Beiträge von Sergia Plotina

    Während dieser emphatischen oratio - denn so musste man die Auslassungen des Philosophen wohl nennen - hatte Plotina weitere Schlucke Wein zu sich genommen und sich auch noch einmal nachgegossen; der Krebs war doch ziemlich salzig gewesen.


    Dabei war ihr durchaus nicht verborgen geblieben, dass Theodorus sich sehr erhitzte; unter seinem glänzenden schwarzen Bart konnte sie die Röte seiner Gesichtshaut entdecken. Dieser Anblick belustigte sie zunächst; unwillkürlich lächelte sie Theodorus an, senkte dann aber plötzlich den Blick. Ihre Stimmung schlug auch wegen seiner Ausführungen allmählich um, denn sie konnte bei weitem nicht allem von dem zustimmen, was der Philosoph hier äußerte.


    Nachdem Theodorus geendet hatte, wollte Plotina auch sogleich zu einer heftigen und - wie bei ihr ja eigentlich immer :D - wohl durchdachten Erwiderung ansetzen. Glücklicherweise fiel ihr Blick vorher noch auf Verus, der ein wenig gelangweilt an seinem Becher nippte. Dies brachte Plotina zur Besinnung, denn dies war vielleicht wirklich nicht der richtige Rahmen für eine Diskussion um res publicae und Moral. So beschränkte sie sich auf folgende Entgegnung:


    "Lieber Theodorus, wie immer hat mich deine Rede sehr beeindruckt. Vielem kann ich ohne Zögern beistimmen; andere Dinge sollten wir vielleicht noch einmal einer genaueren Überprüfung unterziehen, um uns dann sicher verständigen zu können. Wenn du erlaubst, werde ich dich also einmal in deiner Bibliothek aufsuchen."


    Dabei musste sie den Philosophen schon wieder anlächeln. Sie nickte jetzt auch Verus zu und lehnte sich zurück. Irgendwie spürte sie einen gewissen Druck in der Magengegend ...

    "Nein, eine so elegante, anmutige Erscheinung wie dich bei den Soldaten durch Schlamm waten zu lassen - das wäre wirklich eine Beleidigung der Götter!"


    Plotina musste lachen bei dieser Vorstellung.


    "Aber du deutest an, dass du dich durchaus auch für das Heer interessierst? Ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber darf ich fragen, ob auch einer deiner Verwandten an dem Zug gegen die Parther beteiligt ist?"


    Bei dieser Frage war Plotina schlagartig wieder ernst geworden und machte sich bewusst, in welch privilegierter Lage sie hier im Theatrum Marcelli saß.

    Plotina blinzelte in die Dunkelheit hinein. Tatsächlich meinte sie, das Objekt, von dem Metellus gerade gesprochen hatte, ausmachen zu können: die Casa Sergia. Sofort wandte sie ihren Blick wieder zu Metellus.


    "So, wir sind also angekommen, und das sogar sauber!" :D


    Demonstrativ und lachend schaute Plotina an sich herunter, während sie nur noch wenige Schritte von der CS entfernt waren.


    "Das Haus, ja, das wird natürlich in Ordnung gehalten. Ich bin auch froh, dass ich diesen Rückzugsort habe. Andererseits sollte ich mich natürlich auch nicht verstecken, denn du hast schon Recht: Vielleicht sollte ich mir noch etwas Zeit lassen, um mir hier in Rom einen Platz zu erkämpfen. - Na, ich hoffe, die Götter geben mir einen Hinweis, vielleicht sollte ich zum Orakel gehen."


    Diese Idee erheiterte Plotina selbst ein bisschen; Orakeln hatte sie immer skeptisch gegenüber gestanden. Sie blieb stehen und sah Metellus noch einmal an.


    "Metellus, ich möchte dir von Herzen für diesen schönen Abend danken und ganz besonders natürlich für die Begleitung nach Hause! Falls ich doch nach Aegyptus zurückkehren sollte, würde ich nicht gehen, ohne mich noch von dir zu verabschieden. - So, und jetzt hoffe ich, dass du dich in deinem Dienst heute Nacht nicht so plagen musst."

    Zitat

    Original von Decima Lucilla
    "Herrje, das hört sich aber nach einer merkwürdigen Kindheit an."


