Beiträge von Marcus Iulius Licinus

    Das war ja richtig niedlich, was sich im Gesicht seines Gegenübers abspielte.
    "Na, dann meinen Glückwunsch!" meinte Licinus trocken, an die zwanzig Jahre Wartezeit denkend. Seine Phantasie reichte nicht, sich einen großen Altersunterschied vorzustellen, sodass sie kürzer gewesen wäre. Manchmal war er einfach doch sehr naiv, auch wenn es in diesem Fall tatsächlich so war.


    "Peregrina?" fragte Licinus überrascht zurück. "Mmmh", machte er gedehnt. Licinus war es ja egal, aber wie die in Rom da dachten, falls der Angreifer römischer Bürger war? Einige dieser reichen Säcke dachten ja, ein Römer könne sich gegenüber Fremden alles erlauben. Aber der Angreifer nicht reich gewesen. Und ihn angreifen hätte er schon gar nicht dürfen.


    Bei der Wegbeschreibung meinte er erst nur:
    "Nun, die ganze Stadt ist ein Stück weit von hier, aber ich werde dich schon finden. In zwanzig Jahren Patrouille gehen lernt man die Stadt ein klein wenig kennen ;)"
    Dann besah er sich die Adresse genauer und erinnerte sich dunkel an einige äußerst unschöne Szenen. An eine Falle die zur Falle geworden war, um genauer zu sein.
    "Das Haus ist von dem Feuer betroffen gewesen?*", vergewisserte er sich.


    Sim-Off:

    Keine Magie, aber das Feuer hatte sich nicht weit ausgebreitet

    "Genug der Scherze, machen wir weiter!", entschied Licinus dann, denn er war ja nicht hier um die tirones zu unterhalten, sondern um ihnen etwas beizubringen.
    Er sammelte sich noch einen kurzen Augenblick und fuhr dann fort:
    "Wo war ich? ... Achja... was ihr eigentlich hättet bemerken sollen, wenn unser Sonnenschein hier die Kontrolle über sich behalten hätte, wäre gewesen, dass es in erster Linie vond er Beinhaltung abhängt, ob man stürzt oder nicht.
    Das heißt Schildbein nach vorn, das Schwertbein ein Stück zurück."

    Von links und rechts zu reden hatte er sich schon lange abgewöhnt. Es gab zu viele Trottel auf der Welt.
    "Auf die Weise konnt ihr euch besser abfangen.


    Und damit geht es schon zu unserem Lieblingsgegner dem gemeinen Holzpfahl. Greift ihn an! Stichfolge euch überlassen, aber ich will Abwechslung sehen. Agite!"
    Als alle beschäftigt waren, rief sich Licinus die Stelle, die er tiro getroffen hatte. Unauffällig hoffte er. Tat schon weh.

    Und wie erwartet blieb der Mann, dessen Schild Licinus geschlagen hatte, dank besserer Beinhaltung stehen. Unmittelbar danach gelang ihm jedoch etwas, was lange keinem tiro mehr gelungen war. Er erwischte den primus pilus kalt.
    Licinus hätte nie damit gerechnet, dass ein tiro ihn angreifen würde und war dementsprechend nicht voll aufmerksam gewesen. Außerdem wurde er wohl allmählich alt und bequem, denn er trug nicht mal seine parma. Er bemerkte das heranziehende gladius viel zu spät und auch wenn er eine Ausweichbewegung machte so geschah das bestenfalls noch zur Schadensbegrenzung. Dabei spritzte er allerdings die erste Reihe nochmal gründlich voll.


