Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Inzwischen hatte ich mir den Pfirsich geangelt, ich konnte einfach nicht mehr widerstehen. Zart samtig fühlte sich die Haut an. Ich biss hinein, und schmeckte genüsslich das saftig süsse Fruchtfleisch. Herrlich!
    Kauend nickte ich. Ja, das war besser, dann konnten auch Gäste kommen, die jetzt nicht bei der Vexillatio dabeiwaren. Und wenn Onkel Meridius zum Fest lud, und vor allem wenn er auch noch ein paar von den höheren Tieren einlud, dann würden wir dafür doch bestimmt dienstfrei bekommen - hoffte ich jedenfalls.
    Dass er mich noch sprechen wollte klang jetzt richtig dringlich. So extrem wie ich mittlerweile auf Gehorsam getrimmt war, straffte ich mich gleich wieder, schluckte den Bissen hinunter und meinte ganz beflissen:
    "Jawohl. Wir können das doch auch gleich machen."
    Wahrscheinlich war's auch besser, wo doch so wenig Zeit war, erst mal die ernsten Dinge zu besprechen, dachte ich mir. Das Thema 'Livianus' hing ja wohl unausgesprochen in der Luft. Danach konnte ich dann so richtig das Wiedersehen geniessen. Fragend blickte ich zu Seiana, dann zu Pulchra, lächelte schief und fragte meine Schwester:
    "Entschuldigst Du mich denn noch mal für eine kleine Weile?"
    Hoffentlich war sie mir nicht böse wenn ich mich gleich zum Vier-Augen-Gespräch verzog.

    Da hatte ich also einen kleinen kräftigen Cousin - ich lächelte breit und plauderte fröhlich aus:
    "Das freut mich! Da kann er ja dann mit Lucillas Nachwuchs spielen."
    Das war ja richtig praktisch. Es war schon toll in so einer grossen Familie aufzuwachsen, alle Kinder die das nicht hatten taten mir leid. Und auch als Erwachsener war es natürlich genauso toll. Die Legio als "Familie" in allen Ehren, aber ich stellte es mir nicht gerade schön vor, wenn man heimkehrte aus dem Krieg, und niemand einen erwartete. Ich setzte mich auf die Kline neben Seiana, und legte ihr in einem brüderlichen Impuls den Arm um die Schulter, einfach so, weil es schön war so einträchtig mit ihr zu sein. Wer wusste schon wie lange es währen würde. (Ich war ganz sicher früher schon grösser als sie gewesen!)


    Ob wir siegreich waren? Die Frage überraschte mich wirklich, ich hatte gedacht im Senat würde man doch sicher über alles Bescheid wissen. Dass die Zensur so streng gewesen war, darüber hatte ich ja zu Genüge geschimpft. Aber dass nicht mal der Senat Nachricht bekam!
    "Also..." Ich presste die Lippen zusammen - ich hätte lieber erfreulicheres zu berichten gehabt - und antwortete dann etwas zögernd. "Ich glaube, ganz ehrlich gesagt, wirklich siegreich wäre übertrieben. Ich meine, ja wir haben vor Edessa einen grossen Sieg errungen, aber dann, seit..." - ich stockte wieder - "seit dem Wechsel an der Spitze der Legion waren wir nicht gerade vom Glück gesegnet. Ich weiss nicht ob das so bis hierher durchgedrungen ist, aber in der Schlacht am Chaboras, das ist ein Nebenfluss des Euphrat, da mussten wir eine herbe Niederlage einstecken. Es war ein Hinterhalt... sie haben die Zehnte Legion fast aufgerieben. Und der Imperator wurde dort verwundet..."
    Etwas in mir sperrte sich dagegen an diesen Tag zurückzudenken. Schon alleine bei dem verfluchten Namen Chaboras roch ich den fettigen Qualm, den stechenden Geruch von Pech und Bitumen und was weiss ich für Teufelzeug... dazu der Gestank von verbranntem Fleisch... dann die Schreie und lauter noch das Röhren des gewaltigen Feuers, der Waberlohe die die Parther dort entfesselt hatten. Ich bemerkte, dass mein Blick ins Leere gewandert war. Etwas fahrig zupfte ich an meinem Focale, zog es zwischen den Fingern hindurch und konzentrierte mich ganz fest wieder auf meine Umgebung. Das war vorbei, vorbei, vorbei.... und ich war hier, zu Hause.
    "In Circesium, da waren wir wieder erfolgreich. Dann haben wir Dura belagert, aber nicht lange. Wir sind nicht zurückgekehrt, weil wir die Parther noch gross geschlagen hätten, sondern wegen dem Tod des Kaisers..." Resigniert zuckte ich die Schultern. "Ich weiss nicht ob man das so wirklich als Sieg bezeichnen kann. Wenn es das Ziel war den Parthern einen Denkzettel zu geben für Armenien, also Vergeltung, dann schon. Aber einen Triumph hat dieser Feldzug ganz sicher nicht verdient. Und was die eroberten Gebiete angeht - ich glaube die Grenze wird sich sehr schnell wieder zum Euphrat hin verschieben."


    Ich nickte bereitwillig, als mein Onkel meinte dass er mich später noch sprechen wolle. Ein Bad, das klang auch ganz herrlich verlockend, am Hausaltar sollte ich wohl auch noch vorbeischauen, und natürlich wollte ich unbedingt, also falls sie in Reichweite waren, noch meine grossen Brüder treffen.
    "Ja natürlich, gern."
    Ausserdem gab es da ja auch noch von mir ein Anliegen, Mission 1S 2A 2A sozusagen. (Oder war's 2S 1A 2A? Doch gut dass ich's mir aufgeschrieben hatte.)
    Ein Fest? Ich wurde ganz verlegen. Und Seianas Kommentar machte das auch nicht besser. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen stieg - nur vor Freude natürlich! Das mit dem seriös-souverän wirken war wohl nichts, aber die Herzlichkeit meines Onkels zerstreute sowieso meine Bestrebungen in diese Richtung. Ich hatte zwar noch immer das Gefühl, dass ich mich besser gut benehmen sollte, aber nicht dass ich mich verstellen musste.
    "Das wäre wunderbar, wirklich! Es ist komisch, wenn man nach so etwas großem zurückkommt, und einfach sang- und klanglos zum Alltag übergeht. Meine Kameraden würden sich bestimmt auch sehr freuen!"
    Viele waren schon etwas deprimiert. Wir hatten soviel geleistet, aber alles wurde überschattet vom Tod des Kaisers (den wohlgemerkt die nichtsnutzigen Praetorianer-Leibwachen verschuldet hatten, nicht wir). Da würde uns ein Fest wirklich gut tun, und ich fand schon auch dass wir es verdient hatten, wir alle.
    Ich grinste Seiana zu, drückte ihre Schulter und lachte: "Ja pass nur auf, eh Du Dich versiehst bin ich im-pe-riums-weit berühmt, und Du als meine Schwester wirst dann den ganzen Tag von einer Schar von Acta-Reportern verfolgt!"


