Ich melde mich mal ab oder jedenfalls kaum aktiv, bin krank, da klappt das Schreiben nicht so wirklich.
Beiträge von Faustus Decimus Serapio
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"Ja, auf jeden Fall."
Ich nickte zustimmend. Der Bock, der noch halb in meinen Armen hing, strampelte und blöckte, bis wir ihn wieder auf den Boden runterliessen. Hatte Kampfgeist, das Tier, das passte doch schon mal. Ich überliess ihn einem herannahenden Opferdiener, der ihn wohl noch etwas schmücken wollte. Ein bisschen länger und ein bisschen intensiver richtete ich meine Augen auf den Marspriester, den ich, wie schon damals auch am heutigen Tag, echt zum Anbeissen fand - wenn ich auch mittlerweile durch die Legio sehr verwöhnt war was den Anblick muskulöser Gestalten anging. Ich lächelte, mit nur einem Hauch von Doppeldeutigkeit und fragte:
"Sollen wir dann - loslegen, Sacerdos?"
"Wie wäre es, Licinus", schlug ich dann meinem Kameraden vor, "wenn wir das Gebet zusammen sprechen, abwechselnd?"
Noch einmal liess ich etwas Wasser über meine Hände rinnen, und trat vor das gewaltige Standbild. Da kam man sich gleich so klein vor. Mit der Kapuze der Paenula bedeckte ich mein Haupt. Rot glommen die Kohlen in der Weihrauchschale, rot wie Blut und Krieg, rot wie das Inferno am Chaboras, glühendrot wie die Funken, die das Firmament erhellten wenn der Kriegsgott sein ungeheures Schwert schärfte. Ich nahm etwas von dem Weihrauch, den wir erstanden hatten, und streute die Körner auf den Rost über den Kohlen. Langsam stieg der Rauch auf, verbreitete sich der schwere Duft, der den Himmlischen so angenehm ist. Fein kräuselten sich die Schwaden, stiegen immer höher. Ich sah ihnen nach, blickte ehrfürchtig hinauf zu dem bärtigen Gesicht, während das was ich dem Gott sagen wollte in mir Gestalt annahm, und überliess es dabei Licinus, falls er das wollte, zuerst das Wort zu ergreifen. -
Das mit der Verniedlichung, das musste ich wohl mal etwas energischer zur Sprache bringen... irgendwann mal... aber hier hörte es ja keiner. Der Sklave zählte nicht. (Auch wenn er ganz bestimmt gegrinst hatte!)
"Mhm...", machte ich beeindruckt, während Lucilla von ihrem Patron erzählte, staunte "...oh!" und "..ah!" und "nicht schlecht!", aber dann musste ich grinsen, ganz unangebracht, weil vor meinem inneren Auge auf einmal ein gewisses Gossentheaterstück aufzog - 'Aber nein!' - 'Aber doch!', mit einer gewissen überlangen Requisite... Da kam auf einmal, huch, die Sprache auf mich und das Grinsen verging mir.
"Nein Tante Lucilla", musste ich gestehen, ganz kleinlaut unter ihrem plötzlich so kritischen Auge, "ich hab noch keinen."
Anscheinend ein essentielles Versäumnis. Wenn noch was aus Dir werden soll, bei der Formulierung verknotete sich mir echt der Magen. Da war ich empfindlich! Ich hatte zwar inzwischen mein Leben in den Griff bekommen, und so einigermassen meinen Frieden gemacht mit der Familientradition, beziehungsweise mich ihr gefügt, aber das änderte nichts daran, dass das echt ein wunder Punkt war. Wie sollte ich nur, in dem langen Schatten meiner Sippschaft, jemals 'was werden' was man auch bemerkte, was nicht gleich verblasste angesichts der Glorie meiner Onkels?!
Ich schlug die Augen nieder und überlegte, wen ich denn da fragen könnte. Zuerst fiel mir spontan der Praefectus ein, mein Idol eben, aber der war ja Klient von Livianus, das ging nicht, und ausserdem wusste ich nicht ob er politischen Einfluss hatte, nein das wäre unklug. - Onkel Meridius?Ich überlegte noch, da machte Lucilla einen überraschenden Vorschlag. Das war ne tolle Idee! Ich lauschte ihren Erklärungen sehr genau, so eine wichtige Entscheidung, die sollte man ja wohl überlegt treffen. Klang plausibel. Nein, klang wie die Gelegenheit! Erstmal kannte Lucilla doch bestimmt alle Welt, dadurch dass sie so lange die Acta geleitet hatte und durch ihre rege Teilnahme am schicken gesellschaftlichen Leben. Dann war sie die Frau eines stinkreichen Politikers. Ausserdem war sie selbst auch gutbetucht. Und dann war sie noch Klientin des mächtigen Senatsvorsitzenden! Und Schwester von Meridius! Von der Macht der Matronen hört man ja auch so allerlei, angeblich sind bei so harmlosen 'Webtreffen' schon ganze Laufbahnen geschaffen oder zerstört worden! Und nicht zuletzt war sie derart wortgewandt und charmant, dass sie wahrscheinlich ganz Rom um den Finger wickeln könnte.
