Von der Castra kommend, schlenderte ich auf den Marktplatz. Es ging auf Mittag zu, und ich wollte mir noch was zum Prandium kaufen, bevor ich mich quer durch die Stadt zum anderen Tiberufer begab, um dort wieder die Observation zu übernehmen. Die Sonne schien hell, die Menschen drängten sich um die Stände, und gleich stieg mir ein köstlicher Duft von gebratenen Würsten in die Nase. Das war eindeutig besser als Puls und Panis militaris, ich war ja sonst nicht so wählerisch, aber seitdem wir diese Kornkäfer-Plage hatten, war das Essen im Kastell ziemlich ungeniessbar.
Natürlich war ich in Zivil unterwegs, ich trug eine blaugraue Tunika, alte Sandalen, einen groben Überwurf um die Schultern und eine Ledertasche an der Seite. Das war ziemlich ungewohnt. Wenn man mit klackenden Sohlen und scheppernd und klimpernd durch die Strassen marschiert, dann machen die Leute einem gleich Platz, und betrachten einen einfach ganz anders, als wenn man so unscheinbar daherkommt - und ich fühle mich dann automatisch ganz anders, naja, bedeutsamer eben. Ausserdem, so ganz ohne Rüstung und Schild in der Stadt, im Gedränge, da kam ich mir geradezu entblösst vor. Für einen Bogenschützen auf einem der Dächer wäre ich ein leichtes Ziel, ging es mir auf einmal durch den Kopf. Faustus, es gibt hier keine Bogenschützen auf den Dächern! - Ach ja. Stimmt.
Innerlich den Kopf über mich schüttelnd, folgte ich weiter dem Duft. Ein niedliches kleines Mädchen hüpfte an mir vorbei, mit kindlicher Geschäftigkeit, dann kam ich zu dem Stand, wo eine verhutzelte alte Frau lukanische Würste briet.
Ich kaufte mir eine, auf einem Fladenbrot und mit viel Garum. Gerade nahm ich den ersten Bissen, als der mir auch schon wieder im Halse stecken blieb. Denn zwei Stände weiter, an einem Weinausschank, erblickte ich einen jungen Mann - blass, mit rötlichen Haaren und einer melancholischen Miene - der mir bei der Observation schon unter gekommen war. Dieses leidende Gesicht, dazu die ungewöhnliche Haarfarbe, das war leicht wiederzuerkennen. Der Kerl hatte unseren Verdächtigen zweimal abends besucht und war länger geblieben. Das musste natürlich nichts bedeuten, aber es konnte was bedeuten.
Ich ging ein paar Schritte weiter und setzte mich auf den Sockel eines Denkmals, verzehrte langsam meine Wurst und behielt den Rothaarigen im Auge, schön beiläufig damit er nicht aufmerksam wurde, aber doch konzentriert, denn es war viel los, da wo er stand.
Beiträge von Faustus Decimus Serapio
-
-
Seit einigen Tagen und Nächten beobachteten wir jetzt das Haus von Veratius, dem Sattler in Transtiberim, der auf meiner Liste der Verdächtigen ganz oben stand, aber bisher hatte sich noch nichts ergeben. Auch die anderen Subjekte, über die wir dezent Erkundigungen eingezogen hatte, schienen ganz unbescholtene Bürger zu sein.
Ich sass in meinem Officium, und tippte geistesabwesend gegen den Wimpel der Factio Aurata, den ich - zur Verschönerung des schäbigen Raumes, und als persönliche Note - neben meinem Schreibtisch aufgehängt hatte. Er schaukelte hin und her. Ich war müde, hatte auch letzte Nacht eine 'Wache' bei der Observation übernommen, und als ich danach schlafen gegangen war, hatte ich wieder einmal schlecht geträumt. Nur mit halben Ohr hörte ich Silio zu, der mir gegenüber sass und von der heutigen Ergebnissen berichtete. Unterm Strich: nichts. Ich fragte mich, ob wir vielleicht ganz auf der falschen Spur waren.
"Ich schätze, wir brauchen einfach Geduld."
"Ja Optio." Silios Miene war kühl. Seit dem Vorfall auf dem Campus, bei den Hasta-Übungen, war er mehr als reserviert mir gegenüber. Dabei hatten wir so viel zusammen durchgemacht. Es war schade, aber ich wusste nicht wie ich ihm erklären konnte warum ich so ausgerastet war, ich verstand es ja selber nicht, und dachte nicht gerne darüber nach."Dann versuchen wir jetzt zusätzlich noch etwas anderes. Der Kerl hat zwei Sklavinnen. Du machst Dich an eine von ihnen ran, machst ihr schöne Augen, versuchst ihr Vertrauen zu gewinnen und sie auszuhorchen."
Silio grinste, verwegen und unternehmungslustig. "Die Sklavinnen? Eine ist ne alte Wachtel, die andere dürr wie ein Besenstiel. Sein Töchterchen gefällt mir besser."
"Das wird aber auch besser gehütet. Es geht um den Auftrag, Silio, nicht um... Dein Ego, wie eine gewisse Iulierin sagen würde."
Jetzt grinsten wir beide, für einen Moment einträchtig, dann erinnerte er sich wieder an seinen Groll und wurde ernst.
"Mach ich", erklärte Silio, der ewige Schürzenjäger, voll Selbstvertrauen, ohne auch nur eine Spur von Zweifel. "Sonst noch was?"
"Nein. Wegtreten. Viel Erfolg."
Silio nickte und verliess federnden Schrittes den Raum. Manchmal wünschte ich, ich wäre mehr wie er. Dann wäre so vieles so viel einfacher.Nachdenklich strich ich mir über das Kinn. Es war stoppelig, denn ich strebte zur Zeit, aus Gründen der Konspiration, nach einem weniger militärisch-korrekten Aussehen. Auch die glatt gescheitelten Haare brachte ich durcheinander, dann ging ich zu einer Truhe und nahm einfache zivile Kleidung heraus, auch eine Tasche mit Schreiber-Utensilien, und mit meiner Syrinx. Ich nahm das Cingulum ab, löste die Caligae und zog mich um. (Ich hoffte nur, dass mein nachlässiges Äusseres, jetzt nicht die Rekruten zur Nachahmung verführte!) Ungern liess ich die Waffen zurück, aber es musste sein. Ein Messer, das ich unter der Tunika verbarg, war meine ganze Bewaffnung.
Dann brach ich auf, und verliess die Castra, um mich zu meiner nächsten Schicht bei der Observation zu begeben. Eine Sonnenuhr an der ich vorbeikam, sagte mich allerdings, dass ich noch Zeit hatte, und so beschloss ich, auf dem Weg noch einen kleinen Abstecher zu machen... -
Die Stadt lag in tiefem Schlaf. Nur eine Katze strich durch die Strasse, auf weichen Pfoten, unterwegs in ihren eigenen Geschäften von denen ich nicht wusste. Dann näherten sich Schritte, die Plane wurde zurückgeschlagen und Musca schwang sich in den Karren.
