Beiträge von Nikolaos Kerykes

    "Ich gedenke nicht, das Geld von dir zu leihen, sondern von der Polis selbst,-", antwortete Nikolaos. "-brauche jedoch dafür deine und Leonidas Zustimmung. Wie ich bereits sagte, brauche ich das Geld noch nicht. Wenn ich es aber geliehen haben werde, werde ich es sicher rasch zurückzahlen können, wenn nichts unvorhergesehenes dazwischen kommt." Er legte eine Pause ein. Der Eutheniarch schien Wucher treiben zu wollen. "Ich denke, da es ja auch für die Stadt von Nutzen ist, werde ich genau dreihundert zurückzahlen. Wobei-" Er überlegte. "Wenn du darauf bestehst, könnten wir den Betrag, den ich zurückzuzahlen habe, auch um ein zehntel erhöhen gegenüber dem Betrag, den ich zu leihen gedenke."

    Nikolaos lächelte. "Nun, ich denke, ich werde dir behiflich sein können. Ich brauche immer fähige und zuverlässige Männer. Kannst du dir vorstellen, als Grammateos zu arbeiten?" Er unterbrach sich selbst. "Verzeih, ich vergaß, dir etwas zu trinken anzubieten. Darf ich dir Würzwein bringen lassen?" Dann fuhr er fort. "Natürlich hätte ich auch andere Aufgaben für dich, wenn die des Grammateos dir nicht zusagt. Doch laß mich erst einmal deine Vorstellungen hören."

    Lyros war offensichtlich ein wenig irritiert über die grobe Ablehnung des Weins und über die Wortkargheit des Gastes. Doch er verbarg dies gut, indem er lächelte und meinte: "Viellleicht hast du Recht. Es ist möglicherweise noch zu früh für weniger stark verdünnten Wein." Dies war natürlich nur ein Zugeständnis an den Gast, Lyros war es gewohnt, von morgens bis abends alkoholische Getränke zu sich zu nehmen. Vor einer mit Schnitzereien verzierten Holztür blieb er stehen und klopfte. Von drinnen kam erst nach einiger Zeit eine Antwort. Lyros öffnete die Tür und ließ Cleonymos eintreten. Dann entfernte er sich schnell.
    Der Raum hinter der Tür war mit drei großen Klinen ausgestattet, die mit orientalischen Stoffen bedeckt waren. An den Wänden hingen prachtvolle Teppiche, auch der Boden war mit Teppichen bedeckt. Auf einer der Klinen lag Nikolaos. Die Luft im Raum war stickig und von fremdartigen Düften geschwängert. Auf dem Tisch zwischen den Klinen stand eine Lampe, über der Kräuter verräuchert wurden. Der Rauch stieg Nikolaos direkt ins Gesicht. "Chaire", sagte der Strategos höflich. "Nimm doch Platz." Er musterte den Fremden. "Darf ich fragen, wer du bist und mit welchem Anliegen du zu mir kommst?"

    Nikolaos war überrascht, dass der gute alte Theodoros so gut zu Fuß war. War er vielleicht gar nicht so alt?
    "Seit wann ist dieser Chares hier Gelehrter?", fragte Nikolaos leise, noch bevor sie den Brunnen erreicht hatten. Er hatte zwar Theodoros dabei angesehen, jedoch war ihm nicht entgangen, dass die Frau, der er den Auftrag gegeben hatte, auf die Leiche aufzupassen, das Gesicht verzog, als sei sie kurz davor, in Tränen auszubrechen. Ihr Schluchszen konnte er nicht hören, dafür war er zu weit vom Brunnen entfernt. Ein eigenartiger Verdacht stieg in ihm auf. Hatte sich der unausstehliche Epistates eine Geliebte gehalten? Er beschloss, die Frau so bald wie möglich in ein Gespräch zu verwickeln.

