So gingen die Männer, gefolgt von zwei Contubernia der Legion sowie einem Teil der Stadtwache zum Museion.
Beiträge von Nikolaos Kerykes
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Einige Stadien vom bereits beschriebenen Landhaus des Nikodemos, lag beinahe in unmittelbarer Nachbarschaft ein anderes Landhaus, wobei das Landhaus des Nikodemos in der Nähe des Sees lag, dieses hingegen in der Nähe der See. Dieses einsam gelegene Haus hatte einst zu einem mittelgroßen Gut gehört, jedoch waren die Ländereien zum überwiegenden Teil an benachbarte Großgrundbesitzer verkauft. So lag der verbliebene Teil des Landgutes isoliert zwischen den Nachbarn. Dieser verbliebene Teil bestand aus dem Hauptgebäude des Guts sowie einem Nebengebäude, das in einiger Entfernung stand, ein Nebengebäude von ehemals vielen. Das ehemalige Hauptgebäude lag auf einem Hügel, es war von einem großen Garten umgeben, der mithilfe künstlicher Bewässerungsanlagen am Leben erhalten wurde. Vom Haus aus war es etwa ein Stadium bis zum Meer, der Garten selbst grenzte an das Meer. Am sanft ansteigenden Hügel, auf dem das Haus stand, wuchsen Dattelpalmen, alte Atlas-Zedern, etwas jüngere Libanon-Zedern, in Reihen als Begrenzung des Grundstücks nach drei Seiten hohe Zypressen. Im Teil des Gartens, der unmittelbar an das Haus grenzte, wuchsen kleinere Sträucher, die meist wie in giftigen Farben blühten.
Das Haus selbst lag mehr oder weniger in diesem Hain versteckt. Von der Straße führte eine schmale Zypressen-Allee zum Hügel hinauf und mündete dort in einen kleinen, staubigen Sandplatz vor dem Haus, der von Zedern umrahmt war. Ein schweres Tür führte in den Hof des Hauses. Dieser war mit hellem Stein in einem unregelmäßigem Muster gepflastert, in dem es Aussparungen für einige Sträucher sowie für ein Wasserbecken und einen Brunnen gab. Dieser Hof war quadratisch und seine Seiten maßen jeweils etwa 16 griechische Fuß. Im Hausflügel links des Hofes lag das große optanion, im rechten Flügelbau das balneion sowie ein Abort, der ständig vom unterirdisch fließenden Wasser durchspült wurde. Gegenüber des Tores zum Vorplatz gab es einen Portikus, der sich über die ganze Breite des Hauses zog und zwei weitere Tore nach draußen besaß. Im Portikus lag die Treppe ins Obergeschoss (die Treppe ins Kellerloch lag im optanion) Hinter diesem Portikus, der sich zum Hof hin öffnete, gestützt von vier Säulen, lagen drei große quadratische Räume. Alle Räume des Erdgeschosses, mit Ausnahme des Abortraums, besaßen Türen in die Säulenhalle, die das Ergeschoss umgab, mit Ausnahme der Seite, die der Straße zugewandt war. Diese Türen waren gleichmäßig angeordnet und bestanden jeweils aus zwei hintereinander in der Türöffnung liegenden Türen. Die äußeren waren schwer und massiv. Sie konnten so weit herumgeklappt werden, dass sie tagsüber wie Läden an der Hauswand befestigt werden konnten. Hinter diesen lag eine weitere Tür, die sich im Gegensatz zur ersten ins innere des Hause öffnete. Diese war aus filigranen Schnitzwerk gemacht und diente nicht wie die erste dem Schutz des Hauses vor Eindringlingen sondern hielt tagsüber die Hitze oder unerwünschte Blicke ab, wobei durch das geschnitzte Gitterwerk aus Holz immer eine gewisse Menge gerasterten Lichts ins Innere des jeweiligen Raums fiel.
Auf den drei großen Räumen lagen im Oberschoß drei weitere Räume von gleichen Ausmaßen, wobei der Mittere zweigeteilt war. Der hintere Teil dieses Raumes war eine Loggia, die sich nach draußen, in Richtung Meer öffnete. Die anderen beiden Räume besaßen auch zu dieser Loggia einen Zugang sowie jeweils ein kleines Fenster. Über dem Portikus im Erdgeschoss lag ebenfalls ein Portikus. Über den Flügelbauten gingen von diesem oberen Portikus Galerien entlang des Luftraums über dem Hof ab, die zu kleineren Räumen führten. Über diesem Obergeschoss schließlich lag das Dach.
