Beiträge von Nikolaos Kerykes

    "Das natürlich keine guten Nachrichten für die Rhomäer. Hoffentlich nur bleibt der Krieg dort, wo er ist. Der gegenteilige Fall ist aber auch sehr unwahrscheinlich. Ich habe vor, den blauen Mohn in Zukunft hier in Kymeia anzubauen, um in einer gewissen Zeit vom Opium des Ostens zwar nicht unabhängig jedoch weniger abhängig zu sein, als ich es, mit meinem Handelshaus, jetzt bin. Ich möchte dich bei der Gelegenheit sogleich um die Erlaubnis dafür bitten." Nikolaos staunte selbst, wie geschäftstüchtig (und raffgierig) er geworden war. Armut verdirbt den Charakter doch, dachte er trotzig. Das hat mein Schicksal davon. Selber Schuld.

    Nikolaos kam, zu Fuß und in Begleitung von einigen Dienern und Phylaken, auf das Tor der Basileia zu. Seit er eine eigene Sänfte besaß und sie nicht mehr leihen musste, benutzte er kaum noch diese Möglichkeit der Fortbewegung. So stand seine Sänfte meist in einem Nebengebäude seines Hauses. Das würde sich möglicherweise ändern, wenn der Kauf eines Anwesens in der Umgebung Alexandrias getätigt wäre.
    "Chaire.", sagte er knapp zur Wache. Er hatte es offenbar eilig. Oder aber er wollte ein Anliegen schnell hinter sich bringen, an dem er nicht zu viel Zeit vergeuden wollte. "Ich möchte zum Ioridikolos." Er machte keine Anstalten, dem Wachmann seinen Namen zu nennen, offenbar ging er davon aus, dass er hier bereits bekannt war.

    Nikolaos hörte sich die Suada des Angeklagtens ruhig an. "Damit ist ein weiteres Geständnis überflüssig. Deine Worte beweisen alles, da durch sie bereits, vor den Augen hunderter Zeugen, Hochverrat verübt wurde. Doch erkläre mir, was in deinen Augen passiver Widerstand ist? Wie kann man Widerstand leisten, ohne etwas zu tun? Ist es etwa ein Nichtstun, Entführungen und Morde und Erpressungen zu planen? Ist es eine Untätigkeit, sich in einem Haus zu verschanzen und von dort aus gewaltsame Übergriffe auf Soldaten des rhomäischen Stratos und Phylakes der Stadtwache zu verüben, die kommen, um dem Recht seine Geltung zu verschaffen?", fragte Nikolaos und sah Quintos direkt an. "Oder möchte vielleicht Sabos darauf antworten?"

    Nikolaos hätte bedenken müssen, dass Leonidas diese Frage stellen würde. Er sprach eher ungern über seine Geschäfte, vor allem sehr ungern in Gegenwart des noch amtierenden Agoranomos.
    "Auch bei mir könnte es besser laufen. Durch den Krieg ist es schwierig geworden, an Opium zu kommen. Ich hoffe mal, dass die Rhomäer die Parther bald geschlagen haben werden." Nicht, dass Nikolaos es befürwortete, dass die halbbarbarischen Rhomäer noch weitere Teile der Welt unter ihren Nagel rissen. Doch die Parther waren ihm schon immer seltsam gewesen, außerdem würden sich neue Möglichkeiten des Handels eröffnen, wenn der Osten erst befriedet wäre. Andererseits gab es da noch die rhomäischen Fernhändler, die Nikolaos Geschäften zunehmend schadeteten. "Die ioudäischen Händler sind für mein Gebiet ein eher geringeres Problem, was mir mehr Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass viele Geschäfte in Alexandria zunehmend von anderen Fremden, auch von Aigyptern, übernommen werden. Diese kennen die alten Gebräuche des Handels, die wir Hellenen begründet haben, nicht oder missachten sie mutwillig. Aber nun gut, ich möchte nicht klagen." Er lächelte. "Was gibt es eigentlich Neues über den Krieg im Osten?", fragte er. Zwar erfuhr auch Nikolaos über Zwischenhändler einiges, doch es konnte nie schaden, neue Quellen der Information zu öffnen.

    Nikolaos wurde etwas nervös, als Antigonos das Thema weiterzuführen schien. Dann jedoch schlug der Junge einen Besuch der Thermen vor, dieser Wechsel des Gesprächsinhalt ließ Nikolaos wieder Boden unter den Füßen gewinnen.
    "Das ist ein ausgezeichneter Einfall, werter Antigonos. Das Gymnasion ist von hier nicht weit, dort gibt es ein öffentliches balaneion. Wir können von mir aus sogleich aufbrechen.", antwortete Nikolaos, wieder im Besitz seiner ursprünglichen Sicherheit im Umgang mit den Worten.

