Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Salve Taurus! :)
    Willkommen im Imperium Romanum, wir nehmen Dich gerne auf :dafuer:, und Rom bietet sich als Wohnort an.
    Schreib mir doch eine PN, wenn Du freigeschaltet bist, dann können wir uns absprechen.

    Da war er. Ich sah ihm entgegen, wie er den Raum durchquerte, geführt von der Bedienung. Vorhin hatte ich da gar nicht drauf geachtet, aber jetzt fiel mir auf einmal auf, wie betont das Mädchen die Hüften schwang. Hm. Es hätte mich ja schon interessiert, ob sie ihm gefiel. Seinen Zügen war aber nichts zu entnehmen.
    "Salve Iullus Quintilius, es freut mich, dass du den Weg gefunden hast." erwiderte ich die freundliche Begrüssung. Dieses Rot... es stand ihm wirklich ausgezeichnet! Ich drückte ihm die Hand und wies einladend auf eine der niedrigen Sitzgelegenheiten. Unwillkürlich hatte ich es ihm bei der Anrede gleichgetan, obwohl diese Form eigentlich gar nicht meine Gewohnheit war. Dann ließ ich mich wieder im Schneidersitz nieder.
    "Ich hoffe die Taberna sagt dir zu. Ich mag ja dieses orientalische Flair... auch wenn der Wein ein bisschen süss ist."
    Es war... schön, faszinierend schön, wie der Widerschein der kleinen Flämmchen die prägnanten Linien seines Gesichtes hervortreten lies, Flecken von Licht warf, Täler von Schatten malte. Aber ihn anzusehen war auch, wie an einer halbverheilten Wunde zu kratzen... ein Schmerz, der etwas wohliges an sich hatte. Schon kurios. Ich wusste ja nichts über ihn, ausser dass er Liktor war und sich nicht leicht einschüchtern ließ. Aber ich war neugierig... ja genau, sagte ich mir, nichts weiter, einfach bloß neugierig. Was ich natürlich auch bemerkte war, dass er die Zeichen des Ordo Equester an sich trug, ungewöhnlich dass er als Liktor arbeitete.
    "Was darrf ich den Herren bringen?" riss mich ein liebreizendes Stimmchen aus dem Sinnieren. Ach, die war ja auch noch da. Und wie sie mit den Wimpern klimperte, und wie offenherzig sie lächelte. Geradezu aufdringlich wie das Mädchen sich in Szene setzte, fand ich.
    "Als Spezialität bieten wirr heute an: Die Verrzückung des Shaikh, bei diesem Mahl rreichen wirr eine Auswahl kleinerr Moshahiat und Safrranlamm an Grranatapfelsarrap auf jungen Palmherzen, dazu einen würrzigen Shabwa, späterr Ma'amoul mit Feigen und Pistazien."
    Ich verstand nur die Hälfte, aber das unterstrich das Gefühl, mitten in Rom in einem exotisch fremden Land zu sein.
    "Klingt gut, was auch immer es ist." meinte ich mit einem schiefen Grinsen, und blickte Quintilius fragend an. "Wollen wir das versuchen?

    Das war ein Hin und Her! Enttäuscht blickte ich hinab auf meine Hände, die, von den seinen umschlossen, erst mal ausser Gefecht gesetzt waren, dann auf seine Lippen, die feucht vom Küssen glänzten, die verlockend nahe waren, die mir trotzdem verweigert wurden. So schön, so unvergleichlich kunstvoll seine elegante Art die Worte zu setzen auch war... ich fand in dem Moment schlicht, dass er viel zu viel redete. Bei Eros und Anteros, wenn er mich nicht wollte, warum hatte er mir dann den Brief geschrieben?!Seine Worte auf dem Papyrus waren kühn und unbedingt gewesen, sein Zaudern jetzt verstimmte mich. Gekränkt presste ich die Lippen aufeinander, ein weiteres Mal in meinem Überschwang gezügelt. Was mir jetzt auch auffiel – die seltsame Weise, in der er manche Worte aussprach, 'lei'htfertig' zum Beispiel, ich hatte das für eine Eigenart der Rolle, die er auf den Meditrinalia gespielt hatte, gehalten. Aber es war eine Eigenart seiner selbst.... ich fand das süß. Wie ich ihn überhaupt ganz furios fand. Und er fand mich offenbar leichtfertig.
    Mit gemischten Gefühlen schmiegte ich meine Wange in seine Hand, erwiderte seinen Blick ziemlich zwiespältig.
    "Aber mich dürstet so sehr nach deinen Lippen!" protestierte ich halb scherzhaft, seufzte dann leidend, um das zu unterstreichen. Ich verstand nicht, mehr Zeit... wollte er sich erst mal unterhalten? Wir kannten uns doch gar nicht, kamen aus völlig verschiedenen Welten. Ach, ich hatte ganz anderes im Kopf als hier gepflegt Konversation zu betreiben.