Ich nickte begeistert.
"Im Ernst?! Das ist ein tolles Angebot! Weisst Du, ich hab früher immer gedacht, dass es doch viel besser wäre, wenn man die Sachen selbst, also ganz allein aus eigener Kraft erreicht. Aber das war wohl ziemlich blauäugig. Inzwischen hab ich gesehen, wie das in Wirklichkeit läuft - wie zum Beispiel wirklich guten Leute Steine in den Weg gelegt werden, während andere aus dem Nichts heraus hochkatapultiert werden. Weil sie Verbindungen haben. Deshalb glaub ich mittlerweile auch, es ist Unsinn darauf zu verzichten."
Schnell trank ich noch einen Schluck, und überlegte dann: "Naja, aber als Soldat hab ich ja keine Zeit, mich jeden Tag einzureihen, in Deine Turba Togata. Wenn Dir das nichts ausmacht? Und ich wüsste jetzt auch ehrlich gesagt nicht so recht wie ich Dir gross nützlich sein könnte - zur Zeit jedenfalls."
Schliesslich sollte Lucilla doch auch irgendwie was davon haben, wenn sie sich für mich ins Zeug legte, als Patrona auch noch."Aber die Legion hat auch im Frieden sehr wichtige Aufgaben!", musste ich dann doch wiedersprechen. "Oh ja, und zwar indem sie die unangefochtene Herrschaft des Kaisers sichert. Gerade in Zeiten wie jetzt, sind wir ein Stützpfeiler für Sicherheit und Stabilität."
Das hatte ich noch hübsch auswendig im Kopf, von meinem Examen her.
"Und ganz besonders die Prima", behauptete ich, "weil wir als einzige richtige Streitmacht in Italia stehen." (Die Stadteinheiten zählten natürlich nicht, in meiner legiozentrischen Sicht der Dinge, und die Flotte schon gar nicht.) Nichtsdestotrotz wäre die Vorstellung wieder in Rom sein zu können wirklich verlockend.
"Ja also... ich habe da schon so einen Traum."
Ich drehte das Glas in den Händen und blickte Lucilla treuherzig an, etwa so wie früher, wenn ich drauf aus war dass sie mir was zum Naschen kaufte.
"Nein, ein Ziel, sollte ich wohl besser sagen. Ich möchte Ritter werden! Und die Militia Equestris beschreiten! Hm... da kann man ja auch in Rom beginnen." Meine Augen leuchteten bei der Vorstellung, und ich träumte und schwärmte: "Und eines fernen Tages könnte ich vielleicht sogar eine Ala kommandieren! Wie Onkel Magnus!"
Dann grinste ich halb verlegen, weil ich kleiner Soldat mir so hochtrabende Ideen erlaubte und fragte meine liebe Tante:
"Glaubst Du denn da könntest Du was machen? Immerhin bin ich ja schon mal im Ordo, wegen Opa Mercator. - Oh ja, dann würde ich natürlich so viel zu Besuch kommen bis es Dir zu den Ohren rauskommt, und ich würde auch auf Deinen Kleinen - weisst du schon wie er heissen soll? - aufpassen wann immer Du willst, genauso wie Du früher in Tarraco auf mich aufgepasst hast." -
Seiana nahms locker, zum Glück. Ich lächelte, als sie mich auf die Wange küsste- inzwischen war ich da ja sowas von souverän! - und löste meinen Arm von ihrer Schulter. Wie sie meine Hand genommen hatte, vorhin, das war wirklich lieb, genau wie früher, sie merkte immer gleich wenn mich was bedrückte.
Womöglich war ich mal wieder etwas übereifrig gewesen, so deutete ich jedenfalls Onkel Meridius' Schmunzeln. Den Heldentod? Nein, besser nicht. Aber ich war echt ausgehungert, und die guten Sachen lachten mich alle so an, da musste man doch zugreifen!
"Gut, ich komme gleich."
Ein bisschen manierlicher als zuvor vernichtete ich noch den Rest des Pfirsichs, dann ein Brot mit Olivenpaste und Schafskäse, so dass der erste Hunger, nur der erste wohlgemerkt, mal gestillt war.
"Ja, bis später dann!"