    Aber schon fiel mir ein Hindernis auf, für so ein Fest, und bedrückt meinte ich: "Ach. Es ist nur so, dass wir wahrscheinlich gar nicht lange hier sein werden, so wie ich das verstanden habe. Wir haben auch nur für heute Abend Ausgang, bloss die paar Stunden."
    Da war man eine Ewigkeit weg, und durfte dann, wenn man schon mal hier war, noch nicht mal richtig nach Rom. Mein Unwillen über diese Anordnung war mir wohl deutlich anzusehen. Ich musste dringend den Centurio bestechen, damit er mich doch nochmal rausliess. Ich überlegte und schlug meinem Onkel dann respektvoll vor: "Wie wäre es denn, wenn Du das Fest vielleicht nicht gleich sofort machst, sondern es so legst, dass noch genug Zeit bleibt, um Leute aus Mantua einzuladen?"

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    Original von Marcus Iulius Sparsus


    "Es tut Dir leid, ach ja? Es war nicht leicht für Dich, ah so?", wiederholte ich beissend. Sollte er doch ein schlechtes Gewissen haben, je mehr desto besser, geschah ihm nur recht!
    "Komm mir nicht auf die Tour! Burro! Du hättest es mir ganz normal sagen können!"
    Dann hätte ich natürlich alles versucht es ihm auszureden, das hatte er sich wohl ersparen wollen, was ich ja irgendwie schon ein bisschen verstehen konnte - aber ich fühlte mich trotzdem hintergangen, und wurde, während ich ihm da Vorhaltungen machte, um so zorniger. Mein hispanisches Blut, es wallte immer höher.
    "Caracoles!" Ich trat kräftig gegen die Kiste. "Warum zum Henker willst Du überhaupt weg?! - Und keinen Ton, keinen einzigen, statt dessen schmierst Du mich so an, indem Du mich auch noch zum Laufburschen dafür machst! Ausgerechnet mich lässt Du diesen Wisch zum Centurio bringen! Ich soll nicht böse sein?!! Mecachis!! Ich..." - wutentbrannt schnappte ich mir den Krug, der neben ihm auf dem Rand der Kiste stand - "...bin" - ich holte aus - "stinksauer!!!" - in einem schwungvollen Schwall goss ich ihm den Wein ins Gesicht.
    Es war mir eine billige aber außerordentliche Genugtuung zu sehen wie die roten Rinnsale ihm durchs Haar liefen, ihm in Strömen übers Gesicht rannen, vom Kinn hinunter auf die Tunika tropften.
    "Oh.", sagte ich patzig, machte einen Schritt zurück und betrachtete mein Werk. "Tut mir leid."

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    Original von Hannibal


    "Bis in Rom...!"
    Bis hoffentlich sehr bald!
    Verklärt lächelte ich Hannibal hinterher. Schon war er aus der Gasse entschwunden. Ich blieb einen Augenblick noch stehen, an die Wand gelehnt. Langsam hob ich die Hand und berührte leicht meine Lippen, die feucht vom Küssen waren. Es war, als hätte das Wiedersehen mit Hannibal eine Saite in mir angeschlagen, ganz tief in meinem Inneren, die noch immer schwang, und mich mit ihrem vollkommenen Klang erfüllte. Am liebsten hätte ich laut gesungen. Ja, Hannibal der Eroberer - aber er hatte schon recht, der Vergleich war nicht so gut, zu unheilvoll.
    Ich löste mich von der Wand, klopfte mir den losen Putz von den Schultern, zog mir die Tunika zurecht, und verliess das hässliche Fleckchen, das unserer kurzen unstatthaften Zweisamkeit Schutz geboten hatte. Leichtfüssig, ganz beschwingt, ging ich durch den Hafen, lächelte alle Welt und jeden der mir entgegenkam, strahlend an - und bemerkte, das so viel Frohsinn scheinbar ansteckend war, denn viele grinsten dann ebenso sonnig zurück. So kehrte ich zu den Lagerhäusern zurück, und zu unserer Centurie, um mich, wenn auch noch immer ziemlich entrückt, wieder meinen Pflichten zu widmen. Tatsächlich erfuhr ich kurz darauf, dass ich zu denen gehörte, die als Geleit für die Urne des Imperators nach Rom gehen würden. Ein trauriger Anlass natürlich, aber doch eine wunderbare Gelegenheit für ein weiteres, ein richtiges Treffen, dem ich schon mehr als ungeduldig entgegenfieberte!

    So wirklich nach feiern war mir ja nicht zumute. Aber ich hatte, da Sparsus einmal meinen Kuchen so gelobt hatte, heute wieder einen gebacken - im Standlager ging das ja auch ein gutes Stück einfacher - ohne Datteln war er diesmal, aber mit Honig, Mandeln und viel Pistazien. Den trug ich nun auf einem Holzbrett vor mir her, als auch ich mich zu der schnell anwachsenden Gruppe der Abschiedsfeiernden gesellte.
    "Salvete."
    Meine Miene war verschlossen, und sie wurde gleich noch ein bisschen verschlossener, als ich bei einem Blick in die Runde Optio Priscus unter den Gästen sah. Zwar war es mir mittlerweile gelungen, ihn mir aus dem Kopf zu schlagen, aber die Abfuhr nahm ich ihm insgeheim doch immer noch übel. Mit einem gezwungenen Lächeln stellte ich das Kuchenbrett neben Sparsus ab, dann zog ich meinen Becher hervor, den ich selber mitgebracht hatte. Mich zu betrinken, da war mir sehr danach zumute.

