Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Mit spitzen Fingern fischte ich mir eine Spinnwebe aus den Haaren. Gut, man sah es dem Raum an, dass er eigentlich als Ausrüstungslager vorgesehen war, und er war weder besonders hell noch besonders gross. Aber nachdem ich ausgefegt und den Boden gescheuert, die Spinnweben entfernt und durchgelüftet hatte, war es immerhin sehr sauber hier drinnen. Ausserdem versuchte ich mich mit dem Gedanken zu trösten, dass so ein unscheinbarer Rahmen genau das richtige für konspirative Planungen war. Ein klein bisschen Bestechung beim zuständigen Quartiermeister war schon nötig gewesen, aber jetzt konnte ich den Raum als Arbeitszimmer haben. (Allerdings unter der Bedingung, dass die restlichen Waren die noch hier lagerten, ihren Platz behalten durften. Da es sich dabei um ein Dutzend Ersatz-Mühlsteine aus Tuffstein handelte, störte mich das nicht, ich hatte sie mit Rupus' Hilfe an der Wand aufgestapelt wo sie nicht im Weg waren.)
    Ein Tisch, ein Stuhl für mich und einer für Besucher, ein Regal, eine Truhe, das war die spartanische Einrichtung. Auf dem Tisch ein Stapel Papyri, eine Öllampe und, akkurat dazu ausgerichtet, Tintenfass und Feder, Tabula und Stylus. Vor dem Fenster wuchs eine Platane, leise drangen die Geräusche vom Exerzierplatz herüber.
    Die Wände waren kahl, bis auf die gegenüber des Fensters, da hatte ich eine grosse Karte von Rom aufgehängt. Vor dieser Karte stand ich eine Weile lang, die Hand ans Kinn gelegt, und betrachtete nachdenklich das unendliche Netz der Strassen, Gassen und Foren. Irgendwo in dieser Stadt waren die Christianer, versteckt wie Maden in einem rotwangigen Apfel, eine zersetzende Kraft, sie sponnen ihre Ränke gegen Kaiser und Imperium. Jedenfalls vermutete das der Praefectus Urbi, und mein Auftrag war es, ihm dazu Informationen zu beschaffen.
    Wo beginnen, fragte ich mich. Hm, am besten war es wohl wir observierten erst mal die Leute, die in Vergangenheit in der Hinsicht schon mal auffällig geworden waren. Ich begab mich ins Archiv und kehrte nach langem Suchen mit einem Arm voll Akten zurück, viele Berichte, alte und neue, Denunziationen, Gefangenenlisten und Protokolle, in die ich mich bis spät in die Nacht vertiefte.

    Der lange Ruso, mal wieder am Forum auf dem Posten, vertrieb sich heute die Zeit damit, den jungen Frauen hinterzugucken.
    "Die ist nicht schlecht was", meinte er gerade mit Kennermiene zu seinem Kollegen, und wies dabei mit dem Kinn auf ein vorüberschlenderndes Exemplar in kurzer Tunika.
    "Mhm.", brummte der Kollege nur, denn er war damit beschäftigt sein Mittagsvesper aus dem Brotbeutel hervorzukramen.
    Da trat ein Zivilist mit einer Frage auf sie zu. Ruso riss den Blick vom Hintern der Frau los und wandte sich Matthias zu.
    "Salve, ja, was gibt es?"



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    Unverkäuflich. Das traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ja, ich hatte natürlich von Anfang an gezweifelt ob mein Versuch überhaupt Sinn hatte, aber ich hatte doch trotzdem... gehofft!
    Un-ver-käuf-lich. Hart und schmerzlich trafen die Silben auf das zarte, romantische Traumgespinst dieser Hoffnung, und bleischwer legte sich die Enttäuschung über mich, liess meine Schultern herabsinken, den Blick zu Boden wandern, wo er auf dem verästelten Adergeflecht des mamornen Boden verharrte. Ich grub die Zähne in die Unterlippe. Schluckte. Atmete tief durch. Hob dann wieder den Blick und begegnete den Augen des Centurio die mich musterten, mich wägten...
    "Nein." Ich schüttelte leicht den Kopf und bekräftigte: "Nein, er hat mir das nicht eingeredet." Obwohl ich mir Mühe gab meine Stimme neutral zu halten, schwang da doch etwas Defensives mit. Mochte es auch eine dumme Idee sein, es war meine dumme Idee! Und mochte mein schöner Olivenwald inmitten dieses Prunkes hier auch ziemlich belanglos erscheinen, so war er doch mein ganzer Reichtum. Aber der Centurio nahm mich nicht ernst... - gut, es hatte auch wieder so etwas väterliches, wie er reagierte. Aber trotzdem.