    "Das freut mich außerordentlich.", antwortete Nikolaos. "Ich brauche dieses Geld noch nicht sofort, sondern erst in einer Zeit, von der ich noch nicht weiß, wielange sie dauern wird. Dennoch wollte ich schon jetzt fragen, ob es überhaupt möglich ist, eine Leihgabe zu erhalten. Die Summe wird vorraussichtlich nicht groß sein, sie wird höchstens dreihundert Drachmen betragen.
    Natürlich kann es nur im Interesse der Stadt liegen, die ansässige Wirtschaft zu fördern... ."

    Nikolaos sah unwillkürlich zu Boden. War da ein Zug von Schuldbewusstsein in seiner Miene? Langsam fand er die Sprache wieder. "Ich bin seit einigen Wochen am Museion. Was du mit mir tun sollst, darüber zu entscheiden möchte ich mir nicht anmaßen." Jetzt wagte er es wieder, Theodoros in die Augen zu blicken. "Ich möchte dich bitten, meine Unwissenheit und Unerfahrenheit nicht als absichtliche Faulheit oder Ignoranz anzusehen. Doch das liegt leider nicht in meinen Händen." Er schwieg einen Moment. "Ich wusste nicht, dass ich mir meine Kurse von mir selbst aus suchen muss. Ich war bisher nur den Unterricht zuhause durch meine Lehrer gewohnt. Diese haben mich in alle Gebiete des Wissens geleitet, in die zu führen sie bei meiner damaligen Kindlichkeit, die leider, wie ich jetzt merken muss, noch lange nicht vollständig von mir gewichen ist, es für möglich hielten. Ich vergaß, bitte verzeih mir, dass diese Einrichtung hunderte Schüler und viele Gelehrte beherbergt. Ich hatte mich darauf verlassen, dass jemand mir sagt, welche Kurse ich besuchen muss und wann und wo ich mich zum Lernen einzufinden habe. Das war sehr dumm von mir." Wieder eine Pause. "Das ist leider alles, was ich dazu sagen kann. Es liegt nicht in meiner Hand, zu entscheiden, was nun aus meinem Aufenthalt am Museion wird." Nikolaos hatte diese letzten Sätze in einem Ton gesproche, der wieder sehr beherrscht und gefasst war. Vom anfänglichen Schrecken war nun nichts mehr in seinem Gesicht. Er sah Theodoros direkt an, als wartete er auf eine Entscheidung.

    Zum Thema diverser Genussmittel fällt mir noch eine Frage ein. War es üblich, in der Antike (so um unsere Sim-Zeit herum) (nicht nur römisches Reich, sondern vielleicht irgendwo weiter östlich) irgendetwas zu rauchen?
    Opium wurde sicher nicht geraucht, ich habe gelesen, dass das in der Antike überwiegend gekaut wurde, außerdem wird, soweit ich weiß, Opium nicht geraucht sondern vaporisiert.
    Doch gibt es irgendeine Substanz, die nachweislich oder sehr wahrscheinlich geraucht wurde? Ich würde zu gerne Nikolaos in Alexandria Wasserpfeifen blubbern lassen, doch bisher hat mich abgeschreckt, dass ich Zweifel daran hatte, dass das historisch korrekt wäre. Tabak käme ja auch nicht infrage.
    Zwar gehe ich davon aus, dass in früheren Zeiten alles mögliche in irgendwelche Pfeifen gestopft wurde (es gab ja auch Räucherwerk für Tempel, warum also nicht für den privaten intubären Gebrauch), doch über eine mögliche Rauchkultur in der Antike habe ich noch nichts gelesen.
    Falls es hier jemanden gibt, der mehr weiß als ich, wäre es nett zum einen zu erfahren, was geraucht wurde, zum anderen wie und zu welchen Anlässen etc. .

    Am nächsten Tag abends wartete Nikolaos in einer Sänfte vor dem kapeleion zum goldenen Ibis. Die Sänfte war mit dunklen, schweren Tüchern verhangen, Nikolaos selbst trug über eine dunkelblaue Chlamys. Leise wies er einen der Diener an, ins Gasthaus zu gehen und dort nach Medeia zu fragen. "Sehr wohl, kyrios.", meinte der Diener und ging zum Tor. Nikolaos wartete weiter und atmete die abgekühlte Luft des Abends tief ein. Einer der Sänftenträger blickte zu Nikolaos hinauf. "Dürfen wir dich absetzen, kyrios?" "Wartet noch einen Moment.", antwortete Nikolaos mit einer Stimme, die fast tonlos war. Der Diener, der das Palmenblatt über die Sänfte hielt, zitterte kurz, was das Palmenblatt in Schwingung versetzte.
    Der Diener mit dem entsprechenden Auftrag klopfte an das Tor.

