"Zwei Jahre vor seinem Tod hatte Ptolemaios Soter die Herrschaft an seinem Sohn mit Berenike, seiner Halbschwester, abgetreten, um zu verhindern, dass sein erstgeborener Sohn das Erbe antrete.
Jener, der zweite Ptolemaios, heiratete seine Schwester Arsinoe, was für uns befremdlich ist, aber dem Gebrauch der alten Herrscher der Aigyptoi entsprach, den, wie viele andere Sitten auch, das Geschlecht der Ptolemaier angenommen hatte, so wie es auch in Teilen ähnlich herrschte wie die alten Herrscher, die in Theben und in Memphis ruhen.
Seine Regierungszeit stand anfangs an Erfolg der seines Vaters nach. Die Stadt Kyrene wurde von seinem Halbruder Magas abtrünnig gemacht, was Ptolemaios auch mit einem Krieg nicht verhindern konnte, denn in diesem Krieg unterlag er trotz der Unterstützung griechischer Könige.
Manche sagen, der geschwisterliebende Ptolemaios sei auf dem Schlachtfeld kein Günstling des Glücks gewesen, andere sagen, er stünde seinem Vater als Feldherr um vieles nach. Einige wenige gar behaupten, er habe so gar kein Geschick in der Kunst der Kriegsführung an sich gehabt. Ganz wenige sagen, er sei zu sehr auf den Prunk aus gewesen, habe sich zu lange in weichen Polstern geräkelt, sei darüber fett und träge geworden, habe das Vermögen des Staates mit Festen verprasst, habe versucht, die reichen Händler Alexandreias mit Gaumenkitzeleien und Weinströmen in seinem Palast gefügig zu machen, darüber hinaus aber das Heer vernachlässigt.
Wie dem auch sei, was Ptolemaios Philadelphos auf dem Schlachtfeld nicht vermochte, erreichte er zumindest im eigenen Staat. Er schwächte die starke Verwaltung seines Vaters kaum und tat sich als Förderer der Künste in Alexandreia hervor. Ihm haben wir viele Tempel zu verdanken und auch die Einrichtung des berühmten Mouseions, das noch heute von seinen Schenkungen Nutzen trägt. Er gilt als Gründer der heiligen Bruderschaft, wennauch schon Ptolemaios Soter eine Bibliothek mit zweihunderttausend Büchern gestiftet haben soll.
Bald war Alexandreia unter ihm der Mittelpunkt der Gelehrsamkeit der ganzen Oikumene geworden. Dichter und Wissenschaftler strömten zuhauf in die Perle am Nil und verliehen ihr zusätzlichen Glanz. Ptolemaios stellte sie unter seinen Schutz, sodass sie ungestört von allen Widrigkeiten ihren Werken nachgehen konnten*.
Auf dem Schlachtfeld erfolgreicher war der Sohn des Ptolemaios Philadelphos, wennauch Alexandreia unter ihm die Blüte überschritten hatte und zu welken begann. Er jedenfalls ließ sich als Theos Euergétes verehren, und trieb damit die Verehrung noch weiter als seine beiden Vorgänger, ganz, als wolle er vollends das Vorbild der alten Herrscher Ägyptens erreichen.
Erst durch die Vermählung mit Berenike, der Tochter des Magas, mit Ptolemaios Euergetes erlangten die Ptolemäer Kyrene und die fruchtbare Kyrenaika zurück. Man sagt, die Vermählung sei nicht ohne Ränke erfolgt: Nach dem Tode des Vaters wollte die Mutter Berenikes ihre Tochter mit dem Sohn von Antigonos, einem Mann namens Demetrios, verheiratet wissen. Man sagt, Gift habe die Hochzeit verhindert*. Fromm opferte Berenike ihr Haar für die glückliche Rückkehr des Ptolemaios Philadelphos aus Syrien, wo er für die Ehre seiner hinterlistig von Laodike ermordeten Schwester kämpfte. Laodike war vom König Syriens, Antiochos, vom Platz der Hausherrin verstoßen worden, damit er Berenike, die Schwester Ptolemaios, heiraten konnte, wofür Laodike Rache nahm*.
Ptolemaios kehrte wohlbehalten vom Feldzuge zurück, obgleich das Haar der Berenike aus dem Tempel verschwunden war, man sagt, es sei für alle Ewigkeit zu Sternen am Firnament geworden, manche aber sagen, ein böswilliger Mensch habe es entwendet, um Ptolemaios Unglück zu bringen.
Ptolemaios war im Gegenteil vom Glück gesegnet. Sein Feldzug nach Syrien versetzte den Herrschaftsgelüsten des Antiochos einen Schlag und befriedete die Gegend, sodass der Handel weiterhin blühen konnte und Ägypten reich blieb und reicher wurde.
Reich blieb Alexandreia, aber die Blütezeit war vorrüber. Ptolemaios, der sich einen wohltätigen Gott nannte, vertrieb alle Gelehrten des Mouseions. Ob er dies tat, da sie ihm die Verehrung als Gott verweigerten, oder ob er dies tat, da ihm, wohl einem beschränkterem Geist, ihr Wissen unheimlich und düster erschien, das wissen wir nicht. Sicher ist nur, dass die heiligen Hallen zerfielen und Alexandreia nicht länger Hauptstadt der Gelehrsamkeit war, sondern Pergamon in Asien Künstlern Aufnahme gewährte und großzügige Möglichkeiten zur Arbeit. Zwar war ein berühmter Kopf wie Erasthothenes als Prinzenerzieher von Ptolemaios dem Dritten nach Alexandreia geholt worden, zwar bemühte sich Euergetes irgendwann, das Mouseion wieder mit klugen Männern zu bevölkern, wohl weniger aus Liebe zu den Künsten, als vielmehr, damit Pergamon Alexandreia nicht endgültig den Rang abliefe, aber die großen Zeiten unter Ptolemaios Philadelphos, als der berühmte Dichter Kallimakhos hier wirke, waren vorrüber.
So ist es leider, das Geschick auf dem Schlachtfeld und Kunstsinn selten in einem Mann zusammenfallen. Dennoch kann man Ptolemaios Euergetes als einen guten Herrscher ansehen. Eine gewisse Machtgier und eine fast närrische Angst vor Feinden im eigenen Haus ging keinem der Ptolemäer allzusehr ab."
Sim-Off:*Mit solchen Gerüchten muss man natürlich heute vorsichtig umgehen. Gerade mächtige Frauen haben in der antiken Geschichtsschreibung oft ziemlich ihr Fett weg bekommen. Man denke da an die Darstellung Livias (d.h. der letzten Ehefrau des Augustus) bei Tacitus: Mit Ränkespielen habe sie ihren Sohn Tiberius an die Macht bekommen und Giftmischerei wirft ihr der gute Tacitus mehr als hundert Jahre nach ihrem Tod auch vor.
Andererseits war es natürlich damals (wie heute) durchaus üblich, für die eigene Macht über Leichen zu gehen. Und vor der eigenen Familie machten die wenigsten Herrscher dabei halt.
Weiter geht's mit den anderen Ptolemäern, die das Reich in Krisen stürzen, dann irgendwann mit Kleopatra und den Römern.
Am Ende stelle ich noch einmal eine SimOff-Zeittafel für besseren Überblick und Buchtipps zusammen.