    Die Frage nach dem Warum war nicht so leicht zu beantworten. Ich zögerte, und einen kurzen Moment lang war ich tatsächlich in Versuchung ihm einfach die Wahrheit zu sagen. Wäre so schön einfach. Aber ich bezweifelte, dass ich damit sein Herz rühren könnte, viel eher würde ich in seinen Augen herabsinken, eben zu einem cinaedus, einem pathicus. Das Problem war ja auch, dass Hannibal viel älter war als ich, ein richtiger Mann, nicht ein hübscher Knabe, bei dem es zwar nicht gutgeheissen, aber doch viel eher hingenommen wird wenn man eine Leidenschaft für so ein junges Geschöpf hegt.
    "Hannibal... ich kenne ihn aus der Zeit bevor ich sub aquila gegangen bin. Ich glaube, ich habe Dir schonmal erzählt, es war keine sonderlich gute Zeit für mich. Er hat mir damals geholfen, als ich, ähm, in Schwierigkeiten steckte. Hannibal ist... ein Freund für mich, und er ist so ein grosszügiger, selbstloser, nobler Mensch - ich finde einfach er sollte kein Sklave sein!" Die letzten Worte sprach ich zunehmend eindringlich, denn davon war ich wirklich überzeugt.
    "Deshalb hatte ich gehofft ihn kaufen und freilassen zu können. - Ich meine, es passt gar nicht zu ihm, Sklave zu sein, ich habe selten einen freien Bürger getroffen der mit soviel Würde und Anstand und Freundlichkeit und Edelmut durchs Leben geht wie Hannibal. Es wird ihm nicht gerecht, ihm, seinem Wesen..."

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Sparsus


    Sparsus und ich waren natürlich nicht die einzigen mit der Absicht zu gratulieren. Langsam steuerte ich auf die beiden Glücklichen zu, die soeben noch mit zwei Damen und einem Herren im Gespräch waren - zwei Damen, die in ganz atemberaubenden Kreationen gehüllt waren, wohlgemerkt. Wobei die Tunika der einen Frau, der mit den braunen Haaren, irgendwie parthisch wirkte, jedenfalls parthische Elemente an sich hatte - todschick, wirklich. Neben einem üppig duftenden Jasminstrauch blieb ich stehen um einen Moment abzuwarten, ein Sklave in Rotgold reichte uns gleich aufmerksam Getränke. Ich nahm den Becher und betrachtete mir - verstohlen - den dritten Gratulanten, denn ich fand, dass er durch seinen ruhigen, so ganz nach innen gekehrten Blick, eine interessante Ausstrahlung hatte.


    "Das hier ist echt eine andere Welt", meinte ich dann zu Sparsus, und machte eine Geste die das Fest umschloss, und die grandiose Aussicht auf die Stadt, den gegenüberliegenden Palatin, das in der Sonne glänzende Band des Tibers. "Rom liegt einem zu Füssen, sozusagen."
    Und etwas leiser: "Hm, ich finde der Centurio und seine Braut sehen ziemlich sü... äh, einträchtig aus, findest du nicht? Dabei heisst es doch immer Patrizier würden nur aus Berechnung heiraten. - Ach, ich fände es soo schade wenn er den Dienst quittiert, aber die Hochzeit ist ja wohl ein Zeichen dass er es wirklich tun wird. Wenigstens habe ich den Scheisskerl mit der Mi... Stangenwaffe damals noch erledigt... zu spät halt. Ich hab von anfang an nur unter Flavius gedient, ich kann mir irgendwie gar keinen anderen Centurio vorstellen."

    Dem Tiber geopfert! Das fand ich UNSÄGLICH komisch!!!
    "Hahaha" lachte ich, "dem Tiber geopfert, haha, das ist gut!" Es schüttelte mich, kitzelte in meinem Bauch und kollerte fröhlich aus meiner Kehle. "Haha, wie Du aussiehst, wie ein Sumpfungeheuer, und ich auch, haha...ha...nnibal, Du hast da Entengrütze im Haar..." Ich krümmte mich, albern, bedröhnt, im Lachrausch, das war so komisch, ich konnte mich gar nicht mehr einkriegen... Aber dieses Flirren in der Luft, das immer stärker wurde, beunruhigte mich dann doch.
    "Irgendwas stimmt hier nicht." Schlagartig wurde ich ernst, hob die Hand und betrachtete das Phänomen durch die gespreizten Finger. "Ja..." - vertraulich beugte ich mich zu Hannibal und wisperte - "Du hast recht, wir sollten uns verziehen, es liegt etwas in der Luft, es ist höchste Zeit. - Bona Dea! Meum savium, Du blutest ja! Ich bringe Dich nach Hause."
    Darauf bestand ich, davon liess ich mich nicht abbringen, und stolpernd tappte ich, an der Seite meines verwundeten Erastes den Uferpfad entlang. Woher waren wir nochmal gekomme? Äste brachen und Gestrüpp zerkratzte mir die Beine als wir querfeldein die Böschung erklommen. Dann tauchten wir wieder in den dunklen Leib der Stadt, durchquerten dunkle Häuserschluchten und gewundene Gassen, die wie im Traum mal vor mir zurückwichen, mal sich vor meinen Füssen aufwölbten, sich bäumten wie ein bockendes Pferd...


