Beiträge von Nikolaos Kerykes

    Zitat

    Was aber anhand der momentanen Lage durchaus sinnvoll ist. Schau dir mal an in welchen Bereichen Fachkräfte fehlen.


    Sollte man also Schulabgänger zum Ingenieurswissenschafts-Studium (beispielsweise) zwingen? Von wegen: Lateinische Philologie ist nur als 30-Punkte-Ergänzungsmodul beim Kernfach Ingenieurswissenschaften/Physik möglich ;) ?


    Da dreht sich der gute Herr von Humboldt im Grabe herum... .

    Nikolaos hatte den Windhauch bemerkt, der den Staub auf dem Boden der Orchestra aufgewirbelt hatte, feinen, teils blutigen Staub. Die Priester besahen das Opfertier und dann den Himmel. Hätten sich Wolken an diesem befunden, hätte das ein Zeichen sein können.
    Nach einigem Wartens wurde das Opfertier fortgeschafft, von Opferhelfern, die in schimmernde Gewänder gehüllt waren, diese Gewänder wurden nun mit Blut, dem grauen Brei im Inneren des Kopfes und Knochensplittern besudelt. Der Altar wurde von einem Priester gereinigt, Rosmarinwasser wurde versprüht, mit Weihrauch die orchestra bestäubt, begleitet wurde dies von den feinen Klängen einer einzigen Kithara.
    Dann trat wieder Stille ein. Der oberste der Priester trat zum Altar.
    "Wir danken dir Apolle
    dass du unser Opfer
    annahmst und hoffen
    auf deine Gunst und
    Gnade für die Polis und
    den Basileus und seinen
    Vertreter in Alexandria."


    Dass der Basileus selbst göttlich war, wurde verschwiegen, denn es hätte den Apollon neidisch stimmen können. So zumindest dachten die Priester. So aber wurde es weder verneint (was wiederum Gotteslästerung wäre) noch besonders betont.
    Die Auloi wurden geblasen, die Priester sammelten sich zu einem Zug und schritten in einer geschlossenen Einheit aus der orchestra in vorderen Sitzreihen, wo ihnen Plätze freigehalten waren. Ihre blutigen Gewänder wechselten sie nicht, denn das Blut eines Opfertieres galt ihnen als rein und es an der Kleidung zu tragen somit nicht als miasma.
    Die Musikanten drängten nun mit ihren Instrumenten in den Vordergrund, da das Opfer vorbei war, und sie für einige Augenblicke die einzige Unterhaltung im Theatron boten. Jeweils ein Aulist und ein Kitharöde wechselten sich mit solistischen Einlagen ab. Währendessen wurde hinter der Scené die Aufführung des ersten Dramas vorbereitet. Die Musik diente der Übertönung der aufgeregten Stimmen der Schauspieler, dem Kistenrücken, dem Geflatter ihrer Gewänder, dem Zischen des Mannes, der dieses Schauspiel leitete.

    @Labeo:
    Du hattest es gut, dass du an einem humanistisch ausgerichteten Gymnasium lernen durftest... . Auf meinem Gymnasium gab es nur Latein als Alte Sprache, und für die moderne Drittsprache für Lateiner (in diesem Fall Französich) waren irgendwann angeblich keine Lehrerstunden mehr frei. Dafür wurden die Naturwissenschaften gepusht bis zum Gehtnichtmehr... . Leider kam ein Schulwechsel nicht infrage, das dieses Kleinstadt-Gymnasium das einzige in erträglicher Entfernung war.

    "Gut, dann werden wir es so halten.", sagte Nikolaos höflich. "Du hast übrigens nicht zu danken, es hat mir kaum Umstände gemacht, im übrigen war es schließlich auch für mich sehr hilfreich, dich kennenzulernen." Er erhob sich und reichte dem Ioridikolos seine Hand. "Lebe wohl, Iuridicule."

    Bevor du überhaupt irgendetwas gründen kannst, brauchst du wohl Kapital ;) . Und das kannst du dir durch den Verkauf deiner Arbeit an Leute, die solches besitzen erwerben.
    Und eine Schiffsreise nach Ägypten ist WiSim-technisch billiger als ein Brot ;), das dürfte schon klar gehen. Mein Angebot, Galeo probeweise einzustellen, steht immer noch. Sollte sich G. als zuverlässig erweisen, könnten gewisse Handelsreisen in Eigenverantwortung hinzukommen, schließlich darf Nikolaos als Archont Alexandrias Umgebung nicht verlassen :) . Bevor du versuchst, ein eigenes Handelsunternehmen zu eröffnen, würde sich doch eine Famulatur woanders anbieten ;) ...