    "Hmhm.", murmelte ich nur humorlos, und gab dem Stück Rinde, das da von mir abgeprallt war, einen Schubs mit der Fusspitze. Langsam trat ich näher und fasste Sparsus ins Auge, wie er da sass, ganz gemütlich essend.
    "Hab kein' Hunger."
    Vor ihm blieb ich stehen. Ich griff in den Stoff meines Mantels und zog ihn fester um mich herum.
    "Hat der Centurio zugestimmt? Gehst Du?", fragte ich unterkühlt. Ich wandte den Blick zur Seite, sah über die Bretterkiste hinweg, und über den Platz, musterte eine der Hallen, so als ob dieses hässliche Gebäude mich gerade brennend interessieren würde. Ich dachte an die vielen Dinge, die Sparsus und ich auf dem Feldzug zusammen durchgestanden und erlebt hatten, und wurde immer wütender und traurig zugleich dabei. Das war doch eigentlich unfassbar, er wollte sich aus dem Staub machen, plante alles, formulierte es sogar schon in einem Brief, und sagte mir nichts. Gar nichts.
    "Warum... warum in aller Welt hast Du mir kein Sterbenswörtchen gesagt?", fragte ich vorwurfsvoll, und spürte richtig die Kränkung, die wie ein Pfeil mit Widerhaken in meiner seit jeher äusserst feinfühligen, gar sensiblen, Seele stak. Den Wein beachtete ich nicht. Ich presste die Lippen aufeinander, richtete den Blick finster wieder auf Sparsus.
    "Verdammt, Marcus!!", brach es auf einmal aus mir hervor, und voll der Anklage setzte ich noch einen drauf: "Ich dachte wir wären Freunde!"

    Moment. Hatte ich da gerade recht gesehen?! Der Parther war ein Stück voraus, weil ich noch schnell einen Riemen an meiner Sandale festgezogen hatte, aber mir war doch, als hätte er den Mann, der da wie ein Bündel Lumpen in der Gosse lag, getreten, und ihm sogar was abgenommen! Ein vom Grind entstelltes Gesicht schälte sich aus dem Schatten, und mit brüchiger Stimme zeterte der Bettler los, und wünschte uns beiden herzlich die Pest an den Hals. Dabei hatte ich ihm doch gar nichts getan. Ziaar war schon um die Ecke, ich beschleunigte meine Schritte und holte ihn ein, wie er unschlüssig an einer Gabelung stand. Der Fackelschein huschte über eine Gasse, die nur ein schmaler Spalt zwischen fleckigen, grafittiverschmierten Wänden war, und an deren Grund ein stinkendes Rinnsal dahinplätscherte. Soviel zur Abkürzung. Na klasse. Und wie unschuldig er auch noch tat.
    ~"Tsiáhar!"~ herrschte ich ihn an, ~"Geht's noch?! In Parthia mag so was ja normal sein, aber dies hier ist ein zivilisiertes Reich, da kannst Du nicht einfach auf jemanden eintreten, nur weil er Dir im Weg liegt! Und ich hab genau gesehen, dass Du was eingesteckt hast!"
    Wütend funkelte ich ihn an. Barbar! Ein Fensterladen quietschte über uns, jemand maulte verschlafen "Ruhe da unten".
    Aber ich war noch nicht fertig. Aufgebracht starrte ich dem Parther ins Gesicht und verlangte:
    ~"Das wirst Du zurückgeben. Sofort. Und Dich ausserdem entschuldigen bei dem Mann!"~

    "Oooh ja, das ist ja wirklich traumhaft!", seufzte ich, und wurde ganz neidisch, als Lucilla von den Luxusbädern erzählte. Noch immer hegte ich den Plan, der mir in der Sand-Staub-und-Stein-Einöde zwischen Parthien und Syrien geboren worden war, mal eine ganzen langen Tag einfach nur in der Therme zu verbringen, aber wie es schien, würde der noch eine Weile warten müssen.
    Wenn man nur oft genug als "Held" bezeichnet wird, dann ist man irgendwann geneigt es selbst zu glauben.
    "Ach, du übertreibst", wehrte ich ab, lächelte aber zugleich geschmeichelt in mich hinein. Zu hören, dass jemand stolz auf mich ist, davon kann ich gar nicht genug bekommen.
    "Ich bin sogar ganz offiziell ein Held!", brüstete ich mich grinsend, "ein 'Held von Circesium', ehrlich wahr. Ich denke schon es war eine gute Entscheidung für mich sub aquila zu gehen. - Aber...hm... Lucilla... meinst Du nicht vielleicht auch, dass ich aus manchen, ähm, Verniedlichungsformen, langsam mal rausgewachsen bin...?"
    Ein Held konnte doch nicht "Fausti" heissen, oder gar noch schlimmer! Mir war auch so als würde der Sklave, der den Wein brachte, sich ein Grinsen verbeissen müssen. Das nahm ich ihm übel und warf ihm einen finsteren Blick zu. Wehe du lachst.
    Gleich griff ich nach dem Glas und nahm einen tiefen Zug, aber dann besann ich mich, dass das ja ein guter Tropfen war, den man nicht so runterkippen sollte. Manierlich trank ich weiter, in kleinen Schlucken, das Aroma würdigend und geniessend, während Lucilla die Schühchen probiert.
    "Mhm, der ist aber gut. - Das freut mich dass es Dir gefällt!"
    Schon brach die nächste Umarmung über mich herein, und ich brachte schnell das Glas in Sicherheit. Lucilla zu beschenken macht echt Spass.
    "Bunt ist doch auch viel hübscher als so triste gedeckte Farben. In Syrien laufen die Leute auch alle viel farbenfroher rum als hier, auch die Männer, mir gefällt das. Sollte man echt mal einführen hier."
    Das war natürlich ein Nachteil des Militärs, die Kleidung war gelinde gesagt eintönig.
    Mit grossen Augen hörte ich was Lucilla alles so unternahm, es klang wirklich nach ausgefüllten Tagen.
    "Wie machst Du das mit der Politik?", hakte ich noch neugierig, und etwas blauäugig ein, "Also ich meine, über Deinen Mann, oder irgendwie anders?", da war Lucilla schon wieder beim nächsten Punkt - Kinderkleider?!
    "Oh! Ein Kind? Ihr bekommt ein Kind?! Bona Dea, das ist ja TOLL!!!"
    Jetzt war's wieder an mir ihr um den Hals zu fallen, das tat ich auch, und jauchzte dazu:
    "Ein Cousin, juhu, ich bekomme einen kleinen Cousin! - Bist Du schon weit? Ne, man sieht ja gar nichts, oder - Also wirklich, das ist ja wunderbar, das ist sen-sa-tio-nell!!!"