    Während Lucilla noch redete, spielte sich in der Arena vor den Augen der Plotina ein Kontrastprogramm zu den heiteren Worten ihrer Gesprächspartnerin ab. Ganz zu Plotinas Verwunderung hatte der Kämpfer Crassus, auf den ja ihre Wette lief, es irgendwie geschafft, einen Geparden von seiner Beute zu verscheuchen und die Gazelle zu packen. Das Tier und sich selber nun aber auch in Sicherheit zu bringen, überstieg dann jedoch seine Kraft - und wohl einfach auch seinen körperlichen Trainingszustand. Ohne eine Spur von Anstrengung holte die flinke Katze den beleibten Kämpfer ein, streckte ihn zu Boden und fügte ihm, trotz tapferer Gegenwehr, eine tiefe Bisswunde zu, an der der Mann schließlich allmählich verblutete.


    Plotina seufzte. Ihre Gebete zu den Göttern hatten dem Armen also kein Glück gebracht. Er hätte ja nicht gerade siegen müssen; einfach nur lebendig die Arena verlassen und ein anderes Mal, und dann eben schon geübt, erfolgreicher kämpfen - das hätte Plotina ihm gegönnt.


    In solcherlei Gedanken versunken, knabberte Plotina an ihrem Becher - eine schlechte Angewohnheit von ihr, für die sie schon in Kindertagen oft genug getadelt worden war. Plotina erwischte sich schließlich selbst dabei und stellte den Becher auf der Stelle vor sich hin, das allerdings so vehement, dass sie fast etwas von dem Wein verschüttete. Erschrocken blickte sie zu ihrer Nachbarin auf, ob diese etwa Wein abbekommen hatte; zum Glück war dies nicht der Fall, und der Anblick der schönen Dame Lucilla an ihrer Seite brachte Plotina wieder ein bisschen auf andere Gedanken.


    "Nun, diese Wette habe ich wohl verloren - armer Crassus! Aber glückliche Lucilla! Und hungrige Plotina! Als du eben so von den Hähnchen und den Eiern erzählt hast, ist mir schon richtig das Wasser im Munde zusammengelaufen. Vielleicht könnten wir hier etwas zu essen bestellen - darf ich dich einladen? Allerdings müsste ich dabei auf deinen Sklaven zurückgreifen; unserer musste heute in der Casa Sergia bleiben."


    Plotina hütete sich natürlich zu sagen, dass die Verhältnisse in der Casa Sergia im Moment alles andere als geordnet waren.


    "Lass dir einfach kommen, was du möchtest! Vielleicht gibt es ja hier auch Hähnchen! Auf die mit dem eindrucksvollen KFC-Schild will ich ihn Zukunft mal achten, auch wenn ich eigentlich gar kein Fleisch esse. Ich bin das von Kindheit an so gewohnt."


    Schlagartig fiel Plotina an dieser Stelle ein, was Lucilla da vorhin von ihrer 'merkwürdigen Kindheit' herausgerutscht war. Sie verstummte und errötete. Eigentlich hatte sie nie den Eindruck gehabt, dass ihre Kindheit merkwürdig gewesen war; sie selbst hatte sie eben als völlig normal empfunden. Aber nein, das war sie wohl offensichtlich nicht gewesen. Was war überhaupt normal in ihrem Leben gewesen?


    Mit einer vehementen Bewegung riss Plotina ihren Kopf herum und tat dabei so, als sei ihr ein Insekt in die Augen geflogen. Nur mit Mühe konnte sie verbergen, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Plotina musste ihre gesamte Kraft zusammen nehmen, um die Tränen zurückdrängen; sie konnte sich jedoch nicht enthalten, laut zu sagen:


    "Ja, seitdem ich in Rom bin, sehe ich vieles mit anderen Augen. - Ach ja, und nach Rom bin ich teilweise auf dem Landweg gekommen, richtig. Dabei waren wir - ich und mein paedagogos Basilides - einige Zeit in Edessa. Also, auf mich hat die Stadt einen recht kultivierten Eindruck gemacht, wir haben allerdings auch bei einer Freundin meines paedagogos gewohnt, die selbst Gelehrte ist. Sonst ist die Gesellschaft dort schon auch zum Teil kriegerisch, das stimmt."