Dem Erbauer dieses Hauses war wahrscheinlich die Symmetrie und die Klarheit der Form ein besonderes Anliegen gewesen. Jede Tür lag, sofern es möglich war, in der Mitte ihrer Wand, das Haus selbst besaß eine Spiegelachse, die vom Tor zum Vorplatz zur Flügeltür des mittleren der hinteren Räume verlief. Anstatt überbordenen Prunk herrschte hier schlichte, wenn auch etwas verblasste Eleganz. Die korinthischen Marmorsäulen der Portiken und Galerien waren zart und schlicht, es gab außer Säulen, Kapitellen und Friesen keinen weiteren Bauschmuck. Die Räume des Hauses waren meist bemalt, wobei die Gemälde inzwischen abblätterten und zum Teil nicht mehr zu erkennen waren. Vorherrschende Form der Flächengestaltung des Grundrisses war das Quadrat, wenn man vom dreiflügeligen Säulenhang absah, hatte das Haus hatte das Haus selbst eine quadratische Form.
Dieses Haus gehörte inzwischen keiner vornehmen Familie mehr sondern einer Art Immobilienspekulant, der es loswerden wollte. Über Nikodemos, der entsetzt den Kopf geschüttelt hatte, hatte Nikolaos sein Interesse daran bekundet. Zwar war das Haus recht klein im Vergleich zu den meisten anderen Häusern dieser Art und war sehr blass neben den vielen anderen Villen, die außerhalb der Stadt lagen, es war nicht zum Zweck der Repräsentation erbaut worden, sondern nur, um der Besitzerfamilie des Landgutes einen angenehmen Wohnort zu bieten, es hatte insgesamt nicht mehr als zwölf bewohnbare Räume, wenn man vom Nebengebäude ganz absah und Nebenräume, Keller und die Räume unter dem Dach des Hauptgebäudes außen vor ließ, dennoch war damit zu rechnen, dass es immer noch zu teuer für Nikolaos war, der für die Ausgaben seines Amtes sowie der dafür nötigen Repräsentation Schulden machen musste, was natürlich niemand in Alexandria je efahren würde. Nikolaos hoffte nur, dass das Opiumgeschäft gut laufen würde. -
Wenn ein Reisender die Landstraße, die den Meson Pedion nach Osten hin verlängert, entlang geht, bietet sich ihm kurz hinter den Stadtmauern zuerst ein weniger schöner Anblick. Stinkende Abfallberge türmen sich hier, bestehend aus Tonscherben, Fleischabfällen, fauligem Gemüse, altem Hausrat und noch anderen Kategorien an Abfall. Doch hinter diesem Dreckhaufen, etwas weiter in Richtung Nikopolis, beginnt eine Dünenlandschaft, die zwar etwas herbe ist, doch durchaus reizvoll.
In dieser Dünenlandschaft, etwa zehn Stadien von Alexandria entfernt, lag das Landhaus des Nikodemos. Dieser hatte sich, nebenbei bemerkt, in seinen jungen Jahren als Seidenhändler, dann als Getreidespekulant, schließlich als eine Art Großgrundbesitzer in der Polis Alexandria hervorgetan, in seinen späteren Jahren als Mystagoge der Mysterien des Dionysos. Nikodemos besaß, was ihn sehr kränkte, selbst keine Kinder, der einzige Verwandte, der ihm geblieben war, war sein greiser Vater. Nikodemos selbst konnte man bereits als Greis bezeichnen. Dies war also sein Landhaus. Einst hatten aufwendig über Kanäle, Shadufs und Schraubenpumpen bewässerte Getreidefelder dazu gehört, doch nun lagen sie brach. Nikodemos hatte genug Geld und zu wenig verbliebene Kraft, um sich diesem Geschäft noch weiterhin zu widmen. Das Geld, von dem er soviel besaß, widerte ihn im Allgemeinen in letzter Zeit eher an.