    „Verfluchter Idiot!“ brüllte er und setzte hinterher:
    „In welcher Hafenspelunke bist du denn groß geworden, dass du immer sofort zustichst. Wenn ich sage ‚Verteidigungshaltung‘, dann meine ich damit nicht, dass du auch zurück angreifen sollst, du dreckiger…“
    Licinus unterbrach sich selbst. Nein, sagte er in Gedanken zu sich selbst, ein Denkzentrum, eben noch von purem Instinkt überlagert meldete sich zu Wort: Nein! Du bestrafst ihn nicht dafür, dass er schon kann, was du den anderen hier einzubläuen versuchst. Denn er konnte nicht umhin eines festzustellen:
    „Aber verdammt gute Reflexe! Wirklich sehr gut. Mach das nochmal und ich reiß dir eigenhändig den Kopf ab, verstanden?! Und falls das doch Absicht war, dann…“
    Er sprach die Drohung nicht aus, das war völlig unnötig.
    „Aber egal: Fünf Tage Gerste, damit du lernst, wann du dich auf deine Reflexe verlassen sollst und wann nicht!“
    Keine wirklich schwere Strafe, aber dennoch spürbar, insbesondere für tirones, die den Umgang mit der Handmühle noch nicht gewohnt waren. Und die übrigen centuberniumsmitglieder würden wohl darauf bestehen zuerst zu mahlen. Apropos:
    „Und wenn einer von euch auf die Idee kommt, mit ihm teilen zu wollen, dann ist es das Doppelte für beide, klar?!“

    Licinus winkte einen der Soldaten aus der Schlachtreihe heraus, einen jener, die die ganze Zeit mit geschlossenen Füßen trainiert hatten.

    „Tiro Gaius! Tri passus progredde!“


    „Stell dich auf und mach dich bereit dich zu verteidigen!“


    Falls der Tiro nun dachte Licinus würde mit dem Schwert auf ihn Losgehen, hatte er sich geirrt. Stattdessen schlug er mit der flachen Hand und aller Kraft frontal gegen den Schild. Erwartungsgemäß taumelte der Mann zurück
    Anschließend kommandierte er einen anderen nach vorn:


    „Tiro Obsidius! Tri passibus progredde!"


    "Verteidigungshaltung!“


    Licinus wiederholte, was er zuvor getan hatte und schlug wiederum mit voller Wucht, vielleicht sogar heftiger als beim ersten mal zu.

    In der Tat nicht nur die Geduld des primus pilus sondern auch jene des cornicularius, denn irgendwann begann Licinus nicht mehr vor der Tür zu stehen, sondern verfiel in leichte Bewegungen. Dann kommandierte er einen scriba ab und schickte ihn zu seinem optio, die centuria zu sammeln und bereit zu halten. Endlich öffnete sich die Tür.
    In beiderseitigem Interesse fasste sich Licinus so knapp wie möglich:
    „Erstens, bitte mein Urlaubsgesuch als nicht eingereicht zu betrachten.
    Zweitens, ein alter Waffenkamerad ist kürzlich verstorben und hat mich gebeten, seinen Sohn zu adoptieren. Ich wollte ihn dir die Tage mal vorstellen, aber in Anbetracht der Lage, können wir das auch verschieben. Für die Formalitäten der Adoption war auch der Urlaub gedacht, aber ich denke, dass verschiebe ich besser, bis in Rom wieder Ruhe eingekehrt ist.“

    Die schnellen Worte kamen heraus und Licinus wartete nun eine Antwort auf diese Nachrichten ab.

    Licinus fiel ein Stein vom Herzen, als sein patronus sich erbot dem praetor zu schreiben und verlegte sich gerne auf die allgemeineren Themen.
    Auch die Einladung zum Essen akzeptierte er dankend und freute sich schon auf den nächsten Gedankenaustausch mit dem Aurelier, dem man nie, wie er mal wieder feststellen durfte, einen patrizischen Standesdünkel anmerkte. Zumindest ihm gegenüber nicht.


    Einige Wochen erhielt er einen Brief, dass er der Formalia halber dennoch nach Rom kommen müsse, und noch einige Tage später, war Esquilina offiziell als seine Tocher in den Bürgerlisten eingetragen.


    Sim-Off:

    Absolut kein Problem, die Ereignisse überschlagen sich ja beinahe.