    Ich war gerade beim Praefectus gewesen, und hatte bei diesem Besuch doch einiges an Aufregung ausgestanden, aber jetzt, wo ich's hinter mir hatte, da war ich sehr erleichtert, und zugleich ein bisschen stolz, dass ich mich getraut hatte. In der Lagerhalle lagen in langen Reihen die Kameraden, die schon schliefen. Es war ziemlich eng für so viele, und stickig, vielstimmig war das Schnarchen, und im Gebälk konnte man hören wie es raschelte, trippelte und huschte, als unsere pelzigen Mitbewohner ihren nächtlichen Geschäften nachgingen. Da wäre es im Zelt wirklich bequemer gewesen. Leise schlich ich mich zu meinem Lager und verstaute das kostbare Dokument in meinem Gepäck. Morgen schon würde ich mit dem Geleit für die Urne nach Rom aufbrechen, ich würde meine Familie wiedersehen können, und Hannibal... Von daher hätte ich eigentlich rundrum zufrieden - mehr als das, glücklich - sein können, aber das Wissen dass Sparsus sich versetzen lassen wollte, das lag mir schwer im Magen!
    Ich sah, dass auch sein Lager noch leer war, also legte ich mir die Paenula über und pirschte mich hinaus, ging auf die Suche nach ihm, um vielleicht mal in Ruhe mit ihm zu reden. Die Sterne standen an Himmel, man hörte das nahe Meer rauschen, und leise und lockend drangen die Geräusche der schönen Lagunenstadt zu uns. Ich ging um die Halle herum, dann unter einigen Platanen entlang, die da zwischen den Lagerhallen wuchsen, und blickte mich suchend nach ihm um.

    ~"Äh - meinst Du?"~
    Das wäre ja fast ehrenrührig, wenn der sich hier schon besser auskennen würde als ich! Andererseits war ich ja nun auch lange nicht mehr hier gewesen. Und da war noch was anderes was mich ein wenig zögern liess - diese Gasse war verdammt eng, krumm und dunkel, und man kennt ja die Heimtücke der Parther, wenn sie eine Gelegenheit für einen Hinterhalt wittern, dann können sie einfach nicht widerstehen! Allerdings, so sagte ich mir, war Ziaar doch bestimmt klar, dass er, fremd und exotisch wie er war, bei einer eventuellen Flucht bestimmt nicht weit kommen würde, und ausserdem - das war das wichtigste - sollte er keinesfalls glauben ich hätte Angst vor ihm. Hatte ich auch nicht, wirklich! Ich war lediglich ein wenig misstrauisch.
    ~"Gut dann nehmen wir Deinen Weg,"~, meinte ich achselzuckend, und bat ihn dann freundlich =) ~"Geh doch bitte voraus, zum leuchten."~

    Seiana und ich redeten wie wild durcheinander, umarmten uns und strahlten um die Wette. Wobei nicht nur ihre Augen kurz so einen verräterischen Glanz bekamen - schon zum zweiten Mal an diesem Tag musste ich mir verstohlen, mit einem Zipfel des Focale, die Augenwinkel tupfen. Nur kurz! Aber so ist das eben, ich bin halt ein gefühlvoller Mensch, und wenn mir das Herz überfliesst, dann oft auch die Augen, und dieses Wiedersehen, dieser Empfang, das Wissen, dass unser Zerwürfnis wirklich vorbei war, dies alles ging mir einfach wahnsinnig zu Herzen. Ich war so unbeschreiblich glücklich!
    "Doch, ich sag nie, nie wieder!", widersprach ich Seiana gleich mal, und grinste bis über beide Ohren als sie mir das Haar zauste (welches jetzt, wo das Trauergeleit zu Ende war, wirklich mal wieder einen Schnitt hätte vertragen können).
    "Weisst Du, ich beschliesse einfach mal, wir sind ab jetzt ein Herz und eine Seele", lachte ich, "Basta! Ob es Dir passt oder nicht", und zwinkerte ihr zu. Dass ich schick aussah, das nahm ich natürlich überaus geschmeichelt gerne zur Kenntnis. Jaha, der Nimbus des Kriegers, des wackeren Verteidigers des Vaterlandes, dazu ein paar fesche Schmarren, das kann ich nur weiterempfehlen, es gibt, glaube ich, nichts besseres um Eindruck zu machen.
    "Klar war ich das, eine ganze Handbreit, damals schon!" Mit den flachen Händen maß ich nach wie sich das jetzt darstellte, und beschloss vergnügt: "Dass muss meine aufrechte Haltung sein, die Dir so imponiert, meine liebe Seiana. - Du siehst auch toll aus, und wie Du jetzt die Haare trägst - elegant, wirklich!"
    Aber das war eigentlich selbstverständlich für mich, dass Seiana in Schönheit erstrahlte, also betonte ich es nicht weiter. Womöglich wirkte sie ein bisschen damenhafter als früher, und erwachsener, aber vielleicht lag das auch an der Kleidung, die stadtrömische Mode ist ja sehr mondän, und dem Geschmack der Provinz immer weit vorraus.


    Wir waren in die Cenatiuncula hineingegangen, wieder zu den beiden anderen Verwandten, die ich eben kennengelernt hatte, und erneut streckte ich die Hand nach dem Pfirsich aus, der mich so saftig anlachte - und zog sie wieder zurück, als Seiana mich in die Seite stiess und neckte, weil eine weitere Person den Raum betrat - Onkel Meridius!
    Zu Seiana raunte ich liebevoll "Du Quatschkopf!" zurück (auch wenn mir die Vorstellung von unsterblichem Ruhm schon gefiel) - dann straffte ich mich unter dem Blick meines Onkels, und im ersten Moment hätte man es schon fast "Haltung annehmen" nennen können. Ich hatte ja einen Heidenrespekt vor ihm, und dazu kam die Ungewissheit was oder wieviel er überhaupt noch von mir hielt, nach der dummen Sache damals mit dem Ring. Doch er begrüsste mich richtig herzlich, und mir polterte auch dieser Stein vom Herzen!
    "Salve Onkel Meridius!"
    Ich war in der Stimmung die ganze Welt zu umarmen, und dieser Impuls liess mich auch einen Schritt auf ihn zu machen, aber dann traute ich mich doch nicht so recht, blieb etwas linkisch stehen und lächelte meinen Onkel nur an, durchaus etwas eingeschüchtert. Mutter hat ihn immer so in den Himmel gehoben, dass ich bei ihm gar nicht weiss wo das Denkmal aufhört und der Mensch anfängt.
    "Ich bin auch überglücklich wieder hier zu sein. Wir sind heute angekommen, gerade vorhin, zwei Centurien, von Ravenna hierher marschiert als Geleit für die Urne des Imperators."
    Dann wurde ich ganz ernst. Es war nicht schön, hier in diesem glücklichen Moment vom Tod zu sprechen, ich wusste auch nicht wie man so etwas gut ausdrückte, aber ich wollte nicht einfach darüber hinweggehen.
    "Ich möchte Dir mein Beileid aussprechen, wegen Maximian. Seiana hatte mir davon geschrieben und es hat mich wirklich erschüttert." Ich presste die Lippen zusammen. Öde Worte, klangen so banal. Und es war wirklich seltsam wie nah hier Tod und Leben zusammenlagen.
    "Aber in der Acta habe ich, ganz verspätet natürlich, auch eine Geburtsanzeige gesehen. Geht's ihm gut, dem Kleinen?"