Dieses besagte Landhaus also lag in den Dünen, zwischen verwaisten und ausgetrockenen Äckern in einem großen Garten, der reichhaltig mit Brunnen und Kopien berühmter Statuen ausgestattet war. Ein wenig überladen wirkte das Ganze, doch Nikodemos betrat diesen Garten ohnehin kaum, und von den vielen Terrassen des Wohnhauses konnte der Alte die Anlage nur noch verschwommen sehen, seine Augen waren trüb geworden. Das Wohnhaus selbst bestand aus einem ursprünglichen Gebäude, das noch ganz die Form eines traditionellen oikos hatte, jedoch mit allerhand Marmorzierrat versehen worden war, sowie einigen angebauten Gebäudeflügeln, größeren Räumen, die aus der Fassade hervortraten, vorgelagerten Terrassen und Loggien. Wie ein Geschwür wucherte dieses Monstrum in der Dünenlandschaft. In letzter Zeit hatte es der Alte vorgezogen, in seinem Haus in der Stadt zu bleiben, doch seit einigen Tagen war wieder Leben im oikos nikodemou konta alexandreias. Es war der Ausgangspunkt von Vorbereitungen einer Festlichkeit, die in kürze in einem geschlossenen Kreis an Teilnehmern in einem unterirdischen Raum in der Nähe statfinden würde. -
"Ich hatte bereits gestern einige zu den Vorfällen aber auch zur Person des Epistates befragt, doch natürlich ist es umso besser, desto mehr gefragt werden. Ich selbst bin ja gewissermaßen Teil des Museions. Allerdings würde ich gerne darauf bestehen, dass ich die Befragung leite, aufgrund eben erwähnter Tatsache. Natürlich ist in den meisten Fällen gegen eure Anwesenheit und Fragen eurerseits nichts einzuwenden.", sagte Nikolaos. Er hoffte, Cleonymus würde sich ab jetzt etwas zurückhalten, da er bemerkt hatte, dass der Rhomäer irgendwie wütend wurde. "Wollen wir aufbrechen?"
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Anschließend zeichnete er die Notation ein. "Wie ihr, wenn ihr nicht vollkommen dumm seid, festgestellt haben werdet, stammt dieses Lied von einem Gedenkstein. Singt!" Ein peinliches Schweigen trat ein. "Wollt ihr nicht? Schwachköpfe!" Es blieb immer noch still. "Seikilos würde euch hassen! Da macht er sich schon einmal die Mühe... ."
Stille. "Na los! Du da!" Er zeigte auf Nikolaos. Dieser wäre am liebsten im Boden versunken. "Zeige nur, wo die deine Frechheit gelassen hast!"
Langsam erhob sich Nikolaos und trat nach vorne. Seine Knie zitterten ein wenig. Doch er versuchte, sich zu beherrschen. "Wird´s bald? Wir wollen dich singen hören!" Von den übrigen Schülern ertönte Gelächter. "Ruhe jetzt! Der Junge möchte singen, er ist schließlich ein großer Kitharöde, oder hält sich zumindest dafür!" Der Gelehrte brach seinerseits in ein schmutziges Gelächter aus. "Darf ich mich selbst dazu mit einer Kithara begleiten, wenn du mich schon zum Kitharöden machen möchtest?" Der Gelehrte brummte. "Nur zu, mein Hübscher." "Darf ich meine eigene aus meinem Schlafraum holen-?", fragte Nikolaos. Natürlich wollte er nur die Gelegenheit zur Flucht nutzen. "Nein!", herrschte ihn der Gelehrte an. "Du wirst meine benutzen. Ich habe sie bei mir." Er ging zum Tisch und holte aus einem Lederbeutel eine Kithara. Nikolaos ergriff Furcht. Er hatte das mit der Kithara nur als Ausrede gesagt, er konnte nur sehr mittelmäßig spielen... ."Spiel und singe, mein kleiner Abendstern!" War da Lüsternheit in der Stimme des alten Gelehrten? Nikolaos ergriff Übelkeit.
Er gab sich einen Ruck und griff nach dem Instrument. Es war glücklicherweise bereits mixolydisch gestimmt. Nikolaos hätte nicht gewusst, auf welche Weise er es stimmen sollte. Er blickte zur Tafel, um Melodie und Text abzulesen, aber auch, um nicht in die Runde blicken zu müssen und begann.
