Bin übers Wochenende weg.
Beiträge von Faustus Decimus Serapio
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*mitgröhl*
Holahie... Alles Liebe und Gute zum Geburtstag! -
Wenn sie mich angreift, haue ich ihr die Blumen um die Ohren!
Das war das einzige was ich noch denken konnte, als ich auf einmal tatsächlich diesem schwarzen Cerberus gegenüberstand. Waah! Alles in mir drängte zur Flucht, angesichts dieser geballten, feindseligen Weiblichkeit, und instinktiv war ich schon einen Schritt zurückgewichen, bevor ich mir bewusst machte, wie erbärmlich es doch war dass ich (schneidiger Tribun in Roms glorreicher Armee) mich von ihr (bloß eine unbedeutende Peregrina) ins Bockshorn jagen ließ! Aber die sah wirklich so aus als wolle sie mir im nächsten Moment den Hals umdrehen!
Ich straffte mich – erinnerte mich ausserdem daran, dass ich bewaffnet war, und zwar nicht nur mit Rosen – und sah dem Feind direkt ins Auge. Wobei ich den Blick etwas anheben musste, dieses Weib war nämlich größer als ich – aber nur ein klein wenig, höchstens zwei Fingerbreit, oder, naja, allerhöchstens zwei Handbreit.
"Salve." sprach ich hoheitsvoll, und machte einen beherzten Schritt über die Schwelle. "So ist es. Danke."
Dann stand ich schweigend da im Eingang, den Rosenstrauss hielt ich wie ein Scutum, angespannt, jeden Augenblick darauf gefasst, dass der Cerberus mich doch noch anspringen würde. Das Lächeln machte die Sache nur noch gruseliger. Auf dem Schiff hatte ich sie schon bedrohlich gefunden, aber da hatte ich nie so direkt mit ihr zu tun gehabt. Ich weiß nicht woran genau es lag, aber das Weib flößte mir so eine Art Urangst ein. Waren es die ausgeprägten Formen... oder das Raubtierhafte, das sie ausstrahlte... oder das Wissen, dass diese Fremde durch Celeste sicherlich über mich bescheid wusste, über die ganze Heuchelei, aus der ein logisch denkender Mensch ja nicht allzuschwer seine Schlüsse ziehen konnte?Celestes Erscheinen war eine Erlösung.
"Salve!" rief ich erleichtert aus, und verstand dann womöglich, warum die Raubkatze so zürnte: Celeste hatte sich richtig hübsch gemacht, ganz wie für ein richtiges Rendezvous. Ungewohnt sah sie aus... die Locken, die gewagte Farbwahl, die Kosmetik...
"Du siehst toll aus!"
Das war ganz ehrlich gemeint, ich fügte aber noch einen Schuss mehr Enthusiasmus hinzu, denn ich wollte es der Nubierin gerne heimzahlen, dass sie mich so erschreckt hatte. Darum hauchte ich Celeste auch einen Begrüssungskuss auf die Wange, als ich ihr galant den Strauss und das kleine Päckchen überreichte. In dem befand sich übrigens ein langer, hauchzarter, flattriger, weißer Seidenschal.
"Es freut mich auch sehr. Ich bin sicher, wir werden heute viel Spaß haben. Hier, für dich."
Während Celestes Augen abgelenkt waren, blickte ich wieder zur Nubierin, und jetzt setzte ich auch ein süffisant-strahlendes Lächeln auf.
"Aber Celeste, magst du mich denn nicht mit deiner reizenden Freundin bekannt machen?" -
Ich beschloss, nachher noch persönlich mit diesem speziellen Contubernium zu sprechen und zu versuchen, eine Beschreibung aus ihnen raus zu bekommen. Natürlich, wenn diese Figur wirklich nur eine Maske verschiedener Aufrührer war, brachte es wenig, aber irgendwo musste man doch ansetzen...
"Marcus Iulius Sparsus?!"
Ungläubig wiederholte ich den Namen, wie ein Echo, dann begann ich bis über beide Ohren zu strahlen.
"Bona Dea! Das ist ja großartig!!"
Sparsus! Lange hatte ich nichts mehr von ihm gehört, und mich schon bisweilen gefragt, ob er womöglich gar nichts mehr mit seiner Prima-Vergangenheit zu tun haben wollte, aber die Aussicht ihn wiederzusehen, wieder mit ihm gemeinsam zu dienen, erfüllte mich mit großer Vorfreude. Es würde sein wie in alten Zeiten! Aufständische und Kopflose, sie alle würden nur noch halb so bedrohlich sein, mit einem treuen Freund an meiner Seite.
"Wir haben zusammen bei der Prima gedient, während des Feldzuges." fügte ich schnell hinzu, um meinen unziemlichen Freudenausbruch wenigstens zu erklären. "Ich halte große Stücke auf ihn."
Ich unterdrückte ein Grinsen bei der Vorstellung was Sparsus für ein Gesicht machen würde, wenn er mich als Tribun sah. Dann riss ich mich zusammen, überlegte ob gerade sonst noch was wichtig war, aber bei der Ermittlung gab es ja noch nichts neues.
"Von meiner Seite nicht, Praefectus." -
"Salve" grüßte ich beim Eintreten, "ich habe zwei Briefe nach Rom zu verschicken."
Ich legte die beiden versiegelten Schreiben auf den Tisch und kramte in meiner Börse, dabei sinnierte ich, wie großartig es doch war, dass man überall, in jeder Provinz, solche Poststationen fand, und über Meere und Berge hinweg seine Nachrichten schicken konnte. Ja, eben in solchen Dingen zeigte sich die unvergleichliche Überlegenheit unseres Imperiums.
