rede, zu erst immer einen Ausdruck des Zweifels an seiner selbst voranzustellen und dann Taten und Eigenschaften zu nennen, die ihn sehr wohl als Gymnasiarchos qualifizierten, entweder nicht verstanden oder aber, was Nikolaos für wahrscheinlicher hielt, im Zuge seiner Taktik einfach ignoriert."Werter Agoranomos! Du weißt nicht, welche Freude deine Entscheidung für das Amt des Agoranomos in mir auslöst. Freudig sehe ich auch dich und mich gemeinsam das Fest des Alexanders und der Tyche vorbereiten."
Von der Bezahlung, die der Agoranomos ihm aufgedrück hatte, konnte Nikolaos natürlich keinen Abstand nehmen, hatte er sich doch für eines der ehrenvollsten Ämter zur Verfügung gestellt.
"Freudig sehe ich dich in deinem Ruhm stehen, denn wenn du ihn nicht verdientest, wer sonst?Doch mich bestürzt, mich beängstigt, dass du mir ein baldiges Ableben voraussagst! Bitte sage mir, ich flehe dich an, sage mir, was ich dir angetan habe, dass du nun einen solchen Groll gegen mich hegst, der dich dazu führt, mir einen raschen Tod zu wünschen?!? Agoranomos, Mithridates, sage es mir! Wie groß muss die Schuld, von der ich nichts weiß, sein, dass mich lieber in einer Gruft liegen sähst und von Würmern zerfressen als hier vor dir?"
Den letzten Teil seiner Rede hatte Nikolaos mit einer fast schauspielerischen Gestik und Mimik begleitet, und seine Stimme war brüchig und verzweifelt geworden, flehend sah er Mithridates an, seine Augenlider fielen ein Stück weit herab, sein Gesicht verzerrte sich zu einem einzigen Ausdruck des Entsetzens.
Ein Raunen ging durch die Reihen seiner Anhänger, mehrere schriehen empört auf. Einige Stimmen raunten sogar, natürlich absichtlich laut, Mithridates wolle den ehrenwerten Nikolaos umbringen. Einige Anhänger brachen in lautes Wehklagen auf, andere ballten die Fäuste gegen den Mann, der das baldige Ableben Nikolaos in ihren Augen vorrausgesagt, ja gewünscht hatte. "Giftzwerg", riefen einige, wenn auch etwas verhalten und mit einer gespielten Unterdrückung ihres Zornes. In Wirklichkeit war der Zorn selbst meist gespielt.
Nachdem Nikolaos die Wirkung seiner schauspielerischen Glanzleistung ausgekostet hatte, noch eine ganze Weile sein schmerzverzerrtes Gesicht zur Schau gestellt hatte, begann er wieder zu sprechen. Seine Stimme war brüchig und wie erstickend, seine Mundwinkel zitterten.
"Ich will nicht den Gang der Volksversammlung aufhalten, auch wenn mich eure Anteilnahme an meiner Bestürzung, an meiner Trauer zutiefst rührt. Der Mann, den ich aufs Höchste verehre-" Er hustete. "Nun gut, lassen wir das." Er legte eine Pause ein, in der er scheinbar die Fassung wiedererlangte. "Wenn es keine weiteren Vorschläge mehr gibt, würde ich vorschlagen, dass wir zur Abstimmung übergehen." Wieder eine Pause. Anschließend schien er seine Kraft wieder zurückgewonnen zu haben. "Ich gebe bekannt: Es haben sich bereit gefunden: Iunia Urgulania für das Amt des Eutheniarchos; Mithridates Castor, Sohn des Nikanders, für das Amt des Agoranomos; Cleonymus für das Amt des Strategos; Ariston Nearchos* und Demokrates Krateides* für das Amt des Exegetes; Hierophilos Krateides*, Lysimachos Nearchos*, Nikias, Sohn des Pthyteas* für das Amt des Kosmetes; Lysias Nearchos* für das Amt des Eponminatographos; Nikolaos Kerykes für das Amt des Gymnasiarchos."*=NSC
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Nikolaos' Anhänger jubelten, wenn auch zu Anfang etwas verhalten. Doch die Weisung, die der Exegetes durch seine Epheben in die Reihen getragen hatte, war deutlich gewesen. Sprechchöre forderten die Bürger auf, die Römerin zu wählen. Parolen wie "Besser kann es auch kein Mann!" oder "Die Römer sind unsere Freunde!" machten die Runde.