    Der erstbeste war zufällig Lyros, also der, der wohl als einziger Ahnung haben mochte. "Chaire", sagte Lyros und lächelte. "Sei willkommen in unserem Haus. Du hast Glück, der Strategos ist zufällig gerade in diesem Haus, ansonsten hätte ich dich wohl zur Agora weiterschicken müssen." Lyros lächelte. Er hatte bei der Begrüßung des Fremdens eine rege Geschäftigkeit an den Tag gelegt, die man ihm wohl auf den ersten Blick nicht zugetraut hätte, denn Lyros war fett. "Zur Stadtwache willst du? Hmm... da bist du wohl beim Strategos an der richtigen Stelle, doch ich weiß nicht, wie es im Moment mit der Stadtwache aussieht, nunja, du wirst es gleich erfahren. Wie heißt du eigentlich? Folge mir." Lyros ging gemächlich in Richtung der Tür zum Hof und achtete darauf, dass der Fremde ihm folgen konnte. Als er dabei an dem Schanktisch vorbeikam, ergriff er eine Kanne Honigwein und nahm sie an sich. Er reichte sie dem Besucher weiter. "Falls du Durst verspürst... ." Lyros lächelte.


    Sim-Off:

    Jeden Moment in der WiSim

    Was Nikolaos noch nicht wusste: Er brauchte keine Angst mehr vor Flüchtigen zu haben, das Museion war inzwischen von einer Einheit Stadtwachen umstellt, sodass niemand mehr das Heiligtum des Apollons verlassen konnte. Irgendjemand musste auf Nikolaos gehört haben. Nun kamen etwa zwei dutzend Männer der Stadtwache geführt von einem Sklaven des Museions zum Brunnen. Der inoffzielle Hauptmann der Stadtwache sah sich um und entdeckte dann Nikolaos. "Chaire, kyrie. Wir sind hier, wie du siehst. Das Gelände ist nun lückenlos bewacht, niemand kommt mehr hinein, niemand hinaus." "Gut", meinte Nikolaos, der froh war, sich jetzt der Befragung und Erforschung widmen zu können und nicht mehr auf die vielen Menschen um den Brunnen wie ein lahmer Hund auf eine sehr lebhafte Herde von Schafen, die allesamt Reißzähne zu besitzen schienen, wachen zu müssen. "Die Hälfte von euch durchsucht den Wald dort nach Spuren und anderen verdächtigen Dingen, einige passen hier auf, dass niemand der hier anwesenden sich heimlich vom Brunnen entfernt, der Rest durchsucht die Gebäude. Beeilt euch." Der Hauptmann nickte und es geschah, wie Nikolaos es angeordnet hatte. Er atmete durch und widmete sich wieder Theodoros, Chares und Doros. Er war froh, die drei nun beisammen zu haben, vielleicht könnten sie ihm helfen. Auch wenn er eigentlich nur Theodoros traute. Chares hielt er für verdächtig und auch das Verhalten des Doros kam ihm eigenartig vor.


    Sim-Off:

    @Theodoros: Du kannst das Gespräch mit mir einfach weiterführen, also spielen, dass du mir folgst, ich höre dir zu ;) , aber zwischendurch muss ich halt noch diese anderen Dinge veranlassen, damit die Situation unter (meiner) Kontrolle bleibt.

