Der Krieg war gut fürs Geschäft! In dem weiten Hof der Karawanserei, wo der Sklavengrosshandel von T&T seinen Hauptsitz hatte, drängte sich die frische Ware. In Käfige getrieben und auf Wägen verfrachtet wurden die Sklaven dann von hier aus weiter über das Imperium verteilt. Manche würden sogar bis nach Rom gelangen. Thyrsus, der Senior-Partner, hatte beschlossen den Kauf eines parthischen Sklaven in einer grossen Werbeaktion als Akt des Patriotismus zu vermarkten.
Kauft Parther! Zeigt dem frechen Feind, wozu er wirklich da ist: um Rom zu dienen! Und unterstützt dabei die kämpfende Truppe! Jeder zehnte Sesterz geht in eine Stiftung zu Gunsten unserer Jungs an der Front! - So etwa.
Aber auch mit Kleinigkeiten Geld zu machen verschmähte diese noble Handelsunternehmen nicht, und so brach mal wieder der junge Ladenbote auf, und begab sich mit einigen Briefen von Soldaten, die auf diese Weise den Weg durch die Poststube der Legion umgingen, zur Mansio des Cursus Publicus.
Beiträge von Faustus Decimus Serapio
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Ein Windstoss trieb fetten schwarzen Qualm in unsere Richtung. Ich hielt den Atem an, als wir einen Moment lang völlig umhüllt waren von der Russwolke, alles war schwarz, meine Augen tränten und brannten. Ich hustete, stolperte fast blind über loses Geröll, griff in das Gras, das daneben wuchs, um mich festzuhalten. Die Luft biss mir in die Lungen als ich wieder Atem holte, und mit meinen Kameraden weiter verbissen die Erde in Richtung des Feuers schaffte. Es war wirklich schon ein Stück zurückgedrängt worden. Der Boden glomm unter unseren Füssen. Ich hatte das Gefühl in meiner Lorica gekocht zu werden, so wie ein Hummer in der Schale. Durch das Tosen des Feuergürtels drangen Schreie, Waffengeklirr, Kampfeslärm. Im schäumenden Wasser des Chaboras trieben Leichen an uns vorbei.
"...sterben alle. Wie abgeschlachtetes Vieh! Und wir danach...", hörte ich jemanden rufen, und spürte wie diese blanke Panik auf mich übergreifen wollte. Was wenn die Parther auf der anderen Seite auf uns lauerten, und uns, die wir ja nur nach und nach diese Barriere durchqueren könnten, einfach niedermachen würden...? Mir sträubten sich die Nackenhaare. Dann flog mir ein Stück Glut auf den (gerade angefeuchteten, aber schon fast wieder trockenen) Ärmel, ich zuckte zusammen und schüttelte es ab, schlug schnell auf den kokelnden Stoff ein.
Verkohlte Balken wurden sichtbar, da wo das Feuer zurückwich, von verbrannten Feldgeschützen wohl. Und tote, verbrannte Kameraden, deren Anblick einfach nur grässlich war. Zu grässlich um das zu beschreiben. Ich teilte mich in zwei Faustus. Der eine, eingeschlossen in meinem Kopf, kreischte vor Entsetzen... der andere schaufelte stumpfsinnig weiter, und schleppte Erde und dachte dabei an gar nichts mehr.
Bis wir dann abgelöst wurden von den anderen Centurien. Gierig trank ich von dem Wasser das herumging, als wir uns ein Stück von dem Brand entfernt hatten. Meine Kameraden um mich herum sahen aus wie Gespenster - abgekämpft und angesengt, mit verklebten, blutunterlaufenen Augen, die Gesichter voll Russ, in dem der herrunterrinnende Schweiss hellere Bahnen gezogen hatte. Ich sah wohl auch so aus. Neben uns, am Flussufer, raschelte das Schilf, und die Blumen wogten sacht im Wind. Wunderschöne Schwertlilien, goldgelb und tiefblau. Ich fand das so absurd. -
Der Centurio schien noch was sagen zu wollen, aber ich hatte beschlossen, dass er wirklich ins Bett gehörte, und so blau wie er war, gegenüber der scharfzüngigen Matrona doch nur den Kürzeren ziehen konnte. So komisch ich die Szene im ersten Moment gefunden hatte - eigentlich hatte sie ihm gar nichts zu sagen, und ich fand es nicht gut, dass sie MEINEN tapferen Centurio so fertigmachte.