Es kam ihm wie eine sehr, sehr lange Zeit vor, bis er endlich beim letzten Ton und bei der Silbe -ei angelangt war. Es blieb still. Kein Gelächter. Jeder fürchtete, der nächste zu werden. "Sehr schön, mein gelieber Schüler!" Das wurde ja immer schlimmer... . "Da du es so schön gemacht hast, darfst du gleich mit einem anderem Lied fortfahren... ." Nikolaos beschloss, sich den Namen des Gelehrtens zu merken und nie wieder eine seiner Vorlesungen zu besuchen.(Fortsetzung folgt.)
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Ohne es wirklich zu wollen erhob Nikolaos seine Stimme, zaghaft. "Aber die menschliche Stimme funktioniert doch ähnlich einer Kithara, in unseren Hälsen gibt es doch auch Saiten... ." Der Gelehrte sah ihn erst zornig an, zornig darüber, dass jemand ihm widersprach, dann erschrocken, erschrocken über die Einsicht, der Junge könnte recht haben, schließlich von blanker Angst erfüllt. "Das ist vollkomen unwichtig. Ruhe jetzt!", brummte der Gelehrte. "Wir haben das Thema der Instrumente längst abgeschlossen. Oder wo warst du mit deinen Gedanken?" "Ich bitte um Verzeihung... .", sagte Nikolaos kleinlaut. "Gut. Ich hoffe, es tut dir leid. Wir machen weiter." Er hustete. "Damit die Nichtswürdigen unter euch, die die Theorie nicht begreifen und deshalb mit hässlichen Eselsstimmen nach der Anwendung quaken, auch ihren Spaß haben, wollen wir etwas singen." Er ritzte etwas in die letzte Ecke der Tafel.
Eikone lithos
eimi; ti thesi me
Seikilos entha
mnemes athanatou
sema poly chronionHoson zes, phainou
meden holos sy lupou
pros oligon esti to zen
to telos ho chronos apaitei -
"Nun aber zu den Instrumenten, mit denen der Mensch dies alles erzeugen kann. Zuvor solltet ihr wissen, dass Musik mit der Dichtkunst ein zusammenhängender Zwilling ist, niemand kann ohne den anderen. Doch die Dichtkunst werde ich heute nicht behandeln. Es gibt durchaus auch Gesang ohne Dichtkunst, doch das ist so selten, dass es sich nicht zu merken lohnt. Also, wir unterscheiden zwischen verschiedenen Arten von Instrumenten. Das älteste und wichtigste Instrument ist die menschliche Stimme! Jedoch erfordert es große Geduld und viel Feingefühl, seine Stimme auf eine Tonart zu stimmen. Nur sehr wenige können es, wenn es jemand nicht kann und trotzdem versucht, hört es sich meist schrecklich an, Schreck-lich! Dann gibt es da noch die Auloi, im Prinzip sind sie der menschlichen Stimme ähnlich, auch sie werden mit dem Atem betrieben. Ich bin heute nicht hier, euch das Singen oder die Auletik beizubringen. Ähnlich des Aulos ist die Synrix, die Flöte des Gottes Pans, sie besteht aus vielen kleinen, dicken Auloi, die zusammengefügt wurden. Auloi werden immer paarweise gespielt, um eine gewisse Fülle an Tönen zu erhalten. Von der menschlichen Stimme sehr verschieden sind hingegen die kitharischen Instrumente. Sie bestehen aus Saiten, einem Saitenhalter und einem Körper, der ihren Klang verstärkt, wie im Theater die Masken die Stimmen der Tragöden verstärken. Dieser Körper ist bei der Lyra flach, bei der Kithara gewölbt, ansonsten sind sie sehr ähnlich. Dann gibt es noch Instrumente, die keine verschiedenen Töne erzeugen sondern bei immer der gleichen Tonhöhe verschiedene Tonlängen. Das sind das Tympanion, auf das mit der Hand geschlagen wird, und die Krotala, die ebenfalls mit der Hand geschlagen werden, aber klappern statt richtig tönen. Diese Instrumente erreichen jedoch nie die Anmut und Schönheit des Gesangs, der Kithara und der Lyra und der Auloi. Ihr wisst jedoch sicher schon, von welcher Gestalt diese Instrumente sind, deshalb möchte ich mich nicht länger damit aufhalten."