    Doch ich zuckte die Schultern. Sollte ja nicht so aussehen als ob ich das hier zu ernst nähme.
    "Wie du willst." sagte ich leichthin, hauchte einen flüchtigen Kuss auf die Innenseite seines Handgelenkes, und erhob mich von seinen Knien. Ich ging ein paar Schritt durch sein Zimmer, betrachtete mir die Einrichtung und was er so an Schriftrollen in seinen Regalen liegen hatte. Wieviel Zeit? Ich schmunzelte über die Vorstellung, wie eine ganze Kohorte nach mir ausgeschickt wurde – und dachte schwärmerisch, dass er zu allem anderen auch noch Humor hatte... - und musterte den schönen Senator kurz forschend. Was zum Tartaros wollte er denn eigentlich? Das hätte ich gerne gewusst.
    "Meine Männer sind es gewohnt, dass ich bei Ermittlungen lange unterwegs bin. Wir haben also jede Menge Zeit....."
    Ob es an der Villa lag, dass er so befangen war? Die Nähe der Familie, die Gefahr entdeckt zu werden... ja, das musste es sein. Ich wollte ihm zeigen, dass ich nicht vorhatte seine Kreise zu stören, dass ich respektierte was er sich ausbat, deshalb schlug ich widerwillig vor:
    "Wenn es dir hier zu riskant ist können wir uns natürlich auch woanders treffen, an einem anderen Tag."
    Nichts wäre mir unlieber, als jetzt wieder zu gehen. Ich wandte mich vom Regal ab und umfing Aton... den wunderbaren Aton in der Maske dieses Senators, mit einem glühenden Blick.

    Juchee! Geschafft! Die ganze Lernerei und das Schwitzen hier an diesem Tisch hatten sich gelohnt, und ein Lob gab es obendrein für uns.
    "Danke, Kommandeur!" sprach ich voll Erleichterung und Freude, und fügte artig hinzu: "Es war eine spannende Fragestellung." War es wirklich, sie hatte polarisiert und uns viel Stoff für das Streitgespräch geboten.
    Nachdem wir nun alle die Waffen gestreckt hatten, grinste ich meine Mit-Diskutanten freundlich an. Ich war die beiden ja das ein oder andere Mal recht offensiv angegangen , darum meinte ich jetzt: "Und nichts für ungut.", und reichte ihnen nacheinander die Hand.

    Ach Herrjeh, schoss es mir da oben, in meiner unwürdigen Lage, durch den Kopf, als die Türe aufgerissen wurde, hoffentlich nicht einer meiner Soldaten!
    Es wäre sicher ein gefundenes Fressen für die ganze Baracke. Doch der tatkräftige Besucher war ein Fremder, da wollte ich mich mal nicht beschweren. Er packte meine Beine, so stabilisiert konnte ich wieder festen Halt gewinnen.
    "Uff... ja... äh... nein... lass mich einfach langsam runter, bitte..."
    An den ausgestreckten Armen hängend, liess ich mich dann herunter, und erreichte mit Hilfe des Fremden sicher wieder den Fußboden. Puh! Ich räusperte mich, strich mir das Haar zurecht, und versuchte tapfer ein wenig Würde zurückzugewinnen.
    "Danke, Soldat! Aber sag, wer bist du und was führt dich hierher?"

