Es war fast schon zynisch, wie der trecenarius nun von sich aus Anfing von Wahnsinn zu reden. Licinus war sich sicher, das Wort aus seinem Mund herausgehalten zu haben, auch wenn es die einzig treffende Beschreibung war.
"Chaos als Lösung für das Chaos." entgegnete Licinus pathetisch. In seinen Augen klang der Plan bestenfalls wie eine Aneinanderreihung gefährlich unausgereifter Ideen.
"Das ist doch Wunschdenken!" kanzelte Licinus ab. Gingen dem trecenarius gerade alle Maßstäbe von Mathematik ab. Licinus war en Mann nackter Zahlen. Im Moment konnte er nur grobe Überschläge präsentieren, aber diese sprachen in seinen Augen eine deutliche Sprache. "Wir haben in Rom über eine Millionen Einwohner, davon irgendwas zwischen der Hälfte und einem Drittel in der Subura. Wenn wir alle bewaffneten Einheiten Roms zusammennehmen haben wir ca. 15000 Männer unter Waffen. Das heißt, wenn wir alle Männer von allen neuralgischen Punkten abzögen und alles auf diesen Einsatz konzentrieren würden, keine Löschtrupps in der Hinterhand behalten und so weiter, sind unsere Sperrketten günstigstenfalls 20 zu eins unterlegen. Noch dazu in Panik." Das allein war schon ein Problem, wie die Ketten das halten sollten. Dazu noch "Und auf Grund des schieren Umfanges des Gebietes und der zahllosen Wege können unsere Sperren nicht mal tief gestaffelt stehen."
"Ganz davon abgesehen ist die subura an allen möglichen Enden von anderen vierteln umgeben. Wir können uns kaum leisten, dass auch diese Abbrennen."
Das war ein faktum. Denn bei diesen Firteln handelte es sich nicht zuletzt um das Forum und sonstige Marktviertel.
"Was hast du mit den Katakomben vor? Fluten?" was sonst sollte eine passende Lösung sein? nur ... wie sollte das gelingen? Die Kanäle waren dazu da Wasser in rauen Mengen abzuführen, sie zu Fluten dürfte eine Herkulesaufgabe sein.
Von all diesen technischen Gründen abgesehen hegte er aber auch massive Zweifel daran, dass die Prätorianer geeignet waren, den Wildwuchs einzudämmen. Das Beispiel des korrupten centurio zeigte, dass man auch in den schwarzen Uniformen nicht gegen die Versuchungen des Geldes gefeit war. Die Erinnerung an seinen Eid stieß Licinus dann sauer auf. Illoyalität ließ er sich nicht wirklich gerne vorwerfen.
"Ich bin mir meiner Verpflichtungen durchaus im klaren." erklärte er schneidend mit einer Stimme kalten Stahles. "Ich bin aber der Meinung, dass dieser Plan nicht im besten Interesse weder des Kaisers, noch der Prätorianer, noch ROMs ist."
"Er birgt mehr Risiken als Vorteile und selbst die sehe ich als eher kurzfristig an. Besser wäre es den langatmigen Weg zu nehmen. Die Banden infiltrieren, die Kontrolle über sie übernehmen und sie sich langfristig gegenseitig aufreiben lassen." eine Strategie, die das Imperium an seinen Grenzen seit langen Jahrzehnten sehr erfolgreich umsetzte. Warum sollte das Prinzip divide et impera nicht auch im Innern funktionieren? "Natürlich ist das aufwendiger und erfordert einen langen Atem, aber es ist die gangbarere und vor allem kontrollierbarere Lösung."
"Wenn du aber auf deinen Plan bestehst ..." Licinus Stimme klang ein wenig angestrengt. "Kannst du natürlich sicher sein, dass ich meinen Teil beitragen werde, so viel Kontrolle wie möglich zu behalten." Denn, dass es nicht möglich war, die vollständige Kontrolle zu behalten, davon war Licinus überzeugt. Und Kontrolle zu verlieren widerstrebte ihm zutiefst.