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    Original von Spurius Purgitius Macer
    "Von Principales oder Sesquiplicarii steht aber nichts im Gesetz", widersprach der Schreiber gut gelaunt und ohne den Soldaten ärgern zu wollen. Sie waren beide Soldaten, der eine mit viel Erfahrung in der Schreibstube und der andere mit viel Erfahrung im Krieg. "Das Gesetz der Academia spricht von Unteroffizieren und die Lex Militaris sagt, dass derjenige Unteroffizier ist, der Befehlsgewalt über andere Soldaten hat. Daran muss ich mich halten." Darüber ob nun ein Tesserarius Befehlegewalt hatte oder nicht, konnte man vermutlich noch länger diskutieren.


    "Aha... Da steht also nicht direkt drin, dass man als Tesserarius kein Unteroffizier sei, sondern Du schliesst es nur aus dieser, ähm, Definition.", resümierte ich, mich schon wieder abregend, weil mein Gegenüber seinerseits so ruhig blieb. Das klang doch so, als könnte man da länger darüber diskutieren. :)
    "Dann ist es eine Frage der Befehlsgewalt, aha. Ja nun, auch als Tesserarius hat man eine Form von Befehlsgewalt, wenn auch nur eine beschränkte, das gebe ich selbstverständlich zu, aber jetzt mal ganz konkret, also ein konkretes Beispiel: Stellen wir uns mal vor ich teile den Wachdienst ein, und ich teile meinen Kameraden Musca zur Hundewache ein - weil er eben auch mal dran ist - und ich gehe hin und sage: 'Musca, Du machst heute tertia vigila', zu meinem Kameraden, der zwanzig Jahre älter ist und zwei Kriege mehr auf dem Buckel hat, und lieber durchschlafen würde - wenn ich in dieser Situation nicht auch Befehlsgewalt hätte, eben die Wache betreffend, dann würde mir Kamerad Musca aber ganz schön was husten! - Das ist das eine, und abgesehen davon habe ich in Parthien, als wir da zum Requirieren unterwegs waren und heimtückisch aus dem Hinterhalt angegriffen wurden, unser Centurio schwerverletzt ausfiel und der Optio nicht da war, auch das Kommando über den Trupp übernommen. Das ist auch Befehlsgewalt."
    Ich nickte bekräftigend, selbst natürlich völlig überzeugt von meiner eigenen Argumentation, und blickte den Schreiber an, gespannt was er darauf zu erwidern hätte.

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    Original von Hannibal


    "Hannibal..." hauchte ich langgezogen, völlig hin und weg, und zog ihn mit aller Kraft an mich. Meine Hüften pressten sich gegen seine, und ich wollte es ihm ganz und gar nicht erlauben, sich wieder von mir zu lösen. Die Lust dieses Kusses durchrieselte noch meinen ganzen Körper. Mir war schwindelig, ich fühlte mich überwältigt, wie eine Nussschale tanzend auf den hochwogenden Welles des stürmischen Meeres, und - von Hannibal so fest, schon zu fest, an die Wand gepresst - ihm auf eine aufregende Weise ausgeliefert. Gierig schmeckte ich wieder seine Lippen - unglaublich wie der Mann küssen konnte. Mein Atem ging schwer, und schwerer als seine Hand höher wanderte an meinem Schenkel, welcher sich ganz von alleine zur Seite bewegte und der Berührung begehrlich den Weg öffnete.
    "... vincere scis, Hannibal...", seufzte ich verzückt, den Hals windend unter seinen Küssen. Wohlig zuckte ich zusammen, als er mich biss, und mit einer Hand fuhr ich über seinen Nacken in sein Haar hinein, ich liess die Nägeln der gespreizten Finger über die Kopfhaut gleiten, krümmte dann die Finger und vergrub sie darin, drückte seinen Kopf fest an mich, in die Beuge zwischen Hals und Schulter hinein.
    Nicht aufhalten? Was war denn das für eine dumme Idee?
    "Nein... ja ... doch...", stammelte ich.
    Von überlegtem Vorgehen war da keine Spur mehr. Strategie! Du brauchst eine Strategie, Faustus! Sein Atem strich mir übers Gesicht... sein Daumen über meinen Mund.... ich wölbte die Lippen und legte sie um seinen Daumen herum, umfasste ihn weich. Den Blick meiner Augen, verschleiert vor Verlangen, richtete ich unverwandt in die von Hannibal, während ich ihn ganz sanft meine Zähne spüren liess, dann die Kuppe seines Fingers verheissungsvoll mit meiner Zunge umspielte - der man doch eine gewisse Kunstfertigkeit nachsagte, und manche Sachen verlernt man eben nicht.
    Am liebsten wäre ich mit Hannibal jetzt schnurstracks in irgendeine billige Absteige verschwunden. Jedoch, der Gedanke was für einen extremen Ärger ich bekäme, wenn man mich trotz des Verbotes in der Stadt erwischen würde, pflichtvergessen, und dann auch noch mit dem Sklaven meines Centurios in verfänglicher Situation, dieser Gedanke drängte sich mir bei aller Leidenschaft doch penetrant, und ziemlich ernüchternd auf... Jetzt löste ich mich ein wenig von Hannibal, soweit das ging in meiner Position zwischen ihm und Wand, zog meine Lippen zurück und lächelte ihn breit und verdorben an.
    Ich sah, dass er sich die Fingerknöchel aufgeschürft hatte, so wie das schnell mal passieren kann, wenn man Hiebe mit dem Scutum abwehrt, und musste wieder mal an den alten Vergleich denken, zwischen der Liebe und dem Krieg, beides eine Art von Wahnsinn.
    "Meum savium, mein liebster Hannibal... ja, ich glaube schon, es gibt Gerüchte wir kämen bald nach Rom... dann komme ich zu Dir, und küsse Dir die Lippen wund, mein Erastes..." - ich gab ihm ganz schnell noch einen kleinen Kuss, grinste fröhlich und fügte unbescheiden hinzu: "...und lasse mich feiern, natürlich!"