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    Tricostus' Sänftenverleih
    stand in großen roten Lettern auf die Wand gepinselt.
    Erstklassige Tragemöbel für jede Geldbörse! Ausdauernde Trägersklaven! Wir vermieten auch Leibwächter!
    Nach einigem Suchen erst hatte ich das Haus wiedergefunden. Im Hof herrschte reger Betrieb, Sänften kamen und gingen, ein geschäftiger Aufseher kassierte und scheuchte die muskelbepackten Trägersklaven – oder Leibwächter – herum. Tricostus schien gut im Geschäft zu sein. Ich sah ihn unter einem Vordach sitzen, und blieb abwartend stehen, während er mit einem reichgekleideten hageren Herrn verhandeln. Dann schüttelten sie sich die Hände, und der Kunde zog mit einem halben Dutzend menschlicher Schränke ab, die allesamt so aussahen als wäre mit ihnen nicht gut Kirschen essen. Hm.
    "Salve Tricostus." machte ich mich dann bemerkbar, und trat auf ihn zu. Den Sack mit seinen Sachen trug ich auf dem Rücken.
    "Salve et tu!"
    Er begrüsste mich ganz unbefangen, klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter und bat mich herein.
    Sein Atrium bestach durch die lebhaften Fresken an den Wänden. Sie schienen ganz neu zu sein, eine Wand war erst zur Hälfte bemalt. Wenn ich das recht deutete, sah man dort Harmodios und Aristogeiton, beide äusserst wohlgestaltet, wie sie gerade den Tyrannen umbrachten.
    "Schöne Fresken!" äusserte ich meine Bewunderung, und lud den Sack ab. "Ich bringe dir hier die Sachen wieder, die du mir ausgeliehen hast. Der Chiton war nicht mehr zu gebrauchen, aber ich habe einen neuen besorgt. Nochmal vielen Dank dafür, und auch für die Einladung."
    "Gar kein Problem." Er winkte ab, verstaute dann die Sachen in einer Truhe. Ich sah dem schönen Linothorax mit Bedauern hinterher.
    "Und, hast du dich noch gut amüsiert?"
    "Oh ja..." Ich lächelte schwärmerisch in mich hinein, als ich an den unvergleichlichen Aton zurückdachte. "Und du?"
    "Diese Athene war wirklich... raffiniert." Geniesserisch schnalzte er mit der Zunge, grinste breit und wies auf eine Halbmaske, die die Wand seines Atriums zierte. Es war keine Ahnenmaske - und sie sah der, die die Göttin getragen hatte, wirklich sehr ähnlich.
    "Hat sie mir vermacht."
    Ich war beeindruckt. Athene hatte so unnahbar gewirkt, und er hatte offenbar nicht nur sie, sondern auch gleich noch ihre Maske, also ihr Incognito, erobert. Tricostus war schon ein kleiner Alexander, keine Frage.
    "Nicht schlecht. Also dann... mhm.. hast du Lust, das bei Gelegenheit mal zu wiederholen?"
    Ich grinste ihn an und dachte mir dass er, auch wenn er furchtbar eingebildet war, zum einen ziemlich gut aussah, zum anderen an echt interessante Einladungen hernkam.
    Tricostus grinste zurück, und trat näher an mich heran. Bis auf Armlänge. Sein Grinsen wurde spöttisch.
    "Aber Hephaistion... Was willst du dich mit einem Menschen abgeben, wenn du einen Gott haben kannst?"
    Er lachte leise und vergnügt über sein kleines Bonmot. Ich verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
    "Sei nicht nachtragend. Du hattest doch auch..." Ich winkte zu der goldenen Maske hinauf. Das sah er ein. Wir leerten noch einen Becher Wein miteinander und schieden als Freunde.

    "Danke! Ich werde dir ewig dankbar sein!"
    Ich war gerettet. Celeste würde meine Tanten zähmen, und mich vor der grauenvollen Zwangsehe bewahren, die diese für mich ersonnen hatten. Erst nach zahllosen weiteren Bekundungen der Freude und Dankbarkeit, verabschiedete ich mich endlich, warf mir den Sack über den Rücken, und ließ meine neue Alibi-Freundin inmitten ihrer Arbeit zurück. Ich für meinen Teil schlug den Weg nach Trans Tiberim ein.