    Esquilina


    Esquilina hatte Mühe unter dem Wasserfall die Nachfrage Mareis zu verstehen. Zum einen prasselte das Wasser auf ihrem Körper, zum anderen hatte sie welches ins Ohr bekommen und nahm die Welt nur noch gedämpft wahr. Dennoch konnte sie sich zusammenreimen, was gesprochen worden war, beziehungsweise sie antwortete auf das, was sie meinte verstanden zu haben.
    „Na, wenn die Spritzer in deinem Gesicht und auf deinem Bauch landen.“ Und wie um es zu beweisen flogen dünne Fingerchen auf Marei zu und versuchten ihren Bauch zu kitzeln.
    „Bestimmt, oder?“ bei der Frage sah sie zu Esther. „Ich mein, Marcus hat gesagt, dass man in eienr Therme auch Ball spielen kann und da braucht es doch Platz. Oder darf man das im Garten nicht?“
    „Wir haben zwei Gärten. Einen zum Spielen und für gymnastische Übungen. Und den Rosengarten. Da kann man sich hübsch machen und entspannen und in Ruhe ein bisschen essen. Und da gehen wir hin.“


    Während sie sich trocken rubbelte beobachte das kleine Mädchen, wie Marei sich standhaft weigerte, dass kalte Wasser nochmal zu betreten. Sie sah darin nichts schlimmes, viel überraschender war für sie, dass Esther anstatt nun endlich das Wasser verlassen zu können, auch die letzte Bahn zurückschwamm. Auch diese hatte nichts weiter zu Marei gesagt. Das Mädchen war zu jung, dachte sie, um ihr den Sinn der Bäder zu erklären. Und wenn sie nicht wollte, Licinus hatte gesagt, sie solle den Mädchen einen schönen Tag machen.
    „Wieso macht dir das kalte Wasser nix aus, Esther? Kommst du aus einem ganz kalten Land?“ fragte sie unbedarft die junge Badesklavin, die daraufhin in schallendes Lachen ausbrach und darin abbrach ihre eigenen Haare nun ab zu trocken. „Nein, meine kleinen Schätze. Ich komme aus einem Land, das heißt Iu-dä-a, das liegt ganz im Osten und ist noch heißer als hier. Und es gibt da viel weniger Wasser. Aber man gewöhnt sich an das kalte Wasser, wenn man in einer Therme arbeitet.“ Und außerdem, so fügte sie in Gedanken hinzu, ist die Arbeit im Frigidarium besser, wenn man nicht betatscht werden will. Aber mit solchen Gedanken wollte sie die Mädchen nicht belasten.
    „Na, komm, Marei guck mal wieder hoch und mach dir auch die Haare trocken, dann können wir uns auch gleich im Garten frisch machen.“
    Als sie alle trocken waren, schnappte die Sklavin sich den Korb und hieß die beiden Mädchen sich an den Händen zu fassen. Dann nahm sie Marei Hand und führte sie in einen kleinen Rosengarten. Zwischen den Sträuchern standen vereinzelte Liegen mit Tischchen dazwischen. Zu einem von diesen steuerte die Sklavin ihr Gespann und setzte den Korb auf dem Tisch ab.
    „Auf, macht es euch bequem.“

    Gemäß Befehl formierten sich die centurien auf dem campus. Die meisten Soldaten waren mehr neugierig als angespannt, dass so kurzfristig und ohne offenkundigen besonderen Anlass ein Apell angesetzt worden war.


    Licinus centuria war eine der letzten, die sich auf dem campus formierte, bevor der praefectus castrorum das tribunal betrat und mit der Stimme eines Donnergottes rief:


    "Militeeeees! State!



    Aciiiieeees dirigite!



    Ad adventio legati! Oculos vostros aaaaaad sinistram!"


    Als der legatus und der Stab dann auf dem tribunal angekommen waren meldete, nach einem kurzen Austausch von Grüßen


    "Melde legio prima traiana vollständig angetreten!"


    Was im Klartext natürlich hieß ohne Wachen, Kranke und Vexillationes

    Beifällig nickte der praefectus castrorum zurück, als er dergleichen gelobt wurde. Außerdem war die Idee gut, die Seuche im letzten Sommer herzunehmen, sie hatte ihre Vorräte beträchtlich reduziert und nur die wengisten selbst im Lager wussten genau, wie weit diese doch schon wiederhergestellt worden waren.