    Irgendwann standen wir an einer Straßenkreuzung, um die herum prächtige Villen sich breit gemacht hatten. Jetzt schliefen sie, satt und behäbig, nur aus einem Vestibulum fiel ein blassgelber Lichtschein quer über die Strasse. Kalt war mir jetzt. Und etwas übel, flau im Magen. Ich hatte Durst, aber vor allem Lust auf mehr Opium. Pelzig lag die Zunge in meinem Mund, und wusste keine anderen Worte zu formen als:
    "Ja dann..."
    Ich vergrub die Hände im nassen Stoff meiner Lacerna und sah Hannibal mit grossen Augen unschlüssig an, machte vage Anstalten mich zum gehen zu wenden.

    Die Wochen hatten sich zu Monaten gefügt. Wie mies das Wetter geworden war, in den letzten Tagen! Wehmütig sinnierte ich darüber, dass ich von diesem Sommer so gut wie nichts gehabt hatte - zu viel Arbeit. Wenn ich allerdings die Probati betrachtete, die vor mir auf dem Campus, schön geordnet, dem stürmischen Wetter trotzten, dann war ich doch geneigt zu glauben, dass es sich gelohnt hatte.
    "Probati! State! Aciem dirigite!" Eine Böe brauste über uns hinweg, rüttelte an den Schilden, lies Tuniken flattern, zauste die beiden hübschen Federn an meinem Helm und wollte mir die Worte vom Mund wegreissen. Aber nicht nur die Rekruten hatten viel gelernt, auch meine Stimme war inzwischen doch kräftiger als zu Beginn meiner Optio-Zeit. Heiser war ich nur noch selten und ich behauptete mich an diesem Tag auch gegen das Brausen des Windes.
    "Probati! In den vergangen vier Monaten habt ihr viel trainiert, und ich muss sagen, ihr habt gezeigt dass aus euch Sauhaufen vielleicht, irgendwann mal, doch noch ein paar brauchbare Soldaten werden können."
    Dabei musste ich mir das Grinsen verkneifen, denn eigentlich war ich sehr stolz auf die Truppe, auf jeden einzelnen von ihnen der durchgehalten hatte.
    "Heute wird der Centurio eure Leistung begutachten und sich selbst ein Bild machen, ob man euch auf die Stadt loslassen kann!"
    Grimmig blickte ich von einem zum anderen.
    "Denkt immer daran: FORMATION! DISZIPLIN!! GEHORSAM!!! Das ist das Wichtigste. - Und macht mir keine Schande." Ich hob die Stimme, wie ein Rostra-Redner wenn er die Menge aufpeitschen will und heischte: "Was ist das Wichtigste, Probati?!!"

    "Ich." gab ich nur zur Antwort, auf die Frage nach dem Ausbilder. Wobei mich die Vorstellung, für die Ausbildung des Sohnes des grimmigen Imperiosus - und Verwandten des Artorius Avitus - verantwortlich zu sein, ehrlich gesagt ein bisschen nervös machte. Da sollte ich besser nichts falsch machen. Andererseits ihn auch nicht bevorzugen. Naja, bei der Gruppe mit Redivivus etc lief es ja auch gut, sagte ich mir, eigentlich sehr gut, und wandte mich dem Ausrüstungshaufen zu. Ihm das mit dem ganzen Geraffel da zu zeigen, das war ja noch keine Sonderbehandlung.
    "Über die Tunika kommt das Subarmalium, zur Polsterung, es dämpft auch die Stösse. Und ist warm. Das Focale wickelst du fest um den Hals, dann scheuert der Rand der Rüstung auch nicht. Die Caligae, hm, die solltest du mal fetten. Und immer die Nägel ersetzen, wenn sie abgelaufen sind." Stück für Stück zeigte ich ihm geduldig was wohin gehörte. "..und bei der Lorica zuerst die Schnallen hier und hier schliessen. Das Cingulum militare darüber, daran kannst du auch den Pugio befestigen. Gladius an den Schwertgurt... Gladius nach rechts. -
    Ja? Was gibt es?"

    Ein Soldat war hereingetreten, und überbrachte mir eine Nachricht von meinem Kollegen Peltrasius, von der ersten Centurie. "Ja natürlich, sag ihm ich komme gleich", antwortete ich arglos, "Wegtreten, Miles", ohne mir dabei etwas zu denken. Wahrscheinlich ging es um die Kornrationen-Verteilung in der Kohorte.
    Wieder wandte ich mich unserem Neuzugang zu, und erklärte: "Für den Fahneneid jetzt, sonst für Paraden und Appelle, wird auch die Crista auf den Helm aufgesetzt - so geht das. Noch Fragen Probatus?"