    Ich war empört. Mit einer Dreistigkeit sondergleichen spielte der Messermörder hier die verfolgte Unschuld, und verleumdete statt dessen uns mit seinen schamlosen Lügen. Meine Augen wurden schmal, als ich mir das alles anhören musste, meine Wangenknochen mahlten. Ruhig Blut. Ich musste nicht auch noch in die Luft gehen.
    "Nein, Prätor," antwortete ich felsenfest, "das war nicht der Fall."
    Körperliche Unversehrtheit? Ich überlegte. Aber irgendwie fand ich das seltsam. Es war eine große böse Welt da draussen, und ich, der ich nun wirklich kein Grobian war, hatte noch nie davon gehört, dass man Mordgesindel mit Samthandschuhen anzufassen hätte.
    "Direkt nach der Festnahme hat einer unserer Capsarii nach ihm gesehen. Der Angeklagte hatte bei der Festnahme Widerstand geleistet, er hat mich angegriffen, daraufhin habe ich ihn niedergeschlagen. Er hatte davon einen Kratzer an der Schläfe. Der Capsarius meinte, dass ihm ansonsten nichts fehlen würde."

    "Danke, Praefectus!"
    Aegyptus, Land der Wunder, ich komme! Das Lob machte mich aber verlegen... auch wenn es natürlich süß wie Honig schmeckte. Falls der Praefectus jetzt verstimmt war, zeigte er es jedenfalls nicht.
    Schüchtern erwiderte ich ganz kurz das Lächeln des Tribuns Octavius, bevor ich wieder ordnungsgemäss geradeaus schaute. Mein Kopf schwirrte nur so! Und da fiel mir siedendheiß ein – verdammt, ich hätte doch eigentlich erst mal Livianus fragen müssen. Schließlich stand ich wieder unter Patria Potestas, aber in der Aufregung hatte ich da einfach überhaupt nicht drangedacht.

    In der Diele meiner Unterkunft, direkt genüber der Türe, stand ein riesiger massiver Eichenschrank, ein echtes Ungetüm, das wahrscheinlich schon seit der Erbauung der Castra dort sein Dasein fristete, und Generationen von Centurionen zur Aufbewahrung ihrer Sachen gedient hatte.
    Und neben diesem Monstrum stand ich, auf den Zehenspitzen, auf einem Stuhl balancierend, und versuchte den Seesack zu erhaschen, den ich irgendwann mal da oben auf dem Dach des Schrankes deponiert hatte. Das kräftige Klopfen an der Türe durchbrach meine angespannte Konzentration, ließ mich sogar ein wenig zusammenzucken, was in der Situation fatal war! Ich geriet ins Schwanken, und konnte gerade noch ein ersticktes "Herein!" von mir geben, während ich mit den Armen rudernd, um meine Balance kämpfte – doch vergeblich. Der Stuhl krachte zu Boden, und ich konnte mich gerade noch am Schrank festhalten, da hing ich dann, den Oberkörper auf dem Riesenmöbel, die Beine in der Luft hängend, zwischen Himmel und Erde...

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    Nachdem wir ein Stück gegangen waren, die Torwachen hinter uns zurückgelassen hatten, und uns ungestört unterhalten konnten, ergriff ich wieder das Wort. Wegen des Jungens achtete ich aber darauf, möglichst unverfänglich zu bleiben.
    "Es freut mich wirklich sehr, dass es dir, ähm, bessergeht, Bridhe. Ich hatte mir nach unserer Begegnung doch ein bisschen Gedanken gemacht. Einen prächtigen Jungen hast du da."
    Wir kamen an kleinen Häuschen vorbei, hier lebten viele inoffizielle Soldatenfrauen und -familien, und es gab auch eine Menge Tavernen und Lupanare, in denen einem der Sold ganz schnell wieder aus der Tasche gezogen wurde.

