Nikolaos wollte gerade dem Jungen, der den Korinther vertrat, begrüßen und ihm antworten, als er sah, dass sich ein junger, aufgetakelter Mann in die erste Reihe drängte und dabei keine Anstalten machte, sich vorzustellen. Der Gymnasiarchos verzog die Miene und räusperte sich scharf. Offenbar ein Römer, denn Nikolaos kannte ihn nicht. Da es sich möglicherweise um einen Stuhlwarmhalter des Statthalters handeln konnte, ersparte sich der Gymnasiarchos einen bissigen Kommentar ob des rüpelhaften Verhaltens des Mannes.
"Khaire, ehrenwerter Mann. Darf man fragen, mit wem man bei dir die Ehre hat?"
Nikolaos' Stimme war höflich aber nicht gerade warmherzig. Er lächelte, aber auch das mehr aus Höflichkeit.
"Mein Name ist übrigens Nikolaos.", fügte er hinzu. "Entschuldige mich bitte einen Augenblick, ich muss mich eben um den Burschen kümmern."
Er nickte dem Besucher höflich zu und wandte sich zu Iannis um.
"Khaire, Iannis. So, also dein Herr kommt nicht selbst aber glaubt, dass du ebenso gut über die Kunst richten kannst wie er? Oder hat er dir schon im voraus gesagt, für wen du stimmen solllst? Nun ja, ich würde vorschlagen, dass du Beisitzer des Kollegiums wirst. Schließlich war nicht dein Name unter den Losen. Aber das müsst ihr Preisrichter unter euch ausmachen."
Er nickte Philomenes zu, der irgendetwas krächszte.
"Entschuldige mich, ich muss mich um die Besucher kümmern. Richte deinem Herren bitte aus, dass ich ihm rasche Genesung wünsche. Ich hoffe doch sehr, dass der ehrenwerte Mann nicht das Wechselfieber hat?"
Das nämlich forderte jährlich eine Vielzahl an Todesopfern im Nildelta. Nikolaos selbst war glücklicherweise noch nie davon befallen gewesen.
"Wie dem auch sei, richte ihm meine besten Grüße aus. Wäre ich nicht durch die Spiele derart gefordert, würde ich ihm gerne einen Krankenbesuch abstatten. Ich hoffe, seine Iatroi leisten auch so gute Arbeit. Gib acht, dass er keinen Quacksalbern und Wunderheilern in die Hände fällt. Dein Herr hat Geld genug, er soll es für anständige Ärzte ausgeben."
Er wandte sich wieder dem rüpelhaften Gast zu.
"Ich hoffe sehr, dass du die Darbietungen genießt. Bist du im Gefolge des Statthalters hier?"
Allmählich trafen die Künstler ein. Nikolaos sah Penelope und nickte ihr von weitem freundlich zu. Er lächelte, doch seine Augen waren traurig. Er hatte sie lange nicht mehr gesehen. Gerüchten nach war sie schwanger gewesen und niedergekommen. Selbst in Alexandria blieben in dieser Zeit die meisten Frauen, die sich das leisten konnten, im Schutze des Hauses der Familie.