Ich drückte Seiana - ganz souverän! - noch einen leicht pfirsichklebrigen Kuss auf die Wange, dann erhob ich mich, lächelte meiner Grosskousine Pulchra zu - unser Zusammentreffen würde ich so schnell nicht vergessen - und machte mich auf. Nein, halt, erst zupfte ich mir noch eine Traube ab, aber dann machte ich mich auf, zu Meridius' Officium, um meinem Onkel dort Bericht zu erstatten. -
Nachdem ich mich entschlossen von Seiana, Pulchra und dem guten Essen in der Cenatiuncula losgerissen hatte, stand ich nun also vor dem Arbeitszimmer meines Onkels. Ich klopfte an, und trat nachdem ich eine Antwort gehört hatte, dynamischen Schrittes hinein.
"Da bin ich.", meldete ich mich, und liess mit einer gewissen Ehrfurcht meinen Blick durch den Raum schweifen, aber nur ganz kurz, denn es gab ja wichtiges zu besprechen. Mit dem gebührenden Ernst richtete ich meine Augen auf meinen verehrten Onkel, bereit und willens ihm ohne Umschweife alles was ich nur konnte - so er es wissen wollte - zu berichten. -
"Danke sehr!"
Ich nahm die Unterlagen entgegen, und verzog mich, schon auf das Blatt spähend, in den Prüfungsraum. Da vertiefte ich mich dann bis über beide Ohren in die Fragen und schrieb - mal viel, mal nicht ganz so viel - um nach einer Weile zuversichtlich meine Antworten abzugeben. Ich verabschiedete mich von dem standhaften Scriba und verliess die heiligen Hallen, trat hinaus auf die Strasse wo ich erst mal tief durchatmete und dann flink enteilte, denn ich hatte an diesem Abend noch eine ganze Menge vor. -
Zitat
Original von Lucius Artorius Avitus
"Vielen Dank Praefectus", sagte ich artig, als er die Sache mit der Kursgebühr so lässig abwinkte. (Dieses Abwinken merkte ich mir gleich mal, war eine gediegene Geste.) Das war doch echt grosszügig, und ich hatte das Gefühl, dass ich ihm jetzt wirklich was schuldete. Nicht dass ich, nun ja, käuflich wäre natürlich, aber es fügte sich halt nahtlos in das schwärmerische Idealbild, das ich mir von ihm machte, den ich - mal abgesehen von meinen glorreichen aber fernen Onkels - für den besten aller Soldaten und damit auch für den mannhaftesten aller Männer hielt...
Und damit hatte sein Urteil für mich natürlich schweres Gewicht! Die Freude über die Beförderung die er mir ankündigte - ich hatte ja gewusst, dass Sparsus mich als Nachfolger vorgeschlagen hatte, aber dass ich es wirklich werden würde hatte ich nicht zu hoffen gewagt - erhielt somit gleich mal einen argen Dämpfer. Schüchternes Gehabe! Verdammt! Dabei fühlte ich mich doch schon viel härter, geradezu stahlhart im Vergleich zu früher. Betreten senkte ich im ersten Moment den Blick bei diesem Urteil und verspürte eine ganze Ladung Zweifel in mir aufwallen - ob ich nicht zu jung war, wie in aller Welt man seine 'Ausstrahlung' verändern mag usw. Aber dann dachte ich daran, dass ich es in Parthien ja auch gepackt hatte, als es hatte sein müssen. Sogar Vullius hatte am Ende gekuscht! Ich sah auf und erwiderte seinen Blick festentschlossen.
"Ja."
Was sonst hätte ich da drauf auch sagen sollen? Das war mal ne echte Pseudo-Frage!
"Ja", sagte ich nochmal, vollkommen erst. "Wenn ich das ändern muss, um mir als Optio Respekt zu verschaffen, dann werde ich das tun, Praefectus."
Dran arbeiten auf jeden Fall. -
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Original von Kaeso Caecilius Macro
"Was?! Zu den Urbanern?!"
Dass Macro auch ging war echt schade - aber dass er zu den Urbanern kam, dass verstörte mich ja regelrecht!
"Ja, wie jetzt - von Dir aus oder auf Anweisung von oben?"
Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen, dass die Prima zur Zeit freiwillig Leute rausrückte.
"Das ist echt ne Sadistentruppe da! ... Ein Freund von mir, früher in Rom, der ist denen mal in die Hände gefallen, wurde verhaftet einfach so wegen ner Verwechslung, und den haben die echt fertiggemacht. Er hat mir später davon erzählt."
Ich nickte bekräftigend, und gab mit schon etwas schwerer Zunge meine Schauergeschichten zum besten: "Die haben Kerkerlöcher, dagegen ist der Carcer hier bei der Legio der reine Luxus. Es stinkt wie die Pest da unten, das Wasser läuft von den Wänden, die Ratten sind so gross wie Katzen und so gierig wie parthische Aasgeier, und die Wärter treiben fiese Spielchen mit den Gefangenen. Geben ihnen erst ewig kein Wasser, und spucken dann rein und so. - Echt, da willst du hin?"