    Kleios, ein Phylax der Stadtwache:


    Das Zetern des Nimochos wurde leiser, als sie in den Nebenraum traten. Der Phylax sah Lysander prüfend aber freundlich an. Der Schneider schien sehr darauf bedacht zu sein, Wohlwollen zu erregen. Irgendwie war diese aufgesetzte Freundlichkeit dem Phylax, einen eher robusteren, direkteren Mann, widerlich, doch er ließ sich nichts anmerken. Inzwischen hatte er keinen Zweifel mehr daran, wie die Arbeitsteilung aussah in dieser kleinen, prachtvollen Schneiderei. Die Sklaven schneiderten und umgarnten dabei den Kunden wörtlich, während Lysander, der Circe gleich, die Kunden mit Schmeicheleien umgarnte. Die Fähigkeit dazu schien dem Lysander viel Geld einzubringen.
    Kleios sah sich kurz und unauffällig im Raum um, bevor er sich wieder dem Lysander zuwandte. "Etwas Dattelwein wäre sehr angenehm, ehrenwerter Lysander, doch lasse ihn bitte stark verdünnen.", antwortete Kleios höflich. Er wollte sich eigentlich nicht lange hier aufhalten, doch er wollte auch nicht unhöflich sein. Ein paar Floskeln und ein paar Umwege, auf denen er den eigentlichen Gegenstand seines Besuchs erreichen würde, würden möglicherweise die Gesprächsbereitschaft des Schneiders erhöhen.

    Nikolaos blickte den Arzt streng an. Als dieser seine Tat zugab, wurde sein Blick noch ernster. "Du weißt, das dies als Frevel angesehen werden könnte?", fragte er eindringlich. Sein Blick schien den Gelehrten durchbohren zu wollen. "Was übrigens hast du mit dieser Leichenöffnung bezweckt, was hast du herausfinden können? Im übrigen würde es mich interessieren, wie weit du den Körper aufgeschnitten hast. Bitte zeige mir doch die Nahtstelle."

    Nikolaos war sehr früh aufgebrochen. Er war bleich und es war seinem Diener nicht vollständig gelungen, die dunklen Schatten unter seinen Augen unter weißer Schminke zu verbergen.
    Nun trat er, gefolgt von einigen prächtig herausgeputzen Phylakes der Stadtwache, Anhängern, dem Rang und dem Maß der Gunst nach sortiert sowie einigen Dienern, die Palmwedel über seinen Kopf gehalten hatten, während des Weges. Er hatte darauf verzichtet, seine, nun eigene, Sänfte zu benutzen, er hatte die Kühle des Morgens ausnutzen wollen um seinen Kopf zu erfrischen.
    Er gelangte zu den Plätzen der Pyrtanen. "Chaire, werter Leonidas Philotantos", grüßte er diesen und setzte sich auf einen Steinsessel neben ihn. Das Schauspiel konnte beginnen. Nikolaos ordnete mit einer unauffälligen Handbewegung seinen blütenweißen Chiton. Seine Chlamys glänzte seidig in einem tiefen Blau, tiefblau wie das Meer vor Alexandria.

    Sowohl PC als auch Netzwerk machen bei mir momentan Zicken, ich werde das demnächst in Reparatur schicken, von daher kann es sein, dass ich zeitweilig ohne Internet sein werde in den nächsten Tagen.

    Theaterfest in Alexandria
    Zu Ehren Apollons werden ante diem V id Feb DCCCLVIII a. u. c. (9.2.2008/105 n.Chr.) der Eparchos, Stellvertreter des Göttlichen Basileus der Rhomäer, Freund und Beschützer der Polis Alexandria, sowie die Polis Alexandria ein Theaterfest in Alexandria ausrichten.

    Nikolaos hatte auf die Anweisung des Eparchos gewartet und fuhr nun in einem ruhigem Ton fort. Er hatte wenig zu befürchten. Das Urteil über die beiden Angeklagten stand im Grunde schon fest. Seine einzige Aufgabe war es, die Form einer ordentlichen Gerichtsverhandlung zu erfüllen. Und das wollte er gut machen. Schließlich konnte es nicht schaden, einen guten Eindruck mehr beim Eparchos zu hinterlassen.
    "Nun gut, Quintos Alexandreus. Du behauptest also, keiner der Anklagepunkte trifft auf dich zu? Du findest sie vielmehr - lächerlich?" Nikolaos machte eine bedeutungsschwere Pause. "Ich werde dir nun zwei Sätze vorlesen, die du bei einer Vernehmung geäußert hast, nachdem du als ein überlebender Aufständischer in jenem Haus in Rhakotis aufgegriffen worden warst. Vielleicht hilft dir dies, deine Erinnerung hervorzuholen." Er hielt inne und zog ein kleines Stück Papyrus hervor. "Quintos Alexandreus, deine Worte waren: >Ich bin der Schreiber des Vereins.< Was mit dem Verein gemeint ist, dürfte klar sein. Ferner antwortetest du auf die Frage eines Vernehmendens, welche Motive ihr hättet und warum ihr die Männer auf besagter Liste töten wolltet: >Es ging um Geld... .<" Er sah den Angeklagten an. "Für den Fall, dass du dich an diese Liste nicht mehr erinnern solltest, die in besagtem Haus gefunden worden war, habe ich eine Abschrift davon bei mir. Beantwortest du nun die Frage, ob du schuldig seist, immer noch negativ?"

