@ Medeia
Ich verstehe deine Skepsis natürlich und es ist grundlegend für die Geschichtswissenschaft alles zu hinterfragen. Tacitus ist, und das ist mir auch bewusst, sicher eine schwierige Quelle in ihrer Authenzität. Aber abgesehen von der Ideologie hat Tacitus die Germanen auch benutzt um die Erhabenheit der römischen Kultur hervorzustellen. So vorteilhaft er sie auch am Beginn des Buches beschreibt, so negativ wird er auch an anderen Stellen. Seine Motivation ist immer schwer einzuschätzen. Und das ist, darin ist dein Problem wenn ich es richtig verstanden habe ja auch begründet, ein generelles Problem in der Geschichtswissenschaft.
Es gibt keine Quelle, ob nun objektive Geschichtsschreibung oder nicht, die nicht subjektiv ist, weil ihr Autor nun einmal eine eigene Meinung hat, die man auch bei noch so großer Mühe nicht völlig unterdrücken kann.
Die Historiker des 19. Jh. von denen du sprachst waren da noch sehr viel schlimmer, das stimmt. Wenn ich nur an Auszüge von Mommsens Römischer Geschichte denke, ist klar, dass da bei weitem keine Objektivität vorlag.
Aber wenn man eine jede Quelle auf diese Hintergründe hinterfragt und anführt, dass es ja sein kann, dass es garnicht stimmt was jemand sagt, dann bist du auch sehr schnell dabei, dass du alle Geschehnisse, die je überliefert wurden, möglicherweise garnicht geschehen sind.
Man denke nur an den Historiker der behauptet hat, dass es das Mittelalter garnicht gegeben habe!
Von daher kann ich zu deinen Anmerkungen wenig sagen. Einerseits hast du natürlich recht, mit Catulls potentiellen Absichten, andererseits kannst du nichts, was überliefert ist für bare Münze nehmen. Denk allein daran, dass ja nicht EINE EINZIGE der überlieferten Text noch Originale sind, sondern generell Abschriften. Wer sagt denn, das Catull je gelebt hat und nicht einfach ein talentierter Mönch im Mittelalter dahintersteckte...
Aber das führt jetzt wirklich viel zu weit weg zum Thema.
Zu den anderen von dir erwähnten Aspekten :
Was das Klientelverhältnis anbetrifft halte ich es für mutig, das soweit auszudehnen. Wir wissen zwar, dass auch Frauen die Klienten ihres Gatten empfingen und auch, dass sie in Abwesenheit ihrer Männer ebenfalls für diese zuständig waren. Aber ob man ein Liebesverhältnis in dieser Hinsicht als Klientel begreifen kann? Vor allem ist es glaub ich schwierig zu klären, weil ich mir nicht vorstellen kann, zumindest weiß ich darüber nichts, dass etwas derartiges überliefert wurde.
Die Sittengesetze des Augustus sind wirklich interessant. Obwohl ich sie bisher nur hinsichtlich ihrer Ehegesetzgebung betrachtet habe. Mit dem weiteren habe ich mich noch nicht auseinander gesetzt, aber ich glaube, das werde ich demnächst dann mal tun.
Auf jeden Fall hast du recht, dass es eine interessante Diskussion ist.