Mit grossen Augen musterte ich Macro, den ich mir so gar nicht als Teil dieser bösartigen Riege vorstellen konnte.
"Naja" musste ich zugeben, "dafür ist es in Rom, das ist schon nicht schlecht, und vielleicht kannst Du ja sogar für etwas frischen Wind da sorgen."Ich hob die Stimme und verkündete in die Runde hinein: "Hey, Macro zieht auch davon, zu den Urbanern, Verbrecher jagen! Auf Macro, auf dass er Rom zu einem sicheren Pflaster macht!"
Ich hob mal wieder den Becher, prostete, trank, füllte nach und prostete weiter, denn so langsam kam ich in Schwung: "Und auf Sparsus, und seinen Turm voll wilder Weiber! - Und auf die Prima!!" -
Sparsus blieb ruhig, vollkommen ruhig. Ich liess die leere Kanne sinken, überrascht von dieser Reaktion, und meine Wut verflüchtigte sich, nachdem ich ihr so gefrönt hatte, auf der Stelle. Langsam trat ich wieder heran, setzte mich dann auf den Rand der Kiste neben ihm, und hörte stumm seine Worte. Auch danach schwieg ich noch einen Augenblick lang.
"Ja." Unwillkürlich hatte ich auch die Stimme gedämpft. Lauter sagte ich dann: "Ja... versteh ich."
Ich zog die Brauen zusammen, und biss auf meiner Unterlippe herum. Die meiste Zeit dachte ich nicht daran wieviele Kameraden nicht zurückgekommen waren, ich schob es einfach weg von mir, wie viele Dinge aus dem Krieg. Wenn ich aber daran dachte, fühlte ich eine beklemmende Kälte. Und die Frage 'warum hab gerade ich überlebt', regte sich quälerisch in mir. Dabei hatte ich noch meine Familie, als einen sicheren Hafen... Und Sparsus war ausserdem länger dabei und hatte die, die gestorben waren, besser gekannt als ich.
"Das hab ich nicht gewusst. Du hast das echt gut drauf, dass man Dir so was nicht anmerkt."
Ich blickte ihn an und war erst mal um weitere Worte verlegen. Sparsus hatte mir so oft beigestanden, war so oft stark gewesen, hatte mich beschützt, hatte immer einen lockeren Spruch parat - von alleine wäre ich nie drauf gekommen, dass ihn das Ganze doch so mitnahm.
"Dann willst Du woanders sozusagen neu anfangen, ja? Mhm ja, klingt irgendwie vernünftig, so gesehen. - Ich werd Dich vermissen, aber ich komm schon klar, bin ja schon gross." Ich lächelte halb, dann atmete ich tief ein und sagte ganz feierlich: "Und ich werde nie vergessen wie Du mir bei Edessa das Leben gerettet hast! Du bist für mich noch mehr als ein Freund, Marcus, Du bist wie ein Bruder!"
Ergriffen nickte ich, steckte den Arm aus und drückte überschwänglich Sparsus' Schulter; er sollte sehen dass ich wirklich nicht mehr sauer war. Jetzt wäre es gut gewesen darauf einen zu trinken. Zu dumm dass ich den schönen Wein verschüttet hatte. Statt dessen riss ich mir auch ein Stück Brot ab.
"Aber Germanien, brr... Naja, ganz aus der Welt bist Du dort ja auch nicht, und meine Tante sagt, es sei schon auch schön dort, mit den tiefen Wäldern, und mein Onkel sagt die Barbaren werden gleich ganz zahm wenn man sie mit Wein besticht." -
Zitat
Original von Lucius Artorius Avitus
"Berichte, miles. Wie war dein Besuch in Rom?"Der sah aber nicht so aus als ob er mich fressen wollte! Überhaupt nicht. Er wirkte eher - jovial. Also entweder... mein exquisit schneidig-respektvoller Salut hatte ihn besänftigt, oder... der Scriba hatte mich auf den Arm genommen. Diese Ratte!
Halb erleichtert, halb verlegen, dass ich mich mal wieder hatte ins Bockshorn jagen lassen, liess ich die Anspannung aus meinen Schultern weichen, und nahm eine etwas natürlichere, aber noch immer schön gerade, Haltung ein.