    Kleidung
    Waffen und Rüstung
    http://www.imperium-romanum.info/wiki/index.php/Waffen

    "Jawohl Praefectus!" schmetterte ich, und fing gerade noch den Beutel auf. (Wäre auch echt peinlich gewesen wenn er runtergefallen wäre.) "Danke Praefectus!" Stramm wartete ich auf die Erlaubnis zum Wegtreten, dann salutierte ich noch einmal zackig, wandte mich um und marschierte hinaus. Der Beutel war schwer. Im Vorzimmer liess ich ihn unter der Tunika verschwinden, um bei den Kameraden keine Neugierde zu erwecken, dann verliess ich, bis zum Bersten von Tatendrang erfüllt, die Principa. Dass der Praefectus mir diesen diffizilen Auftrag überantwortet hatte, schmeichelte mir wirklich, oh ja, und es war eine grossartige Gelegenheit sich auszuzeichnen, vor diesem mächtigen Mann! (Oder zu scheitern... Aber nein.)
    Jetzt brauchte ich erst mal eine Basis, für diese Unternehmung, eine Kommandozentrale sozusagen - da würde wohl der alte Lagerraum neben unserer Baracke herhalten müssen, der wurde zur Zeit eh nicht gebraucht - und ein paar Getreue...

    Die Speere flogen, die Salven wurden präziser und gezielter, und wieder und wieder bohrten sich die langen Spitzen in die Strohballen. Es knisterte, und die dunklen Schäfte ragten, noch leicht zitternd, aus dem goldenen Stroh... Die Rekruten waren voll dabei, und vielen schien es richtig Spass zu machen. Ich war zufrieden mit den Leistungen, aber zugleich wollten sich, immer wieder, solche Bilder vor das harmlose Stroh schieben, blutige Bilder, und nasse, splitternde Geräusche regten sich unter der Oberfläche, begierig sich in das Knistern zu mischen. Einer der Probati trat an den Strohballen, den er erfolgreich durchbohrt hatte und riss den Übungsspeer heraus, grinste dabei breit, bleckte die Zähne... Ein Brustkorb, mit geborstenen Rippen, und ein grinsender Schädel, dem der Wüstenwind sauber das Fleisch vom Knochen geschält hatte... Ich presste die Lippen zusammen, sah starr woanders hin, umkrallte meinen festen, soliden Optiostab. Dann war es wieder vorbei. Meine Hände waren klebrig verschwitzt, und gegenüber den Probati kam ich mir auf einmal richtig... alt vor. Hoffentlich hatte keiner was gemerkt. Ich fragte mich auch, wo eigentlich Lucullus' Grab sein mochte, und warum ich noch nicht daran gedacht hatte es zu besuchen.
    "Gut..." sagte ich blass. "...soweit. Aber die Würfe müssen noch kräftiger werden, sollen ja durch Schild und Rüstung dringen, nicht nur durch Stroh. Morgen nehmen wir hölzerne Ziele."


    Ich liess noch ein paar Runden Laufen, und entliess die Probati in die Mittagspause. Am Nachmittag gab es wieder Formaltraining bis zum Erbrechen, und in den folgenden Wochen ging der harte Drill weiter, mit Waffen, Formationen, Wachen, und immer wieder Disziplin, Disziplin, Disziplin... Ich zog das Training weiter an, so wie ich das von der Prima kannte, damit die Männer wirklich an ihre Grenzen kamen, bis zur absoluten Erschöpfung und dann eben auch darüber hinaus. Alle schafften es nicht - drei aus der Gruppe waren einfach nicht gut genug oder nicht entschlossen genug und mussten gehen. Einer von ihnen war Fufius, um den es mir leid tat weil ich ihn sympathisch fand, aber wer nicht bereit war, wirklich alles zu geben, der war als Soldat auch fehl am Platz!

    Das Fest war schon in vollem Gange, als Sparsus und ich zusammen eintrafen. Von einem Sklaven geführt, näherten wir uns über einen der leuchtendweissen Wege der fröhlichen Gesellschaft, vorbei an wilden Tieren (wo ich erst mal stehenbleiben und die Krokodile bestaunen musste) und üppiger Blütenpracht. Ich freute mich, auf diesem Fest geladen zu sein, und noch mehr freute ich mich, dass zu diesem Anlass Sparsus die weite Reise aus Germanien auf sich genommen und auch gekommen war. Beschwingt trat ich auf die Terasse wo die Feiernden sich versammelt hatten. Eine seltsame Mischung war das, einmal die Schönen und Reichen, dann die Soldaten. Was mich auch schwer beeindruckte war das purpurne Sonnensegel, dass sich über der ganzen Pracht wölbte.
    "Schau mal Marcus", ich stiess Sparsus an und fragte leise, "glaubst Du das ist echt Purpur-gefärbt? Das muss ja ein Vermögen wert sein!" (Ich stellte mir vor wie ein Sturm kam und das Ding wegbliess, es würde in der Subura landen und sofort von einer gierigen Menschenmenge in Stücke gerissen werden... Im Moment sah es allerdings nicht nach Sturm aus, das Wetter war einfach perfekt.)
    Ich besah mir die Gäste, die Damen, buntleuchtend wie die Blumen (eine erinnerte mich irgendwie an meine Cousine Calvia), die Herren in ihren Togen. Ich selbst war in Uniform, mit einer tiefroten Tunika und auf Hochglanz poliertem Cingulum, dessen Riemen ich an den Enden mit fein ziselierten Lunulae verziert hatte, und natürlich trug ich - endlich gab es mal einen Anlass - meine Armillae, auch diese blitzblank.
    Ob Hannibal wohl auch hier irgendwo war...?
    Den Centurio sah ich zum ersten Mal in Toga. Er wirkte ganz verwandelt, und ich fand dass er ein bisschen verkatert aussah. Die Braut, unschwer zu erkennen, an seiner Seite leuchtete mit ihrem Schleier wie eine lodernde Flamme, und sah so glücklich aus, so strahlend, so schwebend - wie eine Aura schien um sie herum das Glück zu leuchten.
    "Gehn wir mal hin, und gratulieren, oder?"

