Hannibal lehnte sich ganz schön weit aus dem Fenster. Ich lauschte ihm, völlig verzückt von seinen Worten, jedoch zunehmend nervös wegen dem Centurio, der ja nun auch nicht gerade von gestern war! Ein Liebling... - die Spannung stieg - Fortunas - Puh! Ich lächelte erleichtert und nickte. Das war allerdings wahr, jedenfalls war ich mir da schon immer ziemlich sicher. Mir passieren ständig alle möglichen Widrigkeiten, aber letztendlich zieht die Göttin meinen Kopf doch immer irgendwie aus der Schlinge... fast immer jedenfalls.
Die unverfänglichen Themen handelte Hannibal schnell ab. Mir war, als ob er nicht so wirklich gerne von sich sprach, aber das war früher ja nicht anders gewesen. Es war jedenfalls gut zu hören dass die Leute in Rom nicht uns von der Prima die Schuld gaben, oder so. (Wenn, dann musste man die Schuld selbstverständlich und ohne Zweifel bei den Praetorianern suchen, schliesslich waren die die Leibgarde.) Ich trank meinen Wein, streichelte mit den Zehen heimlich Hannibals Wade, und genoss trotz allem dieses kleine Versteckspiel.
Zitat
Original von Hannibal
"Es gibt sogar ganz bestimmte Helden, die in Rom erwartet werden. Einen ganz bestimmten Held..." Den Hannibal mit seinen Augen nicht losließ. "Der noch gefeiert werden sollte." Lasziv war das Lächeln, das den Worten folgte. Mit einem Seitenblick auf seinen Herrn wechselte Hannibal in ein altes, archaisches, klassisches Griechisch, das sein Herr ganz sicherlich nicht verstehen würde. "Faustus, schöner Faustus, unerbittlich sind die Helden im Kriege, eisern gegen die Versuchungen, aber heillos ausgeliefert ist selbst der größte Held dem Cupido!" Hannibal lächelte verschlagen, denn das sollte erst der Auftakt werden. Aber wie, oh ihr Musen, kann schon ein Mann mit solchen Worten warm werden, wenn er gestört wurde?
"Ein Held... Wer könnte wohl damit gemeint sein?", flirtete ich zurück, und schenkte Hannibal im Gegenzug mein schönstes Unschuld-vom-Lande- Lächeln, "Helden sind masslos."
Das schmeichelte mir jetzt ja schon. Auf einmal wechselte er ins Griechische, und hach, die Klänge umschmeichelten mein graecophiles Herz, wenn ich es auch, muss ich zugeben, nicht zur Gänze verstand, da es ein sehr altertümliches war. Aber den Sinn verstand ich wohl, und die Melodie der Sprache tat ihr übriges. Ich lächelte verklärt, schlug die Augen nieder, und war vollkommen hingerissen.
Es war wohl ganz gut, dass das der Moment war, in dem Naevius und die kleine Bestie auf den Plan traten, so konnte ich wieder ein bisschen einen klareren Kopf bekommen. Ein Glück dass der Centurio im Griechischen nicht so firm war... Wenn das mal gutgeht.
Das Kätzchen wollte nicht gestreichelt werden. Schnell zog ich die Finger zurück, als es nach mir schnappte. Das Kätzchen war ein Löwe? Oh. Staunend betrachtete ich das kleine Wesen, das einmal eine gewaltige Bestie werden sollte. Da war mir Drusilla doch lieber, und ich konnte gar nicht verstehen, warum der Centurio bei ihrer Erwähnung so abfällig schnaubte. Wenn der Löwe mal nicht Deinen Sohn frisst, Centurio wollte ich schon zur Antwort geben, verkniff es mir aber gerade noch. Patrizier sind nun mal exzentrisch. Selbst mein Centurio, der so bodenständig und zugänglich wirkte, hatte offenbar solch eine Seite an sich, da hielt ich lieber den Mund bevor ich mich in die Nesseln setzte. Statt dessen widmete ich mich lieber noch meinem Eintopf, kratzte die Schale leer und spülte wieder mit etwas Wein nach.
"Über dem Tisch" versuchte ich jetzt wirklich mich zu benehmen, und Hannibal nicht zu viel offensichtliche Aufmerksamkeit zu schenken, aber unter dem Tisch, da erforschte mein Fuss unbeirrt weiter das feindliche Territorium. Gerade erspürten meine Zehen den Saum einer Tunika und lüfteten ihn ein klein wenig, glitten dann draufgängerisch weiter entlang an diesen wohlgeformten Schenkeln... - als mich auf einmal ein Klaps am Hinterkopf traf, und ich mich vor Schreck erst mal kräftig verschluckte. Ich hustete, wurde rot bis zu den Haarwurzeln, zog hastig den Fuss zurück, und schlüpfte wieder in die Sandale. Schuhe anziehen , pah, wie konnte Sparsus mich nur so blosstellen!
Überhaupt war ich auf Sparsus schlecht zu sprechen. Der Blick den ich ihm zuwarf, nachdem ich wieder Luft bekam, war mehr als vorwurfsvoll. Ich war traurig weil er sich versetzen lassen wollte, und zudem böse dass er zu mir kein Sterbenswörtchen darüber verloren hatte, während er diese Entscheidung getroffen hatte. Und so wie er auf die Fragen des Centurios antwortete, schien er ja wirklich ganz festentschlossen zu sein. Ich rückte meinen Stuhl ein Stück zurück, und betrachtete Sparsus, während er Rede und Antwort stand. Aber Warum, das sagte er nicht.... Wollte er's wegen dem Centurio nicht sagen? Oder wegen mir? - Überhaupt schien ihm das ganze nicht gerade leichtzufallen. Bestimmt hatte er einen guten Grund, sagte ich mir, aber ich konnte mir gerade überhaupt nicht vorstellen welchen...
Die Schilderung des Centurios über Germanien klang fürchterlich, ungefähr genauso wie ich mir diese Provinz auch vorstellte. Vielleicht schreckte es Sparsus ja ab?! Nein, irgendwie sah er nicht so aus. Ich konnte gar nicht hinsehen, wie er wieder anfing an seiner Verletzung rumzukratzen - die hatte er schon so lange, und auf diese Weise würde die niemals richtig zugehen! Auf einmal war es mir einfach zuviel. Aus einem Impuls heraus beugte ich mich vor, ohne nachzudenken, und umschloss seine Finger, die die Wunde immer wieder aufrührten, kurz mit der Hand, mit sanftem Druck, um sie von ihren zerstörerischen Tun abzuhalten.
"Nicht", sagte ich leise, "das heilt ja sonst nie."
Im nächsten Moment schon überkam mich Verlegenheit, und ich beugte mich schnell wieder zurück. So nett wir hier zusammensassen, er war mein Vorgesetzter, da machte man sowas einfach nicht. Am ende glaubte er noch ich wolle mich an ihn ranmachen, oder Hannibal glaubte das. Ausserdem verstand ich einfach nicht was hier vor sich ging.
"Entschuldigung, Optio.", sagte ich steif. "Centurio, Optio, möchtet ihr eventuell lieber unter vier Augen sprechen?"