    Erst jetzt sah Nikolaos Theodoros. "Chaire, Theodoros. Gut dass du hier bist, ich habe mich schon sehr allein gefühlt gegenüber dem ganzen Volk hier. Vor allem, da ich nicht weiß, wem ich trauen kann, ich kenne ja kaum jemanden." Nikolaos blickte in die Richtung, in der er schattenhaft Theodoros Gesicht sah. "Ich selbst weiß leider nicht, was genau passiert ist. Ich erwachte vom Lärm und bin in diese Richtung gegangen. Hier stieß ich dann auf einen großen Menschenauflauf um den Brunnen da vorne herum und in dem Brunnen lag die Leiche des Epistates." Nikolaos Stimme stockte an keiner Stelle. Er ließ sich kein Zeichen von Schwäche anmerken. "Wer sagst du ist der Mann, der in den Hain gelaufen ist? Kennst du ihn gut?" Nikolaos blickte in Richtung des Brunnens. "Es wäre gut, wenn wir auch zum Brunnen zurückkehren könnten, ich habe Angst, dass noch mehr davonlaufen könnten. Erzähle mir leise auf dem Weg von Chares. Bitte verzeih mir meine Erregtheit, die vielleicht in Unhöflichkeit mündet, doch hier scheint niemand zu herrschen als der alte Chaos, und ich war bis eben ziemlich auf mich allein gestellt in seiner Zähmung."
    Schnell kehrte Nikolaos wieder zum Brunnen zurück, vergewisserte sich aber, dass Theodoros hinterherkam. Er wusste schließlich nicht, wie gut der alte Gelehrte zu fuß war. "Ich sehe mir mal eben die Leiche an.", meinte Nikolaos. Dann tat er das auch. Dann wandte er sich an Doros. "Konntest du etwas an seinem Körper entdecken?" Nikolaos kniete vor dem Toten nieder befühlte dessen Haut. Sie schien sich noch nicht zersetzt zu haben, sie schien noch fest zu sein. "Doros, du warst du ganze Zeit hier, weißt du wo die Frau hingegangen ist, die hier vorhin noch war." Nikolaos blickte sich um. Dabei vergewisserte er sich, dass der Flüchtling immer noch dort war, wo Nikolaos ihn gerne zu haben wusste. Er erhob sich und ging auf Chares zu. "Warum bist du vorhin weggelaufen?", fragte Nikolaos sanft und vertrauensvoll und blickte den Gelehrten durchdringend an.

    "Kannst du mir sagen, wann mein Untericht beginnen wird? Bis jetzt hat sich in der Richtung noch nichts getan. Der Epistates sagte, er wolle mich in seine Klasse aufnehmen. Doch bis jetzt ist mir noch nicht bescheid gegeben worden, wann und wo der Untericht stattfinden wird. Darf ich übrigens einfach so in die Bibliothek? Oder muss mich mein Lehrer dorthin begleiten?" Nikolaos schien sehr viele Fragen zu haben, sie schienen förmlich aus ihm herauszusprudeln, wie das Wasser aus dem Brunnen im Hain.


    Sim-Off:

    Zur Zeit unseres Gesprächs lebt der Alte ja noch.

    Nikolaos nickte zustimmend. "Ich kann deine Einwände durchaus nachvollziehen und halte es auch für wenig sinnvoll, jedem rhomäischen Bürger die Proxenie zu verleihen. Die Möglichkeit der Verleihung der Proxenie sollte weiterhin bestehen bleiben, doch eben nur auf jene beschränkt bleiben, die sich aktiv um die Polis verdient machen. Auch ist es selbstverständlich, dass wir, aus der Pflicht der Freundschaft heraus, den Rhomäiern die Möglichkeit einer Beteiligung an der Polis nicht verwehren sollten. Jedoch möchte ich hinzufügen, dass die wenigsten in Alexandria lebenden Römer von ihren Rechten Gebrauch machen. Insofern wäre mein Vorschlag, dass sich jeder Rhomäer beim Gymnasiarchen melden kann, der von seinen Rechten Gebrauch machen möchte. Eine weitere Bedingung als die, dass er Rhomäer sein muss, gäbe es nicht. Dies würde dazu beitragen, dass zum einen nur solche Rhomäer das Recht erhalten, an der Ekklesia teilzunehmen und Archont zu werden, die dieses Recht wirklich wollen. Außerdem würde es andererseits Rhomäer ermutigen, dieses Recht in Anspruch zu nehmen. Durch den vom ehrenwerten Eutheniarch erwähnten zweiten Absatz des sechsten Paragraphen der Katastis könnten sich vielleicht Rhomäer abgeschreckt fühlen, ihr Recht in Anspruch zu nehmen, wenn die Ekklesia ihnen nicht von sich aus das Bürgerrecht verleiht. Dabei könnte jeder Rhomäer, der hier ansässig ist, darauf bestehen. Eine Regelung die besagt, dass sich jeder Rhomäer melden muss, der sich politisch beteiligen möchte, könnte Missverständnisse aus den Weg räumen. Für Rhomäer oder andere, die sich besonders verdient gemacht haben, bestünde weiterhin die Möglichkeit der Politie.
    Ich will die Regelung mit der Meldung beim Gymnasiarchen keineswegs in die Katastis aufnehmen, doch man könnte es öffentlich ankündigen, damit sich die Rhomäer ihres Rechts, an der Ekklesia teilzunehmen, erinnert fühlen."