Das Porto zählte ich auf den Tisch, und wandte mich mit einem "Danke, und einen schönen Tag noch!" zum Gehen.An
Senator Marcus Decimus Livianus
Casa Decima Mercator
RomaLieber Vater,
ich hoffe es geht Dir gut. Nach einer rauhen Überfahrt bin ich wohlbehalten in Ägypten angekommen. Der Präfekt und ich haben uns zuerst beim Statthalter Terentius vorgestellt (er kannte mich sogar noch, vom Feldzug her), dann den Dienst in Nikopolis angetreten. Es ist ein beindruckendes Militärlager, eher eine Militärstadt. Zur Zeit bin ich dabei mich einzuarbeiten. Ich werde viel in Alexandria zu tun haben, und ich bin zuversichtlich, dass ich dabei von den Erfahrungen profitieren kann, die ich bei den Stadtkohorten gemacht habe.
Es heißt ja oft, die im Süden stationierten Legionen wären so verweichlicht, aber die XXII macht einen guten Eindruck auf mich. Auch wenn man sie natürlich nicht mit der Prima vergleichen kann. Der Präfekt ist mir gegenüber sehr freundlich, und er traut mir viel zu. Das ist gut, ich möchte ja nicht über administrativen Aufgaben verstauben.
Was mich bei Octavius auch beindruckt ist, wie er Freundlichkeit und lockeres Auftreten mit Führungsstärke vereinbart. Ich finde das relativ schwer, als Offizier so un-förmlich zu sein, ohne dabei mit der Mannschaft zu fraternisieren, was ja dann wiederum die Autorität schwächt. Was meinst Du dazu, oder wie machst Du das für gewöhnlich? In der Hinsicht wäre ich für Deinen Rat dankbar. Wenn ich fragen darf, wirst Du eigentlich wieder ein Kommando übernehmen, oder hält es Dich weiter in Rom?
Ich würde mich sehr freuen von Dir zu hören, und auch zu erfahren was es Neues in der Familie gibt.Vale bene!
Mit respektvollen Grüßen,
Dein SohnFaustus
An
Decima Seiana
Casa Decima Mercator
RomaLiebe Seiana!
Ägypten ist absolut überwältigend, da hast Du nicht übertrieben. Ich bin einfach nur begeistert von dem, was ich bis jetzt gesehen habe – der Pharos, als wir in den Hafen eingelaufen sind, die unzähligen verschiedenen Schiffe dort, dann der Palast des Statthalters... Der ist ja mindestens so prunkvoll wie der des Kaisers! Alles hier scheint einfach eine Nummer größer, bunter, lauter, intensiver zu sein, als zu Hause, in der Hinsicht erinnert es mich ein bisschen an Syrien, gefällt mir aber noch viel besser.
Für ein ausgiebiges Besichtigungsprogramm hatte ich nur leider noch keine Zeit, bin ja nicht zum Spass hier. Mein Dienst ist aber auch gut. Mein Kommandant ist echt locker - also, nicht locker im Sinne von schlampig, aber er ist nicht so "versteinert" wie viele hochrangige Militärs, das find ich sympathisch. Und an das Tribunendasein kann ich mich echt gewöhnen, ich hab ein Haus für mich alleine, und interessante Aufgaben, und mein Sold ist gigantisch. Es kommt mir fast... unanständig vor, wenn ich dran denke wie eng man als Miles gregarius in der Stube aufeinander hockt und jeden Sesterz umdrehen muss. Naja, ich freu mich trotzdem drüber.
Meine Biga habe ich auch schon reaktiviert. Aber hier im Delta ist ja alles ganz grün und besiedelt, ich hatte irgendwie die Vorstellung ich hätte hier gleich eine Sandwüste vor der Haustüre, wo ich nach Herzenslust herumkurven könnte.Die Überfahrt hierher war übrigens ganz furchtbar, wir sind in einen grauenvollen Sturm geraten und ich dachte echt, mein letztes Stündlein hätte geschlagen. Dazu hab ich mir die Seele aus dem Leib gekotzt, dabei hatte ich immer gedacht ich wäre seefest. Aber die Wellen waren höher als der Mast! Es sind sogar zwei der Seeleute von Bord gespült worden. Celeste hat auch sehr gelitten, ich glaube, sie setzt nie wieder einen Fuß auf ein Schiff.
A propos, was ich noch sagen wollte, vielen Dank, dass Du so klasse reagiert hast, als ich sie euch vorgestellt habe. Sie ist, wie Du Dir wohl schon gedacht hast, eine gute Freundin von mir. Ich würd ja sowas normalerweise nicht machen, und ich fühl mich auch nicht gut dabei, aber Tante Venusia hat mich richtig bedrängt (nett, aber sehr penetrant), dass es für mich doch Zeit wäre zu heiraten, und dass sie mal die Augen offen halten würde nach einer passenden Frau für mich. Aber ich kann mir das absolut nicht vorstellen!!!Ich glaube, Tante Lucilla hat sie dazu angestiftet. Denn Lucilla, die hat ihre Augen und Ohren überall... Zu den Meditrinalien, da war ich auf einem ganz furiosen Fest, und da habe ich einen sehr, sehr charmanten Mann kennengelernt, und wir sind uns dann auch schnell näher gekommen. Und davon hat Lucilla über irgendeinen Zuträger (Zuträgerin eher) erfahren. Du willst gar nicht wissen, was sie mir dann alles für Nettigkeiten geschrieben hat! Zuerst dachte ich, sie kündigt mir das Patronat auf, aber mittlerweile hat sie sich wohl abgeregt.
Aber dieser Meditrinalienbekannte geht mir nicht aus dem Kopf. Wir haben uns danach noch mal wiedergesehen, und ich bin echt hin und weg von ihm. Er ist wahnsinnig attraktiv und geistreich, er fasziniert mich einfach, und er scheint mich auch nicht gerade uninteressant zu finden. Weißt Du, ich dachte, nach dem Desaster von dem ich Dir erzählt hatte, hätte ich endlich mal wieder Glück in der Liebe. Aber natürlich werde ich, kaum dass ich so jemanden kennengelernt habe, ans andere Ende des Imperiums versetzt!Tja, aber jetzt genug mein Leid geklagt, erzähl mal wie es Dir geht? Was treibst Du so, und wie laufen die Geschäfte? Und die Acta- Arbeit? Und die Hochzeit? Ich muss ja sagen, ich bin ein klein bisschen gekränkt, dass ich gar keine Einladung bekommen habe. Ich hätte mich schon benehmen können, auch wenn es mir sicher schwer gefallen wäre. Aber missversteh mich nicht, ich wollte nur mal nachfragen, ich will nicht einen neuen Streit deswegen anzetteln. Ich habe Dich von Herzen lieb, Schwesterchen, ganz gleich ob Du Dir den ultimativen Hornochsen zum Mann aussuchst.