    Einen Moment herrschte Ruhe und Licinus hatte das unangenehme Gefühl gemustert zu werden, wie ein tiro wenn er nicht wusste, ob er einen Fehler gemacht hatte.
    Als sie entlassen wurden, erhoben sie alle, die gesessen hatte, die Hacken knallten zu sammen und wie aus einem Mund donnerte es dem legatus entgegen:
    "Ita'st!"
    Alle verließen sie den Raum, nur der junge Patrizier blieb zurück.


    Und Licinus der vor der Tür darauf wartete, dass das Büro den Schwachkopf wieder ausspuckte.
    Als es soweit war klopfte er an den Türrahmen und meinte:
    "Entschuldige, legatus Aurelius. Erlaubst du mir zwei schnelle Worte in eigener Sache?"

    Licinus, die Manierlichkeiten der römischen Legionen allgemein und den Grad, in dem sich die Soldaten an ihr "Zölibat" hielten im Besonderen kennend, meinte schmunzelnd zu erkennen, was das Problem war und meinte freundlich:
    "Du hast nicht zuuuufällig einen Liebhaber unter den Soldaten, Lucilla?
    Mach dir da mal keine Gedanken, wenn das verboten wäre, dann sollten wir die Tore verrammeln und gleich das ganze Lager als Arrestlokal hernehmen. Und die halbe weibliche Bevölkerung Mantuas könnten wir gleich mit arretieren.
    Du bist doch nicht verheiratet? Deinen Gensnamen bräuchte ich nämlich auch noch."

    Das mit dem verheiratet sein war dann nämlich unter Umständen wirklich ein Problem.


    Licinus überlegte einen Moment, ordnete seine Gedanken, trug zusammen, was er über zivile Gerichtsverfahren wusste. Viel war es ja nicht gerade, wie er sich nur zu bewusst war.
    "Zuerst geht mein Bericht an den legatus und die Stadtverwaltung.
    Zweitens warten wir ab, ob der Kerl wieder aufwacht.
    Drittens wird er in Ketten ins Tullianum geschafft.
    Viertens kommt es zum Prozess in Rom wo es
    fünftens sein kann, dass du Aussagen musst, damit er
    sechstens verurteilt wird.


    Wie genau die Strafe aussehen wird, kann ich dir nicht sagen, aber zum Vergleich wird ein Soldat, der einen Vorgesetzten angreift gesteinigt. Ob du Aussagen musst ist auch offen, vielleicht reicht meine schriftliche Aussage schon für die Höchststrafe, da kenne ich mich nicht aus.
    Wenn du wissen möchtest, was mit ihm geschieht, kann ich dir gerne eine Nachricht zukommen lassen. Dann müsste ich aber auch noch wissen, wo du wohnst. Keine Sorge, DAS wird er nie erfahren."

    Setzte er hintan, um alle Bedenken im Vorhinein auszumerzen. Nocheinmal überlegte er, ob er was vergessen hatte, meinte aber weiterhin, alles gesagt zu haben, was er wusste.

    Irgendwann stand ein jeder wieder dort, wo er nach Meinung des primus pilus hingehörte: In der Formation.
    Licinus begann erneut mit einer kleinen Ansprach, die sich erneut durch Kürze auszeichnete:
    "Es gibt drei Arten von Stichen, die ihr führen könnt:"


    "latus ictus" ~ Stich rechts


    "supra ictus" ~ Stich oben


    "subtus ictus" ~ Stich unten


    Licinus machte jeden einzelnen von ihnen vor, führte seinen gladius erst an der Seite vorbei und hätte wohl nicht mehr als den Schild des Gegners getroffen, so dieser einen trug. Stach nach oben über den Schildrand hinweg, wo das Gesicht des Gegners gewesen wäre, und unten, in Richtung seiner imaginären Beine.


    "Fürs erste sage ich die Stiche an!"


    "latus ictus!"


    "latus ictus!"


    "subtus ictus!"


    "subtus ictus!"


    "supra ictus!"


    [...]


    "latus ictus!"


    "gladios condite!"


    Wie imer war er bemüht eine möglichst zufällige Reihenfolge zu kommandieren, wie imemr beobachtete er die Soldaten und wie immer griff er ihnen in den Arm, wenn er meinte sie verbessern zu müssen.

