Esquilina
Nach der unwirschen Aufforderung -- nun, er wäre sicher auch unwirsch, wenn seine Tür beinah eingeschlagen worden wäre -- trat Licinus zusammen mit seinen beiden Begleitern das Büro. Dessen Besitzer wiederum erhob sich und gleichzeitg konnte Licinus wahrnehmen, wie sich sein Gesicht von unwirsch in freundlich verwandelte. Er reagierte allerdings nicht schnell genug um den Hausherrn aufzufordern doch Platz zu behalten, da begann schon die Begrüßung.
"Salve Dives, ich freue mich auch, hier zu sein."
Es blieb ihm keine Gelegenheit, Servianus und Esquilina vorzustellen, da Dives deren Namen schon selbst erriet und auch sie begrüßte. Licinus schmunzelte, wie er Esquilina begrüßte und sich rausredete, dass er ihren Namen vergessen hatte. Licinus ging nicht davon aus, dass er ihn nie genannt hatte.
"Esquilina, heiß ich!", erklärte die Kleine, während ihr Gesicht leicht rot anlief, da sie noch jung genug war um Dives Kompliment für wahr zu nehmen.
Licinus nickte als Dives vorschlug nach Wein schicken zu lassen. Er erinnerte sich nicht bewusst daran, wie und ob Proximus Wein ihm geschmeckt hatte, geschweige denn ob er ihn schon mal probiert hatte, ging aber davon aus, dass Dives ihm einen Rachenputzer vorsetzen würde.
"Hast du Traubensaft für mich? Bitte!" fragte Esquilina und bekam dafür von Licinus einen verwunderten Blick ab. Nicht weil die Frage unberechtigt war, sondern weil sie bei aller Höflichkeit geradezu keck für Esquilinas Verhältnisse war. Irgendwas an Dives schien ihr wohl vertrauen einzuflößen. Das konnte wohl kaum ausschließlich auf das Kompliment zurückzuführen sein, oder doch?
Hätte er indes in den Kopf seines Mündel gucken können, so hätte er erfahren, dass mit den blauen Augen zusammenhing. Diese faszinierten sie so, dass sie ihre eigene Schüchternheit vergaß, da sie zwar fremdartig, aber nicht bedrohlich auf sie wirkten.
"Hab was falsch gemacht, Papa?" fragte sie ob des Blickes, denn der kuriose Gesichtsausdruck, den Licinus angenommen hatte, hatte sie sofort wieder verunsichert.
"Nein, alles in Ordnung", versicherte dieser beruhigend und fügte sogar hinzu.
"Lang und in dem Reisewagen merkt man jede verdammte Unebenheit der Straße. Auf den Hauptstraßen wird man ganz schon durchgeschüttelt. Ich werde für die Rückreise eine Route mit mehr geschotterten Nebenstraßen aussuchen. Apropos Reisewagen, Matinius Avianus ist beauftragt diesen nach Sonnenuntergang in der Stadt unterzubringen und das restliche Gepäck vorher hier vorbeizubringen."
Licinus musste sich bei diesen Worten zwingen, nicht an seinen Rücken zu greifen, aber die Schläge hatten ihm auf Dauer einige Schwerzen bereitet, die noch nicht ganz abgeklungen waren. Ein weiteres Indiz dafür, dass er alt wurde.
"Aber du hast Recht, man spart sich ne Menge Ärger, wenn die Prätis im Lager bleiben und nicht versuchen einen aufzuhalten."