Schreib mir, ich harre fern der Heimat auf Nachricht von Dir!Viele Grüße aus dem warmen Süden,
DeinFaustus
Sim-Off: Ist überwiesen, danke
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Die Nachricht von Celeste, aus der "Aussenwelt" sozusagen, die hatte mich daran erinnert, dass ich mich unbedingt bei meiner Familie melden musste. Nicht dass sie noch dachten, ich wäre unterwegs im Meer versunken.
So sass ich also eines Abends im Tablinum, im Schein der Öllampen, in der Hand die Feder, vor mir ein leeres Stück Papyrus. Zuerst würde ich an Livianus schreiben. Die Fenster standen weit offen, und die milde Meeresluft durchströmte das Haus. Ein paar Insekten umschwirrten die Lichter, und ich betrachtete ihren gefährlichen Reigen, lange und geistesabwesend, ohne auch nur ein Wort zu Papyrus gebracht zu haben.
Es war so schwierig. Ich liebte meinen Adoptivvater, ich bewunderte ihn, und ich wollte ihm gerne einen Brief schreiben, der aufrichtig war. Aber es gab eben auch eine Menge, die ich ihm nicht sagen konnte. Um ihn nicht zu enttäuschen, sagte ich mir, aber wahrscheinlich hatte ich im Grunde einfach Angst, dass er mich (so naiv das jetzt auch klingt) nicht mehr lieb haben würde. Ich schnaubte leise, ärgerlich über mich selbst, als ich an diesem Punkt meiner Introspektion angekommen war, und stand auf, ging in die Küche und holte mir erst mal einen Becher Wein. Was du deinem Vater verschweigst ist deine Sache, dieser Satz von Lucilla klang mir ständig vorwurfsvoll in den Ohren.
Schließlich machte ich einen zweiten Anlauf. Diesmal zuerst auf einer Wachstafel, da waren die Worte nur vorläufig, da fiel es mir leichter.
Lieber Vater - klang das nicht zu sentimental?... Salve Vater... viel zu kühl... dann doch besser Lieber Vater...
An
Senator Marcus Decimus Livianus
Casa Decima Mercator
RomaLieber VaterSalve VaterLieber Vater,
ich hoffe es geht Dir gut. Nach einerentsetzlichenrauhen Überfahrt bin ich wohlbehalten in Ägypten angekommen. Der Präfekt und ich haben uns zuerst beim Statthalter Terentius vorgestellt (er kannte mich sogar noch, vom Feldzug her), dann den Dienst in Nikopolis angetreten. Es ist ein beindruckendes Militärlager, eher eine Militärstadt. Zur Zeit bin ich dabei mich einzuarbeiten. Ich werde viel in Alexandria zu tun haben,und ich habe schon etwas Bedenken ob ich, in dieser so unruhigen Stadt wirklich effektiv etwas für die Ordnung tun kann, es scheint ja ein schier unmöglicher Balanceakt zu seinund ich bin zuversichtlich, dass ich dabei von den Erfahrungen profitieren kann, die ich bei den Stadtkohorten gemacht habe.
Es heißt ja oft, die im Süden stationierten Legionen wären so verweichlicht, aber die XXII machteigentlich keinen schlechteneinen guten Eindruck auf mich. Auch wenn man sie natürlich nicht mit der Prima vergleichen kann. Der Präfekt ist mir gegenüber sehr freundlich, und er traut mir viel zu. Das ist gut, ich möchte ja nicht über administrativen Aufgabenverschimmelnverstauben.
Was mich bei Octavius auch beindruckt ist, wie er Freundlichkeit und lockeres Auftreten mit Führungsstärke vereinbart. Ich finde das relativ schwer, als Offizier so un-förmlich zu sein, ohne dabei mit der Mannschaft zu fraternisieren, was ja dann wiederum die Autorität schwächt. Was meinst Du dazu, oder wie machst Du das für gewöhnlich? In der Hinsicht wäre ich für Deinen Rat dankbar. Wenn ich fragen darf, wirst Du eigentlich wieder ein Kommando übernehmen, oder hält es Dich weiter in Rom?Ich vermisse Dich und die ganze Familie sehrIch würde mich sehr freuen von Dir zu hören, und auch zu erfahren was es Neues in der Familie gibt.Vale bene!
Mit respektvollen Grüßen,
Dein SohnFaustus
Mit gefurchter Stirn legte ich die Tabula beiseite.
Nachher würde ich es noch in Schönschrift abschreiben, aber erst mal kam der Brief an Seiana. Das war natürlich sehr viel lockerer – allerdings fragte ich mich, ob es sein konnte, dass sie mich gar nicht zu ihrer Hochzeit eingeladen hatte. Die hatte doch bald sein sollen, da mussten die Einladungen doch schon vor langem abgeschickt worden sein... Und auch wenn ihr Verlobter der größte Trottel unter der Sonne war, und diese Hochzeit die mieseste Idee, die Seiana je gehabt hatte – gar nicht erst eingeladen zu werden, das kränkte mich schon!
Eigentlich war das aber nicht Seianas Art... womöglich war die Einladung auf dem Weg verloren gegangen? Oder die Hochzeit verschoben, oder – aber das wagte ich gar nicht zu hoffen – meine Schwester war doch noch zur Vernunft gekommen.An
Decima Seiana
Casa Decima Mercator
RomaLiebe Seiana!
Ägypten ist absolut überwältigend, da hast Du nicht übertrieben. Ich bin einfach nur begeistert von dem, was ich bis jetzt gesehen habe – der Pharos, als wir in den Hafen eingelaufen sind, die unzähligen verschiedenen Schiffe dort, dann der Palast des Statthalters... Der ist ja mindestens so prunkvoll wie der des Kaisers! Alles hier scheint einfach eine Nummer größer, bunter, lauter, intensiver zu sein, als zu Hause, in der Hinsicht erinnert es mich ein bisschen an Syrien, gefällt mir aber noch viel besser.