"Und, war was?", fragte er mit gedämpfter Stimme
"Nein. Alles ruhig. Schlafen alle. Ausser uns."
"Mhm. Hier."
Er wickelte aus einem Tuch zwei Gebäckstücke aus und reichte mir eines.
"Danke." Ich biss hinein, es war so eine Art Kuchen, rund, mit einem Loch in der Mitte und sehr süss. Zu süss bei den ersten Bissen, dann gewöhnte man sich daran.
"Auch Sektierer schlafen halt.", bemerkte Musca kauend.
"Scheint so."
Wir schwiegen lange. Bis ich irgendwann fragte:
"Meinst Du es ist wahr? Dass sie Blut trinken? Also Menschenblut."
Musca war ja viel älter als ich, wirklich ein Veteran, er kannte die Menschen und wusste über vieles Bescheid. Aber da zuckte er nur die Schultern. Ich konnte die Bewegung erahnen.
"Keine Ahnung. Kann mir nicht vorstellen, dass das schmeckt."
"Nein...Vielleicht ist es Gewöhnungssache. Wie bei Posca."
"Kann sein. Hm. Hat man ja auch über die Parther gesagt."
"Dass sie Blut trinken und so?"
"Mhm."
"Stimmt. Aber gesehen hab ich das nie. Du?"
"Nein."
Wieder schwiegen wir, beobachteten die leere Strasse, das dunkle Haus.
"Musca?"
"Mhm?"
"Weisst Du was das bedeutet wenn man von Hunden träumt?"
"Spürhunde oder Wachhunde?"
"Eher... Hetzhunde."
"Hm. Das bedeutet, Du musst Dich in Acht nehmen, sonst droht Dir ein hitziges Fieber. Oder dass Du Feinde hast die Dich verleumden. Oder, hehe, wenn sie rot sind, sagt es Dir ein zügelloses Weib als Geliebte voraus."
Ich erschrak.
"Oh. Sie sind eher dunkel. Sehr dunkel. Aber sie haben rote Zungen."
"Geh lieber zu einem Traumdeuter."
"Ich weiss nicht..."
"War da nicht was? Da bei der Türe."
"Nur eine Katze..." -
Zitat
Original von Manius Peltrasius Bibulus
„Wir kennen uns noch nicht sonderlich gut, Decimus, aber ich habe schon einige Dinge von Dir gehört. Bei der Prima hast Du Deinen Dienst vorbildlich absolviert, Du wurdest während des Krieges zweimal ausgezeichnet wegen Tapferkeit und herausragendem Einsatz. Deswegen ist mir das Ganze mehr oder minder unangenehm, aber leider sind da einige Unstimmigkeiten bezüglich Deiner Vergangenheit aufgetaucht, Decimus. Dinge, die ich nicht ignorieren kann. Laut den Aufzeichnungen vom Rekrutierungsbüro, die ich von der Prima entnehmen konnte, hast Du dort angegegeben, Dich keines Verbrechen schuldig gemacht zu haben. Ich habe mittlerweile jedoch andere Informationen, insbesondere alte Protokolle von den Cohortes Urbanae. Möchtest Du mir vielleicht dazu etwas sagen, Decimus?“...oh nein... Unstimmigkeiten...angegeben keines Verbrechens schuldig gemacht zu haben... andere Informationen... alte Protokolle... Die Worte überrollten mich wie eine gewaltige Woge, kreisten in meinem Kopf herum, hallten wieder... Ich wurde blass und blasser, und es war gut, dass ich schon sass, denn meine Knie waren auf einmal so weich. Stumm und angstvoll starrte ich Peltrasius an, dessen bärbeissiges Gesicht, von den Flammen weich beleuchtet, der Mittler war, dessen sich das Schicksal bediente, um brutal gegen mich zurückzuschlagen, zermalmend, zerschmetternd! Einmal ein Dieb, immer ein Dieb und ein Süchtiger und noch schlimmer, ich hatte doch alles getan um diesen ganzen Dreck hinter mir zu lassen, aber irgendwo stand es noch ordentlich verzeichnet, irgendwer erinnerte sich, der Princeps Prior von früher hatte mich doch erkannt, und dann war es egal dass ich in Parthien gekämpft hatte, dass ich für den Kaiser geblutet hatte, dann war ich wieder Teil des Gesindels, des Abschaums, des Sumpfes aus dem ich mich entronnen gewähnt hatte und in den ich jetzt zurückgestossen wurde, und alles andere war nur ein unbedeutendes Intermezzo in meiner verkorksten Vita gewesen...
"Ich..."
Sie würden mich rauswerfen. Unehrenhaft entlassen. Ich war geliefert.
"...ich..."
Meine gesamte Existenz würde zerbrechen, die ganze Schande wäre wieder offenbar, mir würde nur noch ein Ausweg bleiben: mir mein Gladius in den Bauch zu stossen!
"Ja, ich bin damals verhaftet worden. Ja, ich habe das bei der Prima nicht gesagt."
Beschämt wandte ich den Blick ab, richtete ihn auf eine der Öllampen. Der einzige kleine Hoffnungsschimmer war: Peltrasius sprach hier unter vier Augen mit mir. Vielleicht wollte er mich erpressen?! Hoffentlich wollte er das. Aber ich bezweifelte es, angeblich war er einer von den ganz Pflichtbewussten.
"Sie hätten mich nicht genommen, wenn ich es gesagt hätte. Aber ich wollte neu anfangen. Und das habe ich auch! - Ich war ein dummer Junge, und habe Fehler gemacht und meiner Familie Schande bereitet, aber das liegt alles weit hinter mir, ich habe dafür Buße getan, ich war im Krieg, ich habe gekämpft und wurde verwundet und ich bin ganz und gar nicht mehr der selbe wie ich damals war!"
Ich war nahe dran, den Kollegen anzuflehen mir zu glauben, zu betteln er möge das ganze für sich behalten, aber dann sträubte sich doch mein Stolz. Ich presste die Lippen zusammen, atmete scharf ein und fixierte wieder mein Gegenüber.
"Princeps Prior Peltrasius, ich mache meine Arbeit gut. Wenn ich... wenn ich unehrenhaft entlassen werde" - es lief mir kalt über den Rücken als ich es aussprach - "dann ist damit niemandem gedient... aber die vierte Centurie würde ihren Optio verlieren und ich wäre ruiniert." -
Tja. Da war es doch passiert. Er hatte mich durchschaut. Ich sah die Veränderung in seiner Miene, die Jovialität war wie weggeblasen, Skepsis stand ihm ins Gesicht geschrieben, er seufzte enttäuscht, er wandte den Blick ab...