    Nikolaos nickte dem Eparchos zu und begann sogleich.
    "Bevor wir beginnen, soll sich der Angeklagte Sabos von Memphis selbst ausweisen, gesetzt dem Fall, dass es ihm möglich ist."
    Er warf einen weiteren Blick auf die Angeklagten. "Jedoch können wir zuvor mit Quintos Alexandreus beginnen." Nikolaos holte die Anklageschrift hervor und verlas sie.
    "Quintos Alexandreus, dir werden von Seiten der Polis Alexandria folgende Vergehen oder die Mittäterschaft an diesen nach dem Codex Iuridicialis, Pars Tertia, Subpars Sekunda vorgeworfen:
    Erstens Hochverrat gemäß § 64. Zweitens Verstoß gegen das Vereinigungsverbot nach § 66. Drittens Bildung einer kriminellen Gruppe gemäß § 104.
    Ferner der Versuch der Vergehen der erpresserischen Entführung nach § 80 und der des Raubes nach § 92.
    Weitere Punkte sind die vermutete Mittäterschaft an mehrfacher Körperverletzung gemäß § 76 und an Sachbeschädigung nach § 85. Diese Taten sind durch die Beteiligung an einem Widerstandsakt gegen das Heer der Römer sowie gegen die Stadtwache Alexandrias zustande gekommen. Da es hierbei unmöglich ist, genaue Täterschaften zu ermitteln, wertet die Anklage die Beteiligung an den oder Billigung der Handlungen, durch die die Vergehen zustande gekommen sind, als ausreichend für den Vorwurf einer Mittäterschaft.
    Quintos Alexandreus, erkennst du dich schuldig der Taten, derer du angeklagt bist?"

    "Sie werden ANTE DIEM III NON FEB DCCCLVIII A.U.C. (3.2.2008/105 n.Chr.) stattfinden, ehrenwerter Centurio.", antwortete Nikolaos. "Also in nicht mehr allzu langer Zeit. Ich muss gestehen, dass ich es nicht befürwortet habe, die Neuwahlen jetzt schon abzuhalten, da es mir lieber gewesen wäre, wenn ich vor den Wahlen Zeit hätte, alles abzuschließen, was in meinen Pflichten liegt und was ich bereits begonnen habe. Jedoch ist am Urteil der Bürger der Polis nicht zu rütten."

    "So ist es, ehrenwerter Agoranomos.", antwortete Nikolaos. "Dennoch wäre es natürlich auch nützlich zu erfahren, ob die Polis einen Beitrag leisten könnte. Ob sie es schließlich wird, ist eine andere Frage. Vielleicht wäre es, auch in Anbetracht der anstehenden Neuwahlen, gut, wenn die ehrenwerten Herren Agoranomos und Eutheniarchos* einen Bericht über den Stand der Stadtkasse ablegen könnten.
    Wiederum eine andere Frage ist die, ob die ehrenwerten Männer etwas dagegen haben, wenn die Organisation des Festes mir obliegen wird."

    "Dennoch ist natürlich der Verlust jedes einzelnen fähigen Mannes für die Geschicke der Polis bedauerlich, selbst wenn er nur zeitig ist.", entgegnete Nikolaos. "Wie laufen im Übrigen deine Geschäfte, werter Leonidas?"

    Nachdem die Angeklagten gesprochen hatte, sah Nikolaos zum Eparchos hinüber. Er wartete auf ein Zeichen oder eine Aufforderung, mit der Anklage zu beginnen. Zuvor hatte er die Angeklagten ausgiebig gemustert. Über diese Männer sollte also entschieden werden. Nikolaos wusste im Grunde schon, wie das Urteil aussehen würde. Da gab es nichts zu rütten. Doch schließlich wollte man dem Volk von Alexandria etwas bieten, eine feine Unterhaltung, einen Spaß, ein Ereignis. Daher hatte der Eparchos diese Komödiantentruppe, zu der auch der Strategos gehörte, zusammengerufen, um dieses Stück aufzuführen. Nikolaos beschloss, seine Rolle raffiniert zu spielen, schließlich war dies eine gute Gelegenheit, an seinem Ruhm zu basteln.
    Warum sprach nur einer der Angeklagten? Nikolaos beschloss, den anderen sogleich zum Sprechen zu zwingen.