Für ein ausgiebiges Besichtigungsprogramm hatte ich nur leider noch keine Zeit, bin ja nicht zum Spass hier. Mein Dienst ist aber auch gut. Mein Kommandant ist echt locker - also, nicht locker im Sinne von schlampig, aber er ist nicht so "versteinert" wie viele hochrangige Militärs, das find ich sympathisch. Und an das Tribunendasein kann ich mich echt gewöhnen, ich hab ein Haus für mich alleine, und interessante Aufgaben, und mein Sold ist gigantisch. Es kommt mir fast... unanständig vor, wenn ich dran denke wie eng man als Miles gregarius in der Stube aufeinander hockt und jeden Sesterz umdrehen muss. Naja, ich freu mich trotzdem drüber.
Meine Biga habe ich auch schon reaktiviert. Aber hier im Delta ist ja alles ganz grün und besiedelt, ich hatte irgendwie die Vorstellung ich hätte hier gleich eine Sandwüste vor der Haustüre, wo ich nach Herzenslust herumkurven könnte.Die Überfahrt hierher war übrigens ganz furchtbar, wir sind in einen grauenvollen Sturm geraten und ich dachte echt, mein letztes Stündlein hätte geschlagen. Dazu hab ich mir die Seele aus dem Leib gekotzt, dabei hatte ich immer gedacht ich wäre seefest. Aber die Wellen waren höher als der Mast! Es sind sogar zwei der Seeleute von Bord gespült worden. Celeste hat auch sehr gelitten, ich glaube, sie setzt nie wieder einen Fuß auf ein Schiff.
A propos, was ich noch sagen wollte, vielen Dank, dass Du so klasse reagiert hast, als ich sie euch vorgestellt habe. Sie ist, wie Du Dir wohl schon gedacht hast, eine gute Freundin von mir. Ich würd ja sowas normalerweise nicht machen, und ich fühl mich auch nicht gut dabei, aber Tante Venusia hat mich richtig bedrängt (nett, aber sehr penetrant), dass es für mich doch Zeit wäre zu heiraten, und dass sie mal die Augen offen halten würde nach einer passenden Frau für mich. Aber ich kann mir das absolut nicht vorstellen!!!Ich glaube, Tante Lucilla hat sie dazu angestiftet. Denn Lucilla, die hat ihre Augen und Ohren überall... Zu den Meditrinalien, da war ich auf einem ganz furiosen Fest, und da habe ich einen sehr, sehr charmanten Mann kennengelernt, und wir sind uns dann auch schnell näher gekommen. Und davon hat Lucilla über irgendeinen Zuträger (Zuträgerin eher) erfahren. Du willst gar nicht wissen, was sie mir dann alles für Nettigkeiten geschrieben hat! Zuerst dachte ich, sie kündigt mir das Patronat auf, aber mittlerweile hat sie sich wohl abgeregt.
Aber dieser Meditrinalienbekannte geht mir nicht aus dem Kopf. Wir haben uns danach noch mal wiedergesehen, und ich bin echt hin und weg von ihm. Er ist wahnsinnig attraktiv und geistreich, er fasziniert mich einfach, und er scheint mich auch nicht gerade uninteressant zu finden. Weißt Du, ich dachte, nach dem Desaster von dem ich Dir erzählt hatte, hätte ich endlich mal wieder Glück in der Liebe. Aber natürlich werde ich, kaum dass ich so jemanden kennengelernt habe, ans andere Ende des Imperiums versetzt!Tja, aber jetzt genug mein Leid geklagt, erzähl mal wie es Dir geht? Was treibst Du so, und wie laufen die Geschäfte? Und die Acta- Arbeit? Und die Hochzeit? Ich muss ja sagen, ich bin ein klein bisschen gekränkt, dass ich gar keine Einladung bekommen habe. Ich hätte mich schon benehmen können, auch wenn es mir sicher schwer gefallen wäre. Aber missversteh mich nicht, ich wollte nur mal nachfragen, ich will nicht einen neuen Streit deswegen anzetteln. Ich habe Dich von Herzen lieb, Schwesterchen, ganz gleich ob Du Dir den ultimativen Hornochsen zum Mann aussuchst.
Schreib mir, ich harre fern der Heimat auf Nachricht von Dir!Viele Grüße aus dem warmen Süden,
DeinFaustus
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Klang beunruhigend, fand ich. So viel Aufwand, um die Leute gegen uns aufzubringen, eine richtige Verschwörung, ein ungreifbarer Feind, ein Contubernium das geflohen war. Pah!
"Jawohl Praefectus. Konnten die Soldaten denn wenigstens eine Personenbeschreibung abgeben?" erkundigte ich mich.
Hmpf. Mir schmeckte das nicht, dass der Praefectus noch wen hinzuziehen wollte. Das sah ja so aus, als ob wir das hier nicht alleine hinkriegen würden. Beziehungsweise ich, denn ich war ja jetzt dafür zuständig.
"Das könnte sicherlich hilfreich sein." sprach ich etwas verschnupft. "Ich habe auch gehört, dass die Frumentarii der Secunda sehr gut sein sollen." Schließlich hatte Sparsus sie gedrillt.
"Wir sollten aber in der Zwischenzeit weiter diskret nach diesem... Phantom suchen. Versuchen, Leute bei den Unruhestiftern einzuschleusen und Spitzel zu gewinnen." -
Ich lauschte aufmerksam und machte mir kleine Notizen. Alles konnte wichtig sein... Deutlich wurde jedenfalls, dass diese Iunierin eine sehr ungewöhnliche, eine schillernde Frau gewesen sein musste. Viele würden es wohl eher unanständig nennen. Ich hatte sie nicht gekannt, also versuchte ich die Tote vollkommen neutral zu sehen, auch um bei der Ermittlung nicht voreingenommen zu sein. Eine Frau, die so prominent im öffentlichen Leben stand, hatte jedenfalls bestimmt keinen Mangel an Feinden.