    Nikolaos Kerykes ist momentan nur bedingt fähig, zu schreiben, da er im Rl leider viel zu tun hat.
    An alle, die ich eventuell warten lassen muss: Habt Geduld. Ich beantwortete jeden Thread, jedoch kann das auch mal drei Tage dauern. Alle Geschichten, die ich mit begonnen habe, werde ich natürlich auch weiterführen.
    Schönes Wochende euch allen!

    Nach Arbeit umsehen, was das wohl heißen mochte, dachte der Wachmann und verzog angeekelt vor dem aigyptischem Abschaum das Gesicht. "Was für eine Art von Arbeit wirst du verrichten?", fragte der Wachmann misstrauisch und nicht ohne den Fremden eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Er schien auf den Fremden herabzublicken, obgleich sie ungefähr gleich groß waren.
    Plötzlich kam ein zweiter Wachmann hinzu, der zuvor gedöst hatte. "Laß nur, Phrygos. Wenn du jeden verhören würdest, der hier ein oder ausgeht, und es dir gelingen könnte, würde Herakles vor dir vor Scham im Boden versinken." "Aber die Vorschriften... ?" Ohne den sogenannten Phrygos weiter zu beachten, wandte sich der zweite Wachmann an den Fremden. "Worauf wartest du? Du kannst passieren- obwohl-" Er zögerte kurz."-du bist kein Rhomäer, oder?" Ein dritter Wachman kam hinzu. "Dass er kein Rhomäer ist, sieht man dem Bräunling doch an. Das ist ein Aigypter, das sieht doch mein greiser Vater aus sieben Stadien entfernt, während er ein Auge auch noch zukneift. So, mein Junge, Cleonymos oder wie man dich schimpft, gehe nur und halte uns nicht weiter auf, ich habe gerade eine Glückssträhne im Würfeln. Wenn du Arbeit suchst, könntest du sie bei unserem Chef finden, ich weiß nicht, ob er zur Zeit Bedarf an Sklaventreibern hat, doch für irgendetwas wird er dich gewiss gebrauchen können. Ich hörte, er sucht einen neuen Grammateos, doch ich schätze -" Er musterte den Fremden. "- dass du dafür nicht infrage kommst, oder kannst du etwa Lesen und Schreiben, in Koiné und Latein? Nun ja, irgendetwas wirst du wohl für meinen Chef machen können. Er soll gute Leute nicht schlecht bezahlen. Geh da mal ins kapeleion archaon gegenüber dem kroneion, dort wird man dir weiterhelfen können. So, mein Junge, ich wünsche dir viel Erfolg und Vergnügen in unserer schönen Stadt. Komm mal wieder vorbei, wenn du Zeit hast." Der dritte Wachmann klopfte Cleonymus auf die Schulter und schenkte ihm ein Grinsen, mit dem er wohl ein Lächeln ausdrücken wollte.