    Wenn es dunkel wird in Rom, dann kommen die Strassenräuber und Halsabschneider aus ihren Löchern, wenn es Nacht wird in Rom, dann gehen vernünftige Menschen nicht ohne Begleitung und ohne verborgene Bewaffnung aus dem Haus. Also hatte auch ich mir jemanden mitgenommen, als ich mich spätabends, nach dem glücklichen Wiedersehen mit meiner Familie, wieder aufgemacht hatte, hatte ihm eine Fackel in die Hand gedrückt und ihm befohlen mich zu begleiten.
    Aber so wirklich viel sicherer fühlte ich mich nicht gerade, in Ziaars Gegenwart. Ich konnte nicht anders als ihn genau im Auge zu behalten, als wir zusammen die unbeleuchteten Strassen durchquerten, in Richtung auf die belebteren Bereiche der Stadt, wo auch um diese Zeit noch einiges los war. Aus den Schenken fiel Licht auf die Strasse, und als wir gerade an einer vorübergingen wehte aus der Türe Gelächter, und ein Schwung heiterer, weinbekränzter Zecher. Ich wich ein Stück zur Seite, noch immer ganz unbehaglich mich so ungerüstet inmitten fremder Menschen zu bewegen. Dieses fröhliche, sorglose, chaotische Rom erschien mir mit einem Mal wieder ganz fremd, es war unwirklich plötzlich wieder hier zu sein, fast bedrohlich folgen die Eindrücke von allen Seiten auf mich zu, und kurz geschah es, dass ich mich tatsächlich in die Castra zurückwünschte, mit festen Linien, klaren Grenzen, und einem bemannten Wall, der alles andere fernhielt... Einzig und allein Ziaar hatte nichts unwirkliches an sich, der kam aus dem Krieg so wie ich, und bestimmt war für ihn alles ungefähr tausendmal fremder. Im Gehen wandte ich den Kopf zur Seite und blickte ihn nachdenklich an, ich hätte gerne gewusst welche Gedanken er hinter dieser hochmütigen orientalischen Stirn hegte. Irgendwie fand ich das Schweigen langsam bedrückend.
    ~"Hast Du Dir eigentlich die Stadt schon etwas angesehen, Tsiáhar?"~ , erkundigte ich mich - ein harmloses Thema, fand ich. Mein Griechisch war zuerst stockend, es musste erst mal wieder in Gang kommen. ~"Dort drüben, am Fusse des Quirinal - dieses Hügels da - liegt das Trajansforum, da will ich hin, es gibt grosse Märkte da und ich hoffe ein paar Läden haben noch auf."~
    Ich brauchte nämlich wirklich was anderes zum anziehen, schliesslich spekulierte ich für den weiteren Verlauf des Abends noch auf ein Rendezvous. Ein Thermenbesuch vorher wäre auch nicht schlecht, da konnte ich Ziaar gleich mal die überlegene römische Badekultur demonstrieren.
    ~"Und dort weiter links sind das Kapitol und der Palatin mit dem Kaiserpalast... und dort das Forum Romanum"~, ich deutete in die Richtung, wo sich die prächtigen Gebäude und Tempelanlagen abzeichneten, ~"sozusagen das Zentrum und das Herz unseres Reiches. Soll ich es Dir mal zeigen?"~

    "Ach, macht doch nichts", antwortete ich auf Pulchras Entschuldigung hin, "ich bin hier ja auch ein bisschen, ähm... abrupt, aufgetreten, glaub ich."
    Da war es doch ganz gut dass ich im meinem Überschwang gerade ihr begegnet war, und nicht beispielsweise Onkel Meridius! Vor dem sollte ich besser eine gute Figur machen - ruhig - beherrscht - seriös - eben ein wertvolles Mitglied der römischen Gesellschaft, das für frühere unwürdige Eskapaden unter Schweiss und Blut an der Front Busse getan hat. Aber mir war trotzdem bang wie er mich empfangen würde.
    "Ich freu mich einfach so wieder zu Hause zu sein. Ich war eine Ewigkeit fort. - Hm, Pulchra... ach, natürlich Deinen Namen habe ich ja schon gehört, Du stammst aus dem griechischen Familienzweig, nicht wahr? Ich bin aus Tarraco, der jüngste Sohn von Silanus, und Neffe von Livianus."
    Bei so weitverzweigten Familienverhältnissen gab es immer wieder Überraschungen. Und diese, sagen wir mal Grosscousine, war wirklich 'überraschend', ihre Fragen brachten mich erneut völlig aus dem Konzept
    "Äh. Warum ich in Parthia war? Wegen dem Krieg natürlich. Ach, Du meinst wohl warum ich mich verpflichtet habe - das ist eine längere Geschichte... Klar bin ich hungrig, ich bin heute den ganzen Tag marschiert."
    Unter meiner Paenula wurde mir zu warm, also löste ich sie und legte sie mir über den Arm. Meine von parthischer Sonne ausgebleichte Tunika, hier und dort sorgfältig geflickt, aber wohlgemerkt sauber gewaschen, missfiel meiner Verwandten offenbar. Pff!
    "Ich danke Dir für dieses freundliche Angebot", gab ich verschnupft zurück, "doch dies ist die Tunika in der ich in der Fremde für den Imperator gekämpft habe" - mit meiner ganz natürlichen Theatralik griff ich mir an den Ärmel und umfasste in pathetischer Geste eine Handvoll des vielstrapazierten rostroten Stoffes - "und ich trage sie mit Stolz!"