"Das ist gut zu hören" kommentierte ich den Umstand, dass die Überprüfung der Soldaten nichts ergeben hatte. Septimius hatte offensichtlich bereits umfassende Ermittlungen durchgeführt. Was das Cingulum anging, da hatte er schon recht.
"Stimmt" gab ich zu, "aber manchmal hat so ein Cingulum militare doch seine kleine individuelle Note, darum will ich es mal ein paar der Handwerker hier zeigen, die die Dinger anfertigen."
Ich zum Beispiel hatte meines als Talisman mit extra-schönen Lunulae verziert, aber ich dachte jetzt eigentlich mehr an die Art des Leders, der Beschläge und der Schnalle."Wenn man das so hört, scheint es ja, dass der oder die Mörder auf die maximale öffentliche Wirkung abgezielt haben. Ein Schau-Mord. Entweder um die Iunia zu 'bestrafen'..." überlegte ich laut, "...oder um die Konflikte hier zu schüren und uns, insbesondere den Statthalter in Misskredit zu bringen. Aber wem nützt sowas schon? - Oder das Motiv war ein ganz anderes, eher persönliches, oder finanzielles, und der Mörder kaschiert es nur durch diese... plakative Inszenierung, die den Blick auf das politische oder moralische lenkt. - Andererseits ist das Risiko, jemanden auf einem öffentlichen Platz zu ermorden, eigentlich zu hoch, um es leichtfertig in Kauf zu nehmen."
Ich stützte den Kopf in die Hand und blickte kurz zum Fenster. Die Sonne schien sehr hell. Rom kannte ich, aber da draussen lag eine exotische Provinz, eine fremde Stadt, und ich fürchtete in dem Moment, dass ich eine Weile brauchen würde, um mir die Spielregeln, die hier herrschten anzueignen.
"Das ganze wirkt kaltblütig, einerseits... und durch die eingeritzten Worte gleichzeitig... leidenschaftlich" sinnierte ich. Irgendwie merkwürdig.
"Ist sie eigentlich ausgeplündert worden? - Und was den Verdächtigen angeht, Bagaeos, was kannst du mir bereits über ihn sagen, Optio? Habe ich das recht verstanden, dass er sich, direkt in der Situation als ihr in befragen wolltet, aus dem Staub gemacht hat?"
Das würde ja eher auf ein nervöses Wesen schließen lassen. Hoffentlich war dieser Perser nicht so ein Hartgesottener wie dieser vermaledeite Varius Burrus, bei dem hatten die Verhöre nicht nur ihn sondern auch mich total zermürbt. -
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Es war ein theaterreifer Auftritt. Hoch auf meinem Rennwagen zog ich in die Via Canopi ein, wie ein achaischer Recke vor den Mauern Ilions. Und so wie diese einen Wagenlenker hatten, der die Zügel führte, während sie den Troern die Köpfe einschlugen, hatte ich einen Calo dabei, der hinter mir auf dem Wagentritt stand. Die geraden, breiten Strassen in dieser Stadt waren phantastisch, ich hatte fast keine Probleme gehabt, bis hierher durchzukommen, kein Vergleich zu dem engen Labyrinth in Rom!
Für mein Treffen mit Celeste hatte ich mich schick gemacht, allerdings war ich von der rasanten Fahrt (und dem Sturz) ein klein wenig staubig geworden. Unterwegs hatte ich zweimal haltgemacht. Beim ersten Mal hatte ich einen großen Strauss rubinrote, süß duftende Rosen erstanden, beim zweiten Mal... ein kleines, hübsch verschnürtes Päckchen.Ja, hier musste es sein. Eine nette Gegend, aber trotzdem würde ich niemals freiwillig in eine Insula ziehen (und erinnerte mich höchst ungern an die Zeit als ich, unfreiwilligerweise, doch in einer gehaust hatte).
Vor einem Laden mit einer großen Auslage bunter und exotischer Gemüse zügelte ich die Pferde. Nachdem die beiden sich auf dem Weg hatten austoben können, kamen wir jetzt viel besser miteinander klar. Der Knecht nahm die Pferde beim Zaum, und ich sprang dynamisch vom Wagen, warf mein scharlachrotes Sagum lässig über die Schulter zurück, und begab mich zielstrebig in die Insula, vorüber an dem Gemüseverkäufer, der mich neugierig anstarrte.
Mein Briefbote hatte mir ja den Weg beschrieben, also stieg ich direkt die Treppen hinauf, bis zu der Türe, die diejenige welche sein muste. Ich zupfte die Blumen noch etwas zurecht und klopfte schwungvoll, vergnügt in mich hineingrinsend über dieses ganze Theater. Erst als mein Klopfen verhallt war, kam mir auf einmal der Gedanke, dass Celeste hier ja wahrscheinlich gar nicht alleine wohnte. Brrr... ich konnte nur hoffen, dass ihre, große (geradezu hünenhafte!) wilde schwarze Amazone von Freundin heute nicht da war. Vielleicht hätte ich besser den Knecht hochschicken sollen. -
Der Himmel wölbte sich hoch, weit und blitzblau über der Garnison, dem flachen Umland und der Küste. Die ägyptische Sonne strahlte warm auf mich herab, und für einen kurzen Moment schloß ich die Augen, hob mein Gesicht und stellte mir vor, es wäre wirklich Atons Berührung... Dann fuhr ich fort, meine Rennpferde einzuspannen. Eine frische Brise kam vom Meer her, zupfte an meinem Sagum und spielte mit den Mähnen der beiden Schönen. Blankgestriegelt, mit glänzenden Augen und seidigem Fell standen Tertia und Quarta im Geschirr vor der Biga, kraftvoll und ungestüm, die eine grauschattiert, die andere schneeweiß, ein wunderschöner Anblick. Einer der Calones der XXII, ein Pferdeknecht namens Isatis, war mir behilflich, und hielt die beiden am Zaum, damit sie nicht vorzeitig losstürmten. So wirklich gut waren die beiden und ich ja noch nicht aufeinander eingespielt.