    Plotina merkte, dass sie sich mit diesem Thema wieder in gefährliches Fahrwasser begeben hatte, gerade angesichts des drohenden Krieges. Daher beeilte sie sich nachzuschieben:


    "Dort habe ich übrigens auch auf einem Kamel gesessen, das war lustig, ja! Ich erinnere mich, ich habe auch schon mal als kleines Mädchen auf einem Kamel gesessen, aber da hat mich Basilides festgehalten, das war gar nichts. Aber in Parthien! Also, als ich das erste Mal auf diesem Tier gesessen hatte - meine Güte noch mal, was hat mir da nicht alles weh getan! Aber mit der Zeit, ich muss sagen, das Reiten auf einem Kamel trainiert sogar."


    Plotina nahm lachend noch einen Schluck aus ihrem Becher.


    "Ach, übrigens, magst du Sport? Ich bin damit aufgewachsen und würde gerne auch einmal hier in die Therme gehen."

    Zitat

    Original von Publius Decimus Lucidus
    Wie ich gerade sehe, hat hier jemand einen Überbegriff für uns kreiiert. (und das erst vor knapp einem Monat)
    Und ich dachte schon, du hättest dich vertippt :D


    O, das wusste ich auch noch nicht! Der Begriff war mir auch neu und nur von meinen Mitstreitern im rollenspiel-mittelalter gebrieft worden.


    Danke für den Hinweis!

    Plotina lachte laut los. :D


    "Keine Sorge, lieber Lupus, ich will euch auch keine Konkurrenz in der Castra machen! Ich glaube, für so einen Beruf, besonders, wenn man einmal Offizier geworden ist, braucht man auch ein ganz schön dickes Fell, und dafür bin ich wohl einfach zu nett."


    Beim nächsten Gedanken, der ihr kam, schmunzelte Plotina dann leise in sich hinein. Denn dass die meisten milites eine Frau wie sie selten sahen ... Plotina musste da an ihre Ankunft in Rom denken, als sie dem tribunus Detritus notgedrungen verschwitzt, blutend, verschmutzt und nicht zuletzt bewaffnet gegenübergetreten war - ja, solche Frauen sah der sicherlich nicht so oft ....


    "Ach, Lupus, und dass Rom gegen Frauen in der Politik ist, halte ich für einen Fehler. Sicher eignen sich nicht alle dafür, ich wahrscheinlich auch nicht - aber eignen sich alle Männer dafür?"


    Sie blickte lachend zu Lupus auf.


    "Es scheint wohl in unserer Familie zu liegen, dass wir Sergier immer anderer Meinung sind als der Rest."

    Zitat

    Original von Decima Lucilla
    um ehrlich zu sein, ich konnte auch Pferden noch nie viel abgewinnen, weder um auf ihnen zu reiten, noch um sie zu züchten. Hühner sind mir da viel lieber."


    Plotina atmete, wie offenbar auch ihre neue Bekannte Lucilla, auf, als der Sklave mit Getränken wieder kehrte. Plotina selbst hoffte dabei auf zweierlei: Zum einen brauchte sie jetzt dringend etwas, um ihre vom vielen Reden trockene Kehle zu wässern, zum anderen spekulierte sie darauf, dass es Lucilla ähnlich gehe, diese selber eine Redepause einlegen würde und Plotina auf diese Weise Zeit gewinnen könnte, um ihre vielen Gedanken zu ordnen.


    Von den beiden Wünschen der Sergia Plotina trat nach dem Eintreffen der Getränke nur der erste in Erfüllung. Und das kam so: Plotina griff dankend zu einem der Tonbecher und trank mit Lucilla auf die beiden tapferen Recken unten in der Arena, die noch immer gegen die Katzen kämpften. Während aber Plotina einen Seitenblick in die Arena riskierte - dort tat sich nicht viel Neues, man belauerte sich; und Plotinas Mitleid war auch nicht verstummt, so dass sie ein Stoßgebet zu den Göttern schickte - während sie also einen Seitenblick in die Arena riskierte und zugleich das wohlige Gefühl einer befeuchteten Mundhöhle genoss, startete Lucilla bereits wieder zum nächsten Akt. Plotina lehnte sich zurück und sah ihre Gesprächspartnerin aufmerksam an, um nur ja keines ihrer Worte zu verpassen.