Nun wartete Nikolaos nur noch auf Cleonymus. Er hoffte, dieser würde in seine Rede keine Patzer einbauen. -
Mit Zufriedenheit nahm Nikolaos wahr, dass Urgulania und ihre Anhänger seine eigenen Anhänger unterstützten. Er kostete den Jubel voll aus und begann erst wieder zu sprechen, als es ein wenig stiller geworden war.
"Bürger! Wir sollten nicht vergessen, dass es neben dem Amt des Agoranomos-" Er sah Mithridates an. "-und neben dem Amt des Gymnasiarchos noch weitere gibt, in denen Bürger ihrer Liebe zum Gemeinwesen gewissermaßen eine Gestalt geben können.
Besonders vortreffliche und fähige Bürger verlangen die Ämter des Strategos und des Eutheniarchos." Er suchte die Iunierin und Cleonymus in der Masse, die das Theater füllte. "Ersteres Amt bürdet dem Inhaber die Verantwortung für die Versorgung von uns allen mit Getreide auf, letzteres seinem Inhaber die Verantwortung für die Sicherheit in unserer Stadt und für unseren Schutz vor Dieben, Räubern, Einbrechern und anderem Gesindel." Er legte eine Kunstpause ein. "Ich weiß für beide Ämter vortreffliche Bürger, bei denen ich die große Verantwortung in besten Händen weiß. " Er blickte erst Cleonymus, dann die Iunierin an und wartete darauf, dass einer der beiden das Wort ergriff.
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Nikolaos wartete, bis der Agoranomos zu Ende gesprochen hatte. Noch während dessen Anhänger jubelten, erhob er seine Stimme.
"Werter Agoranomos, hochverehrte Mitbürger!
Ich kann deine Frage, Mithridates Castor, ob du der Stadt auf vortreffliche und großartige Weise gedient hast, mit nur zwei Worten beantworten: Du hast!
Unübertroffen, unübertroffen bist du in der Ausübung des Amtes des Agoranomos! Kein anderer hat je die Reichtümer der Stadt mit soviel Geschick verwaltet, kein anderer hat sich als Agoranomos so gütig gezeigt und derartig bereit zur Aufopferung seiner selbst für das Gemeinwohl. Kein anderer hat je den Handel zu einer solchen Blüte gebracht. Kein anderer übertrifft dich, Mithridates Castor.
Daher werde ich dir noch zwei Worte aus ganzem Herzen und mit ganzer Inbrunst antworten:
Du wirst!Wir, Bürger, können auf Mithridates nicht mehr verzichten, denn er ist der Beste, den es für das Amt des Agoranomos gibt. Hochverehrter Mithridates, ich weiß deine Bescheidenheit und dein eisernes Beharren auf den Grundsatz der Gleichheit überaus zu würdigen.
Bei den Rhomäern gab es einst ein Amt, das in Kriegszeiten besetzt wurde. Dieser Beamte durfte über das gesamte Heereswesen befehlen. Viele, unzählige haben dies missbraucht, haben ihre Amtszeit übermäßig ausgedehnt.
Doch es gab auch einen, der war Bauer, und den riefen die Rhomäer in dieses Amt, denn er war als tüchtig bekannt und es stand ein Feind vor den Toren Roms. Der Mann, Kinkinatos ist sein Name, vertrieb die Feinde mit dem Heer das ihm anvertraut worden war.
Dann ging er zurück auf seinen Acker! Nie hätte er daran gedacht, seine Macht gegen sein Volk zu richten.