Ich schloss die letzten Riemen, klopfte meinen beiden Schönen stolz auf die glänzenden Hälse, und bestieg die Kanzel des Gefährts. Der Wagen war weiß, mit schwarzen Leisten, seitlich prangte unser Familienwappen. Ich hatte ihn zum Teil ja selbst angepinselt, in Rom während meiner letzten Sinnkrise, aber für den letzten Schliff und die Details des Wappens hatte ich ihn dann doch in die Werkstatt gegeben. Jedenfalls war es ein wundervolles Gespann, auf das ich wahnsinnig stolz war. Böse Zungen hätten sagen können, es sei ein Angeber-Wagen, aber für mich war damit einfach ein Kindheitstraum wahrgeworden.
Und einiges Aufsehen hatte allein das Anspannen bereits erregt. Die Soldaten am Tor sahen zu, und aus dem Vicus hatten sich auch ein paar Zuschauer eingefunden. Vor allem die jungen Mädchen waren hingerissen von den Pferden, und ich will auch nicht ausschließen, dass ihnen der schneidige junge Tribun auf dem Wagen ganz gut gefiel. Der griff jetzt nach Zügeln und Gerte, schnell ging die Hand auch nochmal zum Gürtel und vergewisserte sich, dass das sichelförmige Messer griffbereit war, mit dem man im Notfall die Zügel kappen konnte.
Majestätisch winkte ich den Calo beiseite, ging ein bisschen in die Knie für den festen Stand, und ließ mit einem Schnalzen die Zügel leicht auf den Rücken der Pferde klatschen. Hui! Tertia zog sofort an, machte einen Satz nach vorne, Quarta war viel langsamer, und schlingernd setzte sich der Wagen in Bewegung – in einer unfreiwilligen engen Kurve, direkt auf die Schaulustigen zu, die rasch auseinander sprangen. Upps. Der Schwung riss mich zur Seite, ich klammerte mich am Rand der Kanzel fest, aber bei Tertias nächster Kapriole verlor ich leider das Gleichgewicht, so kam es dass der schneidige junge Tribun erst mal in hohem Bogen im Staub landete.
"Mala leche!"Zum Glück hatte ich mir die Zügel noch nicht um den Bauch gebunden. Diese Pferde brauchten eindeutig noch etwas Training. Mein Gehilfe rannte hinterher und brachte sie zurück, während ich mich aufrappelte. Passiert war mir nichts, aber die Anwesenheit der Zuschauer waren mir jetzt so unangenehm bewusst. Wie die feixten. Wer den Schaden hat... Ich überspielte mein Missgeschick mit einem Lachen und klopfte mir den Staub aus der schicken Eques-Tunika, dass es nur so stiebte.
"Wir werden uns schon noch aneinander gewöhnen!" prophezeite ich den beiden Stuten und stieg unverzagt wieder auf den Wagen. Diesmal ging ich es langsamer an, der Calo führte sie das erste Stück, und danach ging es ganz gut. Ich fuhr ein paar Runden um den Platz, der Calo sprang dann hinten auf, und ich lenkte die Biga auf die Via Nicopolitana, wo ich die Pferde nach einer Weile antraben ließ, dann angaloppieren.
Herrlich! Was gab es schöneres, als so dahinzufliegen, mit donnernden Hufen und ratternden Rädern, vom Fahrtwind umbraust, zur Linken grüne Palmen, zur Rechten das glitzernde Meer...
Alexandria ich komme! -
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Ein schlacksiger junger Legionär erschien in der Insula, und nachdem er sich bis zu Celeste durchgefragt hatte, überreichte er ihr eine zusammengeklappte, nachlässig versiegelte Wachstafel.
Meine Liebste, meine süße Celeste,Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich über Deine Nachricht gefreut habe. Ja, ich habe viel zu tun, dennoch sind meine Tage leer ohne Dich, mea Stella.
Morgen Nachmittag? Ich hole Dich mit der Biga ab.Mit heißem Sehnen
Dein Faustus -
Tags darauf erhielt ich einen reizenden Brief von meiner Alibi-Freundin. Ich schmunzelte beim Lesen in mich hinein, und dachte so bei mir, dass sie ihre Sache wirklich gut machte! Und auch wenn diese Romanze nur eine Scharade war, ich freute mich wirklich darauf Celeste wiederzusehen.
Die Tabula ließ ich offen im Tablinum auf dem Tisch liegen, damit war es sicher, dass meine Haushälterin auf sie stossen würde. Ich glaubte nicht, dass Pontia davor zurückschrecken würde, meine Post zu lesen. Sie wirkte immer ziemlich interessiert an dem was ich so tat – mir war sogar schon der Gedanke gekommen, ob sie nicht von meinen Tanten dazu angestiftet war, mich zu beobachten. Aber diese Befürchtung war dann wohl doch ein bisschen übertrieben. Seit dem blöden Erlebnis mit den Parzen, die mich bei Lucilla verpetzt hatten, war ich in der Hinsicht einfach ein gebranntes Kind.
Jedenfalls verfasste ich gleich eine kurze Antwort – die ich nur ganz nachlässig versiegelte, so dass es durchaus möglich war, die Verschnürung der Wachstafeln ein wenig zur Seite zu schieben, und einen Blick zu riskieren. Schließlich war es der Sinn dieser "Liaison", dass es sich herumsprach, was ich doch für eine süße blonde Freundin hatte. Damit niemand überhaupt erst auf die Idee kam, etwas anderes von mir zu denken.
Ich drückte die Botschaft meinem Burschen in die Hand und schickte ihn nach Alexandria, um sie Celeste zu überbringen.Dann wandte ich mich meiner Biga zu. Zum Glück hatte sie die Überfahrt mit nur kleinen Blessuren überstanden. Ich schleppte die Einzelteile vors Haus, pellte sie aus Stroh und Decken heraus, sichtete sie, und begann damit, eine angeknackste Speiche auszubessern. Das ging mir gut von der Hand. Danach machte ich mich ans Zusammenbauen,wobei ich fröhlich vor mich hinpfiff, und zwar die Melodie der schönen Prima-Hymne "Von Britannias rauhen Küsten, bis zu Parthias großem Strom".