    "Rupus!", schnauzte ich meinen cholerischen Kameraden an, "Reg Dich wieder ab. Das gehört dem Probatus hier und er nimmt es gleich wieder mit." Und unserem Neuzugang riet ich: "Pack alles in Dein Scutum, so lässt es sich am leichtesten tragen."
    Die Tafel nahm ich entgegen und überflog sie. "Ach", entfuhr es mir überrascht. "Ich kenne deinen Vater, war mit ihm in Parthien." Dann war er ja auch mit Artorius Avitus verwandt, dem Soldaten par excellence, meinem strahlenden Idol! (Hätte es von unserem ehemaligen Primus Pilus kleine Figürchen gegeben, so wie von den siegreichen Star-Gladiatoren, dann hätte ich mir sicherlich eine auf den Fenstersims gestellt.) Das waren ja schon mal gute Voraussetzungen. Andererseits natürlich auch grosse Fusstapfen.
    Ich liess Artorius Menas einen Moment um seine Sachen wieder zusammenzuklauben, meinte dann: "Komm mit.", und führte ihn den überdachten Gang entlang, der an den Stuben vorüberführte, in denen die Soldaten unserer Doppelcenturie jeweils zu acht hausten. "Hier." Schwungvoll öffnete ich die Türe zum Contubernium Nummer Neun, trat in den kargen, funktionellen Raum - die Bewohner waren ausgeflogen - und wies auf eine der freien Pritschen. Die Decke lag akkurat gefaltet darauf, die Kanten messerscharf - ein Anblick der mir guttat.
    "Deine Grundausbildung beginnt morgen bei Tagesanbruch. Centurio hier ist Flavius Aristides."
    Aber wie lange noch, fragte ich mich zugleich, denn in der Centurie wurde viel davon gesprochen, dass es mit seinem Bein wohl nicht mehr besser werden würde - so lange wie die Verletzung ja auch schon her war - und dass es ihn sehr plagte, auch wenn er es nicht zeigte.
    "Richte Dich ein, Probatus, dann leg deine neuen Sachen an. Haben sie Dir schon gezeigt wie man das macht, wie das alles gehört? - Du hast noch den Fahneneid zu schwören, in voller Montur." Ich kramte in meiner Gürteltasche, holte eine andere kleine Tafel heraus und ritzte im Stehen die Worte in das Wachs. "Hier, das ist der genaue Wortlaut, präge ihn dir vorher ein." Es war einfach viel feierlicher, wenn der Eid auswendig gesprochen wurde.

    Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    „Ein Toter? Wer ist es und wo liegt er?“
    „Dort...da hinten, gleich da durch und dann links...ich weiß nicht, wer das ist!“
    Marcus nickte knapp und winkte den princeps prior seiner Einheit heran.
    „Behalte die Frau im Auge, wenn wir dort hin marschieren, ich will nicht, daß die Zeugin uns noch abhanden kommt!