    Es war Abend, wennauch dieser Abend noch sehr jung war. Durch das geschnitzte Holzgitter des Fensters zum Gartenhof waren die Stimmen von Zirkaden und Vögeln zu hören. Die Luft war noch drückend und schwül, doch langsam flog die Hitze im leichten Abendwind davon. Nikolaos hatte sich in sein Zimmer eingeschlossen. Ein Gefühl der Trägheit hatte ihn erfasst. Doch es schien nur dazu zu dienen, die Erregung zu unterdrücken, die sich über den ganzen Tag hinweg bis ins beinahe Unerträgliche gesteigert hatte. Nikolaos stand in der Mitte des Raumes und schien in eine Ecke zu blicken, doch er sah nirgendwo hin. Er war entrückt. Leichtfüßig, als sei er ohne Gewicht, ging er an sein Bett, auf dem Kleidung ausgebreitet lag. Er spürte dabei den Holzfußboden unter seinen nackten Füßen. Nikolaos befühlte fast ungläubig den Stoff des Chitons, der schneeweiß war, wobei Nikolaos Schnee bisher nur von weitem auf Berggipfeln gesehen hatte. Ich bin noch nicht gewaschen, dachte er plötzlich, dieser Gedanke riss ihn aus seiner Entrückheit. Er rief nach einem Diener.
    Wenig später kam ein Junge herein, von dem Nikolaos nicht wusste, wie er genannt wurde. Da hätte er den Verwalter fragen müssen. Wobe es ihm im Grunde gleichgültig war. "Was wünschtst du, kyrios?", fragte der Junge, beschämt zu Boden blickend, weshalb wusste Nikolaos nicht. "Ich will mich waschen. Lasse das Wasser nicht zu kalt sein." Der Junge nickte stumm und verschwand wieder. Vorsichtig schloss der Junge die schwere Tür, die vom Zimmer auf die Galerie über dem Hof führte.
    Nikolaos setzte sich in einen Faltsessel aus Leder und dunklem, glänzendem Zedernholz und schloss die Augen. Das Zimmer lag in einem behaglichem, warmen, dunklen Zwielicht. Durch das Holzgitter drang das bleiche Licht des Mondes in das Zimmer. Nikolaos atmete tief ein. Die Luft hatte sich abgekühlt.
    Es klopfte. Nikolaos bat leise herein. Es waren der Junge von vorher und ein anderer Sklave, die eine große Bronzewanne trugen, aus der es dampfte. Sie stellten die Wanne in der Mitte des Raumes ab. Nikolaos erhob sich. Der Junge trat vorsichtig auf ihn zu und half ihm, seinen groben Wollchiton abzulegen, den er sogleich an den anderen Sklaven weiterreichte. Nikolaos stand nackt vor der Badewanne. Mit einem Fuß prüfte er, wie heiß das Wasser war. Die Temperatur schien ihm erträglich. Er trat nun auch mit dem anderen Fuß in die Wanne und setzte sich. Der Junge holte einen feinen Schwamm, den er in ein dünnes Tuch wickelte, um die Haut von Nikolaos nicht aufzuschürfen. Dann stellte er sich hinter die Wanne und reinigte Nikolaos Rücken. Der andere Sklave ließ aus einem kleinen Krug eine duftende Essenz in das Badewasser fließen. Nikolaos fühlte das Tuch über seinen Rücken streichen. Der Junge wechselte das Tuch und wusch nun die Arme und Beine des Herren. Dann beugte er sich weit über die Wanne und fuhr mit den Achseln, der Brust und dem Bauch fort.
    Der andere Sklave hatte inzwischen Tücher auf dem Boden ausgelegt. Nikolaos trat aus der Wanne. Der Sklave rieb ihn mit groben Wolltüchern ab. Nikolaos legte sich bäuchlings auf die andere Liege, die ihm nicht als Bett diente. Die Sklaven gossen ihm Öl auf den Rücken und verteilten dieses mit Striegeln. Dabei kneteten kräftige Hände die steifen weil selten benutzten Muskeln des Nikolaos. Das viele Sitzen im Tychaion, in seiner Arché und in seinem Privatzimmer tat ihm nicht gut. Er beschloss, demnächst ins Gymnasion zu gehen und Übungen abzuleisten.
    Die Sklaven entfernten sich von ihm. Das Öl war abgeschabt, die Rückstände trockneten nun. Nikolaos döste.
    "Hole einen Barbier.", befahl er nach einiger Zeit dem älteren der beiden Sklaven. Von dem Jüngeren ließ er sich beim Anlegen des weißen Chitons helfen. Rasch war der Barbier geholt. Nikolaos nahm auf einem Schilfrohrstuhl platz und der Barbier begann mit seiner Arbeit. Zuerst schabte er mit einem Messer die Bartstoppeln aus Nikolaos Gesicht. Dann begann er, Nikolaos Haar zu kämmen.
    Nachdem der Barbier sein Werk getan hatte, schickte Nikolaos alle Domestiken davon. Er wollte noch eine Weile allein sein, ehe er zu den Häusern derer, die er abholen wollte, aufbrechen würde.