    Hm... das ist natürlich schlecht. Wie wäre es mit einer Art Schuldknechtschaft ;) ? Auch wenn diese natürlich zu unserer Rl-Zeit offiziell abgeschafft ist... . Du reist nach Alexandria, machst dich dort als Grammateos nützlich (jemanden, der diese Aufgabe erledigt, suche ich zufällig gerade :) ), im Gegenzug erstatte ich der Polis die Kosten für die verbrauchten Nahrungsmittel zurück, wenn du dies abgearbeitet hast, kannst du zu einem anständigem Gehalt weiterarbeiten (sofern du fleißig und talentiert bist, Grieche scheint deine ID zumindest zu sein, das ist von Vorteil ). Wenn du nicht möchtest, kann ich dich natürlich schlecht dazu zwingen. In diesem Fall wird die Polis wohl einfach den Verlust abschreiben müssen, so dramatisch ist er schließlich nicht. Aber vielleicht hast du ja Interesse daran, Alexandria durch deine Anwesenheit zu bereichern. Die Bevölkerung ist momentan ohnehin eigentlich zu klein, um die zweitgrößte Stadt der damals für Römer bekannten Welt zu simulieren, und es bieten sich für peregrini vielfältige Möglichkeiten dort... .

    Dann möchte ich an dieser Stelle diejenige der beiden weinverteilenden Legionen (bzw deren Kommandanten) bitten, sich bei mir zu melden, damit ich ihr 9 Kannen Landwein vom Alexandria-Konto gutschreiben kann, die nicht alles von Galeo Hagnon zurückbekommt, da Alexandria eben 291 Kannen genommen wurden und 300 es zurückbekommen hat.
    Galeo Hagnon möchte ich bitten, die noch ausstehenden Differenzen zu Ungunsten Alexandrias zu begleichen.


    Edit: Ich meine natürlich, die zu Ungunsten Alexandrias ausstehenden Differenzen.

    Die sehr schwerfällige und dumpfe Bemerkung des Agoranomos, die offenbar sarkastisch sein sollte, quittierte Nikolaos mit einem süßlichen Lächeln. Hephaistos, dachte Nikolaos und musste leise lachen.
    Sein Lächeln wurde eisiger. "Dann möchte ich diese Sitzung für beendet erklären, sollte es keine Punkte mehr geben, die zu besprechen wären."

    "Vielen Dank, werter Lysander.", sagte Kleios rasch im Hinausgeführtwerden. "Sicher wird sich die Polis deiner Hilfsbereitschaft auch in einiger Zeit noch erinnern."
    Endlich war er zurück im Freien. Er hatte jedoch das Gefühl, dass Lysanders sanfte Krallen noch in seiner Haut steckten. Auf der Straße traf er einen Mann aus der Stadtwache an. Wortlos machte er sich auf den Weg zur Arché des Strategens und erwartete, dass der Stadtwachenmann ihm folgen würde. Es war, soweit sich Kleios erinnerte, dieser Cleonymos, der Sklaventreiber, über dessen raue Unterherrschaft viele Phylakes schimpften. Jedoch war dieser ehemalige Sklaventreiber anscheinend ein Günstling des Strategos Alexandrinos, was sollte man da machen? Kleios beschleunigte seinen Gang. Nach Erledigung dieser Aufgabe hätte er, wenn alles glücklich verlief, sein Tagwerkt getan, und diesen Zeitpunkt wollte er so schnell wie möglich erreichen. Außerdem wäre der Strategos sicher sehr angetan, den Namen eines politischen Gegners als Verdächtigen zu hören.

    Immer schwächer werdend folgten Nikolaos Augen den Bewegungen des Iatros. Immer häufiger schoben sich Flecken und Schleier auf das Bild. Nikolaos zwang sich, die Schale zu betrachten. Er konnte nichts darin erkennen außer einem stinkenden Brei.
    "Zeige mir diese Reste", forderte Nikolaso den Iatros auf, da er ihm nicht traute. Anschließend müsste er sofort diese Räume verlassen. Der Strategos Alexandrinos zitterte. Er stützte sich am Tisch ab, auf dem der Leichnahm lag. Er wusste, dass er nun sein Unwohlsein nicht mehr verbergen konnte. Dennoch wollte er stark bleiben, zumindest bis Doros ihm die Eisenhutreste gezeigt hätte. Sauer stieg eine Substanz in Nikolaos Hals auf, hinauf bis zur Kehle, dann bis zum Gaumen, die ähnlich der in der Schale vor ihm war.