    Während die Kolonne schon wieder losmarschierte, wandte ich mich der aufgeregten Zeugin zu, setzte ein freundliches, hoffentlich beruhigendes Lächeln auf.
    "Salve, ich danke Dir dass Du uns Bescheid gesagt hast." (Ob das was zu bedeuten hatte, dass der Centurio beschlossen hatte, dass ausgerechnet ich mich um die aufgelöste Frau kümmern sollte? Pah, wahrscheinlich fand er dass ich einfühlsam war.) Einfühlsam stellte ich mich der Frau vor: "Ich bin Princeps Prior Decimus. Komm doch bitte mit uns... Sag, wie ist Dein Name? Und wann hast Du den Toten entdeckt? Hast Du noch jemanden dort gesehen?"
    Die Gegend wo wir jetzt hinmarschierten, die kannte ich von früher - eine üble Gegend am Rande der Subura, da wo der Hang des Viminal sich in die dunstige Niederung des Häusermeeres senkte. Müll und Unrat gärte in den Strassen vor sich hin, hier und dort wurden sie von einer Reihe von Trittsteinen durchzogen, auf denen man laufen konnte um sich die Schuhe nicht zu beschmutzen. Die Gasse, in die wir einbogen, kannte ich unter dem Namen "krumme Stiege", an ihrem anderen Ende lag eine Spelunke in der ich manchmal gewesen war. Aber soweit gingen wir nicht, denn zuvor trafen wir auf den, ähm, Tatort. (Oder Fundort der Leiche, was ja, wie ich im Handbuch der CU gelesen habe, nicht automatisch das selbe ist. Aber hier schien es, dem vielen Blut nach zu urteilen doch das selbe zu sein.)
    Ich betrachtete den Toten während wir warteten, behielt auch die Zeugin im Auge wie befohlen. Ein wohlhabender Mann war der Ermordete gewesen, laut seiner Toga, passte nicht in die Umgebung... Ob er unterwegs zu einem der hiesigen Bordelle gewesen war? Die leuchtendroten Flecken auf dem Weiss, und die Art wie Toga teilweise sein Gesicht bedeckte, erinnerte mich an ein Fresko das ich mal gesehen hatte, auf dem die Ermordung Caesars dargestellt war. Der Anblick dieses Toten den ich nicht kannte, liess mich völlig kalt, berührte mich nicht mehr als eben so ein Fresko. Nur der Gestank, der war sehr unangenehm, und ich vermied es zu tief einzuatmen. Ich war gespannt, ob einem der Rekruten übel werden würde. Redivivus hielt sich noch gut, ich war ein bisschen stolz deswegen, weil er einer "meiner" Probati war.
    Da sich mittlerweile einige Schaulustige eingefunden hatten und näher herandrängten - ein Mord war eben eine Attraktion - befahl ich einem Soldaten am Ende der Kolonne:
    "Miles Pontius, halte die Gaffer auf Abstand."
    Und den Probatus Bavius schickte ich los:
    "Probatus, lauf schnell und hole einen Priester der die Reinigung des Leichnams vollziehen kann, damit wir sie gefahrlos anfassen können."
    Im Krieg waren wir in der Hinsicht ziemlich abgestumpft, aber hier, zurück in der Zivilisation wollte ich, genauso wie Pulex, auf keinen Fall einen Ermordeten anfassen bevor nicht jemand sich um die rachsüchtigen Geister um ihn gekümmert hatte.

    Ein Geheimauftrag! Für mich! Vom Stadtpräfekten persönlich! Wie war ich stolz :] Ohne Zweifel hatte er mich ausgesucht weil ich ein ausgezeichneter Veteran war :] Augenblicklich begannen sich abenteuerliche Szenen vor meinen Augen abzuspielen, wie ich und meine Getreuen durch dunkle Katakomben schlichen, wo in lichtlosen Tiefen unaussprechliche Kulte ihr Unwesen trieben... wilde Verfolgungsjagden... geheimnisvolle schöne Frauen, geheimnisvolle schöne Männer... düstere Verschwörungen und heroische Taten zum Wohle Roms.
    Natürlich war das auch ein Auftrag bei dem man besser nicht versagen sollte.
    "Jawohl Praefectus!" Als er die Hand hob, sah es aus als wolle er den Lichtfleck auf seiner Glatze wegwischen. Ob ich Fragen hätte, hm, ja ein paar. Hoffentlich fand der Präfekt sie nicht dumm. "Darf mein Centurio bescheidwissen worum es geht?" Das wäre sonst schwierig. Ich fragte mich auch, ob diese Sekte womöglich sogar bei uns ihre Spione hatte. "Bekomme ich ein Budget zur Verfügung, falls wir Leute bestechen müssen oder Informationen kaufen? Gibt es Kontaktleute, bei denen wir mit den Ermittlungen anknüpfen können, oder Verdächtige? Und soll ich über unsere Ergebnisse direkt Dir Bericht erstatten, Praefectus?"

    Unwillkürlich huschte mein Blick vom Gesicht des Centurio zu der kaiserlichen Büste, und dann wieder zurück - ich suchte nach einer Ähnlichkeit. Auf den ersten Blick wurde ich nicht fündig, doch dann schien es mir, als ob die Brauen, der Schnitt der Augenbrauen doch ziemlich übereinstimmen würden. Und auch der Hang zum Beleibten. Diese ganze Atmosphäre hier machte mich beklommen, und ich wünschte in dem Moment ich hätte den Centurio doch lieber in der Castra aufgesucht als in diesem... Mausoleum vergangener Grösse.
    "Danke", murmelte ich und setzte mich wieder. Meine Finger schlossen sich um die Lehne, suchten sich einen Halt.
    "Es ist so, dass ich... also ich weiss es ist ein ungewöhnliches Anliegen, aber... "
    Faustus, komm zum Punkt!
    Es war schwierig! Centurio Aristides war für mich, ohne Übertreibung, jemand den ich sehr hoch achtete, und den ich beinahe wie einen Vater ansah - er hatte mich ausgebildet, unter seinem Befehl war ich in Parthien mit heiler Haut davonkommen, er hatte ein Auge auf mich gehabt und vor allem: er hatte mir was zugetraut, und mir die Chance gegeben zu zeigen dass ich ein richtiger Decimer war, kein Taugenichts und Versager. Da wollte ich natürlich auch gut vor ihm dastehen! Aber jetzt hatte ich das Gefühl, dass er mir alles, meine Beweggründe, meine unrömischen Neigungen, an der Nasenspitze ansehen konnte. Ich sah es schon vor mir: ich würde weitersprechen, und sein Blick würde sich verändern, Stück für Stück, erst Überraschung zeigen und dann in Missbilligung umschlagen, und Enttäuschung - diese Miene, die ich so gut kannte, die ich so oft gezeigt bekommen hatte, diese Miene mit der mich auch Onkel Livianus betrachtet hatte, als ich ihm zum letzten Mal gegenüber gestanden hatte.
    Es war ein ganz fürchterliches Dilemma.
    Aber ich liebte! Liebte einen Mann, der hier in diesem Haus, von meinem Centurio in (metaphorischen, aber nichtsdestotrotz seiner äusserst unwürdigen) Fesseln gehalten wurde. Allein beim Gedanken an ihn, seinen dunklen Tierblick, und seine Küsse - die absolut hielten was dieser Blick versprach - durchrieselte es mich heiss, und ich formulierte dann doch entschlossen mein Anliegen.