Mierda! Das hatte ich jetzt davon! Ich spürte wie mir das Blut in die Wangen stieg. ..ich glaube, ich ahne, warum Du das möchtest..., sagte er, und ich fühlte mich so was von blossgestellt, mein Gesicht wurde ganz heiss, glühte förmlich... In tiefste Verlegenheit gestürzt, rieb ich mir die Nase, und schwieg. Dabei ärgerte ich mich über mich selbst, denn ich fand eigentlich, dass ich mich überhaupt nicht schämen musste, dass es keinen Grund gab sich zu schämen, ich liebte Hannibal nun mal, und Liebe ist etwas göttliches. Basta. Aber - ich schämte mich trotzdem, vor dem Centurio, und litt, kleinmütig, unter seiner Missbilligung, und bekam jetzt auch Angst es könnte Konsequenzen für mich im Dienst haben, ja, mit einem Mal wünschte ich mir ich wäre gar nicht hierhergekommen.Aber dass der Centurio so schlecht von Hannibal dachte, das konnte ich überhaupt nicht verstehen. Man musste ja blind sein, um nicht zu erkennen wie edel und hochherzig Hannibal war! Wenn ich mich recht erinnerte, hatte Hannibal sich einmal gerühmt, Aristides würde gut auf ihn hören... - da hatte er wohl etwas übertrieben.
Menschenleben auf seinem Gewissen? Ich runzelte die Stirn, war im ersten Moment sehr erschrocken und fragte: "Wie... Menschenleben?!" - aber dann wurde mir klar, der Centurio meinte bestimmt diese Subura-Sache, er war wohl doch irgendwie dahinter gekommen. Also, um irgendwelche blutrünstigen Schergen von dem verrückten Satryus, Leute die Hannibal wohlgemerkt hatten abstechen wollen, da war es ganz und gar nicht schade. Leise sagte ich: "Wir haben auch Menschenleben auf dem Gewissen, Centurio."Zwar fand ich, so von meinem heutigen Standpunkt aus, die Sachen die Hannibal damals in der Subura getrieben hatte auch nicht gerade glorreich, aber er hatte das ja inzwischen an den Nagel gehängt. Ausserdem hatte er damals, anders als die meisten, die Mädchen wirklich gut behandelt. Phyllis und Gladiola jedenfalls waren voll des Lobes gewesen... Ja, Hannibal hatte schon den Ruf gehabt wirklich gefährlich zu sein, jemand mit dem man sich besser nicht anlegt, jemand vor dem sogar solche Schläger wie Quentin den Schwanz einzogen, und irgendwie hatte mich das damals auch sehr fasziniert, aber das war halt ein Ruf gewesen, nur eine Fassade die man brauchte, um in dem Milieu erfolgreich Geschäfte zu machen... Oder? Irgendwoher musste so ein Ruf ja auch stammen. Nachdenklich nagte ich an meiner Unterlippe, aber so ganz ernst konnte ich die Warnung nicht nehmen. Ausserdem war ich Parthia-Veteran, ich war auch gefährlich.
"Nun... danke für die Warnung." Ich lächelte eigensinnig. "Aber ich bin mir da ganz sicher. Centurio, wie kann ich Dich umstimmen? Hm, wenn Du ihn verkaufen wollen würdest, was würdest du für ihn haben wollen? - Und erlaube mir bitte die Frage.. Du hast gesagt, nur durch Tod oder Freilassung können diese Sklaven Deine Familie verlassen... wirst Du Deinen treuesten Sklaven denn freilassen?" -
"Bis bald mein Erastes!"
Ich sah ihm nach, noch immer an der Mauer lehnend, wie er das Tor öffnete und dahinter verschwand. Ein wehes, wundes Gefühl verspürte ich in der Brust, bei diesem Abschied. Langsam hob ich die Hand, und legte die Finger sacht auf meine Lippen. Wirklich, sein Kuss brannte noch auf meinen Lippen. Ich stand da noch einen Moment, und starrte auf die Villa. Dieser Abend hatte vielversprechend begonnen, doch er hatte unter einem schlechten Stern gestanden. Aber beim nächsten Mal, beim nächsten Mal da würde es bestimmt ganz anders laufen...
Dann wurde mir zu kalt in den nassen Sachen, und ich verspürte diese blöde Unruhe, die wenn der Rausch nachlässt. Ich machte mich wieder auf, ging unsteten Schrittes durch das Villenviertel. Im Osten färbte der Horizont sich schon heller, und die ersten, früh aufgestandenen, Vögel begannen viel zu munter zu zwitschern. Müde lenkte ich meine Schritte die Strasse entlang, ging zurück zu meinen Kameraden, zurück in mein neues, ordentliches und anständiges Leben, in dem ich mir solche Eskapaden wie heute nacht eigentlich gar nicht leisten durfte. -
"Lederfett findest du in der Kiste am Ende des Ganges, und auch Putz- und Polierzeug."
Ich wies in die Richtung, legte dann den Helm wieder auf den Ausrüstungs-Haufen. Der Artorier hatte mir aufmerksam zugehört, machte aber noch keine Anstalten sich umzuziehen. Was ich ein bisschen schade fand, denn mir war nicht entgangen, dass er recht hübsch war, mit vollen Lippen und einer kleinen Kerbe im Kinn, die einen reizvollen Kontrast zu den eher weichen Zügen darstellte. Da wäre es mir durchaus nicht unangenehm gewesen, noch mehr von ihm zu Gesicht zu bekommen. Natürlich hätte ich es ihm befehlen können, ich war auch kurz in Versuchung, aber eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, die Rekruten nicht unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, ganz und gar nicht. Da konnte man sich viel zu schnell so richtig Ärger einhandeln. Also tat ich nichts dergleichen... und fuhr fort zu erklären.
"Nägel gibt es im Magazin zu kaufen. Deinen Sold, und das Handgeld, bekommst du vom Signifer ausgezahlt, Cafo ist sein Name, sein Contubernium ist zwei Stuben weiter. Von Zeit zu Zeit bekommst du auch extra Nagelgeld."
Ob ich mitkam wollte er wissen, ja, das sollte ich wohl. Sonst hatte Cafo das immer gemacht, aber der war heute beschäftigt. Ich überlegte einen Augenblick, wegen der Besprechung mit Peltrasius, meinte dann:
"Ja. Ich erwarte Dich in einer Stunde, wenn die Hora duodecima geblasen wird, vor der Pricipa, und gehe dann mit dir ins Sacellum. Und ich will keinen Fleck auf deiner Rüstung sehen, Probatus."
Nach diesen Worten nickte ich dem Artorier knapp zu und wandte mich zum Gehen. -
"Salve Senator!" erwiderte einer der Wachsoldaten den Gruss, und prompt wurde das Tor geöffnet. Ein anderer Miles trug zuerst sorgfältig Namen und Begehr ins Wachbuch ein, meinte dann zum Besucher: "Bitte folge mir", und geleitete den Besucher durch das Lager bis zur Principa und zum Officium des Stadtpräfekten.