    "Das ist richtig.", antwortete Nikolaos. Woher wusste der Ioridikolos, dass Nikolaos dann nicht mehr im Amt wäre? Hatte er gar eine Intrige gesponnen, um den vermeintlich aufmüpfigen (und wirklich nur auf das Recht bedachte) Strategos Alexandrinos loszuwerden? Nikolaos machte sich insgeheim darauf gefasst. Doch zunächst galt es, abzuwarten. Der Ioridikolos besaß zumindest die Höflichkeit, nicht weiter darauf zu bestehen, über den Stadtstrategen von Alexandria verfügen zu können. Nun wartete Nikolaos auf das, was vielleicht noch folgte in diesem Gespräch.

    Nikolaos Gesicht fand seine Farbe wieder. Ein großer Unterschied dürfte jedoch unter der Kalkschminke nicht zu bemerken gewesen sein. Die Muskulatur seines Gesichts entspannte sich.
    "Ich werde veranlassen, dass dem göttlichen Basileus schon bald im Kaisareion geopfert wird.", sagte er, nun wieder mit fester Stimme. Nikolaos war froh, zu hören, dass die Stabilität offenbar nicht gefährdet war, doch er zeigte seine Freude nicht offen, sondern schminkte sie mit einer guten handvoll geheuchelter Trauer, die erstaunlich echt wirkte. "Es ist gut, dass die heilige Trauer um den göttlichen Basileus nicht befleckt wird von Sorgen um seine Nachfolge.", sagte Nikolaos. "Wird der Caesar und baldige Kaiser die Provinz Aegyptus besuchen?" Dass dieser mit dem Ioridikolos verwandt war, beunruhigte ihn, schließlich hatte er diesen Ioridikolos vor weniger Zeit höflich aber bestimmt in seine Schranken gewiesen. Doch er war sich sicher, die Rhomäer würden es nicht darauf ankommen lassen, die vermeintlich freie Polis zu beleidigen.

    Nikolaos hatte eine Seitenstraße kurz hinter dem Stadttor erreicht. Dort wartete ein leichter Reisewagen auf ihn. Er hatte an diesem Tag alle Geschäfte in der Stadt ausgeführt. Er verabschiedete von den Epheben und vom übrigen Gefolge, nur Kalthymos würde ihn begleiten. Sie stiegen auf den Reisewagen. Unter der weißen Leinwand, die auf ein Gestell aus Holz gespannt war, um die Hitze der Sonne von den Insassen fernzuhalten, war es stickig und es stank. Nikolaos wies einen Diener auf den Missstand hin, dieser verspritzte darauf eine harzig duftende Flüssigkeit aus einem Gefäß aus Bronze in das Innere des Wagens. "Zum oikos", sprach Nikolaos zum Kutscher. Dieser nickte und trieb die Pferde an. Bis zum Tor der Stadt kamen sie schnell voran. Nur noch vereinzelte Nachzügler machten sich auf den Weg, das Einschlagen der Nägel doch noch zu sehen, sie hatten es eilig, sie wollte sich diesen ersten Höhepunkt nicht entgehen lassen. Nikolaos betrachtete diese Menschen angewidert aus seinem Wagen heraus. Je näher sie jedoch dem Ort der Kreuzigung kamen, desto mehr Menschen waren auf der Straße und blockierten sie beinahe. Ein rhomäischer Offizier mit seinen Adjutanten kam dem Wagen des Nikolaos entgegen. Das Gesicht dieses Mannes kam ihm bekannt vor, jedoch war der Reiter zu schnell aus dem Sichtfeld des Nikolaos verschwunden. Plötzlich sah er die Kreuze. Die Verurteilten hingen schon. Rasch wandte er sich ab. Doch der kurze Anblick hatte ihm schon genügt. Übelkeit stieg in ihm auf, ihm schwindelte. "Schließe die Vorhänge", befahl er Kalthymos. Dieser gehorchte sofort. Die aufgerollten Stoffbahnen am vorderen und am hinteren Ende des Wagens fielen hinab. Doch die Übelkeit wurde stärker. Nikolaos wurde blass. Kalthymos bemerkte dies und bedachte den Exegetes mit einem fragenden Blick. Für ihn selbst sehr plötzlich barg Nikolaos sein Gesicht in Kalthymos Händen. Heiß ergoss es sich, der Diener mit dem Harzwasser war nach hause gegangen, bedauerlicherweise.