Und ein solcher Mann ist auch unser Agoranomos!
Doch hier ist diese Mäßigkeit und Bescheidentheit nicht angebracht. Du selbst, Mithridates, weißt wie kein anderer, dass du wie kein anderer geeignet bist für dieses Amt.
Und daher wiederhole ich: Du wirst! und wünsche dir alles gute für eine weitere Amtszeit."
Nikolaos' Anhänger jubelten. Der Exegetes warf Cleonymus und Iunia Urgulania flüchtige aber eindeutige Blicke zu. Als der Beifall ein wenig abgeklungen war, fuhr Nikolaos fort."Du hast Recht in der Annahme, dass ich nichts mit mehr Inbrunst, nichts mit mehr Freude, nichts mit größerem Stolz tue, als der Stadt und euch, Bürger!, zu dienen. Ich werde euch dienen!
Wie ihr wisst, ist der Gymnasiarchos alt. Es wäre eine Schande, ihm noch ein weiteres Mal eine derartige Bürde aufzuladen. Ich dagegen bin jung und kann der Stadt und ihren Bürgern meine ganze Kraft widmen.
Ich weiß nicht, ob es zutrifft, was der Agoranomos sagt, dass meine Lebensweise rein und frei von Makel ist.
Ich weiß nicht, ob meine Erfahrung von zwei Amtszeiten als Pyrtane, ob meine Erfahrung in der Leitung der Versammlungen der Pyrtanen, ob meine Erfahrung als Exegetes ausreicht.
Ich weiß nicht, ob es genügt, Priester der Musen und des Apollons zu sein, um auch diese heilige Aufgabe zu übernehmen, die Söhne dieser Stadt zu guten Bürgern zu erziehen und dem Boten der Götter den Tempeldienst zu verrichten.
Ich weiß nicht, ob es genügt, doch ich werde es herausfinden, wenn ihr mir euer Vertrauen schenkt."
Wieder kam aus den Reihen der Anhänger des Nikolaos Beifall, wieder warf er Urgulania und Cleonymus Blicke zu, während er seinen Blick in den Reihen des Theaters wandern ließ.
Dann sah er den Agoronamos direkt an."Da du, werter Agoranomos, jetziger und künftiger, wie ich hoffe, in Angelegenheiten des Stadtvermögens Geschick bewiesen hast, wirst du auch in Angelegenheiten deines eigenen Vermögens Geschick bewiesen haben.
Da du, wie wir alle wissen und wie weit über die Grenzen unserer Stadt hinaus bekannt ist, von edelster Großzügigkeit bist, wirst du die Ehre sicher nicht zurückweisen, die dir zukommt, das Fest des Alexanders und der Tyche zu bezahlen."Wieder jubelten die Anhänger des Nikolaos. Laut und vielstimmig wurde die Großzügigkeit des Mithridates gepriesen.
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"Ich suche weniger nach einem Haus im Delta-Viertel als vielmehr nach einem in der Nähe der Agora."
Einerseits hatte es eine gewissse symbolische Wirkung, wenn er sich architektonisch in der Stadt präsent zeigte, andererseits wollte er auch einen möglichst kurzen Weg zu seiner Amststube haben... .
"Zu klein sollte es nicht sein. Und es sollte in einem Zustand sein, der es mir ermöglicht, gleich nach dem Abschluss des Handels dort einzuziehen."
Dass der Exegetes, mit Ausnahme eines Gasthauses und eines Lagerhauses, keinen Grundbesitz in der Stadt hatte, war schließlich ein unhaltbarer Zustand. Auch war sein Landhaus, so schön gelegen wie es sein mochte und so ungestört wie er dort war, zu weit von der Stadt entfernt, um von dort aus jeden Tag in die Stadt aufzubrechen und dorthin jeden Tag zurückzukehren. -
Nikolaos ließ den Blick über die Reihen des Theaters wandern. Inzwischen waren sie gut gefüllt. Auch einige Demagogen konnte er erkennen, weniger an ihnen selbst sondern vielmehr an den Menschentrauben, die sich um sie bildeten. Eine Art Anspannung machte sich in seinen Muskeln bemerkbar, das Blut schien schneller durch das Fleisch zu sickern. Er sammelte seine Gedanken einen Moment, dann räusperte er sich, etwas gekünstelt, und begann.