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"Also... .", begann der Gelehrte, nachdem er sich etwas abgekühlt hatte, von Neuem. "Neben der Höhe des Tones ist in der Musik auch die Tonlänge entscheidend. Durch die Variation der Höhe wird Klang erzeugt, durch die Variation der Längen Rhythmus." Er trommelte mit den Fingern auf seinem Tisch, ohne dass darin irgendein Rhythmus zu erkennen gewesen wäre. Dann ging er zur Tafel und kritzelte einige Zeichen ins Wachs, ohne ihre Bedeutung weiter zu erklären. "Ruhe", krächszte er. Sein Geschrei war seiner Stimme nicht gut bekommen. Dann kam eine unfreiwillige Pause in seinen Vortrag, die er mit mehrmaligem, unnötigen "Ruhe!" zu füllen versuchte. An diese Pause schloss sich schließlich ein neues Thema an, ohne dass er das Thema der Rhythmik beendet hatte. "Also, neben Tonfamilien und Tonfreundeskreisen gibt es noch Tongeschlechter... ." Mit zittrigen Händen kritzelte er wieder Zeichen in die Wachstafel, die bald vollständig zugeschrieben sein würde. Er hustete künstlich. "Ruhe!" Er hatte sein Gekritzel beendet. "Die Tongeschlechter entscheiden über den Abstand der Töne einer Tonfamilie zu einander. Das erste Tongeschlecht ist das diatonische Tongeschlecht. Dort werden zwei Schritte in der Länge von jeweils einen halben Ton hinab gemacht, in der Mitte einer in der Länge eines ganzen, seht hier." Er schlug gegen die Tafel, so ungelenk, dass dabei etwas Wachs abbröselte. "Dann gibt es das Tongeschlecht, in dem die beiden Schritte von halber Tonlänge, und ich meine hier natürlich nicht die rhythmische Länge, sondern die Länge, die ein Ton in der Skala einnimmt, also in Bezug auf die Höhe, wer das nicht auseinander hält, ist ein Esel und gehört in den Steinbruch, nicht in den Tempel des Apollons, also dieses Tongeschlecht heißt das Chromatische, das Farbige, während also das diatonische klar und hell ist ist das Chromatische dunkler und tiefer, ich meine nicht die Tonhöhe damit, sondern die metaphysische Tiefe, vergesst niemals, niemals, niemals: Musik ist mathematisierte Metaphysik!" Er schien auf diesen Satz sehr stolz zu sein, jedenfalls ließ er ihn etwa vier Ganztonlängen lang wirken (und natürlich dieses Mal rhythmische Längen, sowas sollte man nicht verwechseln, wie jeder inzwischen wissen musste!). "Noch tiefer gegenüber den äußeren Tönen sind die mittleren Töne beim enharmonischen Musikgeschlecht. Die Grenztöne bleiben bei allen Geschlechtern unverändert, wie ihr sehen müsstet, sofern ihr Augen im Kopf und ein bisschen Verstand haben solltet." Er deutete an die Tafel.
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Der Grammateos nahm die Rollen entgegen. "Vielen Dank.", sagte er höflich. "Im Laufe der nächsten Tage werde ich sie wieder zurückbringen." Dann überlegte der Grammateos. Zwar hatte der Auftrag des Strategos nur darin bestanden, die Listen zu besorgen, doch vielleicht konnte sich der eifrige Gehilfe durch etwas darüber hinauf profilieren... . Leider fiel ihm nichts ein, also verabschiedete er sich vom Sklaven und ging mit den Schriftrollen über die Agora zu den Arbeitsräumen des Strategos.
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"Ich würde vorschlagen, dass wir noch nichts überstürzen, es hat ja auch bis nach der Wahl Zeit." Nikolaos hatte das Thema nicht unbeabsichtigt wieder aufgegriffen.
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Cleonymus hatte natürlich recht, die Rhomäer galten bei der einfachen Bevölkerung eher als Besatzungsmacht denn als wirkliche Schutzmacht und auch vornehmere Bürger, die nach außen gar nicht oft genug die Freundschaft zwischem Imperator und der Polis betonen konnten, rümpften im Stillen die Nasen über die "Halbbarbaren", die Rhomäer. Doch das würde Nikolaos natürlich nicht offen sagen. Stattdessen versuchte er, zu schlichten.