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"Danke Praefectus." Ich setzte mich, aber mit kerzengeradem Rücken. "Ein Teil Wein, zwei Teile Wasser nehme ich gern." Eigentlich war ich ziemlich empfindlich, wenn man über mich lachte – oder lächelte, oder auch nur leicht schmunzelte – aber bei Octavius' jovialer Art konnte ich das besser verkraften. In der Hinsicht erinnerte er mich ein bisschen an Centurio Flavius.
"Ja ganz gut, ich habe mein Officium bezogen, und mir ein paar Möbel für das Domus angeschafft – bei meiner Ankunft war's ganz leer." plauderte ich, "aber dafür ist das Peristyl schön bepflanzt. Hier wächst das ganze Grünzeug ja wie verrückt."
Doch bevor ich mich erkundigen konnte, ob das Praetorium auch so leergeräumt gewesen war, traf Septimius ein und der Kommandant rückte damit heraus, warum er uns herbestellt hatte. Allerdings verstand ich erst mal gar nichts, und runzelte bloß verwirrt die Stirn. Was war denn das für ein komischer... Titel? Klang nicht römisch und nicht griechisch, verballhornt irgendwie . -
"Salve Optio." Ich erwiderte den Gruß und wies auf den Besucherstuhl vor meinem Schreibtisch. "Setz dich. Ich habe noch einige Fragen zu dem Mord an Iunia Urgulania."
Ich selbst nahm auch Platz, beugte mich dann vor und stützte die Ellenbogen auf den Tisch, den Optio musternd, während ich weitersprach. "Einen Überblick hast du uns ja schon gegeben, und die Berichte dazu werde ich mir natürlich auch noch ansehen, aber zu den wichtigen Punkten, oder, ähm, Punkten die wichtig sein könnten, möchte ich erstmal deine direkte Einschätzung."Septimius hatte schon bei der Stabsbesprechung einen ruhigen, gut organisierten Eindruck auf mich gemacht. Diese Ermittlung schien bisher "seine" gewesen zu sein – ob er wohl verärgert war, dass ich ihm jetzt vor die Nase gesetzt worden war? (Ich wäre es gewesen.)
"Aber kurz zu mir - " fügte ich darum erklärend hinzu, "ich habe zuletzt in Rom bei den Stadtkohorten gedient, als Centurio, und dort häufiger mit Mordfällen zu tun gehabt."
Um keinen Preis wollte ich für einen dieser unnützen, karrieregeilen Zivilisten-Tribune gelten, wie man sie so häufig antraf. Aber den Respekt, den musste man sich halt immer erst mal verdienen."Also, primum möchte ich wissen, wann genau der Leichnam entdeckt wurde, von wem, und wann ungefähr die Frau gestorben ist. Secundum welche Art von Verletzungen sie trug, an welcher sie verstarb, und ob die Fundstelle auch der Ort des Mordes war."
Ich kratzte mich an meinem Schmiss und überlegte kurz.
"Tertium welche Spuren ihr im Detail finden konntet, welchen ihr, ausser dem verdächtigen Perser, noch nachgegangen seid, welche ausgeschlossen werden können und welche im Sande verlaufen sind. Ach ja, und dieses ominöse Cingulum militare, konntet ihr feststellen wo es herstammt?" -
In den ersten Tagen in Nikopolis wusste ich gar nicht wo mir der Kopf stand. All die neuen Eindrücke, die neuen Gesichter und meine neuen Aufgaben als Tribun, und dazu das andere Klima, und die Seeluft – abends war ich wie erschlagen. Ich aß dann, was Pontia mir vorsetzte, und fiel ins Bett (mittlerweile hatte ich die nötigsten Möbel), wo ich wie ein Stein schlief, bis wieder zum Wecken geblasen wurde.
So kam ich erst mal gar nicht dazu, die Gegend zu erkunden, oder Briefe zu verfassen, oder mir überhaupt Gedanken zu machen. Aber eines Abends überfiel mich ganz plötzlich die Einsamkeit.
Ich sass gerade im Peristylgarten - es war ja schon so warm hier – trank ein Glas Wein nach dem Essen und hörte die Zikaden singen. Pontia räumte den Tisch ab, dann drang aus der Küche das Klappern des Geschirrs, und auf einmal war mir so bewusst, wie leer dieses große Haus war. Nur ich und eine bärbeißige Sklavin. Ich sehnte mich nach Aton! Und nach meiner Familie, nach Seiana ganz besonders, aber eben auf eine warme, familiäre Weise... nicht so überwältigend und schmerzlich.
Ein wehes Ziehen breitete sich in meiner Brust aus, ich seufzte schwermütig, lehnte mich zurück auf meiner Kline und sah hinauf in den Abendhimmel. Atons Sonnenbarke war eben erst hinter dem Horizont verschwunden, und ein sanftes Glühen lag noch immer in der Luft.
Aton... Manius. Wie er meinen Brief wohl aufgenommen hatte? Ob er die verborgenen Zeilen überhaupt entdeckt hatte? Es wäre fatal wenn nicht... aber ich hatte ihm ja nicht offen schreiben können... ach bestimmt, er war viel zu klug um so etwas zu übersehen... klug und überhaupt einfach unglaublich und phantastisch.... Warum nochmal hatte ich "eine Woche" gesagt?! Ich Tor! Ich hatte mich für sein Zaudern revanchieren wollen, indem ich ihn hinhielt... und das hatte ich jetzt davon.Wahrscheinlich würde ich ihn erst in Jahren wiedersehen, und ich konnte ja wohl kaum erwarten, dass diese Leidenschaft bis dahin überdauerte. Anstatt hier zu schmachten, sollte ich mir lieber irgendeinen samthäutigen Ägypter kaufen, der mir half, den fernen Senator zu vergessen. Die Rolle des "fern-sich-sinnlos-verzehrenden" hatte ich schon zu Genüge gespielt, bei Hannibal, das reichte eigentlich für den Rest meines Lebens!Aber wie das so ist, trotz dieser vernünftigen Erwägungen kehrten meine Gedanken doch immer wieder zielsicher zu Aton zurück, und zu der perfekten Nacht, die wir uns geschenkt hatten, und vor meinem inneren Auge bildeten sich allerlei Szenen, die ziemlich anregend waren. Und ziemlich utopisch, leider...