    "Das wäre doch nicht nötig gewesen.", gab ich ganz automatisch zur Antwort. Dabei war es mir schon sehr recht, meinen Umhang zurückzubekommen. Aber was mich wirklich unglaublich freute, das war, dass Bridhe sich besonnen hatte, und offenbar zu ihrer Familie zurückgekehrt war. Und dass sie sogar extra hier vorbeikam! Nachdem unsere letzte Begegnung mich vollkommen deprimiert hatte, und arg zu meinem Gefühl der Sinnlosigkeit beigetragen hatte, war diese hier ein strahlender Lichtblick! Bona Dea, vielleicht war unsere Arbeit doch nicht immer und überall nur unnützes Schaulaufen. Ich lächelte ihr zu und setzte mich in Bewegung, erst ein Stück entlang der Kastellmauer, dann eine kleine Nebenstrasse entlang.

    Mein Lächeln wurde immer verkrampfter.
    "Noch nicht so sonderlich lange. Ich bin der jüngste Centurio bei den Stadtkohorten." Das hatte sogar in der Acta gestanden.
    Es war eine echt unbehagliche Situation, da flüchtete ich mich doch lieber ins Dozieren über militärische Strukturen.
    "Leider gibt es bloß einen Praefectus Castrorum pro Legion. Aber neunundfünfzig Centurionen, die auf diesen Rang hoffen. Und hier bei den Stadtkohorten haben wir nicht mal einen eigenen, denn da wir uns die Castra mit der Garde teilen, übernimmt deren Praefectus Castrorum, er wird Princeps Praetorii genannt, das gleich mit." Ich zuckte mit den Schultern. "Darum kann ich mir das wohl abschminken. Ich hoffe vielmehr auf einen Einstieg in die Militia Equestris."


    Wer "die Glückliche" war? Das war fies!! Da verkniff ich es mir, weiter nachzubohren, um meine Cousine nicht als alte Jungfer anzuprangern – aber sie dankte es mir nicht, nein, sie legte bar jeden Zartgefühls den Finger in die Wunde! Die Glückliche?!! Und jetzt starrten sie mich alle drei an. Wie die Parzen! Sogar Seiana! Ich blinzelte verstört. Die machten mich echt fertig.
    "Ähm... ja, also eigentlich finde ich sowieso, dass ich noch ein bisschen zu jung zum Heiraten bin... und meine Freundin, sie ist, ähm, eine sehr unabhängige Frau... und will mich auch nicht gleich in die Eheregistratur zerren."
    Ich wäre verloren gewesen, absolut verloren diesen Hyänen ausgeliefert - wenn ich nicht Vorkehrungen getroffen hätte. Ruhig Blut, Soldat, sagte ich mir also, sah dem Feind ins Auge, jedenfalls Valeria und Venusia, und ließ ein schwärmerisches, ein verträumtes Lächeln auf meinen Lippen erscheinen. Wie mir das gelang? Ganz einfach, ich dachte dabei an Aton, meinen absolut furiósen Meditrinalia-und-darüber-hinaus-Liebhaber.
    "Wir haben uns im Zuge meiner Arbeit kennengelernt. Sie ist einfach zauberhaft! Und sehr patent. Ihr Name ist..." Und ich hauchte ihn andächtig: "Celeste..... - Wunderschön, nicht wahr?"


    Sogar die Pläne meiner Schwester, die ich so mißbilligte, waren mir recht, um von mir abzulenken.
    "Aber Seiana hat sich kürzlich verlobt!", warf ich den Hyänen als Köder hin, und fügte bissig, mit falscher Heiterkeit grinsend, in scherzhaftem Ton hinzu: "Ihr Verlobter hat sich allerdings noch nicht hier blicken lassen, ich glaube gar er traut sich nicht."
    Bei Valeria kannte ich jetzt auch kein Erbarmen mehr. Ich drehte den Spieß um und lächelte meine Cousine mit großen unschuldigen Augen liebenswürdig an, ein wenig mitleidig, als hätte sie ein schlimmes Gebrechen, das sie tapfer ertrug.
    "Und wie ist das bei dir", fragte ich mitfühlend, "ich kann mir gar nicht vorstellen, was eine schöne und kluge Frau wie dich so lange von einer Ehe abgehalten hat? Und hast du denn niemanden im Auge? Rom bietet ja ein umfangreiches Sortiment."