Ja, Rom. Toll war der Besuch gewesen, wenn auch zu kurz, ich war voller Eindrücke, die alle noch ziemlich durcheinander gingen, und hätte stundenlang erzählen können, aber der Artorier wollte wahrscheinlich doch eher die Fakten."Nun," begann ich, "Ich war bei der Akademie. Leider lassen sie dort den Tesserarius nicht als Unteroffizier gelten. Der Scriba, an den ich da bei der Anmeldung geraten bin, meinte, dass sie den Begriff über den Codex Militaris definieren, wo er an der Befehlsgewalt festgemacht ist, und er war, naja, nicht davon abzubringen dass ein Tesserarius da nicht darunter fällt. Trotz der Empfehlung meinte er ich müsse wohl bezahlen" - ich runzelte die Stirn, in einem schwachen Echo meiner Empörung - "wie ein Zivilist. Oder die Legio für mich. - Ich habe mich trotzdem eingeschrieben und das Examen gleich gemacht. Das Ergebnis habe ich noch nicht erfahren." Aber ich hatte ein gutes Gefühl, was man mir auch ansehen konnte. Zwischendurch hatte es mir sogar richtig Spass gemacht, mal wieder meinen Kopf anzustrengen.
"Wäre das denn... ähm, möglich, dass die Legio das übernimmt?" - Puh, das war mir vielleicht unangenehm nach so viel Geld zu fragen! Mehr als das zehnfache meines Soldes... "Sonst bezahle ich es selbst, natürlich", fügte ich schnell hinzu - um mich nicht zu sehr als Bittsteller zu fühlen - obwohl das ja eigentlich klar war, dass es dann an mir wäre. Oder an der lieben Familie natürlich.
"Deinen Wunsch nach einer genauerem Formulierung im Gesetz, den habe ich bei dieser Gelegenheit auch schon direkt dort bei der Akademie vorgebracht. Was meinen Onkel Meridius angeht, so hat er mittlerweile den Posten an der Akademie aufgegeben. - Aber ich bleibe dran, Praefectus.", schloss ich vage und ging da mal nicht weiter ins Detail. Schon schade dass ich die Mission nicht als erfüllt melden konnte, dabei hungerte ich doch danach, mich vor dem Praefectus als brauchbar zu erweisen. Aber ich sagte mir, dass so bürokratische Sachen doch bestimmt sowieso immer länger dauerten. -
"Ja, klar."
Mit einem "Darf ich?", lieh ich mir einen Stylus von seinem Tisch, und strich mit dem hinteren Ende die abgekürzten Notizen auf meiner Wachstafel aus. Dafür ritzte ich dann fein säuberlich in das Wachs die Worte:
An den ehrenwerten Kommandeur der Academia MilitarisDer Praefectus Castrorum der Legio I, Artorius Avitus, bittet aus aktuellem Anlass darum, in der Lex Academia Militaris den ersten Satz im ersten Absatz des dritten Abschnittes zu präzisieren, zumal den Begriff des Unteroffiziers. Da dessen Definition im Codex Militaris im Einzelfall Raum für Diskussion lässt, wäre es von Vorteil wenn aus jener Passage direkt ersichtlich wäre, ab welchem Rang genau, ob als Principalis oder erst als Duplicarius und Optio, ein Soldat an der Akademie kostenfreien Zugang haben kann.
Hochachtungsvoll F. Decimus Serapio, Tesserarius in der Legio I
"Geht so, oder?"
Ich legte dem Schreiber die Tabula vor, rückte auch den Stylus wieder raus und sah ihn erwartungsvoll an.
"Kann ich dann jetzt das Examen machen?" -
Hörte ich da ein 'Mein Chef hat aber den längeren als Dein Chef'? Pah! Dafür waren wir die mit dem frischen Schlachtenruhm!
Ich zuckte die Schultern, fand aber auch dass ich mir jetzt genug den Mund fusselig geredet hatte, bei diesem meinem ersten Zusammentreffen mit der Welt der akademischen Bürokratie.
"Unser ehemaliger Primipilus", merkte ich noch an, und nickte dann etwas resigniert. "Ja gut."
(Ob ich vielleicht noch versuchen sollte den Schreiber zu bestechen? Ach nein, das könnte auch ins Auge gehen...)
Aber meine Mission konnte ich auch hier schon mal angehen, immerhin wirkte mein Gegenüber sehr gewissenhaft.
"Da ist noch etwas, ein Anliegen meines Praefectus. Und zwar ganz genau wegen solcher Situationen wie hier gerade."
Als hätte er es schon geahnt, wirklich.
"Es ist wohl Sache der Akademieleitung, aber könntest Du so freundlich sein es weiterzugeben, bitte? Oder mir sagen an wen ich mich da wenden muss? - Und zwar möchte der Praefectus anregen, eben die Passage im Gesetz zu präzisieren, in der es darum geht wer sich hier einschreiben kann - kostenlos einschreiben kann. Es geht, um genau zu sein um" - ich zog meine Merk-Wachstafel aus der Gürteltasche, und klappte sie auf - "den ersten Satz im ersten Absatz des dritten Abschnittes der Lex Academia Militaris. Also darum, das 'Unteroffizier' dort zu erläutern, was genau damit gemeint ist, ob Principalis, oder Duplicarius, oder Optio."