[Blockierte Grafik: http://img146.imageshack.us/img146/8347/cumilesdt0.png]
-
Das war gut. Ich lächelte und trat ein, ein wenig befangen, wie stets wenn ich meinem ehrfurchtgebietenden Onkel gegenübertrat.
"Danke, mir geht's gut" - hinkend ging ich zum Sessel und setzte mich - "ich habe mich mittlerweile eingearbeitet bei den Stadtkohorten, und es ist interessant dort, der Dienst bringt so ganz verschiedene Aufgaben mit sich... - Seiana, hm, Seiana ist ja jetzt in Ägypten, in Alexandria, sie hat mir geschrieben. Sie hatte eine gute Überfahrt und ist überhaupt ganz begeistert, aber" - ich zog ein bedenkliches Gesicht und teilte Onkel Meridius meine Sorge mit - "naja, ich halte das für nicht gerade ungefährlich. So eine grosse Reise, und nur mit ihrer Sklavin..."
Das Schlimmste, nämlich dass es wegen einem Mann war, das behielt ich aber für mich, denn ich wusste nicht ob Onkel Meridius von dem Aelier wusste, und wollte Seiana nicht verpfeifen.
"Und wie geht es Dir?", fragte ich, während meine Augen unwillkürlich zu dem Beistelltisch wanderten. Was suchte er denn da?
"Ich möchte Dich etwas fragen, wegen des Equus October..." -
Als ich den Auftrag erhalten hatte, da hatte ich mir diese ganze Sache irgendwie spektakulärer vorgestellt... Jetzt ging es auf Mitternacht zu, und ich hockte schon seit Stunden in unbequemer Position, verborgen in einem Ochsenkarren, den wir an einer Kreuzung in Trans Tiberim zwischen anderen Fuhrwerken abgestellt hatten, und beobachtete das Haus schräg gegenüber. Es gehörte einem Sattler, der sich in der Vergangenheit mehrmals verdächtig gemacht hatte, der Christianer-Sekte anzugehören. Einmal war er sogar verhaftet worden, hatte eine Zeitlang im Carcer der CU gesessen, war dann aber wieder freigekommen. Vielleicht fand sich hier etwas, dem man nachgehen konnte... Irgendwo musste man ja anfangen. Schon unheimlich, der Gedanke dass diese Leute ihr geheimes Netzwerk über die ganze Stadt geknüpft hatten, und Pläne gegen das Imperium schmiedeten.
Ich fröstelte. Kühl war es geworden, ich trug Zivil und wünschte mir meine warme wollene Militärpaenula herbei. Vorsichtig streckte ich kurz den Kopf durch die Plane und hielt Ausschau nach Musca - er war vorhin losgegangen um etwas essbares zu besorgen. Hoffentlich fand er noch was um die Zeit. Aber Musca war noch nicht wieder in Sicht. Die Strasse lag dunkel und verlassen da, und auch in dem Haus des Verdächtigen brannte kein Licht. Ich unterdrückte ein Gähnen, und richtete mich auf langes, langes Warten ein. -
Es war ganz deutlich zu spüren, wie die Atmosphäre leichter, reiner wurde, nachdem der Sacerdos den Ritus vollführt und die lastende Nähe des Unheils vertrieben hatte. Sogar der Geruch war jetzt anders, natürlich immer noch unangenehm, aber weniger verderblich, und ich atmete erleichtert auf.
Ein Name wurde gefunden, der mir allerdings nichts sagte, dann gab der Centurio seine Befehle. Oha, ich sollte hier weitermachen. Meine Erfahrung mit der Aufklärung von Morden in dunklen Gassen beschränkte sich ja leider auf die Lektüre von spannenden Schundgeschichten mit tollkühnen Ermittlern - allerdings hatte ich auch eifrig das Handbuch für den Dienst bei den CU studiert, war in der Theorie gewappnet, und so fühlte mich dieser Aufgabe schon gewachsen."Jawohl Centurio!" erwiderte ich zackig. Fragen hatte ich keine, liess den Männern, die er mir zugeteilt hatte, aber noch einen Moment Zeit, falls sie welche hatten. Dann fasste ich zusammen, was wir bisher herausgefunden hatten, oder glaubten herausgefunden zu haben:
"Gut, Milites... - und Probati - wir gehen also von einem Überfall aus, durch mindestens einen Angreifer, einen Mann, der den Octavier mit zwei Messer-, oder Dolchstichen getötet hat, ihm die Börse abgenommen und sich dann eilig davongemacht hat, zu eilig um das Opfer ordentlich zu durchsuchen und dabei den Ring zu finden, zu eilig sogar um ihm noch schnell die Schuhe von den Füssen zu ziehen."Gute Schuhe waren ja auch was wert. - Eine fette Schmeissfliege setzte sich auf meine Hand. Scheusslich das Vieh! Ich wedelte mit der Hand, um sie zu verscheuchen, sie erhob sich träge, und summte um uns herum.
"Wer nur zwei Stiche braucht, um das Herz zu treffen, der ist wahrscheinlich kein Anfänger", überlegte ich. Aber spekulieren konnten wir auch noch später.
"Zuerst untersuchen wir den Platz hier ganz genau, möglicherweise hat der Mörder Spuren hinterlassen."
Was auf jeden Fall Spuren hinterlassen hatte, waren die Caligae unserer Patrouille... nun ja. Ich bezweifelte etwas den Sinn der Sucherei, aber wer weiss, und es stand auch so im Handbuch. Zügig teilte ich jedem der Männer einen Bereich zu, einen schmalen Abschnitt der Gasse und der einmündenden Seitengasse, und befahl: "Augen auf Milites und Probati! Alles könnte wichtig sein."
Meinen Kollegen dagegen bat ich höflich: "Princeps Prior Sergius, ich wäre Dir dankbar wenn Du Dich an der Untersuchung des Platzes beteiligen und mich bei der Ermittlung unterstützen würdest." Ohne Zweifel hatte der Kollege mit solchen Dingen mehr Erfahrung als meine Wenigkeit, und wenn ich seine Umgang mit der Leiche auch für äusserst leichtsinnig hielt, so verfügte er doch offenbar über eine sehr scharfe Beobachtungsgabe.Daraufhin wandte ich mich wieder unserer bedauernswerten Zeugin zu, oder was heisst Zeugin, eher Finderin, und bat freundlich aber bestimmt: "Lusca, zeig mir bitte von wo Du gekommen bist, als Du den Toten zum ersten mal gesehen hast. Lag er da schon so da wie später, als Du mit uns zusammen zurückgekommen bist? Oder hat sich etwas verändert, an seiner Position, meine ich. - Hmm, vorhin meintest Du 'wir'. Wer war denn ausser Dir noch dabei? - Und vor allem: auf dem Weg hierher, also kurz bevor Du die Leiche gefunden hast, ist euch da jemand begegnet, oder entgegengekommen? Bitte, versuch Dich ganz genau zu erinnern..."