    Die Entscheidung schien ihr ganz und gar nicht leicht zu fallen.
    Sag ja! Sag doch bitte, bitte ja!!
    Ich blickte sie mit großen Augen an, wie ein verwaister Hundewelpe. Und tatsächlich, sie stimmte zu! Mir fiel ein dicker, schwerer Feldklotz vom Herzen.
    "Danke! Oh, tausendmal Danke! Das werde ich dir nie vergessen!!" jubilierte ich, strahlte sie an und drückte ihr im Überschwang sogar einen keuschen Kuss auf die Hand. Die ich gleich darauf wieder losließ.
    "Du hast mich gerettet! Du bist mein Heldin! Ich bin dir so dankbar! - Und meine Familie, sie werden dich lieben! Meine Tanten werden ganz entzückt sein. Du wirst sie alle bezaubern."
    Und nun? Wie sollte ich meine reizende Alibi-Freundin am strategisch günstigsten einsetzen?
    "Es ist vor allem meine Tante Venusia, die mich da so drängt. Aber ich glaube, dass meine Tante Lucilla aus der Ferne die Fäden zieht. Dass sie der Kopf der ganzen Sache ist. Sähe ihr ähnlich. Aber, es gilt zuerst ihre rechte Hand ausser Gefecht zu setzen – ich meine, Venusia zu überzeugen. Dein erster Einsatz wäre also ein gemeinsames Essen, wir mit ihr zusammen. Nichts großes und auch nicht hier im Haus. Geht das in Ordnung, ja?"
    Es war schon seltsam, dachte ich so bei mir, dass la especialista, die ich in den tiefsten Schatten von Rom zum ersten Mal getroffen hatte, mir jetzt so selbstlos zur Seite stand. Ja, sie war eine richtige Kameradin für mich geworden.

    Es war schwierig für mich, dem Aurelier beim Thema Kaisertod etwas entgegenzusetzen. Vor allem, da ich selbst mich nur zu gut an die Mutlosigkeit erinnerte, die sich lähmend über das Heer gelegt hatte, als der Kaiser vor Dura seiner Verwundung erlegen war. Und da konnte ich, auch wenn meine Position eine andere sein sollte, nicht aus meiner Haut heraus.
    Mittlerweile hatte ich sowieso den Eindruck, dass wir unsere schlagkräftigsten Argumente ausgetauscht hatten, es ging jetzt eher darum, welches man wie gewichtete. Und die Zweifrontendiskussion war fordernd, dabei hatten die beiden noch nicht mal Domitian demontiert... Da war ich eigentlich ganz froh, dass der Praetor unterbrach und auf das Ende zusteuerte. Auch wenn ich meinem Gegenredner ja nur ungern das letzte Wort überließ... ach egal.
    Darum schüttelte ich den Kopf, auf die Frage des Praetors hin, und meinte:
    "Ich denke, wir haben die wichtigsten Dinge gesagt."
    Aber etwas ging mir noch im Kopf herum: Aurelius' Worte zum blinden Vertrauen. Das war ziemlich kritisch, und das konnte man sehr gut auf das Tagesgeschehen beziehen, wie auch das, was ich zuvor zum Rückzug des Kaisers gesagt hatte. Es war eben doch keine vollkommen losgelöste, rein theoretische Diskussion, konnte es wahrscheinlich auch gar nicht sein.