Wie es mir jetzt natürlich schien: letzteres. Aber das konnte man ja nicht ahnen. -
Zitat
Original von Lucius Artorius Avitus
Oh. Verdammt. Jetzt wurde ich aber richtig nervös. Dabei hatte ich mich doch beeilt, aber anscheinend nicht genug. Hätte ich mir doch das mit der Rüstung besser gespart, dann wäre ich einen Tick schneller gewesen, und schliesslich waren wir ja jetzt im Frieden und im Castell - woran man sich auch erst mal gewöhnen musste, ich kannte die Legio bisher ja fast nur unter Feldzugsbedingungen. Immerhin fühlte ich mich in Rüstung schon mal grundsätzlich sicherer und gewichtiger.
Und wie der Schreiber den Blick abwandte - gerade so als wolle er mir nicht in die Augen sehen! Mir schwante übles. Ich schluckte, nickte, rieb mir die Nase, und trat meinem Schicksal entgegen, wie ein Lamm der Schlachtbank, jedenfalls kam ich mir so vor. Aber hocherhobenen Hauptes, nichtsdestotrotz. Ein paar Schritt waren es nur, über die Schwelle und hinein, aber die reichten, um in meinem Kopf verschiedene unheilvolle Szenarien blitzschnell aufflackern zu lassen. Bleich aber gefasst stand ich dann - in Wirklichkeit - vor dem Praefectus, salutierte förmlichst und grüsste, mit nur ein wenig kratziger Stimme:
"Ave Praefectus! Miles Decimus Serapio meldet sich wie befohlen." -
Schnellstmöglichst. Eilig wischte ich nochmal über meine Rüstung, in der Stube meines Contuberniums, als mir die Anweisung zugetragen wurde. Dieses schnellstmöglichst, das brachte mich noch mehr zum Nachdenken, als der Befehl das sowieso schon tat. Schnellen Schrittes marschierte ich zur Principa. Auf dem Gang rückte ich nervös meinen Gürtel gerade und putzte mir die Nase, dann klopfte ich am Vorzimmer des Praefectus und trat vor dessen Schreiber.
"Salve", grüsste ich den Mann - war das nicht der mit der lyrischen Ader? - "Tesserarius Decimus Serapio. Ich soll zum Praefectus, schnellstmöglichst hat er befohlen. Ist er denn da?"
Fragend blickte ich den Schreiber an, und forschte in seiner Miene nach einem Hinweis was mich da drin wohl erwarten mochte. -
Schön warm war es hier drin. Ich nickte, auf Licinus' Worte hin, und dachte so bei mir, dass doch wahrscheinlich die meisten von uns ganz ähnliche Gründe dafür hatten - Familie, oder die Suche nach was Sinnvollem im Leben, oder der Versuch neu anzufangen, oder eine Mischung von all dem.
Wir mussten uns nicht lange umsehen, die waren auf Zack hier - kaum dass wir eingetreten waren, stand schon ein Priester vor uns. Und nicht irgendeiner. Ich lächelte freudig, als ich den Mann wiedererkannte, der mich damals, als ich runtergekommen und unbeschuht hier aufgekreuzt war, so freundlich empfangen hatte. Das Frühstück nicht zu vergessen.
"Salve! Ja, ich bin's. Es freut mich Dich wiederzusehen, Flavius Aquilius. Wie Du siehst hab ich verwirklicht was ich damals vorhatte."
Das war doch eine schöne Fügung, dass er sowohl Zeuge meines Aufbruches als auch meiner Rückkehr war. Ich wandte mich zu meinem Kameraden: "Wenn ich bekanntmachen darf: Sacerdos Flavius Aquilius - Optio Iulius Licinus. - Wir beide waren mit der Legio Prima in Parthien. Und jetzt würden wir gerne Mars ein Opfer bringen, dafür dass er uns dort beigestanden hat."
Der kleine Schafbock, der wohl merkte dass ich abgelenkt war, ruckte auf einmal an dem Strick, so dass er mir durch die Finger glitt, und trippelte flink tiefer in den Tempel hinein.
"Hiergeblieben!" Ich erwischte das Vieh gerade noch rechtzeitig, hob es schnell hoch, bevor es sich womöglich an den Opfergaben vergreifen konnte, die da vor den riesigen, Caligae-beschuhten Füssen des gewaltigen Standbildes lagen. Das wäre ja mal peinlich gewesen. -
"Ne, ne, das Hausrecht ist ja nichts militärisches, der Wachdienst aber schon, und er ist auch nicht räumlich gebunden, an eine kleine Stube so wie hier."