    Aus ihrer bequemen Sitzposition wurde Plotina aber schon bald durch all das wieder gerissen, was Lucilla zu erzählen hatte; es war einfach zu mitreißend, und auch Plotina vermochte ihren frisch befeuchteten Mund nun nicht mehr zu halten.


    "Ach, sag bloß, du magst Hühner auch so gerne?! Mir gefallen vor allem ihre Füße; sie haben wunderbare Füße, finde ich! Allerdings schätze ich ihren Geruch nicht sonderlich. Das gilt übrigens auch für den Geruch von Pferden. Auf meiner Reise nach Rom bin ich natürlich auch mit Pferden in Berührung gekommen; da ist mir dieser penetrante Geruch schon unangenehm aufgefallen."


    Plotina schmunzelte, als sie an so manche Wagenpanne auf ihrer Reise zurückdachte.


    "Das, was du über die Wagenrennen gesagt hast, kann ich mir gut vorstellen. Wie gesagt, ich selber habe ja gar keine Ahnung davon, aber wenn man sich die Wagen ansieht, mit denen man reist, wie aufwändig die schon gemacht sind - um wieviel mehr muss das für solche Rennwagen gelten, die im Amphietheater bestimmt noch viel stärker beansprucht werden. Und darum kümmern sich also die factiones? Ich dachte immer, die wären auch so etwas wie politische Parteien."


    Nachdenklich nippte Plotina an ihrem Becher; als sie aber merkte, dass sie vor lauter Nachdenken ihre Stirn in Falten gezogen hatte, fing sie schnell wieder an zu reden, denn sie wusste: Stirnfalten standen ihr nicht - und Themen zum Reden gab es ja immer, vor allem wenn man das Glück einer Gesprächspartnerin wie Decima Lucilla hatte.


    "Also, du bist also nicht perfekt. Aber eine interessante Persönlichkeit allemal! Auf das, was Brüder und Cousins so erzählen, gebe ich nicht viel. Ich habe hier in Rom ja selbst einen Cousin, Titus Sergius Lupus von den CU, und der hat über seine Cousine auch so seine Ansichten, das weiß ich. Ich bin dagegen froh, dass ich über dich nicht von deinen Brüdern und Cousins etwas gehört habe, sondern dir hier von Angesicht zu Angesicht gegenübersitze."


    Dabei lachte Plotina ihr strahlendstes Lachen, und die Stirnfalten waren längst vergessen.


    "Ich muss dir sagen, dass ich es gar nicht gewöhnt bin, mit Frauen zu verkehren, und schon gar nicht mit solchen wie dir. Ich bin in Aegyptus von einem Sklaven erzogen worden, und in meiner Umgebung gab es eigentlich keine Frauen - na gut, die Hausverwalterin, aber mit der hatte ich soviel auch nicht zu tun. Ja, und wie ich nach Rom kam, das ist eine lange und manchmal ziemlich traurige Geschichte."


    Plotina überlegte einen Moment, ob sie sich ihrer Gesprächspartnerin anvertrauen sollte, entschied dann aber, dass dies hier weder der richtige Ort noch die passenden Umstände für so etwas wären. Sie fügte aber noch hinzu:


    "Ich bin auf meiner Reise auch durch Parthien gekommen ...."

    Plotina musste Metellus anlächeln; er hatte schon Recht, er war wirklich der geborene CUler und startete auch schon wieder ein kleines Verhör. Ihr aber tat es gut, sich aussprechen zu können.


    "Sei unbesorgt, Rom gefällt mir sehr; es ist wirklich eine faszinierende Stadt! Und solche netten Menschen wie du machen mir meinen Aufenthalt hier ja auch zu einem Vergnügen."


    Inzwischen näherten sich die beiden immer mehr der Via nomentana; trotz der Dunkelheit kamen Plotina die Wege, die sie gingen, allmählich doch bekannt vor.


    "Trotzdem fühle ich mich hier oft fremd; ich weiß eigentlich nicht, wieso. Ich bin ja ganz römisch erzogen worden, aber ich war eben nicht in Rom. Vielleicht bin ich doch mehr - ja, was eigentlich? Hellenin? Nein. Ägypterin? Das schon mal gar nicht."


    Sie sah Metellus ein bisschen ratlos an, musste aber selber auch schmunzeln.