"Bitte, bleibt ruhig, meine Herren. Ich schlage vor, dass Stadtwache und Legion gemeinsam einige Häuser der Bürger durchsuchen, um den Zusammenhalt von Polis und Imperator auch in dieser Angelegenheit zu demonstrieren." -
"Chaire, Theodoros.", sagte Nikolaos und verschwandt rasch. Er hoffte, seine Zusammenfassung würde Theodoros gefallen. Was ihm unklar war, war die Tatsache, wofür Theodoros eine solche benötigte. Er war doch eigentlich kein Zoologe? Nun gut, vielleicht sah er es als Pflicht eines Universalgelehrten an, auch auf diesem Gebiet tätig zu sein.
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Nikolaos sah Medeia fest in die Augen. Ihm war nicht bewusst, dass sein Blick vielleicht unheimlich wirken konnte. Die Abendsonne ließ seine dunklen Augen schwach glänzen, es war nun mehr ein verschwommenes Leuchten oder Glühen als ein scharfer Glanz. Der leichte Abendwind fuhr durch sein Haar und ließ einzelne Haare schweben und wieder auf seinen Kopf zurück sinken. Es war still geworden in diesem Teil der Stadt. Auf den Hauptstraßen klapperten nun wohl Fuhrwerke an den Häusern vorbei, etwas weniger als am Tag, doch immerhin noch viel. Alexandria war eine sehr große Stadt und je mehr Menschen auf einem Haufen leben, desto mehr von ihnen sind auch in der Nacht irgendwo außerhalb der eigenen Häuser anzutreffen. Dieses Viertel war noch recht sicher und ruhig, durch Rhakotis wäre Nikolaos nun ungern gegangen, obgleich seit seinem Amtsantritt die Stadtwache möglicherweise präsenter war.
Diese Gedanken streiften ihn nur kurz und am Rande. Er schlug in Gedanken nach ihnen wie man nach Fliegen oder anderem Ungeziefer, von dem es im nördlichen Ägypten am Nildelta viel gab, schlägt, um es zu verscheuchen. Nikolaos spürte allein schon beim Gedanken an sein Amt dumpfe Erschöpfung. Seine vielen Leben zerrten an ihm. Genauso aber zerrten seine vielen Leidenschaften und Laster an ihm. Er konnte nicht mehr ein Teil-Selbst einfach irgendwo abstellen oder gar in seinem Inneren begraben. Immer gab es eine Leidenschaft, die dadurch befriedigt werden wollte, und die Leidenschaften erhoben ihre Stimmen immer lauter.
Da war die fleischliche Lust, die geistige Lust, die geistliche Lust, der Ehrgeiz, die Trägheit, die Fresssucht, die Habgier, der Hang zur Mystik... . Am liebsten hätte Nikolaos all diesen hässlichen Stimmen den Mund verboten. Doch nicht an ihm war es, sie zu beherrschen. Sie beherrschten ihn.
Nikolaos nickte Medeia mit einem zarten Jungenlächeln auf den Lippen zu, als sie sagte, ihre Sänfte würde seiner folgen. Er gab seinen Trägern einen Wink und sie setzten sich in Bewegung, doch nicht ohne auf Medeias Sänfte Rücksicht zu nehmen. Die beiden Sänften wurden etwas schaukelt durch die abendlichen Straßen von Alexandria getragen. So ging es in Richtung des östlichen Stadttores. -
Nikolaos gefiel seine rechte Hand in der Stadtwache immer mehr.
"Danke für deine gute Idee, Cleonymus.", sagte er. Zum Thema der Hausdurchsuchungen meinte Nikolaos: "Gut, das sollten wir in der Tat veranlassen, wenn auch nur, um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf den Umstand zu lenken und ein gewisses Gefühl von Ordnung und Sicherheit herzustellen. Cleonymus, sei so gut und stelle dafür Mannschaften zusammen. Zuerst wird es vollkommen gleichgültig sein, welche Häuser durchsucht werden. Ich schlage aber vor, den Brennpunkt erst einmal auf die ärmeren Viertel zu richten, da reichere Bürger eventuell Scherereien machen könnten. Die Häuser von reichen Bürgern werden wir bei Verdacht auch noch unter die Lupe nehmen."