Wir liessen unser zusammengebrochenes Zelt hinter uns, ich sah noch aus den Augenwinkeln wie meine Kameraden damit begannen, die Schnüre zu ordnen, und es wieder aufzurichten, hörte auch wie sie der Iulierin feixend versicherten, dass schon mehr als ein Zelteinsturz vonnöten war, um einen Soldaten der Prima zu bezwingen. Hoffentlich klappte das im Dunkeln mit dem Wiederaufbauen. Sonst würden wir uns wohl im Zelt des Centurios einquartieren müssen, das wäre nur gerecht...
Auf seinen Befehl hin, löste sich Silio von unserem Dreierpack, grinste kurz ein bisschen spöttisch - er war halt ein Rauhbein, und schien mir zu der Fraktion zu gehören, die die Iulierin nicht so sehr als 'Dame', eher als 'Mitbringsel' betrachtete - und machte sich auf. Ich brach fast in die Knie! Aber dann landete der Centurio schon auf seiner (unheimlich gemütlich aussehenden, fellgepolsterten) Lagerstatt. Ich steckte meinen Rücken und meinen Nacken, dass es knackte. Centurio müsste man sein! Ich beschloss, mich ranzuhalten."Der Centurio bittet Dich in sein Zelt.", hörte ich noch leise von draussen Silios Stimme, während ich mich fürsorglich dran machte dem Centurio zum Schlafen seine staubigen Caligae zu lösen.
"Holst Du bitte den verbeulten Eimer, der draussen, drei Zelte weiter liegt?", bat ich den Sklaven, der das Licht entzündet hatte, denn in dessen Schein war nicht zu übersehen, wie grünlich unser Schützling um die Nase herum geworden war.
"Ein Brief? Für mich? Oh, wie schön!"
Überrascht blickte ich von dem Sandalenriemen auf, den ich gerade löste.
"Aber wie das, ich meine wird die Post jetzt erst mal an die Centurionen gegeben?"
Ob das eine neue Seltsamkeit der Poststube war? Auf die war ich sowieso schlecht zu sprechen. Aber die Ausssicht wieder eine Nachricht aus der Heimat zu bekommen liess mich trotzdem erstrahlen.
"Ist er von meiner Tante?!", fragte ich aufgeregt. "Bitte Centurio, kann ich ihn gleich haben?!" -
"Mhm ja", antwortete ich Iulia Helena, "mein Onkel war ja auch jenseits des Limes unterwegs, bei den Barbaren. Aber meine Tante - sie ist auch sehr reiselustig - die hat den zivilisierten Teil besucht, und schwärmt richtig davon wie schön dieses Land sei, landschaftlich wildromatisch sagt sie, so im Herbst mit den bunten Blättern."
Sie sprachen auch von einer Venuspriesterin, und ich spitzte neugierig die Ohren. Denn als ich das früher mal überlegt hatte, mit dem Cultus, hatte ich mir immer gedacht, dass ich wenn, dann am liebsten Priester der Venus werden würde... (Und ich hatte mir immer genüsslich ausgemalt, wie das doch meine Familie schockieren würde. Aber inzwischen war ich ja sowas von linientreu geworden.)Ich lehnte mich ein bisschen zurück, nippte an meinem Becher, und betrachtete wieder die Gesichter meiner, ein bisschen wortkarg gewordenen, Kameraden im Feuerschein. Mein Blick verharrte auf Andronicus. Er war also in Athen gewesen, das war gleich nochmal etwas was ich auch furchtbar gerne auch einmal gemacht hätte. Griechenland! Das Land aus dem all die wunderbaren alten Sagen kommen, die grossen Denker und die schönste, feinsinnigste Poesie...
Aber dann gab ich mir einen Ruck. Wir waren im Krieg, und ich hatte nur zu deutlich gesehen, dass jeder Tag der letzte sein konnte. Völlig unerwartet konnte es einen treffen, da sollte man eigentlich nichts auf- oder vor sich her schieben. Also trank ich noch einen Schluck Wein, holte tief Luft, und nahm Anlauf etwas zu sagen.