    "Ach so, und meine Familie. Nein, ich habe dort unten keine Angehörigen mehr, aber - und das habe ich erst herausgefunden, als ich hierher kam - hier quasi auch nicht mehr. Abgesehen natürlich von Lupus."


    Plotina merkte schon: Hier bahnte sich eine Diskussion an. Daher leitete sie ihren eigenen Redebeitrag mit einem weiteren Schluck Wein ein, um ihn ohne Husten absolvieren zu können.


    "Ich sage ja nichts gegen Rom, Verus, wie könnte ich! Im Ergebnis hast du auch sicher Recht. Vielleicht ist die Geschichte unseres Imperiums wieder einmal ein Beleg dafür, dass böse oder zumindest moralisch neutrale Absichten am Ende zu guten Ergebnissen führen können."


    Dann wandte sie sich an Theodorus:


    "Ich sehe übrigens keinen so großen Graben zwischen politischem Handwerk und Moral - das wolltest du aber vielleicht auch gar nicht sagen. Ich denke mir, Handwerk ist doch die Basis. Aber wer ein Handwerk wirklich beherrscht, kann doch darüber hinaus wachsen. Ich meine, natürlich stellt das jeweilige Material an einen Handwerker oder auch einen Künstler gewisse Ansprüche; das ist die Notwendigkeit. Wenn ich mein Handwerk aber wirklich beherrsche, dann kann ich doch dem Material eine Form geben, die so nicht zu erwarten war und damit über die schiere Notwendigkeit hinausgeht. Und hier setzt für mich die Moral an."

    Zitat

    Original von Titus Decimus Verus
    "Ich fasse die Moral jedes Römer darin auf,seine Aufgabe zum Wohle Roms zu erfüllen und diese so lange auszuführen bis eine Ablösung erscheint oder man zu wichtigeren für Rosm Glorie berufen wird.Ebenso ist die Moral des Römer durch die Familienehre definiert.Ich denke Ehre und Moral sind der Schlüssel zu Rom."


    Plotina drehte den Becher vor ihr hin und her - und dachte nach. Schließlich fand sie den Mut, ihre Gedanken laut auszusprechen, auch wenn diese noch nicht ganz ausgegoren waren.


    "Rom, Rom und Moral ... Also, ich glaube ja auch, dass es da eine Verbindung gibt, aber wenn ich jetzt zum Beispiel an Dorfschulzen in Aegyptus denke oder an die Priester der dortigen Tempel - ich glaube nicht, dass die sagen würden, Rom habe sich die halbe Welt aus moralischen Gründen unterworfen, sondern doch eher aus Habgier und Machtbesessenheit."


    Die Sergierin blickte wieder zu den beiden Männern auf.


    "Andererseits leben die meisten ja nicht schlecht im römischen Imperium."

    Plotina blickte überrascht zu ihrer neuen Bekannten auf.


    "Ach, das hätte ich ja gar nicht gedacht, dass eine solche Musenfreundin wie du aus einer Soldatenfamilie stammt. - Ich bin doch richtig informiert, dass die Gens Terentia sich sonst eher auf Übungsplätzen als in Theatern tummelt?"


    Jetzt fiel Plotina aber ihre eigene Unhöflichkeit auf; deshalb setzte sie auf der Stelle strahlend hinzu:


    "Also, sei noch einmal herzlich gegrüßt, Terentia Varena!"

    Geschafft! Plotina hatte das letzte Fitzelchen Krebsfleisch verschlungen und griff sogleich zu ihrem Becher Wein, um den merkwürdigen Geschmack hinunterzuspülen. Aber was zählten solche Kleinigkeiten, wenn es um hohe Politik ging! So stürzte sich Plotina gleich wieder ins Rennen.


    "Hm, 'ein Mann, der auf seiner Moral fußt', sagst du, Verus."


    Sie blickte ihn einen Moment lang an, doch war sie so in Gedanken versunken, dass sie ihn nicht wirklich sah. Als sie dann ihre Gedanken gesammelt hatte, wandte sie sich an beide Männer:


    "Welche Art von Moral könnte das sein, die einen Menschen befähigt, ein solch verantwortungsvolles Amt auszuüben? Ich meine, wenn ich mir Rom betrachte: Es sind im Grunde doch immer Menschen - Männer zumeist - aus denselben Familien, die diese Ämter innehaben. O, ich will nichts gegen sie sagen, ich bin noch nicht lange genug in Rom, um mir ein Urteil bilden zu können, die meisten sind sicher sehr ehrenwert. Aber fußen wirklich nur sie auf ihrer Moral? Und was für eine Moral ist das?"