Nikolaos hustete kurz und räusperte sich dann. "Verzeihung-", murmelte er. Dann fuhr er fort. "Wir werden gleich zum Museion gehen, auf dem Weg kommen wir an einem Gasthaus vorbei, in dem du dein Zimmer beziehen kannst, Centurio Quintus Octavius Augustinus Minor. Wollen wir gehen?" Er blickte die beiden Männer eher auffordernd als fragend an. -
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Und das würde ich als Aufhänger für eine weitere Idee verwenden: Wie wäre es wenn die Militäreinheiten vom Staat ein Budget erhielten um ihre Soldaten zu versorgen und jeder Soldat pro Woche ein festes Kontingent an Nahrung und Wohnungswahren erhielte?
Ich wäre dafür. Dann könnte ich gleich mit dem ehrenwerten Eparchos einen Vertrag über die Versorgung der in Nikopolis stationierten Soldaten abschließen
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Ich würde aber eher Nahrung und Leben als WiSim-Versorgung für Soldaten vorschlagen, schließlich sind Turmae nichts, das man sich als bequeme Wohnräume vorstellen sollte. Wie wäre es mit:
-wöchentlich Brot (mit Käse) und Honigwein
-alle paar Wochen eine neue Tunika
-ab und an (vielleicht drei Mal im Laufe eines Soldatenlebens) neue SchuheAllerdings müssten die Aufträge ordentlich öffentlich ausgeschrieben werden und die Händler sollten SimOn mit dem Chef der entsprechenden Einheit verhandeln.
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Der gleiche nubische Sklave suchte am besagten Abend das Haus des Timokrates noch einmal auf. Er klopfte kräftig an der Tür.
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Am besagten Abend klopfte ein Diener des Nikolaos an der Tür zum Haus des Leonidas.
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Nikolaos erwiderte Medeias Lächeln auf seine ihm eigene, zarte, beinahe kindliche Weise. Inzwischen befand er sich wieder in der gleichen Welt, in der sich auch sein Körper befand. Sein Blick war wacher geworden.
"Du hast Recht, Artoria Medeia.", antwortete er freundlich und mit leiser Stimme. "Es freut mich, dass dein Weg angenehm war und ich hoffe, er wird es noch bleiben.", sagte Nikolaos, ganz ohne Heuchelei oder gar Ironie, denn er hatte Medeia, obwohl sie etwas blass und kränklich aussah, ihre Antwortphrase geglaubt. "Die Mysterien werden nicht weit vor der Stadtmauer im Osten der Stadt stattfinden. Beim Ort des Mysteriums handelt es sich um einen größeren, unterirdischen Raum in der Nähe eines Landgutes, das jedoch zerfallen ist. Ganz in der Nähe ist jedoch ein Haus des Nikodemos, das wir zuvor aufsuchen können, um uns auf das Mysterium vorzubereiten und wo wir uns etwas stärken können, wenn du magst." Er sah Medeia an. Seine dunklen Augen glänzten. "Mache dir wegen des Tores keine Sorgen, wir werden es jederzeit passieren können. Sollten deine Kräfte dich im Verlauf des Mysteriums verlassen, was ich dir natürlich nicht wünsche, kannst du selbst in der Nacht in die Stadt zurückkehren, wenn du es wünschst." Er wusste nicht, dass Medeia inzwischen außerhalb der Stadt wohnte. Nikolaos selbst hoffte, dass sein Opiumgeschäft wenigstens soviel abwerfen würde, dass er sich selbst ein kleines Haus vor der Stadt würde leisten können. Bei der Vorbereitung es Mysteriums, an der er nur bedingt teilnehmen durfte, da er schließlich noch nicht eingeweiht war, hatte er, etwa eine Stadie von der Stadtmauer entfernt, am Meer und in einem schönen künstlich bewässerten Garten gelegen ein altes Landhaus gesehen, das einst Teil eines Guts war, wobei die Ackerflächen an größere Nachbargüter verkauft waren, nur noch das Haus, das auf einem Hügel lag, und ein kleines Nebengebäude waren übrig geblieben. Soweit er wusste, war dieses Haus zur Zeit unbewohnt. Doch bisher hatte er sich nicht getraut, Erkundungen nach dem Preis einziehen zu lassen.