"Andronicus." Ich beugte mich etwas zu ihm hinüber. "Was ich Dir noch sagen wollte - wegen neulich, ähm..."
Das war gar nicht so einfach. Ich war mir der Kameraden drumrum unangenehm bewusst. Aber als ich so garstig zu ihm gewesen war, waren wir ja auch nicht allein gewesen.
"Ja also es tut mir leid. Ich hab das nicht so gemeint. Ich war ein bisschen durch den Wind an dem Abend. Du kannst ja natürlich nichts dafür dass..." - Du Patrizier bist. Deine Familie die ganz normale Vetternwirtschaft betreibt. Du das Pilum weiter werfen kannst als ich. - "...ihr Reiter erst spät zum Einsatz gekommen seid." -
Als hätten die Götter selbst uns den Weg versperrt, erhob sich die gewaltige, lodernde Feuerwand vor uns. Die Flammen brausten, und strahlen eine unsägliche Hitze aus, bis zu mir, der ich doch noch ein gutes Stück entfernt war. Die Luft waberte vor Hitze. Beeindruckend war es schon, dieses Element so ungeheuer und gewaltig entfesselt zu sehen, beängstigend und auf eine gewisse Weise sogar schön... Aber der Gestank, der war absolut widerlich! Er würgte mich in der Kehle, ich schluckte schwer und band mir schnell das Focale vor Mund und Nase.
Wir, die wir dem Feuer zu Leibe rückten, krabbelten und balancierten irgendwie auf der steilen Böschung herum, die runter zum Fluss ging, und versuchten gleichzeitig zu löschen und nicht in den reissenden Strom zu fallen. Mit einem Schanzspaten schaufelte ich, zusammen mit anderen, Erdschollen auf eine Zeltplane, zerrte sie dann Richtung der Feuerwand, wo Männer der ersten Centurie in Rauch und Qualm das Feuer Stück für Stück zu ersticken suchten. Meine Augen tränten vom beissenden Rauch und das Atmen fiel schwer. Glimmende Fetzen flogen durch die Luft, trudelten hoch in den Himmel hinauf. Laut hustend wich ein Miles ganz vorne zurück, schweissüberströmt und verrußt im Gesicht. Seine Augenbrauen waren ganz versengt. Er goss sich einen Helm voll Wasser über den Kopf, während ihn ein anderer schon ablöste. Was für ein Inferno! Und was mochte dahinter auf uns warten... -
Sim-Off: Tja, anfangs waren es zwei Contubernien.
Aber ich glaube, die anderen requirieren gerade im Nachbarhaus.
Es war genau wie in einer dieser thessalischen Schauergeschichten. Die Spannung steigt und steigt, man hört ein Rascheln im Dunkeln, denkt, das blutgierige Monstrum springt gleich hervor - und dann ist es nur die Katze. Beziehungsweise ein staubiger Mann, der uns auf allen Vieren entgegen kroch, und in einem klangvollen Griechisch etwas von einem - wie? was? - Maschanzker erzählte.
Meine Anspannung löste sich, und mit einem breiten Grinsen liess ich das Gladius wieder los.
"Äääh... wiebitte? Ähm... ~Chaire. Ein Maschanzker? Was ist denn das?~"
Es klang irgendwie...niedlich, wie ein kleines Haustier oder so... Der Mann sah, so von der Kleidung und Aufmachung her, auch gar nicht wie ein Einheimischer aus. Eher hellenisch. Vielleicht ein Kunde oder ein Gast. Ich schöpfte Hoffnung, möglicherweise einen Ausweg aus dem Sprachproblem gefunden zu haben. Wenn man miteinander reden konnte, dann war doch alles immer nur halb so schlimm dachte ich (was vielleicht ein bisschen naiv gewesen sein mag), und redete frisch drauflos:
~"Entschuldige bitte - mein Name ist Decimus Serapio und ich habe hier gerade ein kleines Verständigungsproblem... Sprichst Du zufällig Parthisch oder Pahlavi oder Aramäisch oder...Osroenisch oder irgendwas was diese Leute hier verstehen...? Du könntest uns wirklich sehr helfen."~
Hoffnungsvoll strahlte ich ihn an. So ein schönes Griechisch, die Klänge erwärmten richtig mein schwärmerisch-graecophiles Herz. Ich wünschte, ich könnte diese Sprache auch so geschliffen sprechen!Meine Kameraden beäugten den Mann eindeutig sehr viel reservierter. Doch auch sie waren von seinem exzentrischen Auftritt ziemlich abgelenkt, so dass wir wohl allesamt arg erschraken, als aus einem dunklen Durchgang auf einmal wirklich die blutgierige Bestie hervortrat - beziehungsweise ein schwertschwingender Parther! Bona Dea! Kannte ich den nicht?! Vollkommen selbstsicher trat er uns entgegen, der vielfachen Übermacht, dabei war er doch allein - oder etwa nicht?!