    Plotina folgte dem Blick ihrer Sitznachbarin hinunter auf die Bühne, wo sich immer noch nichts tat. Na, was soll's, dachte sich Plotina, Unterhaltung habe ich hier neben mir ja die beste!


    "Ja, da hast du Recht, ständen wir auf einer Bühne, wäre es ein Lacher für die Stadt! Ehrlich gesagt, habe ich oft das Gefühl, mich auch so hier ein bisschen lächerlich zu machen. Ich bin in Rom noch nicht so recht heimisch geworden. - Wie sieht es mit dir aus? Hast du, abgesehen von deinem Aufenthalt in Hispania, immer hier gelebt?"


    Plotina blickte ihrer Sitznachbarin, die ihr leider immer noch nicht ihren Namen verraten hatte, lächelnd und interessiert ins Gesicht.

    Plotina kaute an ihrem Krebsfleisch und würgte es schließlich herunter, allerdings - so hoffte sie zumindest - so, dass es den anderen nicht auffiele. Sie wollte sich hier keine Blöße geben.


    "Die Situation in Italia? Ich muss gestehen, ich weiß nur, dass es wieder Schwierigkeiten mit dem Posten des Comes gibt. - Na, das beunruhigt mich natürlich schon, dass jetzt eine solche Führungsfigur fehlt. Ich hatte immer geglaubt, dass die Verwaltung unseres Imperiums straff organisiert sei, und jetzt das ..."

    Plotina stutzte ein wenig: Einerseits hätte sie gerne noch mehr über den Aufenthalt ihres Cousins in Asia minor erfahren, andererseits schien er aber gerade darüber nicht so wirklich reden zu wollen - ganz im Gegensatz zu der offenen Art, die er sonst an sich hatte.


    "Ganz im Gegenteil, das soldatische Leben finde ich eigentlich faszinierend. Du wirst lachen, aber manchmal wünsche ich mir sogar, mal zeitweise in den Körper eines Mannes zu schlüpfen und mich ein bisschen in euren Unterkünften und auf euren Übungsplätzen umzusehen. Außerdem habe ich hier ja auch schon einige milites kennen gelernt - auch wenn dir das vielleicht nicht ganz so passt."


    Dabei grinste sie Lupus an.

    Plotina starrte Lupus bestürzt an.


    "Meine Güte, so schlimm hatte ich es mir allerdings nicht vorgestellt ..."


    Sie brauchte jetzt eine Weile, um sich wieder zu fangen. Stumm ging sie neben ihrem Cousin her, während tausend Gedanken durch ihren Kopf jagten - oder vielmehr, während ihr Kopf fast völlig leer war. Mechanisch richtete sie ihre Augen auf die Bäume und Sträucher ringsum, doch dass diese in verheißungsvoller Knospenpracht standen und der Wind an ihnen spielte, sah sie in diesen Moment nicht.


    Erst nach langen Minuten war Plotina allmählich wieder in der Lage, klare Gedanken zu fassen. Sie wandte sich sofort wieder an ihren Cousin.


    "Entschuldige, dass ich so lange geschwiegen habe, aber ich muss dir sagen, dass deine Antwort schon ein Schock für mich war. Aber danke, dass du mir so offen und direkt geantwortet hast, ohne lange herumzureden!"


    Sie sah dankbar zu Lupus auf und atmete tief durch.


    "Lass uns jetzt von etwas Erfreulicherem sprechen! Wie geht es dir? Du warst in Asia minor?"

    Noch während sie zu dem sacerdos gesprochen hatte, war Plotinas Unsicherheit immer größer geworden. Nicht nur, dass sie merkte, dass sie nicht die richtigen Worte fand - sie hatte auch den Gesichtsausdruck ihres Gesprächspartners gesehen sowie die Veränderung, die sich dort zeigte, während sie noch redete. Langweilte sie ihn? Aber wie sollte sie denn sonst erklären, dass .... Und wie immer, wenn Plotina unsicher wurde, redete sie noch mehr bzw. in immer komplizierteren Formulierungen; sie wusste das und konnte doch in diesem Augenblick gar nichts dagegen tun.