    Dass Pulchra mich gleich verpflegte, musste ich ihr allerdings sehr zu gute halten. Schon wollte ich mich auf die Obstschale stürzen, um mir auch einen Pfirsich zu schnappen, als ein Mann in Classis-Blau in den Raum hineintrat. Das war bestimmt Verus, der besagte Bruder, schloss ich messerscharf aus seiner Anrede. Er war also bei der Classis... und er sah, ähnlich wie seine Schwester, ein bisschen so aus als wäre er eben erst aus dem Bett gefallen, und ausserdem so als hätte er das letzte Gelage noch nicht so ganz überstanden. Was mich bei einem Angehörigen der Classis natürlich nicht allzusehr Wunder nahm. ;)
    "Salve", sprach ich mit einer gewissen Reserve. "Ich bin Faustus Decimus Serapio. Und Du musst Decimus Verus sein, nicht wahr?"

    Eine vertraute Stimme in meinem Rücken liess mich innehalten. Das war zu schön, zu schön um wahr zu sein... Gaaanz langsam drehte ich mich herum, so als könnte diese grosse Freude bei einer zu jähen Bewegung erschrecken und sich wieder verflüchtigen....
    "Seiana."
    Beinahe flüsternd kam ihr Name über meine Lippen. Ich schluckte und sah sie einfach nur an. Meine grosse Schwester, meine liebe Seiana, ganz und gar wirklich.
    "Seiana!", jauchzte ich einen Atemzug später. Die Paenula fiel zu Boden, ich sprang auf Seiana zu und fiel ihr um den Hals, stürmisch wie ein junger Hund. Ich drückte sie, überglücklich und ganz fest, ich wollte sie gar nicht mehr loslassen.
    "Ich freu mich so! Oh ich freu mich so wahnsinnig Dich wiederzusehen! Ich könnte platzen, so irrsinnig freu ich mich!", sprudelte es aus mir hervor, und mir war als würde ich gleich abheben, wie eine Daunenfeder, wenn ein Wind geht, oder wie die kleinen Schirmchen, die man von einer Pusteblume wegbläst!
    "Ich bin gerade erst angekommen, wir sind in Ravenna gelandet, und ich bin bei dem Kommando, das gleich nach Rom gegangen ist, wegen der Urne des Imperators, wir sind das Geleit, das ist ja auch eine Ehre, und wir zelten auf dem Marsfeld, aber ich habe gleich Ausgang bekommen, da hab ich echt Glück gehabt! - Wo kommst Du her, warst Du unterwegs, sag wie geht es Dir, ach es ist einfach so wunderbar Dich wiederzusehen, und, bei Concordia, ich werde nie bestimmt nie wieder in meinem Leben mit Dir streiten...-"
    Irgendwann einmal musste auch ich Atem holen. Ich wich einen halben Schritt zurück, und sah Seiana ins Gesicht, strahlend, mit leuchtenden Augen, wie betrunken vor Freude.

    Sim-Off:

    *g* aber gern ;)


    ....eine völlig Fremde! Bedröppelt blieb ich stehen, und sah die junge blonde Frau zuerst etwas erstaunt an - gut, es war ja nun nicht so unwahrscheinlich, dass in diesem Hause Menschen verkehrten, die ich nicht kannte - aber dann fragte die mich doch glatt ob ich der Lieferant sei!
    "Äh. Was?"
    Ich blinzelte ungläubig, hob dann unwillkürlich das Kinn ein wenig an und erwiderte hoheitsvoll:
    "Nein. Ich bin Soldat. Hast Du noch nie einen Soldaten gesehen?"
    Wie konnte man bloss um diese Tageszeit so verschlafen aussehen? Mal eine Grundausbildung mitzumachen, das würde solchen Luxusgeschöpfen, solchen Nachtschwärmern nur guttun, schoss es mir durch den Kopf - ungeachtet der Tatsache, dass ich früher selbst oft ganze Tage verschlafen hatte, und dass es natürlich vollkommen absurd gewesen wäre, Frauen in die Armee zu holen.
    "Ich bin Faustus Decimus Serapio", erklärte ich dann, noch immer unschlüssig im Türrahmen stehen, "Ich war in Parthien, mit der Legio Prima... wir sind gerade zurückgekommen."
    Bona Dea, wenn ich den Pfirsich, den sie da aß, nur ansah, da lief mir schon das Wasser im Munde zusammen.
    "Und wer bist Du wenn ich fragen darf?"
    Womöglich hatte Onkel Mattiacus mal sein Junggesellendasein aufgegeben, und sich eine hübsche junge Gattin ins Haus geholt?

    Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    Langsam hätte man die Academia auch als temporäres Standlager der Legio I deklarieren können. Schon wieder kam ein Soldat, der aber immerhin eine Erklärung dafür lieferte, warum noch mehr von der Legio I kamen. Eine ganze Vexillation war also in der Nähe. Dann verstand der Schreiber nicht, warum ein paar offiziere ihre Sklaven geschickt hatten, aber er war ja auch nur ein Schreiber und musste nicht alles verstehen. Dafür verstand er etwas von Empfehlungsschreiben und der Gesetzgebung des Codex Militaris.


    "Nun, das ist in der Tat ein Empfehlungsschreiben. Aber du bist Tesserarius, richtig? Ein Tesserarius ist kein Unteroffizier. Für dich gilt also nicht die Regelung zur kostenfreien Teilnahme. Ob die Legion für dich auch die Kosten übernimmt, geht aus dem Brief nicht hervor." Er blickte den Soldaten einen Augenblick an, der vermutlich ziemlich überrascht war. "Neulich hatten wir jemanden von der Classis hier, bei dem hat das auch geklappt." Und sein Chef war früher selber mal Kommandeur der Legio I gewesen, also würde das dort bestimmt auch klappen. Zumal die Männer Kriegshelden waren. "Nehmen wir mal an, das klappt. Ich gebe dir die Prüfungsunterlagen, aber das Ergebnis gibt es erst, wenn bezahlt ist."


