Lieber Marcus,
bedrückt habe ich Zeile um Zeile deines Briefes mehrfach gelesen. Mir erscheint es nunmehr töricht, dass wir an jenem unbeschwerten Tag im Tiergarten alberne Späße über den Sachverhalt gemacht haben, der nun wohl eintreten muss. In Rom hört man es aus den Gassen wispern, die Spatzen rufen es von den Dächern und jedes Marktweib tratscht inzwischen über den Krieg. So froh ich bin, dass mein Vater nicht nach Parthia ziehen muss, so erschüttert bin ich darüber, dass man dies von dir verlangt, willst du nicht ehrlos erscheinen. Ich habe lange überlegt, ob ich dich nicht aus tiefstem Herzen bitten soll, auf den Ruhm der Schlacht zu verzichten und dein Leben nicht wegzuwerfen, doch als Tochter eines Soldaten weiß ich, dass alles Reden vergebens wäre und ich dich in deiner Entscheidung nicht einmal umstimmen könnte, wären wir bereits vermählt.
Dieser Umstand macht mich traurig, wie du in deinem Brief bereits erraten hast, und ich habe zugegebenermaßen Angst, dass mein Verlobter nicht vom Schlachtfeld zurückkehren mag. Es ist eine schwierige Situation, und obwohl ich nicht weiß, wie lange dieser Krieg andauern und wie er ausgehen mag, so stehe ich dennoch zu dem Wort, welches ich dir bei den Großkatzen gab. Es wäre vermutlich einfacher, den leichten Weg zu gehen, doch welche Ehefrau würde ich einst sein, wenn ich dich nun im Stich ließe, um mich einem anderen zuzuwenden? Marcus, ich bin eine Claudierin, und als solche stehe ich zum Einen zu meinem Wort, wie es meine Pflicht ist, zum Anderen habe ich aus freien Stücken einer Ehe zugestimmt und werde meine Zusage nicht widerrufen, nur weil mein zukünftiger Ehemann keine andere Wahl hat, als für unser Reich und den Kaiser gegen den Feind zu kämpfen. Es wird eine schwere Zeit werden, gefüllt mit Bedrückung, Ängsten und gar Sehnsüchten, doch ich werde dir nicht einfach den Rücken kehren, weil du deine Pflicht tust.
Ich habe meinen Vater ebenfalls von den Umständen unterrichtet. Er bedauert es, gerade jetzt den Dienst quittiert zu haben, und lässt ebenso Grüße an seine Waffenbrüder ausrichten, sowie folgende Worte: semper fidelis, semper paratus! Er hat keinen Zweifel daran, dass die Prima Rom und dem Kaiser zum Sieg verhelfen wird. Ich teile seinen Standpunkt. Außerdem würde er es begrüßen, wenn die Verlobung dennoch in einer Feierlichkeit stattfinden und anschließend eingetragen werden würde. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob du die Befehle deiner Vorgesetzten dahingehend umschiffen oder um Freistellung bitten kannst, Marcus, doch auch ich sähe dich gern noch, bevor du Mantua des Krieges wegen verlässt. Wenn es dir nicht gestattet ist, eine Feier auszurichten oder ihr beizuwohnen, findet sich gewiss auch ein anderer Weg. Die Hilfe meiner Familie bei der Planung und Ausführung einer kleinen Feier wäre ebenfalls gegeben. Lass es mich einfach nur wissen, wie wir hiermit verbleiben können.
Weißt du, ich habe lange nachgedacht, welche Worte ich wählen soll, wenn ich dir auf dein Schreiben antworte. Es gibt viele verschiedene Ausdrücke für das, was in mir vorgeht. Du warst ehrlich mit mir, und so will ich auch ehrlich mit dir sein. Es mögen Jahre vergehen, Marcus, die du im Krieg sein wirst, aber sei dir gewiss, dass ich hier auf dich warten werde. Ich bin stolz auf dich und respektiere deine Entscheidung bezüglich des Krieges, auch wenn ich sie nicht unbedingt gutheiße. Es ehrt dich, dass du mir die Wahl gelassen hast, doch sollst du wissen, dass ich stets direkt hinter dir stehen werde, was auch geschieht. Nicht nur die Etikette gebietet das, sondern auch mein Verständnis einer Ehe, deren Vorstufe schließlich die Verlobung ist. Ich wünsche mir, dass es dir möglich sein wird, während des Krieges in brieflichem Kontakt zu mir zu bleiben, und ich wünsche mir, dass wir noch einige unbeschwerte Tage genießen können, ehe es Zeit für den Abmarsch ist.
Mögen die Götter auf dich achten und dich schützen. Ich werde für dich beten und für unsere Zukunft.
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ROMA, ANTE DIEM III ID MAI DCCCLVII A.U.C. (13.5.2007/104 n.Chr.)