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Hämmer trafen auf Metall, Blasebälger fauchten, und glühendes Eisen zischte, als es ins Wasser getaucht wurde. Ganz in meiner Nähe stoben Funken. Vorsichtshalber machte ich einen Schritt zur Seite, aber ohne meinen Monolog zu unterbrechen.
"...und hier, mittig auf dem Torso möchte ich einen galoppierenden Hengst in den Stahl getrieben haben, und darum Akanthusverzierung, und hier Gorgonenhäupter..." Ich erklärte gerade - lautstark, wegen des Lärmpegels in der Werkstatt - dem Schmiedemeister in der Rüstschmiede wie ich mir meinen neuen Harnisch vorstellte. Der betagte Immunis hörte geduldig zu und skizzierte bedächtig auf einer Tabula.
"Die Muskulatur soll schon deutlich herausgearbeitet sein. Aber nicht zu übertrieben. Aber schon ästhetisch gut ausdefiniert. Die Ränder möchte ich mit einem Bronzeblech beschlagen haben, als Kontrast... und ziseliert. Der Harnisch soll nur ungefährt bis hier gehen, damit ich damit auch reiten kann, unten sollen dann Pteryges dran. An den Schultern auch. Hmm, ja, und Beinschienen und Helm sollen im selben Stil sein. Rindslederne Riemen, und für den Kamm kräftiges rotes Rosshaar...
Mars und Bellona will ich auf der einen Seite des Helmgrates abgebildet haben, und Fortuna auf der anderen... Und das ganze einmal funktionell für den Alltag und einmal so richtig prunkvoll als Paraderüstung."
Der Schmiedemeister nahm meinen Auftrag entgegen, vermass mich ausgiebig, und prophezeite mir einen gewaltigen Preis. Doch da ich zur Zeit eh nicht wusste wohin mit meinem Geld, zuckte ich nicht mal mit der Wimper. Es würde eben von meinem Sold abgehen. Und eine gute Rüstung, das war doch mal eine vernünftige Investition. -
Das mit dem Hinterhalt war nicht von der Hand zu weisen. Aber ganz wollte ich nicht von meiner Idee lassen. Ich studierte intensiv die Karte und begann dann mit einer Knotenschnur entlang des Flusslaufes zu messen.
"Von hier bis Syene sind es, entlang des Flusses, über 600 milia passuum.* Hmm...bei einer Marschgeschwindigkeit von 20 Meilen am Tag wären wir etwa einen Monat lang unterwegs." Diese Provinz war echt gigantisch!
"Wir könnten uns doch auch" überlegte ich, "zu einem Flusshafen bringen lassen, der gerade noch innerhalb der Zivilisation liegt und dann von dort aus weitermarschieren."Als die Sprache auf die Kohorte dort im Süden kam, nickte ich eifrig zustimmend. Wir mussten unbedingt mehr über diesen Feind erfahren.
"Ich meine, schon mal irgendwo von diesen Kopflosen gelesen zu haben... Ich glaube es war bei Plinius." Oder waren es Hundsköpfige gewesen... Ich war mir echt nicht mehr sicher. Aber wie auch immer. "Ich werde mal das Museion aufsuchen und dort recherchieren, vielleicht haben sie etwas über diese mysteriösen Wesen. Man kann ja nie wissen."* mille passus (römische Meile) = ca. 1,5 km
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Nachdem ich den Befehl erhalten hatte, machte ich mich sogleich auf den Weg zum Kommandanten. Der Weg war nicht weit, und die Schreiber machten keine Anstalten mich aufzuhalten. Einer klopfte für mich, meldete mich, und dann trat ich in das schicke Arbeitszimmer des Präfekten, stand stramm und grüßte mit zackigem Salut.
"Ave Praefectus! Cen.... - Ähm.Verzeihung." Wie peinlich. Wo hatte ich nur meinen Kopf?!Das waren halt so eingeschliffene Worte...
Deutlich weniger zackig sprach ich weiter. "Tribun Decimus meldet sich wie befohlen." -
Nach der Stabsbesprechung kreuzte ich wieder in meinem neuen Officium auf. Ich schickte den Beneficiarius, der dort als mein Scriba arbeitete, los, um den Optio Septimius zu mir zu bestellen, dann goss ich mir einen großen Becher Posca ein, und nahm hinter meinen Schreibtisch Platz. Von dort musterte ich vergnügt und noch immer ein klein wenig ungläubig mein neues Reich, es war groß, es war hell, und vor allem lag es in der Principa!
Ich trank den Becher aus und ordnete die Unterlagen auf der Tischplatte, schob sie penibel zu Stapeln zusammen, und auch das Schreibwerkzeug legte ich akkurat in Reih und Glied. Aus Rom hatte ich meinen Aurata-Wimpel mitgebracht, den ich dort in der Castra immer an der Wand hängen hatte, den nahm ich jetzt zur Hand und ging durch das Zimmer, auf der Suche nach dem richtigen Platz dafür. Schließlich fand ich ihn, an der Wand rechts des Tisches. Ich ließ mir Nagel und Hammer bringen, schlug den Nagel ein und hängte den Wimpel auf. Mit zusammengekniffenen Augen trat ich dann ein paar Schritt zurück, musterte mein Werk, runzelte die Stirn, trat nochmal näher und rückte ihn um einen Hauch gerader. Ja.... so war es perfekt, jetzt war es wirklich mein Officium. -
Hier befindet sich das Dienstzimmer des Tribunus Angusticlavius Faustus Decimus Serapio.
Als ritterlicher Tribun gehört er dem Kommandostab der Legio XXII Deiotariana an und kann vom Praefectus Legionis mit dem Kommando eigenständiger Abordnungen der Legion betraut werden.Original von Decius Germanicus Corvus