    Der Priester fasste nun auch mit der zweiten Hand an den Griff des Hammers. Aus großen glasigen Augen blickte das Kalb ihn an. Er holte weit aus und ließ den Hammer auf den Kopf des Tieres schlagen. Ein Geräusch wie von sehr trockenen Holz, das bricht, war zu vernehmen, da es still war im Theatron, auch auf den hinteren Rängen. Blut spritze über die weiße Marmorplatte des Altares, spritze dem Priester auf dessen tiefblaues Gewand und ins Gesicht, spritzte über den Boden der orchestra, streifte die anderen Priester tröpfchenweise und legte sich kurz vor dem Rand der orchestra auf den Boden, wie um die prachtvollen Gewänder der Zuschauer in den ersten Reihen nicht zu beschmutzen. Nachdem sich der übrige Teil des Blutes zusammen mit Knochensplittern und dem grauen, breiigen Inhalt des Schädels über den Altar gegossen hatte und in Rinnsälen hinabgeflossen war an dessen Rand, über die Loorbeerranken, über Thymian, über Rosmarin, über Seidentücher, war dem großen Blutstrom im Hals des Tieres kein Hindernis mehr, erst stoßweise, dann in einem durchgehenden und schwächer werden Strom wurde das Blut hinausgeschleudert. Schließlich verebbte der Blutstrom.

    Nikolaos hatte die Vorbereitung des Opfers wie gebannt verfolgt von seinem Marmorsessel in der ersten Reihe, den ein aufmerksamer Diener mit einem Kissen ausgepolstert hatte. Der Silberkelch mit Falernerwein, der auf der breiten Armlehne stand, wurde von ihm nicht beachtet. O Apolle, nimm dieses Opfer und nimm es auch als ein Opfer von mir, sagte Nikolaos lautlos.
    Es war still geworden im Theatron. Selbst die unverschämten, aufdringlichen fahrenden Händler wagten es nicht, die Heiligkeit des Opfers zu beflecken mit ihrem Geschrei und ihren geschäftigen Bewegungen. Die Sonne näherte sich ihrem Höhepunkt, Nikolaos Stirn rannen Schweißperlen hinab. Er sah sich verstohlen nach einem seiner Diener um und übersah ihn dabei fast. "Ein Tuch", raunte Nikolaos dem Diener zu. Dieser reichte es ihm wortlos. Mit etwas fahrigen Handbewegungen wischte sich der Exegetes die Stirn, um sich dann wieder ganz auf den Fortgang des Opfers zu konzentrieren.

    Mein PC existiert noch, doch ich habe diese Woche wenig bis gar keine Zeit und ebenso wenig Nerv. Daher werde ich selektiv antworten, das heißt, zuerst in den Threads weiterschreiben, in die viele Leute involviert sind (zum Beispiel ludi apollonii), andere Threads hingegen diese Woche ruhen lassen. Ich hoffe , damit können betroffene Mitspieler in erwähnten anderen Threads leben.

    Es kann sein, dass ich irgendwann in nächster Zeit länger oder kürzer nicht mehr schreiben kann. Mein PC liegt in den letzten Zügen und ich habe momentan kein Geld für einen Neuen. Und die Internetzugänge staatlicher Einrichtungen möchte ich nicht über die Gebühr missbrauchen... .

    Nikolaos war unzufrieden mit seinem Grammateos. Er erschien immer seltener zu seiner Arbeit, wartete mit der Erledigung gewisser Aufgaben oft so lange, bis es obsolet war, sie zu erledigen, und was er noch tat, das tat er zunehmend unordentlicher. So hatte ihn Nikolaos ohne weitere Bemerkung angewiesen, einen Aushang anzubringen. Der Grammateos hatte den Aushang gelesen, Nikolaos erschrocken angesehen, und war dann zur Erledigung seiner Aufgabe übergegangen, die vielleicht eine der letzten war. Im Vorzimmer des Exegetes saß ohnehin nun meist Kalthymos, einer der Epheben, die dem Exegetes zugeteilt waren.