Ich schüttelte den Kopf, musste aber doch breit grinsen beim Thema grüner Hut, und bei der Vorstellung einer Einheit, die auf den Händen, Füsse in die Luft gestreckt, durch die Landschaft marschierte.
"Ähm. Auf den Händen zu gehen kann ein Optio aber auch nicht verlangen, so akrobatisch sind wir bei der Prima nicht. Mit Lorica und allem. - Ähm. Will sagen als Tesserarius gehört man, wenn auch natürlich ganz unten, doch mit zu den taktischen Chargen, das ist doch das entscheidende. Der Unterschied zur Befehlsgewalt eines Optios ist vom Wesen her nur quantitativ. - Und ich will ja beileibe nicht behaupten ein Signifer hätte nix zu sagen. Gewiss, er hat jede Menge Autorität, sonst wär er ja nicht Signifer, und Rang und Verantwortung, klar, aber keine Kommandogewalt."
Leider sass, wie unschwer zu erkennen, mein Gegenüber am längeren Hebel. Schamlos liess ich gaaanz beiläufig fallen: "Ich glaub, ich werde nachher mal meinen Onkel Decimus Meridius fragen was er zu dieser Angelegenheit meint."
Ausserdem versuchte ich es nochmal, indem ich mich auf eine Autorität berief. Auf das Schreiben deutend erklärte ich: "Mein Praefectus, Artorius Avitus - Primipilaris der Prima! - betrachtet mich als Unteroffizier." - Die Verehrung, ja, Glorifizierung, die ich meinem Idol entgegenbrachte, schwang weihevoll in meiner Stimme mit. - "Wenn einer weiss wie der Hase läuft, dann er. Und er hätte es mir nicht bestätigt, wenn es nicht so wäre." -
Böse Zungen hätten es vielleicht 'schmollen' nennen können. Ich zog es vor, das so zu sehen, dass ich, 'gehüllt in dezentes Schweigen, mich vornehm-zurückhaltend am Rande der Veranstaltung hielt', um mit meiner schlechten Laune nicht das Fest zu verdüstern... Auf den Rand des Karrens mit den vielen Amphoren gestützt, also direkt an der Quelle sozusagen, leerte ich zügig den ersten Becher, schenkte mir dann nach. Natürlich musterte auch ich das Geschenk des Centurios - was für ein schönes Tier, ganz schön grosszügig. Ich rieb mir die Nase, die noch immer verschnupft war, und schwenkte den Wein im Becher ein wenig hin und ein wenig her, bevor ich still weitertrank.
ZitatOriginal von Kaeso Caecilius Macro
Aber dann brach doch tatsächlich jemand in den Kokon meiner Tristesse ein. Ich blickte zu Macro, der jetzt in der Tat wesentlich zivilisierter (und auch lebendiger) aussah als unter den Umständen unter denen ich ihn kennengelernt hatte.
"Grüss Dich!" Ich hob den Becher und stiess mit ihm an, gab mir dann auch mal einen Ruck und flachste: "Ja, also irgendwie kommst Du mir schon bekannt vor... woher bloss mein Freund?" Ich grinste und erkundigte mich: "Und, wie steht's? Ist gut wieder hier zu sein, nicht?" Seine Schulter schien, soweit man das oberflächlich sehen konnte, ja auch wieder geworden zu sein.
In der Runde wurde gerade ein Trinkspruch auf Sparsus ausgebracht, dem ich mich dann auch anschloss.
"Auf Sparsus! Du wirst es den Barbaren und Barbarenweibern da schon zeigen!"
Schlimmer als die Parther konnten die eh nicht sein. -
Mit aller Willensanstrengung unterdrückte ich ein Niesen, wandelte es in ein leises Schniefen ab. Dieser Kälteeinbruch, der hatte mir einen Schnupfen beschert. Naja, solange ich nicht ernsteres mitbrachte, bei dieser Rückkehr, als eine Erkältung und ein paar Narben, konnte ich mich ja glücklich schätzen. Aber eine feste Unterkunft, Wände anstatt von Zeltplanen, eine Pritsche anstatt eines Lagers auf der Erde, das würde jetzt echt eine Wohltat sein.
Auf den Befehl hin machte ich wie die anderen halt, hob dann den Kopf und blickte zum Adler, der vor uns, vorne bei den Reitern, über die Köpfe der Soldaten hinausragte. Übers Meer war der Adler geflogen, über Berge und Wüsten und blutige Schlachtfelder. Vor Edessa hatten die Parther schon die Hand nach ihm ausgestreckt, und reihenweise waren die Legionäre bei seiner Verteidigung gestorben... - aber wir hatten ihn verteidigt! Siege und Niederlagen hatte er erlebt, Triumphe und Rückschläge und jetzt schwebte er auf seinen metallenen Schwingen wieder auf seinen Horst zu, vor dem ein beachtliches Empfangskomitee ihn erwartete.