    Können Pyrtanen eigentlich in ihrem Amt wiedergewählt werden oder ist es, ähnlich wie beim Cursus Honorum, nicht möglich, ein Amt mehrmals zu besetzen?

    Nikolaos war auch am dritten Tag, dem des Rennens erschienen, obgleich ihn Pferderennen nicht sonderlich mitreißen konnten. Etwas schläfrig saß er auf seinen Kissen unter dem Palmenwedel, den den Tag über über Nikolaos Kopf zu halten ein unglücklicher Diener verdammt war und aß Süßigkeiten, die ihm ein anderer Diener mitgebracht hatte. Der Diener hatte es anscheinend gut gemeint und somit einen großen Beutel gekauft. Nikolaos wühlte daran herum und stieß auf in Tücher eingewickelte, klebrige Früchte, die in Honig eingelegt waren, auf Gebäck, in das Datteln und ungeborene Wachtelküken eingebacken waren, auf süßes Mohngebäck und auf mit Bleizucker gesüßtes Obst, wobei Nikolaos nicht verstand, warum man ohnehin süßes Obst noch nachsüßte. Indes aß er es trotzdem. Die fleischhaltigen Leckereien reichte er an seine Diener weiter, da er dem Fleisch nicht traute. Es war heiß hier und viele Händler trieben Schmu mit ihren Waren. Und Nikolaos hatte keine Lust, in einen Kadaver zu beißen.
    Er trank stark verdünnten Wein, heute wollte er nicht betrunken werden. Wobei die Gefahr nicht mehr so groß war, wie am Tag der Eröffnung, die kostenlose Speisung und Tränkung war vorüber.
    Er überlegte, dass es noch besser gewesen wäre, den Kräutersud zu trinken, von dem Timokrates gesprochen hatte, da er sehr schwitzte, trotz Palmenwedels und kaltem Weins.
    Er blickte sich nach bekannten Gesichtern in der Menge um. Nikolaos war froh, wieder einen der besseren Plätze erwischt zu haben. Dennoch störte ihn das Gegröhle und Gekreische des Volks, das sich hier tummelte. Auch einige vornehme Leute schienen heute die Sitten des Pöbels anzunehmen. Mehr als einmal flogen Süßigkeiten über die Ränge hinweg, einmal sogar ein Sitzkissen. Vielleicht würde es heute eine Schlacht geben, wie es sie in der rhomäischen Stadt Pompeii in einem Amphitheater zur Zeit des Neros gegeben haben soll, wie Nikolaos einst in Rom gehört hatte. Damals zwischen Pompeijanern und Nucerianern, heute vielleicht zwischen Anhängern der Factio Veneta und der Purpurea? Nikolaos war froh, dass es in Alexandria kein Amphitheater gab. Womöglich hätte sonst der Praefekt auch Gladiatorenkämpfe veranstaltet, und Wagenrennen empfand Nikolaos zwar als langweilig, Gladiatorenkämpfe jedoch als abartig und barbarisch. Nicht dass er Mitleid mit den Gladiatoren gehabt hätte (dann eher mit den armen Tieren bei den Tierhetzen), jedoch stieß ihn alles Grobe, Schmutzige, Vulgäre stark ab.