    Als der legatus das „cui bono“ ansprach, dachten wohl alle im Raum an den gleichen Mann. Selbst bei den beiden, deren Ränge nicht in gewisser Hinsicht politische Ämter waren, wurde eine gewisse Vertrautheit mit der politischen Landkarte vorausgesetzt und war sowohl bei Licinus wie auch dem praefectus gegeben. Auch wenn sie noch nie mit ihm zu tun gehabt hatten.


    Licinus war sich nicht sicher, nahm aber an, dass das „erst“ in den Ausführungen des legatus hieß, dass beides gleichzeitig bekannt gegeben würde. Man konnte Kleingruppen ja immer noch aus dem Lager lassen, um ihre Familien zu informieren. Aber es sollte nicht so sein, dass die Zahlen der abwesenden Soldaten die Größenordnung von Kohorten erreichten. Licinus konnte sich jedoch ein Schmunzeln nicht erwehren, als der Legatus von der Erkältungsmenge sprach, die immer einsetzte, sobald bekannt wurde, dass größere Bauarbeiten anstanden. Und im Winter konnten die medici das nicht so einfach wegwischen, wie im Sommer. Höchstens besonders ekelhafte Medizin verwenden.


    Zu den Überlegungen bezüglich Rom beteiligte sich Licinus dann nicht, da die frumentarii und ihre Arbeit alles andere als sein Fachgebiet waren. Die beiden tribuni hingegen schienen mit den der Möglichkeit eines festen Quartiers sehr zufrieden und Licinus hatte das Gefühl als würden sie am liebsten sofort die Köpfe zusammen stecken und losplanen.


    „Lass das Einkaufen nur meine Sorge sein. Mit etwas Planung schaffen wir das, ohne dass jemand meint, wir würden hamstern“, brummte der alte Veteran von einem Lagerpräfekt, wohl wissend, dass seine Aussage ziemlich optimistisch war.


    Bei dem Wort Wunsch, dachte Licinus daran, dass auch ein Kaiser sicher ein Testament machte. Was da wohl drin stehen würde? Danach zu fragen erübrigte sich allerdings auch, denn wenn hätte der legatus es ihnen sicher mitgeteilt. Wie also sollten sie den Willen des Toten erfahren. Auch sah es Licinus nicht als Vorteil, dass sich die Fronten erst bildeten. Umso leichter, so dachte er, geriet man dazwischen. Lieber wäre es ihm, sie hätten zwei Seiten und die prima müsste sich entscheiden. Eine klare Front, eine klare Entscheidung. Das war seine Welt, alles andere Politik.


    Esquilina


    "Ich glaube, das wird nicht schwer", lachte Esther, die Licinus ja hier kennen gelernt hatte. Die Lagertherme war für Offiziere nicht immer der optimale Ort zum Entspannen.
    "Ja, ich sag Papa, dass du uns schwimmen lernen willst. Dann geht das ganz bestimmt." stimmte Esquilina deutlich ein udn nickte kräftig. Ihre Freundin würde auch Urlaub brauchen, aber an derlei dachte das Kind noch nicht. Licinus würde es regeln müssen.


    Solange sie getragen wurden hielt sich Esquilina an Esthers Hals fest. Auf der stufe Abgesettzt tauchte sie argwöhnisch immer tiefer, bis sie endlich festen Boden unter den Füßen hatte. Und während ihre Freundin schon unter dem Wasser stand, guckte sie noch nach oben, auf die herunterprasselnden Wassermassen. Aber sie wollte nicht zurückstehen und ging auch einen Schritt vor. Das Gefühl war nicht unangenehm, das Wasser war warm und obwohl es schwer war, floss es doch sanft über ihre Schultern.
    "Es kitzelt lustig", sagte sie, klang dabei aber weniger begeistert, als wenn es wirklich lustig gewesen wäre. Aber zumindest war es nicht unangenehm. "Aber jetzt hab ich wirklich Hunger." fügte sie bestimmt an. "Lasst uns in den Garten gehen."


