Von ihm trennen? Diese Worte hallten in Albinas Bewusstsein nach und erschüttert erkannte sie, wie diese Worte, noch bevor die Ehe geschlossen war, als eine glückverheißende Möglichkeit erschienen. Schnell unterdrückte sie diese Regung in der Hoffnung, dass Helena ihr eben dies nicht angemerkt hatte.
"Lassen wir uns überraschen." meinte Albina daher leicht schmunzelnd in der Hoffnung, von dem Thema vorerst ablenken zu können. Was sonst sollte sie auch sagen. Welche Erwartungen und Vorstellung konnte sie von einer Ehe mit einem Mann, den sie kaum kannte, schon haben. Es blieb ihr nur die Zuversicht, dass es weniger schlimm sein würde, als sie glaubte und sie die Jahre, wie auch immer, durchstehen konnte.
Überrascht aber sichtlich gerührt nahm Albina den Beutel entgegen und tastete unbewusst ein wenig daran rum um nur bestätigt zu bekommen, dass darin enthalten war, was Helena ankündigte. Sie blickte noch einmal die Frau an, die sie bisher so wenig kannte und die sie dennoch bereits ins Herz geschlossen hatte. Warum, konnte sie selbst nicht sagen, doch diese Geste gepaart mit den Ängsten vor der Zukunft führten dazu, dass Albina merkte, wie ihre Augen sich langsam mit Tränen füllten und bekam nur noch am Rande etwas von Helenas weiteren Worten mit.
Mit gröster Mühe versuchte sie, eben jene zu unterdrücken und trotz der jahre langen Erziehung, die allzu übermäßige Emotionen verbat, konnte sie den Strom, der sich seit langem das erste Mal einen Weg bahnte, nicht mehr aufhalten. Sie versuchte ihre Miene neutral zu halten, auch wenn sie die Nässe der ersten Tränen ihre Wange hinunter laufen spürte.
Sie legte ihren Kopf an Helenas Schulter und begann zu Schluchzen. In Gedanken verfluchte sie die Götter für ihr eigenes Schicksal, für den Tod von Verres, für all die Schmerzen die sie ihr ihr selbst unverständlicher Weise geschickt hatten. Es gab so vieles, was sie hätte sagen wollen, was sich seit langem immer weiter in ihr bereits verbittertes Herz hineinfraß und sie sich hätte von der Seele reden müssen. Sie hatte das unbändige Gefühl schreien zu müssen. All die Wut und den Hass aus sich hinausschreien zu müssen... doch sie tat nichts der gleichen.
Leise schluchzend barg sie nur das Gesicht an Helenas Schulter und spürte, wie die Tränen verebbten und ihre Atmung wieder ruhiger wurde...
Sie hatte ihre Emotionen wieder im Griff, ihren Schmerz ein weiteres Mal hinunter geschluckt und wieder einmal ein kleines Stück ihrer selbst verloren.