    Zitat

    Original von Potitus Vescularius Salinator
    Es dauerte nicht lange, da trat wie befohlen der Centurio ein, dessenwegen sich der Tribun die Mühe gemacht hatte, hierher zu kommen. "Salve, Centurio. Tribun Octavius ist auf dem Weg nach Aegyptus. Und er möchte Dich mitnehmen. Als Tribun. Du könntest aber auch hier in Rom bei mir als Tribun dienen. Die Wahl liegt bei Dir, Decimus. Zwar entbehre ich Dich nur sehr ungern, doch wenn es Dein Wunsch ist, zukünftig das Knirschen des Sandes bei jedem Bissen zwischen den Zähnen zu haben, werde ich Dir nicht im Weg stehen." Die Beförderung hatte ohnehin angestanden nach der Standeserhebung und den hervorragenden Leistungen, die der Centurio vollbracht hatte. Die Frage war nur, an welchem Ort Serapio zukünftig dienen wollen würde.


    Zitat

    Original von Tiberius Octavius Dragonum
    Als dann der junge Adoptivsohn seines Patrons eintrat nickte Dragonum diesem freundlich zu und erwiederte den Gruß. Das der Praefectus nun auf einmal ebenfalls ein Tribunat springen lassen wollte fand er zwar schwer verwunderlich, aber er würde dem Jungen dazu sicherlich genausowenig im Weg stehen wie der Praefectus andersherum ...


    Vollkommen verblüfft sah ich vom einen zum anderen. Es war, als würden die altvertrauten Kulissen des Alltages mit einem mal beiseite geschoben, und dahinter sah ich... die weite Welt! Die lockende Ferne! Fremde exotische Länder! Ägypten war mein Traum, die griechischen Einflüsse, die Überreste der alten Hochkultur... Und ich war schon auch geschmeichelt, dass Tribun Octavius höchstpersönlich hier erschienen war, wegen mir. Und dass der Stadtpräfekt mir auf einmal ein Tribunat anbot! Ritterliche Rochaden, jetzt erinnerte ich mich, es hatte doch in der Acta gestanden, dass Octavius Dragnum zum Praefectus Legionis in Ägypten bestimmt war... und jetzt schien das ritterliche Rochieren mich auch erfasst zu haben.
    Jedoch – ich fühlte mich wie ein Esel zwischen zwei Futterkrippen. Das Angebot des Stadtpräfekten war äusserst verlockend. Ich hatte die CU in der Hinsicht für eine Sackgasse gehalten, aber ich zweifelte nicht daran, dass es, wenn der Stellvertreter des Kaisers das wollte, hier auch Platz für einen ritterlichen Tribun gäbe. So könnte ich weiter ganz nahe an der Macht arbeiten... und wenn Vescularius Salinator mir gewogen bliebe, das wäre sicher vortrefflich für die Karriere! Es schien mir wie ein Angebot, dass man besser nicht ablehnen sollte... ein bisschen wie damals, als die Praetorianer Licinus und mich auserkoren hatten. Und da war auch noch meine Familie... meine liebe Seiana, die eben erst aus Ägypten zurückgekommen war... Andererseits würde eine Flucht nach Ägypten mich bestimmt in Sicherheit vor den furchteinflössenden Heiratsplänen bringen, die meine Tanten für mich schmiedeten. - Aber was war mit Aton! Mein wunderbarer neuer Liebhaber, den konnte ich doch nicht gleich wieder hinter mir lassen!


    Ich holte tief Luft. Ich musste jetzt etwas sagen. Die beiden Herren wartete auf meine Entscheidung.
    "Ich... möchte mich für dieses wirklich großzügige Angebot von Herzen bedanken, Praefectus. Es ehrt mich!" Dabei sah ich Vescularius Salinator an, ganz zerknirscht. Er war ein toller Kommandant, der mir viele Chancen gegeben hatte zu zeigen was in mir steckte. "Und mich auch dafür bedanken, dass du mir selbst die Entscheidung überlässt." War ja beileibe nicht selbstverständlich! "Aber ich möchte sehr gern die Chance nutzen, noch bei einer ganz anderen Einheit, in einer ganz anderen Provinz des Reiches, weitere Erfahrungen zu sammeln."