Was mag wohl der Adler von der ganzen Sache halten..., schoss es mir kurz durch den Kopf. Wie würde wohl der Adler von diesem Krieg berichten... Ein komischer Gedanke natürlich. Aber ich fragte mich irgendwie, ob er nicht auch müde war, so wie wir, und abgekämpft, und vielleicht etwas schwermütig von den ganzen Sachen die seine blanken Stahlaugen unterwegs gesehen hatte. -
Es war ein ausgesprochen frostiger Tag, viel zu kalt für diese Jahreszeit. In den Strassen bewegten die Menschen sich zügig, eingehüllt in die Wintersachen, die sie wieder aus den Truhen geholt hatten, und letzte Nacht hatte ich heftig gefroren im Zelt, in unserem Lager auf dem Marsfeld.
Kurz nach der Mittagszeit war es, als Licinus und ich, rüstungs- und waffenlos, den Tempel des Mars Ultor erreichten. Der Centurio hatte uns glücklicherweise doch noch mal in Freiheit entlassen, als wir ihm erklärt hatten dass wir unseren religiösen Pflichten nachkommen wollten. Auf dem Viehmarkt hatten wir uns ein Opfertier besorgt. Anlässlich all der Schrecken die wir durchgestanden und vor allem überlebt hatten, sollte es schon ein blutiges Opfer sein. Wir hatten uns für einen jungen Schafbock entschieden, vom dem wir hofften, dass er nach Mars' Geschmack wäre. Er hatte wirklich schönes, rotbraunes Fell, sehnige Glieder, kleine nach hinten gebogene Hörnchen und ungetrübte gelbe Augen, die uns scheel anblickten, als wir ihn an einem Strick hinter uns her zogen. Auch mit Wein, Weihrauch und Opferkeksen hatten wir uns ausgerüstet.
"Ist schon seltsam", teilte ich Licinus nachdenklich mit was mich so bewegte, während wir die breiten weissen Stufen zu dem Tempel hinaufschritten, "genau hier an diesem Ort hab ich mich endgültig entschieden sub aquila zu gehen." Ich blickte hinauf zum Dach des Tempels, zu dem prachtvollen Fries, und zu dem Giebel, hinter dem damals so eindrucksvoll die Sonne aufgegangen war. "Und jetzt komm ich mir vor wie'n völlig anderer Mensch..."
Jedenfalls in vieler Hinsicht.
Das Böcklein erklomm hinter uns die Treppenstufen, setzte flink die Hufe, und ich ertappte mich bei dem Gedanken, dass es schon schade war, so einem geschmeidigen Geschöpf die Kehle aufzuschlitzen. Aber wahrscheinlich musste es um ein Opfer ja auch schade sein, damit es ein gutes Opfer war. Zwischen den Säulen hindurch kamen wir zu der grossen Pforte. In einem der Wasserbecken dort reinigte ich mir die Hände, und tat dann ein paar Schritt hinein in den gewaltigen Innenraum, der erfüllt war vom Geruch des Weihrauchs, und vom Schein der Öllampen. Ich verspürte Ehrfurcht, als ich wieder die grosse Statue des Kriegers und Rächers erblickte. Bei einem blutigen Opfer war ich mir nicht so sicher ob wir es alleine ganz richtig hinkriegen würden, deshalb sah ich mich erst mal nach einem Opferdiener um, oder einem Priester, der uns dabei helfen könnte.Sim-Off: Mag uns jemand zur Seite stehen?
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"Da gibt es einen entscheidenden Unterschied", hielt ich dagegen, "Du dürftest mich sicherlich rauswerfen, und das hat tatsächlich nichts mit Befehlsgewalt zu tun. Denn das ist ja nur das Hausrecht, das hat doch jeder in seinen vier Wänden, und Du hast es eben hier in dieser Schreibstube, wo Du arbeitest. Klar, das bedeutet nicht, dass Du deswegen mein Vorgesetzter wärst. Das ist aber anders im Fall des Tesserarius. Der hat, nach dem Optio, schon echte Befugnisse."
Und wie ein Blitz aus heiterem Himmel fiel mir da noch etwas auf.
"Hm..." machte ich. "Ausserdem ist diese Definition an sich widersinnig. - Ein Signifer hat keinerlei Befehlsgewalt. Aber dass er ein Unteroffizier ist, das lässt sich ja wohl kaum leugnen. Dann muss ein Tesserarius, der ja immerhin mehr Befehlsgewalt hat, also auf jeden Fall einer sein!"