-
Schön, der Garten! Die Sonne, schon im Sinken begriffen, sandte blassgoldene Strahlen, die alles, die Blumen, die Säulen, die Statuen, mit einer schimmernden Aureole umgaben, ein Abglanz des Verglühens... Die Zikaden sangen ganz leise. Man konnte den Herbst in der Luft riechen. Ich schlenderte durch den Garten und genoss die Ruhe, die elegische Abendstimmung, und die Anmut, mit der sich hier die natürlichen Formen der Pflanzen mit den künstlichen der Wege und Rabatten zu einem harmonischen Ganzen vereinten
In der Castra dagegen war immer was los, immer was zu tun, für Harmonie und Kontemplation war kein Platz, und vor allem hatte ich, wenn ich da mal etwas un-dienstliches tat, gleich ein schlechtes Gewissen, weil ich in der Zeit auch etwas dienstliches hätte tun können. Aber ich hatte wirklich dringend ein paar Briefe zu schreiben. Vor kurzen hatte ich eine fröhliche Nachricht von meiner Schwester bekommen, ein Kamerad von der Prima, der zur Hochzeit des Centurios nach Rom gekommen war, hatte mir den Brief mitgebracht, der sich nach Mantua verirrt hatte - Seiana wusste ja noch nichts von meiner Versetzung. Und seitdem ich den gelesen hatte, war ich ziemlich in Sorge um sie! Ganz alleine in Ägypten! Ich hatte nicht gewusst dass sie so abenteuerlustig war... am liebsten wäre ich auf der Stelle hinterhergereisst, um meine grosse Schwester zu beschützen, und um diesen Kerl, von dem sie da erzählt hatte, mal selber zu begutachten. Ob der überhaupt gut genug für sie war. Bona Dea, Seiana war doch sonst immer viel vernünftiger als ich!Neben einem Oleanderstrauch, dessen Dolden alle schon verblüht waren, stand eine weisse Bank mit einem runden Tisch, da setzte ich mich und holte mein Schreibzeug hervor. Ich spitzte das Schreibrohr an, versank dann eine Weile lang wieder in der Betrachtung meiner Umgebung. Kleine blaue Astern wuchsen zur Seite der Bank, ihre Blütenblätter, so fein, wie Vogelgefieder, zitterten sacht in einem abendlichen Lufthauch.
Schliesslich tunkte ich das Rohr in die Tinte, begann Liebe Seiana, und verfasste einen Brief, einen mit ziemlich vielen Vorwürfen. An Tante Lucilla schrieb ich einen mit vielen guten Wünschen - die konnte sie auch brauchen! -, und da ich schon mal dabei war, bekam Grosstante Drusilla auch einen, sie hatte sich nämlich schon beklagt, dass ich mich so selten meldete. Zu guter letzt interessierte es mich natürlich, was mein grosser Bruder in Germanien so trieb. Als ich fertig war, mit meiner Korrespondenz, war die Sonne verschwunden, die Zikaden verstummten, und es begann zu dämmern. Ich versiegelte die Briefe, und kratzte, in Ermangelung eines Siegelringes, meine Initialen mit der Messerspitze in den Siegellack. Am Himmel zogen sanfte Blautöne auf, ein Muster aufgefächerter, streifiger Wolken glühte noch in blassem Scharlachrot, die Ränder wie mit flüssigem Gold betupft... Ich lehnte mich zurück und sah in den Himmel hinauf, träumte ein bisschen vor mich hin - von Hannibal... - und genoss in aller Ruhe das wunderbare Farbenspiel, solange bis auch das letzte Licht geschwunden war. -
An Decima Seiana
Alexandria
Aegyptus
(Bitte den Brief in der Mansio des CP aufbewahren, damit sie ihn selber abholen kann)Liebe Seiana,
Dein Brief hatte schon eine richtige Odyssee hinter sich, bevor ich ihn zu Gesicht bekam. Ich bin nämlich nicht mehr in Mantua, sondern jetzt in Rom, bei den Stadtkohorten. Mein Centurio hat sich versetzen lassen und mich mitgenommen. Hätte nie gedacht dass ich mal Urbaner werde, es ist auch ganz anders als bei der Prima, und so ganz glücklich bin ich damit nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich passe da nicht dazu. Aber in Rom zu sein ist natürlich schön, in Mantua ist ja gar nichts los, am Ende müsste ich da noch Strassen bauen oder so. Ausserdem bin ich mittlerweile Optio, was hier bei den Stadtkohorten aber Princeps Prior heisst.
Und Du, erlebst Abenteuer im Ägypten? Ich bin froh dass Du eine gute Überfahrt hattest, und natürlich beneide ich Dich glühend, Schwesterherz. Es muss phantastisch sein, das alles, von dem man schon so viel gehört hat, mit eigenen Augen zu sehen. Aber ich muss sagen, auch auf die Gefahr hin dass ich mich wie Grosstante Drusilla anhöre: Du bist echt leichtsinnig! Ich wusste ja dass Du nach Aegypten willst, aber ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass Du einfach alleine, ohne männliche Begleitung Dich aufmachst. Du brauchst doch Schutz und Begleitung, auf so einer weiten Reise in eine völlig fremde Provinz! Wie ich hier erfahren habe, hast Du ja nicht mal einen Sklaven mitgenommen, nur Elena. Da war ich echt erschüttert! Seiana, das ist doch total fahrlässig! Ich weiss ja, dass Du gut darin bist Dinge zu regeln und allein zurechtzukommen und alles, aber trotzdem, Du bist nun mal kein Mann.
Und ganz abgesehen von der Gefahr auf der Reise und in der fremdem Provinz - denkst Du gar nicht an Deinen Ruf??? Wenn in Rom bekannt wird, dass Du, eine unverheiratete, unverlobte junge Frau, einem fremden Mann einfach alleine nach Ägypten hinterhergereist bist, dann kannst Du das vergessen noch eine Dir angemessene Verbindung zu finden! Denk mal was Mutter dazu gesagt hätte!
Ich verstehe ja schon was Du sagst, dass Du ihn kennenlernen willst um zu entscheiden ob er zu Dir passt oder nicht, aber die Leute werden sich wer weiss was ausmalen, die sind nun mal prüde und zerreissen sich gerne die Mäuler. Du sagst doch, dass Du Dir noch nicht sicher bist, also ob er der Richtige ist, da verstehe ich wirklich nicht wie Du trotzdem alles auf eine Karte setzen kannst... Der Name blendet natürlich erstmal, aber Du kommst ja auch nicht gerade aus einer Familie die sich verstecken muss. Zudem hat unsere Familie sich alles selbst und aus eigener Kraft erarbeitet. Ist er überhaupt ein richtiger Aelier? Den Namen gibt es ja auch bei Freigelassenenfamilien. Seiana, es freut mich ja zu hören dass es Dir gut geht und dass Du viel erlebst, aber ich mach mir echt Sorgen seitdem ich Deinen Brief gelesen habe, und ich hoffe wirklich, dass dieser Mann das Risiko wert ist, das Du für ihn aufnimmst.