"Bürger! Wir sind heute zusammen gekommen, um die Ekklesia abzuhalten, wie es Sitte und Gesetz ist seit Jahrhunderten. Wir sind heute zusammen gekommen, als freie Bürger einer freien, unabhängigen Stadtgemeinschaft. Wir werden heute wieder einmal unserere Pflichten als Bürger wahrnehmen. Bevor wir uns jedoch anderem widmen, steht eine Sache an diesem Tag im Vordergrund: Wieder einmal ist eine Pyrtanie vorbei und nach dem Grundsatz der Gleichheit werden deshalb die Pyrtanenämter neu besetzt. Ich erinnere jeden, der an diesem Tag dazu bestimmt wird, ein solches Amt zu bekleiden, daran, dass er der Stadt und ihren Bürgern im besonderem Maße verpflichet ist. Er möge sich seiner Bürde als würdig erweisen und sie mit Anstand tragen."
Nikolaos legte eine Atempause ein. Er sah sich in den Reihen der Zuhörer um. Besonders die Pyrtanen in den ersten Reihen betrachtete er aufmerksam.
"Nun möchte ich euch bitten, Vorschläge zu äußern, welcher Bürger welches Amt bekleiden soll. Dabei soll jeder Vorschlag gehört werden und der Prüfung durch die Abstimmung übergeben werden. Jeder ist gleichermaßen verpflichtet, ein Amt zu übernehmen, wenn es ihm angetragen wird. Jeder ist gleichermaßen aufgefordert, sich für ein Amt bereit zu halten, wenn er fähig ist, es im Sinne der Stadt gut auszufüllen. Jeder, der ein Amt übernimmt, sollte sich bewusst sein, dass seine Pflichten nicht nur die der Stadt und ihren Bürgern gegenüber sind, sondern auch die den unsterblichen Göttern gegenüber, denen er im besonderen Maße dienen und huldigen muss, denn er tut dies nicht zu seinem Wohl allein sondern zum Wohl der Stadt."
Nikolaos sah sich wieder in den Reihen um. Von der orchestra aus hatte er den ganzen Zuschauerraum im Blick. Nun wartete er auf Vorschläge, Zwischenrufe und heißblütige Reden und Gegenreden, wie er sie schon von den vielen Volksversammlungen im Laufe seiner Laufbahn kannte. Seine Vorschläge würde er, wie es eine Art Anschein der Bescheidenheit gebot, zunächst im Hintergrund halten. -
"Chaire, Cleonyme", antwortete Nikolaos auf den Gruss des Strategens. Dessen pathetisch angehauchter Kommentar belustigte ihn. "Aber, aber, so schlimm wird es wohl nicht sein. Und rufe die Tyche nicht herbei, wenn es nicht dringend ist und wenn die Umgebung nicht angemessen ist und du ihr kein Geschenk zu bieten hast.", tadelte Nikolaos seinen Kollegen freundschaftlich. Gratis machten schließlich die Götter gar nichts für die Sterblichen, Geschenke mussten da schon her, besser noch, falls der entsprechende Sterbliche wohlproportioniert und hübsch anzusehen war und natürlich jung, geschlechtlicher Verkehr. Gerade die älteren Männer unter den Göttern fanden diese Leistung besonders erquicklich, aber auch so manche Göttin war solchem Handel nicht abgeneigt.
"Ich werde jetzt beginnen.", flüsterte Nikolaos dem Kollegen noch zu, bevor er sich weiter von seinem Platz entfernte und weiter in die orchestra hinein ging.