    Gemeinsam verließen sie das Becken wieder und Esther wollte sie noch einmal durch das kalte Becken ziehen. Diesmal machte sie es anders. Sie stieg ins Wasser und Esquilina folgte ihr, so weit, sie stehen konnte. Dann ergriff Esther Esquilinas Hände mit ihren und lief rückwärts im Becken, wobei sie das kleine Mädchen mit sich zog. "Yiiieeek!" machte das Mädchen, während ihre Brust wie ein flacher Galeerenbug durch das Wasser pflügte.
    Am anderen Ende angekommen, sprach sie:
    "Dann nimm dir schnell ein Handtuch und rubbel dich ganz fest trocken, damit du nicht krank wirst. Ich hole so lange Marei!"

    Der tribunus laticlavius wurde rot. Man konnte meinen vor Scham, so zurechtgewiesen worden zu sein, tatsächlich aber auch aus Wut, fühlte er sich doch von dem legatus ungerecht behandelt, dass dieser ihn hier vor rangniederen zurecht wies. Und das wo er es doch war, der die Lage völlig verkannte.


    Ein Brummeln kam unisono aus dem Mund des praefectus castrorum und des primus pilus. Die Augen offenhalten und auf Befehle warten. Was glaubten diese Spinner in Rom eigentlich, was sie hier den ganzen Tag taten? Däumchen drehen und auf besseres Wetter warten?
    „Wir wissen vielleicht nicht, wo wir stehen“, setzte der Lagerpräfekt an, „aber ich denke, wir wissen alle, wo wir nicht stehen. Nämlich auf der Seite der Mörder.“
    Zustimmendes Gemurmel erhob sich bis Licinus anfügte:
    „Das heißt aber, wir wissen nicht wo wir stehen, da wir den Mörder nicht kennen.
    Ruhe bewahren ist erstes Gebot, allerdings sollte wir etwas weiter gehen, als von dir vorgeschlagen, legatus. Sämtliche regulären Ausgänge streichen und die Männer nur mit Sondergenehmigung rauslassen. Die entfernteren vexillationes zurückrufen…“

    Weiter kam er nicht, da wurde er schon wieder von dem tribunus laticlavius unterbrochen:
    „Warum nicht alle? Außerdem sollten wir unsere Befestigungen überprüfen und alle Nahrungsmittel im Umland requirieren.“
    Der praefectus schien langsam wirklich Mühe zu haben, sich zurückzuhalten, und Licinus stockte kurz der Atem, so hatte sie sofort einen Aufstand der Bevölkerung am Hals. Den Einwurf weitgehend ignorierend:
    „Die routinemäßigen Ausbesserungen an Wall und Graben vorziehen, Nahrungsmittel einkaufen.“
    Das letzte Wort betonte er stark, auch wenn er seinen Chef nicht für so hirnlos wie dessen Stellvertreter hielt. Als letztes Sprach der älteste der ritterlichen tribuni, der unter anderem für die Koordination der frumentarii zuständig war.
    „Ein paar frumentarii in den Außenbezirken von Rom wären sicher gut, ich würde sie jedoch nicht in die Stadt selbst schicken, da sie schnellstmöglich zurückkehren müssen. Eventuell wären auch Reiter geeignet, um Nachrichten zu übermitteln. Ich glaube, die sind doch schneller mit ihren Pferden.“ Ein Satz, der ein zustimmendes Nicken des Reitertribuns zur Folge hatte.

    Licinus sah beruhigt zu, wie die junge Frau langsam wieder an Farbe gewann und begann die Geschichte aus ihrer Sicht zu erzählen. Doch schon nach dem ersten Satz, sah sich Licinus gezwungen nachzuhaken:
    „Deinen?!“ fragte er, und zog unbewusst eine Augenbraue nach oben. Nur um dann zu merken, dass er eine viel wichtigere Frage noch gar nicht gestellt hatte:
    „Wobei ich vergessen habe, wie heißt du eigentlich?!“