Ich wünschte ich wäre nicht durch den Dienst an Rom gebunden... Wann kommst Du denn wieder zurück, schon noch vor den Herbststürmen, oder?Soviel dazu. Appius und Caius haben noch nichts von sich hören lassen. Grüss mir bitte Elena ganz herzlich. Klar weiss ich noch wie unbefangen sie immer schon war, das ist echt eine Gabe, die sie da hat, da würde ich mir manchmal auch gerne eine Scheibe davon abschneiden. Naja, ich bin froh dass wenigstens sie bei Dir ist.
Ausserdem hast Du mir keine Adresse mitgeteilt, wo wohnst Du denn? Ich schicke das jetzt einfach mal an die Mansio, und hoffe, dass Du dann da vorbeischaust.
Hab übrigens gesehen dass Du jetzt für die Acta schreibst, das finde ich klasse, und die letzte Ausgabe hat mir gut gefallen. Vor allem die Fluch-Sammlung (perfekt für den Exerzierplatz, weisst Du, ich bilde ja jetzt auch Probati aus, und wenn man da nicht sowas einfliessen lässt wird man gleich für ein Weichei gehalten... - naja, nein, ganz so schlimm ist es dann doch nicht) und das wunderschön traurige Gedicht.
Eigentlich wollte ich nie wieder die Acta lesen, nachdem die damals so abfällig über die Prima geschrieben haben. Da könnte ich mich jetzt noch drüber aufregen, das war sowas von unpatriotisch! Aber jetzt bist Du ja bei der Acta, und vielleicht kannst Du ein Auge darauf haben, dass da nicht nochmal so ungute Gedanken über das Imperium ausgesät werden.Liebe Seiana, ich bin gespannt was Du in der Zwischenzeit noch alles erlebt hast, und ich hoffe es geht Dir immer noch gut. Warst Du auf dem Pharos, und am Museion und bist auf Kamelen geritten? Ach, und hast Du das Serapeion besucht? Einmal in meinem Leben möchte ich das auch mit eigenen Augen sehen. Bringst Du mir ein Serapis-Amulett von dort mit? Das wäre lieb! Ich habe meines, das ich so lange getragen habe, leider verloren.
Pass auf Dich auf! Und komm bald wieder. Ich drücke Dich ganz fest!Dein Faustus
PS. Ich will unbedingt beim Equus October-Rennen mitmachen, hoffentlich erlaubt Onkel Meridius es mir. Drück mir die Daumen!
An Decima Lucilla
Landvilla Decima Drusilla
...
ItaliaLiebe Tante Lucilla,
wie geht es Dir?! Ist das Kind schon da? In der Acta stand es müsste jetzt bald soweit sein, ich schicke Dir all meine guten Wünsche, mögen Iuno Lucina und Deverra und Carmenta, Porima oder Postverta, und wie sie alle heissen und die Laren und Penaten Dir (euch) beistehen! Und ich wünsche Dir natürlich dass es ein Sohn wird (ist?). Bei Grosstante Drusilla bist Du ja in den allerbesten Händen, und noch dazu sind die Kinder, die jetzt um diese Zeit des Jahres im Zeichen des Merkur zur Welt kommen, ja bekannlicherweise die allerklügsten.
Hier in Rom, hm, was gibt es von Rom zu berichten - die Ludi waren unspektakulär in letzter Zeit, die Wahlen auch... was die Mode angeht ist der orientalische Einschlag immer noch aktuell. Ja, ich bin jetzt wieder in Rom. Und zwar bei den Stadtkohorten, das hattest Du mir ja sogar schon mal vorgeschlagen. Als Optio habe ich sehr viel zu tun, Patrouillen und Ausbildung und alles mögliche. So langsam klappt das mit dem Befehle geben und Leute herumkommandieren ganz gut, sogar meine Stimme ist kräftiger geworden, am Anfang war ich ständig heiser und musste immer Salbei-Sud trinken. Was ich halt ein bisschen schwierig finde - so richtig erfolgreich ist man bei den CU selten, die Übeltäter die man schnappt sind eher die kleinen Fische, viele Leute sind misstrauisch einem gegenüber, und bei vielen der Kollegen empfiehlt sich das auch misstrauisch zu sein... Aber damit muss ich wohl leben, die CU machen ja auch viel sinnvolles.
Sag mal, gedenkst Du eigentlich nach Rom zurückzukommen, wenn Du Dich von der Geburt erholt hast? Ich würde mich freuen!
Und dann hab ich noch eine Frage, und zwar gibt es da einen Mann, der mir gerade ziemlich Probleme bereitet hat, wegen einer Sache von früher - aber sag das bitte keinem weiter, ich erkläre es Dir genauer wenn wir uns wieder treffen. Ich wüsste gerne ob Du ihn kennst, vielleicht über Deinen Ehemann, und mir sagen kannst wie der so drauf ist, damit ich ihn besser einschätzen kann - Germanicus Sedulus heisst der, ein Politiker der früher auch mal bei den Urbanern war, ein echt unangenehmer Zeitgenosse.Dann sag ich einfach mal bis bald! Ich bin schon ganz gespannt auf meinen kleinen Cousin! Alles Liebe und Gute,
Dein Faustus
An
Appius Decimus Drusus
Castra der Legio II
Mogontiacum
GermanienLieber Appius,
wie geht es Dir in Germanien? Bist Du gut angekommen, wie ist das Land, und wie ist es bei der Secunda, erzähl mal! Ich will nicht, dass wir uns wieder aus den Augen verlieren, grosser Bruder. Seiana hat Rom auch verlassen, sie ist nach Aegyptus gereist, nur mit Elena, stell Dir das mal vor, ich hab nicht gewusst dass sie soo abenteuerlustig ist. Ich selbst bin jetzt in Rom bei den Cohortes Urbanae, vierte Centurie, erste Cohorte, und tue da tagaus tagein meinen Dienst. Ist nicht schlecht, nur manchmal sind da so Moment wo ich mich irgendwie fehl am Platz fühle. Jetzt wird wohl bald mein Centurio aus dem Dienst ausscheiden (er wurde in Parthien verletzt und hat sich nicht richtig erholt), was sehr schade ist. Ich hoffe wir bekommen als seinen Nachfolger einen mit dem man leben kann. Wie ist Dein Centurio denn so, gebraucht er viel die Vitis und so oder geht es?
Hast du die neue Acta schon gelesen, mit der Ankündigung für das Equus October? Ich würde da wahnsinnig gerne mitmachen, ich denke, ich werde Onkel Meridius mal fragen ob er mich unterstützt. Also, wenn ich mich traue. Mutter hat ihn doch immer so als grosses, himmelhohes Vorbild hochgehalten, da werde ich ganz befangen, wenn ich ihm dann in echt gegenüberstehe. Obwohl er doch wirklich nett und herzlich ist, und sehr wohlwollend. Ach, es wäre toll wenn das klappen würde, drück mir die Daumen. Weisst Du noch wie wir mit dem Ponywagen Auriga gespielt haben, und uns auf einmal die Gänse in den Weg kamen, und wir mitten hinein in Tante Anteias Wäscheleinen gerast sind? Das war was...