    Es überraschte sie dann schließlich auch nicht, dass der sacerdos kaum auf das einging, was sie ihm zu vermitteln versucht hatte. Eher schon verwunderte sie, dass er sie aufforderte, sich zu ihm zu setzen. Zögernd und zugleich dankend gehorchte Plotina - und machte sich daran, die Fragen des Mannes zu beantworten.


    "Mit Hilfe der Götter bin ich erst vor gut einer Woche hier in Rom angelangt; und heute bin ich hierher gekommen, um Quirinus für sein Geleit Dank zu sagen. Du hast natürlich Recht, ich hätte nicht mit leeren Händen kommen dürfen ..."


    Plotina sah fast schmerzerfüllt zum Tempel hin und dann vor sich auf den Boden.


    "... ich werde wiederkommen, und dann werden meine Hände gefüllt sein. Allerdings ..."


    - und jetzt schaute sie den Sacerdos direkt an -


    "allerdings habe ich mich schon oft gefragt, ob solche Gaben das sind, wessen die Götter wirklich bedürfen - oder ob sie nicht vielmehr auf unser Handeln sehen."

    Bestürzt sah Plotina zu ihrem Flusskrebs hinunter: Sie hatte noch kaum davon genommen. Daher lächelte sie Verus schon wieder verlegen an und antwortete:


    "Äh ja, das Essen ..."


    und fügte mit einem Seitenblick auf Theodorus hinzu:


    "Doch, doch, es schmeckt! Ganz bestimmt sogar! Gut, ein kleiner Beigeschmack ist da ... Aber jetzt werde ich wieder zugreifen! - Vielleicht rede ich hier ganz einfach zu viel?"

    Sim-Off:

    O je, Lupus, ich glaube, wir spielen in völlig unterschiedlichen Zeitebenen! Ich spiele jetzt, also rund fünf Wochen, nachdem ich in der CS aufgeschlagen bin


    Plotina schüttelte nachdenklich den Kopf.


    "Also, in Hispania haben wir noch Verwandte? - Es ist so schade, dass das hier alles so auseinandergelaufen ist!"


    Plotina atmete tief durch.


    "Übrigens, mir sind da über die Gens Sergia, seitdem ich hier in Rom bin, gewisse Dinge zu Ohren gekommen .... Nein, ich will dir sagen, ich bin sogar offen und auch hämisch auf bestimmte Dinge angesprochen worden, wenn ich meinen Namen nannte. Sag mir: Ist es so, dass unsere Gens hier in Rom einen schlechten Ruf hat? - Ich frage das auch wegen meiner eigenen Zukunftspläne."

    Plotina hörte Verus aufmerksam zu. So etwas hatte er schon einmal erwähnt, das mit den Missgeschicken. Es hätte sie sehr interessiert, um was es sich dabei genau handelte; nicht aus Neugierde, sondern um zu erfahren, ob ihm aus seinen Missgeschicken Nachteile entstanden waren und ob sie, Plotina, ihm irgendwie helfen könnte. Aber es war natürlich sein gutes Recht, nicht darüber zu sprechen. Als er seinen Becher leer auf den Tisch stellte, füllte sie ihn daher schnell nach, um daran mitzuwirken, schnell von diesem ihm unangenehmen Thema wegzukommen.


    Dass er dann aber auch ausgerechnet so eine Frage stellen musste, die sie in Verlegenheit brachte! Na, er konnte ja nichts dafür; wahrscheinlich war er wirklich einfach an ihrer Zukunft interessiert.


    "Es ist lieb, dass du fragst, Verus! Ehrlich gesagt, bin ich mir über meine Zukunft im Augenblick sehr unsicher. Das beste für mich ist sicherlich, wenn ich erst einmal noch etwas lerne. Deshalb habe ich dich, Theodorus, auch nach der Bibliothek gefragt. Seitdem ich hier in Rom bin, wird mir immer klarer, wie wenig ich eigentlich weiß. Vielleicht habe ich mir das auch zu leicht vorgestellt, einfach so aus Aegyptus nach Rom zu kommen - vielleicht ist das ja ein Missgeschick, das mir passiert ist."


    Dabei lächelte sie Verus verlegen zu.