Nikolaos lächelte sanft. "Dann lasst uns aufbrechen." Er gab einem der Diener, die seine Sänfte begleiteten, einige Anweisungen. Schließlich mussten noch weitere Gäste zum Ort des Mysteriums geführt werden, außerdem lag in Nikolaos Zimmer ein Paket Weihrauch (ein Vermögen hatte das gekostet, doch daran dachte Nikolaos nicht, schließlich wollte er die ätherische Atmosphäre dieses Abends nicht mit irdischen, schmutzigen Dingen wie Geld zerstören) und eine große Amphore Würzweins mit einer ganz besonderen Würze.
Die Sänftenträger des Nikolaos warteten darauf, dass sich die der Artoria Medeia in Bewegung setzten. -
"Gut", sagte Nikolaos leise zum Centurio. Dann wandte er sich den versammelten Soldaten zu. "Soldaten! Die ersten vier Contubernia, beginnend von meiner linken aus, werden durch die Stadt gehen und die Bevölkerung auf das Verbrechen aufmerksam machen und zur Mithilfe zur Ergreifung des Täters auffordern. Durchkämmt alle wichtigeren Straßen und lasst euch besonders in Rhakotis häufig blicken. Kurzum, zeigt, dass ihr hier seid und dass ihr wachsam seid! Das fünfte Contubernium geht zum Museion und hält dort Wache. Zwei Contubernia begeben sich sofort zur Agora und halten dort gut sichtbar Wache. Das achte Contubernium zum Sarapeion. Das neunte folgt uns. Tretet weg!", rief Nikolaos über den Platz. Den militärischen Tonfall hatte er noch nicht so gut drauf... . Dann drehte er sich zu Cleonymus um. "Ich bitte dich, für alle wichtigen Gebäude der Stadt, für Patroullengänge durch die Stadt und für eventuelle Hausdurchsuchungen Männer der Stadtwache einzuteilen. An jedem wichtigen Gebäude, das noch nicht vom rhomäischen Stratos bewacht wird, sollten mindestens vier Männer Wache stehen. Der Großteil jedoch sollte die Stadt durchstreifen. Außerdem wäre es gut, eine Anzahl besonders fähiger Leute, inklusive deiner selbst, bei uns zu haben, für gewisse Feinarbeiten bei der Suche nach dem Mörder."
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Timokrates Erklärung bezüglich der Wahl reichte Nikolaos eigentlich nicht und er glaubte der Scheinheiligkeit auch nicht. Timokrates kann man nicht trauen, dachte er und beschloss, beim dritten Mann des Wahlbündnisses mal Erkundigungen einzuziehen. Vielleicht wäre dieser ja mitteilungsfreudiger. Nikolaos wusste, dass es im Grunde für seine Studien am Museion, seine Gesundheit und vor allem seinen Charakter besser wäre, wenn er eventuell von gewissen Leuten eingefädelte Neuwahlen nutzen würde, um der Politik den Rücken zu kehren, wenn man schon einmal scheinbar darauf aus war, ihn aus der Politik zu entfernen, doch Nikolaos hatte viele Laster und sein größtes Laster war der Ehrgeiz. Nikolaos war, seit er durch ungewöhnliche Umstände zum Pyrtanen geworden war, von diesem Ehrgeiz regelrecht getrieben. Manches Mal dachte er, es wäre vielleicht besser, mit seinem Gasthaus (eigentlich ein Verlustgeschäft) und seinem Opiumhandel (sehr magerer Gewinn) noch ein wenig Geld zu scheffeln und sich dann ein kleines Haus in der Nähe der Stadt zu kaufen und sich ganz der Gelehrsamkeit und sowohl der fleischlichen als auch der geistigen Wollust hinzugeben (es gab tatsächlich Menschen, die beim Lesen einiger Bücher, bei der Beschäftigung mit metaphysischen Gedanken, bei der Verehrung der Götter Wollust empfanden, und Nikolaos gehörte dazu), doch noch wollte er das Vorhaben Polites zu sein nicht aufgeben.
Nun jedoch wollte er nicht weiter nachbohren, denn Timokrates würde ihm auch weiterhin wohl fadenscheinige Antworten geben.
"Dann würde ich vorschlagen, dass es die Polis und der Eparchos ausrichten werden.", antwortete Nikolaos. Der Vorteil der Kooperation lag klar auf der Hand. Der Eparchos hätte das Geld, die Polis die Idee. "Das wäre ein weiterer Akt der Freundschaft zwischen Rom und Alexandria."