Jetzt gerade sitze ich hier im Garten in der Casa Decima, ich bin nämlich für ein paar Stunden der Castra entflohen. Es ist ein wunderschöner Abend, schon ziemlich herbstlich. Bei euch muss es doch schon sehr kalt sein, oder, hat es schon geschneit?
Lass von Dir hören, Appius! Viele liebe Grüsse,Dein Faustus
Sim-Off: Ist überwiesen. Danke
-
Als ich in der neuen Acta die Bekanntmachung für das Equus october gesehen hatte, hatte mich dieser Gedanke gepackt, und nicht mehr losgelassen. Einmal Auriga sein! Das war etwas von dem ich als kleiner Junge geträumt hatte, fast so sehr wie später dann von einer Karriere als Schauspieler. Beides hatte ich mir mittlerweile natürlich aus dem Kopf geschlagen, beides war leider keine passende Karriere wenn man aus gutem Hause stammte - aber jetzt schien mir der Aufruf wie eine Gelegenheit, diesen Traum vielleicht doch noch wahrzumachen! Bei einem kultischen Rennen zu Ehren des Mars, da war ja auch nichts anrüchiges dabei.
Zielstrebig, wenn auch leicht hinkend, ging ich durch das Haus zum Officium der Aurata, in der Hoffnung dort meinen Onkel anzutreffen. Hinkend, weil ich Tags zuvor ein kleines Missgeschick gehabt hatte. Um schon mal ein bisschen zu üben, bevor ich mich zu meinem Onkel wagte, hatte ich mir einen Wagen gemietet - keine Biga natürlich, nur ein schlanker Reisewagen, aber mit zwei Pferden - und auf einem abgeernteten Acker vor der Stadt ein paar Runden gedreht, dann auch ein paar schnellere Runden, bis ein Rad in irgendeiner Furche hängengeblieben war, der Wagen war gekippt und ich auf dem Acker gelandet, wobei ich mir der Fuss verdreht und ein paar Schrammen eingehandelt hatte. Der Betreiber des Fuhrstalles hatte geschimpft, teuer war es auch geworden, aber von solchen banalen Anfangsschwierigkeiten liess ich mich doch nicht abschrecken.
Ich klopfte an der Türe, und auch mein Herz klopfte aufgeregt, während ich auf eine Antwort von drinnen wartete. Als ich eine zu vernehmen meinte, öffnete ich die Türe, streckte den Kopf hinein und grüsste lebhaft:
"Salve Onkel Meridius! Hast Du gerade einen Augenblick Zeit für mich?" -
Seltsam, seltsam. Wieso hatte der alte Herr sich auf einmal umentschieden, fragte sich der Miles, und schaute dem sich entfernenden Besucher verwirrt und ein klein wenig misstrauisch hinterher. Da dessen Rücken aber keine Antwort bot, zuckte der Soldat schliesslich die Schultern, und widmete sich wieder dem Wachdienst.
[Blockierte Grafik: http://img146.imageshack.us/img146/8347/cumilesdt0.png]
-
Wie ein Mann brüllten die Rekruten im Chor die Devise - das war immer wieder ein tolles Gefühl (wenn es denn klappte), zu hören wie andere laut die eigenen Worte schrien. (Ich kann mir vorstellen, dass das auch einer der grossen Reize der Politik ist.)
Nun erschien auch der Centurio in Begleitung von Naevius, sofort nahm ich Haltung an, führte die geballte Faust zur Brust und salutierte zackig. Da das ganze vor den Rekruten war, gab ich besonders acht auf die Form.
"Salve Centurio! Jawohl. Melde die Probati der ersten Ausbildungsgruppe der vierten Centurie vollzählig angetreten." -
"Der liegt gleich da drüben", antwortete Ruso, der hilfreiche Urbaner, diesem ausnehmend höflichen Fremden, und wies mit der Hand auf einen runden, von schlanken Säulen gezierten Tempel auf der Südostseite des Forums.
"Da, hinter dem Tempel des göttlichen Iulius, neben der Regia, das ist der Vestatempel."[Blockierte Grafik: http://img146.imageshack.us/img146/8347/cumilesdt0.png]
-
So schnell mich meine Füsse trugen, rannte ich die Strasse entlang, meine Schritte hallten auf dem Pflaster, mein Atem ging keuchend, das Herz hämmerte in meiner Brust, ich rannte um mein Leben. Hinter mir wusste ich die Meute. Umdrehen durfte ich mich nicht, nur keine Zeit verlieren! Sie hetzten mich, ihr böses Bellen und Heulen erfüllte die Strasse, ein Fraßlied, das von den Mauern zurückschallte und auf mich eindrang, ihr hungriges Knurren sprach von Gier, von der Lust zu töten und zu zerfetzen - mich zu töten und zu zerfetzen! Ich rannte um mein Leben, die Strasse entlang, die kein Ende nahm, sie war breit, ganz gerade, verlor sich in unbestimmtem Grau. Im Nacken spürte ich den heissen Atem der Meute, ihre Zungen waren rot, Geifer tropfte von ihren scharfen Zähnen mit denen sie mir das Fleisch von den Knochen reissen wollten. Unaufhaltsam kamen sie näher, setzten zum Sprung an, in panischer Angst stürmte ich vorwärts, wusste doch, dass ich ihnen nicht entkommen konnte.
Da - eine Pforte in der Mauer, ein Ausweg, ich warf mich hindurch, schlug die Türe hinter mir zu, rammte den Riegel davor. Dumpf der Aufprall, als die Hunde sich gegen die Türe warfen, sie erzitterte, aber gab nicht nach, und die Meute stimmte ein entsetzliches Heulen an, ein klagendes Jaulen und Winseln, so bejammerten sie den Verlust ihrer Beute.Gerettet... ich schöpfte Atem, und sah mich um. Die Sonne stand hoch, ihre Strahlen liessen die Dinge mit scharfen Konturen und weiss hervortreten. Ein leichtes Flirren lag in der Luft... Ich stand in einem Garten, auf allen vier Seiten von Mauern umgeben. Alle Pflanzen waren vertrocknet, die Sonne musste sie ausgedörrt haben, die Bäume waren knochenweiss, mit einem kaum hörbaren Rascheln rieben sich die spröden Stengel der vergilbten Blumen aneinander. Schritt für Schritt ging ich tiefer in den Garten hinein. Da war etwas, etwas das auf mich wartete... - dann sah ich es, in der Mitte des Gartens, nur einen Blick warf ich darauf und wich sofort erschrocken zurück, suchte vergeblich Schutz hinter den dürren Zweigen. Draussen heulten die Hunde. Nein, wusste ich da, nein ich war keineswegs gerettet...