    „Shhh, ganz ruhig, Mädchen!“, machte Licinus unbeholfen, wie wenn Esquilina sich wieder in Alpträumen von ihrer Rettung und dem Tod ihrer Mutter verfangen hatte. Nur dass er das kleine Mädchen in den Arm nahm, was hier wohl alles andere als passend gewesen wäre.
    „Ja, das habe ich wohl“, antwortete er auf ihren letzten Satz relativ nüchtern. Vielleicht nicht unbedingt das Leben, aber wohl ihre Ehre. Er wollte dafür aber keine übergroße Dankbarkeit. Was er getan hatte war sein Job. Die Soldaten bewahrten den Frieden Roms nach außen, wie auch nach innen.
    „Hab keine Angst, er wird dir nie wieder was tun! Sollte er seien Verwundung überlegen, wird er sich für den Angriff auf dich und mich in Rom verantworten müssen.“
    Und sollte er, womit Licinus nicht rechnete und das junge Ding vor ihm nicht damit beunruhigen wollte, auch das überleben, so wüssten die frumentarii und die Stadtwachen, auf wen sie zu achten hatten. Der Kerl würde sich schleunigst einen anderen Ort suchen, wenn er nicht ohnehin in Rom blieb. Die Stadt schien ja Verbrecher wie diesen geradezu magisch anzuziehen.

    "Sehr witzig!", Licinus Stimme trof vor Sarkasmus.
    "Ruhe! Wer hat euch erlaubt einen Witz zu machen, hä? Das könnt ihr abends, aber im Dienst wird nicht gelacht!"
    Einige der tirones kicherten dennoch weiter und einer sagte etwas unverständliches, zu seinem Glück direkt gefolgt von der richtigen Antwort.
    "Was ist? Verschluckt?! Sprich gefälligst deutlich!"


    "Aber korrekt. Der gladius ist eine verdammte Stichwaffe. Wenn ich also jemanden sehe, der meint damit Umgehen zu müssen, wie ein ungewaschener Barbar mit einer Axt, dann reiß ich ihm die Eier ab und anschließend kann er so viel mit Äxten machen wie er will - als Holzfäller im Zivilleben!"
    Es kam ihm in den Sinn, dass sie gerade alle mehr aussahen, wie der angeführte Barbar, aber diesen Kommentar hebte er sich für später auf. Es würde noch genug Gelegenheit geben, ihn anzubringen
    "Auf dem tribunal liegen die Übungsschwerter! Jeder holt sich eines!" Glücklicherweise, das hieß dank Iulischer Planung, war das tribunal in direkter Nachbarschaft zu ihrem Übungsort und es bestand nicht zu viel Gefahr,
    Als alle liefen schnappte er sich den Marius:
    "Das nächste Mal gibst du die Antwort direkt mir, ohne dich zu vergewissern, klar?"
    Denn so hatte er die Szene der beiden tirones interpretiert.
    "Ich werd das beobachten!" drohte er

    Da der legatus in eigener Person anwesend war, blieb das Getuschel, das sonst vor jeder Stabssitzung aufbrandete, diesmal aus. Man wartete etwas unbehaglich darauf, dass der legatus die Sitzung eröffnete. Auch dass nur ein Sklave anwesend war, deutete darauf hin, dass die Lager ernster sein musste.


    Entsprechend dieser Einschätzung nahm Licinus die Begrüßung durch Cimon zur Kenntnis, erwiederte sie mit einem knappen Nicken und bedeutete ihm, dass er Wasser mit einem kleinen Schuss Wein haben wollte.


    Die Kunstpause, die der legatus einlegte gelang nicht ganz so kunstvoll, den sämtliche Offiziere brummelten hinein. Das ging von einem entsetzten "ungeheuerlich" aus dem wettergegerbten Gesicht des Lagerpräfekten, eines Kämpen alter Schule, bis zum "aber... aber... Krieg... oh, ihr Götter" aus den feinen Lippen des tribunus laticlavius, dem jungen Sohn eines reichen Vaters in seinem ersten Amt, diese beiden hatten den Posten in Mantua wohl als sicheren Hafen angesehen.
    Auch Licinus eigener Kommentar zeigte in erster Linie seine Überraschung, auch wenn er die Kaisergeschichte kannte, so hätte er es einfach nicht für möglich gehalten, vielleicht naiv und blind auf diesem Auge, bedingt durch seine eigene Eidestreue:
    "Ermordet? Der Junge auch?"
    Es war nicht der Sturm der Entrüstung, den es bei Divus Iulianus gegeben hätte. Die Offiziere und erst Recht die Mannschaften hätten wohl Rache verlangt, hier sah man mehr Überraschung und auch Entsetzen, aber der Imperator hatte zu zurückgezogen gelebt, als dass die Gefühle da gewesen wären, die Rachegelüste bedingten.