    "Ich hätte grosses Interesse daran, Dir einen Deiner Sklaven abzukaufen, Centurio. - Hannibal. Ich weiss dass er sehr wertvoll ist, deshalb würde ich Dir im Gegenzug ein Stück Land anbieten. Es ist bei Tarraco gelegen, in schöner Landschaft, und mit einem Bestand alter Olivenbäume, die einen sehr guten Ertrag abwerfen." Aus meiner Gürteltasche zückte ich ein Bündel mit Schriftrollen - eine Karte, die Besitzurkunde, eine Liste der Erträge. "Ich habe, ähm, die Dokumente dazu mitgebracht, falls Du interessiert bist."
    Oh, bei Eros und Anteros, hoffentlich war er das! Erwartungsvoll sah ich ihn an, und hörte nicht auf die strenge Stimme in meinem Hinterkopf, die mich rügte:
    "Liebe vergeht. Hektar besteht!"
    (Das hatte meine alte iberische Grossmutter manchmal gesagt.)

    "Aaaaah...!" hallte es auch aus meiner Kehle durch die Nacht, dann stürzte ich mit einem lauten Platschen ins Wasser, und der Schrei wurde zum Blubbern, als ich nämlich den Mund auf einmal voll schlammiger Brühe hatte. Bäh! Was genau gerade passiert war, das war mir nicht so klar, jetzt paddelte ich jedenfalls perplex, prustend, und pikiert über diese Wendung der Dinge im flachen Wasser.
    "Mierda!"
    So was Blödes! Ich hustete, spuckte aus, und versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Kalt war das Wasser nicht, aber es miefte. Nach ein paar Versuchen gelang es mir mich aufzurichten, und schwankend watete ich Richtung Ufer. Auf der Wasseroberfläche lag ein schwacher Widerschein des Sternenlichtes, der Rand des Flusses jedoch lag im Schatten der Bäume und Sträucher in tiefer Schwärze. Ich sank im Schlamm ein, spürte den Matsch um meine Zehen, meine Knöchel. Das Wasser troff mir aus den Haaren und meine neue à-la-mode-Tunika klebte mir schlammgetränkt am Leib, klatschte bei jedem Schritt um meine Beine. (Bestimmt war das Teil jetzt völlig ruiniert.)
    "Hannibal? Lebst du noch?"
    Gerade hatte ich ihn doch noch in den Armen gehalten, gerade hatte er meine Liebesschwüre erwidern wollen.... Oder nicht? Der Schreck hatte meine Euphorie erstickt...oder ertränkt. Hatte Hannibal womöglich schonend dazu angesetzt mir einen Korb zu geben? Wieder wegen irgend so einer Frau?! Oooh, Fortuna war wirklich ein Drecksstück! Wieder glitt ich aus, und platschte in den Schlamm, aber das machte jetzt auch keinen Unterschied mehr. Wütend rappelte ich mich auf, wischte mir etwas glibberiges aus dem Gesicht. Mein Liebster schien Probleme mit dem Baumstamm zu haben, bemerkte ich - dieser Baumstamm schien überhaupt die Wurzel des Übels zu sein, dieses trügerische, morsche blöde Ding, und ich versetzte dem Holz einen erbitterten Tritt, worauf es sich drehte und ein Stück im Wasser herumschwang, weg von uns, was mich beinahe wieder meiner Balance beraubte, aber diesmal nur beinahe. Ich blieb auf den Beinen, und hatte so die Gelegenheit mich zu Hannibal zu neigen und ihm die Hand hinzustrecken, um ihm beim Aufstehen behilflich zu sein - eine schöne ritterliche Geste, das einzig Gute am diesem ganzen Fiasko hier.