    Er wirkte kühl. Wie eine Statue so unbewegt. Und dabei so würdevoll, so... unantastbar, dass mir mein Erscheinen auf einmal wieder wie die ärgste Dreistigkeit erschien. Der Schwung, dessen Woge mich hineingetragen hatte, brach sich an der ehernen Gravitas dieses patrizischen Senators (und Pontifex!), flutete zurück, und versickerte sang- und klanglos in dem glänzenden Mamorboden, auf dem meine Caligae standen. Ich war halt in Wirklichkeit kein kühner makedonischer Feldherr, ich war ein schwärmerischer Römer, der diesen Mann absolut umwerfend fand und zauderte weil er es nicht in den Sand setzen wollte.
    Hinter mir schloss sich die Türe, doch obgleich wir nun unter uns waren, verharrte er noch immer in würdevoller Förmlichkeit. Warum? Es fiel mir schwer, das was ich sah, und das woran ich mich erinnerte, in Einklang zu bringen. Unschlüssig sah ich auf den angebotenen Stuhl. Da Platz zu nehmen, würde den großen massiven Schreibtisch, der sich zwischen uns aufbaute wie... das Taurusgebirge, noch viel unüberwindlicher machen.


    Doch dann, wie ein einzelner Sonnenstrahl, der die schroffen Gipfel vergoldet, zeigte er sein Aton-Gesicht. Mein Herz machte einen kleinen Sprung, und als wäre ich sein Spiegel, begann auch ich verstohlen zu lächeln. Ohne die Augen von ihm zu wenden, schüttelte ich sacht den Kopf. Die Nachforschungen waren nur ein Vorwand.
    Mir war, als würde sich der Sonnenschimmer verflüchtigen, sobald ich wegsah, darum wandte ich auch weiterhin kein Auge von ihm, als meine Finger den Kinnriemen meines Helmes lösten, ihn abnahmen und auf den Stuhl nieder legten, den er mir angeboten hatte. Ich strich mir durch die Haare, und, wiederum ohne die Augen von ihm abzuwenden, umrundete ich den Tisch, Schritt für Schritt, wobei mein Lächeln an Mut gewann, und schalkhafter wurde.
    "Ich bin wegen dir hier." sagte ich ein wenig kokett. "Du hast mir Anlass gegeben zu glauben, dass meine Gesellschaft dir nicht ganz unwillkommen wäre, und da dachte ich mir, ich schau mal vorbei."


    Jetzt stand ich direkt vor ihm, ganz nah. Alles in mir zog mich zu ihm... Es war so aufregend! Und wie in den Momenten der Gefahr, wie vor kurzem beim Rattenbeissen, schien es mir, dass meine Sinne auf einmal schärfer waren, dass ich mehr wahrnehmen konnte, und zugleich weniger... alles um Aton herum war ein bedeutungsloses Rauschen im Hintergrund, aber - ach! - die mannigfaltigen, die wundervollen Schattierungen seiner Iris, und der vollkommene Schwung, in dem der Bogen seiner Lippen sich wölbte, und der, in einem Antlitz das von edler Größe und von nobler Selbstdisziplin sprach, einen wundervollen, sinnlichen Kontrapunkt setzte! Und es gab keinen Grund zu widerstehen, keinen Grund mich nicht in dieses Abenteuer zu stürzen.
    Ich beugte mich zu dem Sitzenden herab, erst nur seine Wange mit den Fingerspitzen streifend, andächtig... und dann versäumte ich keine Zeit mehr. Mit beiden Händen umfasste ich seinen Kopf, die Hände auf seinen Wangen, und feurig, mit bebenden Lippen, brach es aus mir heraus:
    "Oh Aton! Ich will mit dir den Horizont verrücken!!"
    Worauf ich meine Lippen ungestüm auf die seinen presste, und sie mit einem hitzigen Kuss versiegelte. Ach, herrlich, ich wollte gar nicht mehr aufhören, so schwang mich einfach auf die Knie des Begehrten und fuhr fort ihn leidenschaftlich zu küssen! Er war wie Opium... ich wollte meine Lippen nie wieder von ihm lösen. Begeistert machte meine Zunge sich daran, die seine zu suchen, zu necken und hervorzulocken, während meine Hände fest über seine Schultern strichen, dann tiefer, und zielstrebig den Stoff der eleganten aber sehr störenden Tunika beiseite zerrten.