Es war nur eine Luke im Boden, verschlossen mit einer schweren, eisernen Abdeckung, sie lag da vor mir in der Sonne und die Luft schwirrte ganz leicht darüber, nur eine klobige, metallene Luke, aber mir stockte der Atem wenn ich sie ansah, meine Knie zitterten, und die Furcht umfasste mein Herz mit eisigen Fingern und drückte immer fester zu. Nur eine Luke, aber ich wusste, dass darunter etwas war, etwas das viel, vieltausendmal schlimmer war als die Meute. Von Grauen gelähmt starrte ich auf den Eisendeckel, der knirschte, ruckte, und dann langsam, ganz langsam begann sich zu öffnen... -Ein grässlicher Schrei gellte in meinen Ohren, laut und unartikuliert, ein hässlicher Laut, wie von einem Tier, nicht von einem Menschen, und riss mich aus dem Reich des Traumes brutal ins Wachsein. Ich fuhr hoch, natürlich war ich es der geschrien hatte, kreidebleich, mit weitaufgerissenen Augen und panisch verzerrtem Gesicht - und blickte erst mal verständnislos auf meine Umgebung, das schäbige Officium, den Tisch an dem ich sass, den Berg von Dokumenten aus dem Archiv, bei deren Studium ich offenbar irgendwann in der Nacht übermüdet eingeschlafen war.
Die Öllampe, die ich randvoll gefüllt hatte, war jetzt fast leer, glomm nur noch ein wenig, warf einen schwachen kleinen Lichtkreis auf den Tisch, der Rest des Raumes lag in tiefer Dunkelheit. In der sich alles mögliche verbergen konnte. Mit zittrigen Fingern füllte ich schnell die Lampe nach, zog den Docht ein Stück hervor, und liess die aufflackernde Flamme die Dunkelheit und damit die Hirngespinste vertreiben.
So ein Dreck, ich war völlig nassgeschwitzt, kalter klebriger Angstschweiss, mein Nacken schmerzte vom krummen Schlafen auf dem Stuhl, ich fühlte mich als wäre ich zwischen zwei Mühlsteine geraten! Langsam stand ich auf, ging steifbeinig zum Fenster, öffnete es und liess frische Luft hinein, stützte mich dann auf das Fensterbrett und sah zum Nachhimmel hoch. Es war kalt und bewölkt. Ich massierte mir die Schulter und dachte mit Abscheu und Angst an den Albtraum zurück. Als ich mir die Luke vor Augen rief, lief es mir kalt den Rücken herunter, und diese überwältigende, völlig unvernünftige Furcht wollte mich wieder packen. Es war nicht das erste mal, dass ich von den Hunden träumte, von dem Garten und dem was da lauerte. Ich wollte das loswerden...! -
Mir tat die Frau, Lusca, ein bisschen leid. Natürlich wollte sie nichts mit der Sache zu tun haben. Eigentlich war es schon erstaunlich, dass in diesem Viertel hier überhaupt jemand freiwillig auf uns zugekommen war. Ich kannte die Feindseligkeit, die hier gegenüber den Urbanern - uns Urbanern - herrschte. (Und wusste nur zu gut dass sie nicht unbegründet war.) "Nein, tut mir leid, Lusca", meinte ich, als die Zeugin darum bat gehen zu dürfen, "Du musst mir bitte gleich noch genauer erzählen wie das war."
Aber für den Moment war zu viel los, um sich auf die Frau zu konzentrieren. Ich wünschte, ich hätte mich zerteilen können, um überall gleichzeitig zu sein. Der Probatus, den ich nach einem Priester ausgesandt hatte, kehrte atemlos zurück - ich lobte ihn: "Gut gemacht, Probatus", und schickte ihn zurück auf seinen Platz. Er hatte zwar den unlöblichen Hang seine Ausrüstung zu vernachlässigen, aber er war eifrig und flink.
Miles Pontius hielt die Gaffer in der Gasse erfolgreich im Zaum. Hier und dort blickten die Leute auch neugierig aus den Fenstern auf uns herunter. Die Fliegen summten, der Schlachtfeldgeruch kroch mir penetrant in die Nase. Ich erschrak, als ich sah wie leichtsinnig der Optio Valetudinarii sich an dem Leichnam verunreinigte! Aber er schien sein Handwerk wirklich zu verstehen und gab eine Erklärung ab, die sich in meinen Ohren sehr fundiert anhörte.Gerade beugte ich mich neugierig vor, um auch einen Blick auf den Ring zu erhaschen, als Bewegung in die Menge der Schaulustigen kam, und der erwartete Priester erschien. Sogleich trat ich auf ihn zu und erwiderte seinen Gruss.
"Salve Sacerdos Aurelius, und danke für Dein schnelles Kommen. Ich bin Princeps Prior Decimus Serapio, dies ist Centurio Flavius Aristides. Wer das Opfer ist, wissen wir noch nicht, wir sind gerade dabei es herauszufinden." (Hoffte ich jedenfalls.) "Den Toten berührt hat unser Optio Valetudinarii hier, sonst niemand. Hm, ein Tier... ja, als wir hier angekommen sind, war da ein Strassenköter, er sass allerdings nicht, sondern stand, da drüben in der Seitengasse. Er hatte rotbefleckte Lefzen, wird wohl etwas Blut aufgeleckt haben."
Wie die Schakale in Parthien. Warum das wohl wichtig war?
Ich machte eine einladende Handbewegung zu der Leiche hin, ein paar Soldaten traten auch zur Seite, so dass der Priester freie Bahn für sein Wirken hatte. -
Zitat
Original von Manius Peltrasius Bibulus
Nachdem ich unseren Neuzugang in der Centurie einquartiert hatte, begab ich mich dynamischem Schrittes gleich zu den Unterkünften der ersten. Mit Peltrasius hatte ich bisher nur sehr flüchtig zu tun gehabt, da hatte er vor allem einen übellaunigen Eindruck auf mich gemacht.
Ein Miles sass vor der Baracke und wusch Wäsche in einem Zuber, als ich vorüberging sah er mich ziemlich seltsam an. Fast schon feindselig würde ich sagen. Etwas irritiert darüber erreichte ich die Stube meines Kollegen, klopfte und trat ein.
"Salve Princeps Prior Peltrasius", grüsste ich, "geht es um den neuen Weizen für die Kohorte? Ich denke auch, dass wir da etwas tun sollten, die Männer haben sich wegen der Kornkäfer schon beschwert."
Und wenn das Essen schlecht war, dann litt natürlich auch die Moral. Mit Wanzen konnte man leben, die gehörten ja schon fast dazu, aber diese fiesen fetten schwarzen Käfer, die verdarben auch mir den Appetit, und -
Moment. Käfer - Korn - Peltrasius - Horreae - der Besucher.... oh nein...