    Die ersten Salven flogen in einem bunten Durcheinander, manche Probati zeigten Talent, andere weniger, aber wenigstens wurde keiner verletzt. Probatus Fufius tat sich besonders schwer, zweimal sah ich wie sein Pilum sich im Wurf überschlug und dann schief über den Boden schlitterte. Das weckte unweigerlich mein Mitgefühl, und anstatt ihn anzuschnauzen ging ich mit ihm nochmal ganz genau den Bewegungsablauf durch, und versuchte dem geknickten Mann Mut zu machen, indem ich betonte: "Ist alles eine Frage der Übung." Ja, wie ich damals doch Andronicus beneidet hatte, bei dem das alles gleich so mühelos aussah.
    Nach einer Weile, als die Würfe sauberer wurden, liess ich dann ein paar Stohballen herbeibringen und in einiger Entfernung dicht nebeneinander als feindliche Reihe aufstellen, auf die ich die Probati - ungefähr - zielen liess. Schliesslich kam ich auch zu den Salven aus der Formation.
    "Probati! In tres ordines venite! ~In drei Reihen antreten! Wir kommen zu den Salven aus der Schlachtformation heraus. Gegen das Gesindel hier in der Stadt werden wir selten dieses Vergnügen haben, aber denkt dran, wir sind auch die letzte Verteidigung der Stadt falls ein Feind bis vor ihre Tore kommt." (Dabei hatte ich eine eisenklirrende Horde von Kataphrakten vor Augen.) "Die in der ersten und zweiten Reihe nehmen jeweils ein Pilum, die in der dritten Reihe zwei. Scuta sursum! Scuta premite ~Schilde aufnehmen! Rotten schliessen!"
    Ich ging die Reihe entlang, und wo jemand den schweren Übungsschild nicht hoch genug hielt, oder schief, oder eine zu grosse Lücke im Schildwall liess, trat ich barsch mit dem Fuss dagegen - so wie Optio Priscus das zu tun pflegte. Nachdem ich zufrieden mit der Formation war, sprach ich - vom Rand aus - weiter:
    "Auf mein Kommando werfen die ersten beiden Reihen gleichzeitig eine Salve auf die Strohballen hier. Dann geben die Männer in der dritten Reihe von sich aus die Speere nach vorne, und die beiden ersten Reihen werfen unverzüglich eine zweite Salve. Verstanden? - Pila sursum! Tollite pila...! Mittite!!"

    Ja, das mit den glänzenden Rüstungen war mir schon ein Herzensanliegen, aber jetzt hatte ich genug darauf beharrt. Ich schritt zum üblichen morgendlichen Ausdauer- und Aufwärmprogramm, bei dem ich auch selber eifrig mitmachte, und schickte dann zwei von den Jungs die Übungspila holen. Sie legten das Bündel auf dem Sandboden ab, ich schnürte es auf und nahm mir selber einen der Speere.
    "Jeder nimmt sich ein Pilum. Ad aciem!" ~In Linie!
    Den Optiostab lehnte ich an die Umzäunung des Platzes, baute mich vor den Probati auf und demonstrierte die Bewegungen:
    "Sucht zuerst den Schwerpunkt der Waffe. Fasst sie dann eine Handbreit dahinter, der Zeigefinger liegt dabei ausgestreckt am Schaft, als würdet ihr einen Stylus halten... genau so. Pila sursum!" ~Speere hoch! "Und Vorsicht mit der Spitze am unteren Schaftende, wenn jemand hinter euch steht, stecht ihm nicht die Augen aus. - Oberkörper zurück, linken Arm etwas vor, Scutum hoch, ihr balanciert euch damit aus... so."
    Ich ging die Reihe entlang und korrigierte die Wurfhaltung, schob Arme zurecht und Schilde höher.
    "Der Schwung muss aus dem Oberkörper kommen. Genau zu zielen ist erst mal nicht wichtig. - Tollite pila!" Fertigmachen zum Pilumwurf
    Es war Zeit aus dem Weg zu gehen, und das tat ich auch, bevor ich laut befahl:
    "Mittite!" ~"Feuer!"

    Widerlich! Das mit dem Blut. Und bestürzend, natürlich sehr bestürzend, das Ganze. Ich schlug die Augen nieder bei dem harschen Tonfall des Stadtpräfekten, beschämt die Sache so unbekümmert, so naiv dargestellt zu haben, wo es sich doch anscheinend um ein Problem von gewaltiger Tragweite handelte. Möglicherweise sogar eine Gefahr für Kaiser und Imperium! Ein Mann in der Position des Präfekten war da natürlich unvergleichlich viel besser informiert als ich kleiner Optio. Aber zugleich verspürte ich so ein leichtes, abenteuerlustiges Prickeln bei seinen Worten... schlimme Enthüllungen, aber es klang auch aufregend. Als würden sich da spannende Aufgaben anbahnen, nach dazu hehr, zum Wohl und zum Schutz unseres Staates!
    "Praefectus!", gelobte ich schneidig, ohne Zögern, und reckte voller Tatendrang das Kinn, "ich werde tun was immer Du befielst damit die finsteren Machenschaften dieser Sekte ans Licht gebracht werden!" (Naja, eigentlich war auch so klar dass ich tun würde was er befahl, schliesslich war er der Stadtpräfekt, aber ich sprach diese Worte mit sehr viel patriotischem Eifer.)