Zitat
Original von Decima Lucilla
Für einen Moment glaubte Plotina schon, dass sie Lucilla ein wenig von ihren trüben Gedanken abgelenkt hätte, denn die Decimerin wandte sich nun wieder mit ihrer ganzen Leidenschaftlichkeit dem Geschehen in der Arena zu - bzw. eher der dort herrschenden angespannten Ruhe, denn eigentlich ereignete sich dort gar nichts mehr. Gerade dies aber stachelte Lucilla erst recht auf und führte sie zu weitergehenden Überlegungen, in denen nun auch wieder der Name "Spartacus" auftauchte, den die Auctrix der Acta Diurna vorhin schon einmal erwähnt hatte.
Plotina war sich nicht schlüssig, was das bedeuten sollte. Einerseits wollte sie ihre Gesprächspartnerin nicht einfach so nach einem fremden Mann fragen, der ihr offenbar nicht gleichgültig gewesen, nun aber auch nicht ihr Verlobter war. Andererseits wusste sie nicht, ob diese wiederholte Erwähnung des Namens ein Zeichen an sie sein sollte, dass sie doch danach fragen sollte. Plotina entschied sich schließlich in ihrer Unsicherheit für Diskretion.
Außerdem erforderten nun anderen Dinge die Aufmerksamkeit der Sergierin, jedenfalls war diese selbst davon überzeugt. Mit zunehmender Zeitdauer missfiel nämlich auch ihr das träge Belauern in der Arena. Mit einem Kopfschütteln stimmte sie Lucilla darin zu:
"Du hast ganz Recht, Lucilla, was die Gladiatoren angeht. Am Anfang hatte ich ja noch Verständnis für sie, vor allem nach dem, was dem armen Crassus widerfahren ist. Niemand möchte sein Leben schließlich einfach so wegwerfen. Aber allmählich könnten sie doch ein bisschen mehr Einsatz zeigen; es geht immerhin um ihre Freiheit und - ja, auch ein bisschen um ihre Ehre, oder nicht?"
Immer noch kopfschüttelnd nahm Plotina einen Schluck Wein und machte sich daran, das nächste Thema zu bearbeiten, das die Auctrix der Acta Diurna ins Gespräch gebracht hatte und zu dem Plotina meinte, Stellung nehmen zu müssen.
"Ach, Lucilla, wenn es darum geht, unser Licht unter den Scheffel zu stellen, stehen wir Frauen uns doch alle in gar nichts nach. Du sagst, deine Bildung sei nicht so vollständig - doch die Acta Diurna spricht da eine ganz andere Sprache."
Plotina zögerte einen Moment, aber warum sollte sie das eigentlich nicht offen bekennen?
"Und ich muss dir etwas gestehen. Manche Artikel verstehe ich auch gar nicht so ganz, weil mir doch vieles an Hintergrundwissen fehlt, vor allem auch in den Bereichen Verwaltung und Politik. Ich wünschte, ich fände einen Kursus, in dem ich darüber etwas lernen könnte. So kann ich mir leider durch eigenes Unvermögen kein Urteil bilden - trotz der Informationen aus der AD."
Dabei sah sie Lucilla lächelnd an. Ihr fiel jedoch gleich eine leise Traurigkeit auf den Gesichtszügen ihrer Gesprächspartnerin auf, und natürlich musste sie nicht lange überlegen, was der Grund dafür sein mochte. Behutsam versuchte sich Plotina auch diesem Thema zu nähern, da es doch einmal im Raume stand und selbstverständlich auch sie beschäftigte.
"Heraklit hat ja gesagt, der Krieg sei der Vater aller Dinge - aber oft schenkt er so ungeheuerlichen Kreaturen das Leben. Mein Cousin Lupus ist ja auch ein überzeugter Soldat, und ich freue mich auch für ihn, dass er sich diesen Wunsch verwirklichen konnte. Aber ich bin natürlich auch froh, dass er nicht ins Feld muss, sondern bei den CU arbeitet. Das ist zwar auch nicht völlig ungefährlich, aber natürlich kein Vergleich."
Mit diesem Satz endete Plotina ihre Rede, denn die Augen ihrer Gesprächspartnerin wandten sich wieder zur Arena, und Plotina hatte das Gefühl, dass sie vielleicht von diesem Thema nichts mehr hören wollte.