    Ich machte grosse Augen und erst mal ein langes Gesicht.
    "Aber... ich bin doch Sesquiplicarius!", wandte ich ganz perplex ein. Die Regeln der Akademie sahen das offenbar rigider als es in meinem Umfeld gehandhabt wurde.
    "Somit gehöre ich zu den Principales. Ich diene in der Ersten Kohorte der Prima, ich habe in Parthien gekämpft, und Du setzt mich hier mit... mit einem Zivilisten gleich?!"
    Pah! Ich war vielleicht beleidigt! Ich hatte den Staub der parthischen Wüste geschluckt und für den Imperator gestritten, ich war - bei aller Bescheidenheit :D - laut Aussage meines hochgeschätzten Praefectus ein "ausgezeichneter Veteran" [sic], ja, man hatte mich gelegentlich als einen Helden von Circesium bezeichnet, was mir durchaus zu Kopf gestiegen war, und jetzt wollte irgend so ein Stubenhocker mich nicht zulassen! Wegen irgendeiner Klausel oder so! :motz:


    Bevor ich mich aber noch mehr echauffieren konnte, (oder zum Beispiel meine Kampfesnarben vorweisen), schlug der Mann eine andere Lösung vor. Ich runzelte skeptisch die Stirn, denn ich wusste, dass die Prüfung richtig teuer war, fünf Aurei! Ob die Legion das mal so eben für mich locker machen würde...? Dass der Mann mir, aus seiner Perspektive, mit dem später bezahlen wahrscheinlich gerade ein Zugeständnis machte, das fiel mir nicht so wirklich auf.
    "Wie ein Zivilist...", grummelte ich, "Jaa. Wenns nicht anders geht. Dann halt so. Wenn ich schon mal hier bin möchte ich natürlich auch die Prüfung machen."
    Zur Not würde ich eben meine Tante anschnorren müssen, die würde ihrem kleinen Augenstern bestimmt auch dieses Examen spendieren.

    Zitat

    Original von "Marcus"
    "Bei den Göttern! Der junge Herr kommt zurück!
    Ist der Krieg schon aus? Schön, dass die Götter euch erhalten haben!"


    "Marcus! Salve!! Ja, der Krieg ist aus, oh ich bin ja so FROH wieder zu Hause zu sein!"
    Ich strahlte vor Freude, und umarmte in meinem grenzenlosen Überschwang den treuen alten Ianitor erst einmal herzhaft.
    "Geht es Dir gut? Was machen die Gelenke? - Ist meine Familie zu Hause?"
    Aber kaum liess ich ihm Zeit für eine Antwort, schon trugen mich meine Füsse weiter und ins Haus hinein, denn ich platzte fast vor Ungeduld.
    "Saaalveee, jemand zu Hause? Ich bin wieder da!", hallte es mir voraus.

    Wie ein Frühlingssturm, eine plötzliche Bö, fegte ich von der Porta her in das Haus hinein, mit flatterndem Mantel und klappernden Sohlen.
    "Saalvee! Ich bin wieder da!"
    Im Atrium war gähnende Leere, ich warf den Leinensack auf meiner Schulter im Vorüberstürmen auf eine Bank und schlitterte weiter. Die vertraute Umgebung liess mir das Herz in der Brust hüpfen. Es war Abend, Cena-Zeit, so hielt ich auf die Cenatiuncula zu, riss schwungvoll die Türe auf, und präsentierte mich als plötzliche atemlose, zerzauste und unrasierte aber enthusiastisch strahlende, Erscheinung im Türrahmen. Und tatsächlich! Ich erblickte dort ...


    Sim-Off:

    Wer möchte? :D

    Ein Freudenschrei! Ich sprang auf die Füsse. Schon näherte sich Getrappel und Lucilla fegte herein.
    "Tante Luci!" jubilierte ich, und stemmte geistesgegenwärtig einen Fuss gegen das nächste Möbel um mich auf den Aufprall vorzubereiten, der dann auch mit Schwung kam. Lucilla ist eben, so zierlich sie erscheint, eine echte Wucht. Ich umarmte meine allerliebste Lieblingstante, und drückte sie fest an mein Herz. Dann liess ich mich zu den Klinen ziehen, von einem Ohr zum anderen strahlend, und plapperte meinerseits schon munter drauflos, während sie mich noch mit Fragen überschüttete.
    "Ja klar leb ich noch! Oh ich FREU mich so Dich zu sehen! Also das ist ganz ungewohnt dass Du jetzt hier wohnst, aber das Haus ist toll, echt schick und Du bist jetzt also eine ehrwürdige Matrona, Mensch, das steht Dir wirklich gut, und oh je, wenn ich alles erzählen soll, dann sitzen wir noch in ner Woche hier, dabei hab ich leider nur ganz wenig Zeit und...-"
    Ich setzte mich. Weich, diese Kline, überaus luxuriös.
    "Ja, was zu trinken wäre phantastisch - Getürmt? Was denkst du denn von mir, nein so pflichtvergessen bin ich nicht und im Steinbruch will ich auch nicht enden, nein, ich habe echten, genehmigten, ganz offiziellen Ausgang, wir sind nämlich gerade in der Stadt - also nein, natürlich nicht in der Stadt, sondern davor auf dem Marsfeld und auch nur zwei Centurien, wir haben des Kaisers Asche in das Pantheon gebracht deshalb sind wir hier, zuvor sind wir in Ravenna an Land gegangen, und der Rest ist wohl schon in Mantua, die Armen, ja - und ich hoffe wir bleiben noch etwas hier, aber nichts genaues weiss ich auch nicht, und ach Lucilla ich bin ganz überwältigt Dich wiederzusehen, Du glaubst ja gar nicht wie sehr ich mich immer über Deine Briefe gefreut habe, und über die Päckchen, da in der Ferne, da kam ich mir manchmal schon etwas verloren vor, aber mit Deinen Briefen hatte ich doch immer irgendwie ein Stück zu Hause! "
    Spontan umarmte ich sie gleich nochmal, und wischte mir schnell und verstohlen eine unmännliche Träne der Rührung aus dem Augenwinkel, dann fing ich an, in meinem Leinensack herumzukruschteln.
    "Ich hab dir auch was mitgebracht!"
    Grinsend beförderte ich ein Paar syrische Pantöffelchen mit hochgebogenen Spitzen ans Tageslicht, die Schühchen waren auf orientalisch-prunkvolle Weise über und über mit gold- und silberglänzendem Flitter bestickt, und dazu mit witzigen Bommeln und Trodeln verziert - ich fand die klasse :D. Ein dazu passendes, ebenso schrilles Täschchen zog ich auch noch hervor, und ein verschnürtes Bündel mit einigen dünnen Stoffen in besonders schönen Farben, oder aussergewöhnlich bestickt.
    "Passen sie denn?" Ich hatte sie natürlich nur nach Gefühl gekauft. "Und dann musst Du mir auch alles erzählen wie's Dir geht, und wie Du hier so lebst den ganzen Tag, und was es neues gibt und wie es der Familie geht und überhaupt, und - Oh! ich hab Dir ja noch gar nicht richtig persönlich zu Deiner Hochzeit gratuliert, also alles alles Gute sehr nachträglich! Feliciter!!!"
    Jetzt brauchte ich wirklich mal einen Schluck um meine Kehle zu benetzen.