    "Was für Befehle haben wir?", fragte Licinus, als der zweite Teil der Nachricht enthüllt worden war und einige Augenblicke Stille geherrscht hatten. Das riss dann auch den tribunus laticlavius aus seiner Trance - leider.
    "Befehle, Befehle! Iulius, hör doch zu! Der Kaiser ist tot, es gibt keine Befehle mehr. Nur noch Chaos. Kennst du gar keine Geschichte, Iulius?! Die legionen werden ihre Kommandeure ausrufen. Es wird schlimmer als im Vier-Kaiser-Jahr."
    Dann sackte er auf seinem Stuhl zusammen. Ein aufmerksamer Beobachter hätte meinen können, dass der Lagerpraefect in mit Blicken erdolcht habe, so verachtend hatte dessen Blick sich in den Rücken des jungen Burschen gebohrt.
    Licinus hatte sich darauf konzentriert den Aurelier anzusehen, um sich nicht zu einem Akt der Insubordnation hinreißen zu lassen und den Mann, nein den Burschen, anzufahren, er möge sich zusammenreißen.


    Sim-Off:

    Ich hoffe, es geht in Ordnung, dass ich mir ein Paar Offiziere mehr gekrallt hab

    Mit Servianus im Schlepp betrat Licinus das Rathaus. Er hatte sich zu diesem Anlass ein wenig herausgeputzt, zwar nciht die Paradeuniform, aber immerhin armillae und eine der besseren Tagestunicen.
    Spätestens seit der Zeit der pestis war es nicht mehr nötig hier im vollen Putz anzukommen, wenn er etwas haben wollte.
    Er steuerte strack auf den Empfangssklaven zu und fragte:
    "Salve!
    Du kannst mir sicherlich helfen. Der junge Mann hier bei mir, mein Adoptivsohn, möchte bei einem der Beamten der Stadt ein tirocinium fori ableisten. Du kannst mir doch sicherlich sagen, welcher der magistrates und duumviri gerade eine helfende Hand besonders zu schätzen weiß, nicht wahr?"

    Abwartend blickte er den Mann vor ihm an.


    Sim-Off:

    PS: Spielt nach dem Tod des Kaisers, aber bevor die Nachricht in Mantua ankommt

    Licinus stand am Fenster seines Schlafraumes, von wo aus er die erleuchtete Fassade der principia sah. Das Feuer der Fackeln spiegelte sich in dem Metall, dass die Ehrenwache an sich trug. Ein erhabener Anblick für einen alten Soldaten.
    Hatte er das richtige getan, als er die Kinder seines Freundes adoptiert hatte? In den Händen hielt er jenen Griffel, den Flava ihm zum Abschied geschenkt hatte. Er hatte ihr versprechen müssen ihr zu schreiben. Den ganzen Tag war ihm diese Szene nicht aus dem Kopf gegangen. Er hatte sie geliebt und sie hatte es gewusst, dessen war er sich mittlerweile sicher. Ihn vielleicht sogar selbst geliebt, aber sie war Titus versprochen gewesen, seinem besten Freund. Etwas, dass er immer akzeptiert hatte, nicht zuletzt, weil er wusste, dass auch dieser sie aufrichtig geliebt hatte.
    Er hatte ihr immer mit diesem Griffel geschrieben. Ein wenig verrückt, aber jeder hatte seine Marotten, rechtfertigte er sich vor sich selbst. Auch mit Titus hatte er den Kontakt gehalten. Sie hatten gegenseitig ihr Leben verfolgt. Und nun war es auf die traurigste Weise wieder zusammengeführt worden.


    Wie sollte es weitergehen, fragte er sich, nicht wissend, dass sein Sohn gerade dasselbe tat.