    Exegetes Nikolaos Kerykes sucht, als Unterstützung bei seiner Tätigkeit im Dienste des Volkes von Alexandria, einen zuverlässigen Grammateos. Vorausgesetzt sind vollendete Kenntnisse in Sprache und Schrift der Koiné, erwünscht ist zudem die Fähigkeit, das Attische und das Lateinische in Unterhaltung und Schrift zu benutzen, gerne gesehen sind auch Kenntnisse des Demotischen. Anwärter sind gebeten, sich in der Arché des Exegetes zu melden. Eine ausreichende Bezahlung ist gewährleistet, bei erwiesener Tüchtigkeit und Fähigkeit kann diese im Laufe der Tätigkeit erhöht werden.
    Exegetes Nikolaos Kerykes

    Er hatte einige Zeit in jener Haltung ausgeharrt und war dabei in eine Art wachen Schlummer gefallen. Nun da sein Geist vernebelt war, konnte er klarer denken als zuvor. Wie aus weiter Ferne drang ein Geräusch zu ihm, es war das Klopfen des Sklavens an der Tür. "Tritt ein", sagte Nikolaos. Es kam aus seinem Mund, doch die Stimme schien nicht seine zu sein. "Es ist soweit.", sagte der Sklave und wandte sich wieder zum Gehen. Nikolaos erhob sich und folgte ihm. Seine Augen waren glasig, sie sahen nicht nach außen, sie sahen nicht die Hallen, durch die der Körper unter ihnen sie trug, sie blickten über innere Landschaften, die weit waren, die kein Ende nahmen, anders als die Erde, deren Kugelform den Reisenden immer wieder zurückführte an den Ausgang seiner Reise.
    Vor dem Haus sammelte sich langsam eine Prozession. Angeführt wurde sie von Nikodemos, dem Mystagogen und sechs anderen Hierophanten. Hinter diesen wurde der Stier geführt, er war weiß, sein Fell schimmerte gespenstisch im Schein der Fackeln, die die Teilnehmer der Prozession trugen. Er war makellos. Sein Haupt war mit Thymian bekränzt, rote Schleifen zierten seinen Körper. Mit Opium war er betäubt worden, sodass er sich ruhig und langsam, in einem Gang, der fast menschlich würdevoll war, an seine Schlachtbank führen ließ. Der Abendwind trug die Klänge der Auloi, die Musiker unter den Teilnehmern der Prozession, wie diese auch barfuß und in weiße Gewänder gehüllt, spielten, vielleicht in Fetzen bis zur Straße nach Nikopolis. Doch kein Reisender würde ihnen Beachtung schenken. Nikolaos stieß zu diesem Zug. Wenig später setzte er sich in Bewegung, in Richtung des Gewölbes, das versteckt in den Dünen lag. Die Fackeln schienen sich zum Schlag des Tympanons zu bewegen, so rhythmisch riss der Wind die Flammen mit sich und ließ sie dann wieder los.

    Über dem asternumkränzten Haupt des Kalbs versprühte nun einer der Opferhelfer Wasser, in dem Jasminblüten gelegen hatten. Dann wurde ein Räuchergefäß über dem Altar geschwenkt.
    "O Apolle! Nimm das Opfer
    das wir dir bringen O Apolle
    und lasse gedeihen die Blü
    ten der Weissagung und der
    Künste O Apolle! Nimm unser
    Opfer und sei uns gütig und
    beschenke uns reich, uns
    die wir brachten dir das Op
    fer O Apolle! O Apolle!"
    stimmte der greise Priester einen Gesang an, in den die anderen Priester einstimmten. Begleitet wurden sie dabei von den Musikanten, nun waren neben dem dumpfen Schlag des Tympanons und den Klängen der Kitharae auch die Töne von Auloi zu hören. Frauen in weißen Gewändern aus Stoffen, die zu fließen schienen, tanzten in der orchestra. Der Schlag des Tympanons wurde schneller. Einer der Priester nahm den Hammer entgegen, holte aus und hielt ihn starr über dem Schädel des Kalbs, als sei seine Hand in der Bewegung erstarrt. Die Musiker ließen ihre Instrumente verstummen, die Tänzerinnen hielten inne.