Und dann ging alles auf einmal wieder sehr schnell. Ein Pfeil sauste durch die Luft, gar nicht weit an mir vorbei, und eine feine Nässe, wie von Nebel - rotem Nebel - netzte meine Hand. Verax taumelte herein, und fiel zu Boden. So viel Blut... so viel helles Blut strömte da aus seinem Hals.
"Verax!", japste ich fassungslos, und beugte mich runter, fasste in dem schwachsinnigen Versuch, die Blutung aufzuhalten nach seinem Hals. Genauso hätte ich versuchen können mit blossen Händen den Tiber in seinem Lauf zu hemmen.
"Scheiss Bogenschütze!" hörte ich Musca draussen fluchen, "der sitzt oben auf der Balustrade" rief er noch, und ich dachte nur: Eine Falle, bei Iuppiter, diese Drecksparther haben uns eine Falle gestellt.
Verax' Körper zuckte, dann brachen seine Augen und er lag still und stumm. In der Schlacht hatte ich viele Kameraden sterben sehen. Aber jetzt, so plötzlich, aus dem Nichts heraus, erschütterte es mich wieder völlig. Verax war ein netter Kerl gewesen. (Und gut ausgesehen hatte er auch.)
"Hierher Kleiner", rief mir Dasius zu, der den Schrecken wohl schneller überwunden hatte, und da wurde mir auf einmal klar, dass ich ja in der Schussbahn war! Hastig sprang ich auf und machte einen Satz zur Seite, presste mich an die Wand und sah mich hektisch um. Der Händler verkroch sich gerade unter seinem Verkaufstisch. Silio spähte vorsichtig, schildgedeckt, hinaus auf den Hof, und wollte wohl seinem Kumpel beistehen. Rupus stürzte sich hitzköpfig auf den Parther.... Ja, das war wirklich der Kriegsgefangene, der mir mein Schwert geklaut hatte!
"Ziaar du mieses Schwein..." zischte ich, "so sieht man sich wieder...", zog mit blutigen Händen mein (neues) Schwert, hob meinen Schild und folgte Rupus in den Kampf. Aber eng war es in der Ecke! Ich drückte mich an einem Regal vorbei, riss den Schild hoch, gegen das gefährliche Krummschwert, und führte, gerade als auch Rupus angriff, einen schnellen tiefen Stich mit dem Gladius unter dem Schild hindurch.
Dem würde das Grinsen schon noch vergehen! -
Sprach sie vom Tribunus laticlavius??! Mir wäre niemals in den Sinn gekommen, dass irgendjemand auf der weiten Welt diesen so eisenhart und so unmenschlich wirkenden Mann als "mein kleiner Quintus" bezeichnen könnte! Erschrocken fasste ich ihren Arm fester, als sie schwankte, und griff dann schnell mit beiden Händen zu, als sie zu Boden zu gehen drohte. Der Schild rutschte mir vom Arm, und polterte auf das Pflaster des Marktplatzes, dafür erwischte ich Mania noch unter den Achseln, und konnte den Fall der kleinen alten Dame abbremsen. Sie war nicht besonders schwer.
"Oh je! - Mania...?"
Vorsichtig stützte ich ihren Oberkörper, befreite mich dann vom Einkaufskorb und fächelte ihr mit einem Papyrus aus meiner Gürteltasche - der Einkaufsliste für's Honigkuchenbacken - eifrig frische Luft zu.
"Das muss ja wirklich ein Schock für sie gewesen sein", murmelte ich verwirrt und ganz besorgt um diese liebenswürdige alte Dame. "Und dann diese Glutzhitze..."
Aus meiner Feldflasche goss ich ein bisschen Posca auf ein Taschentuch und betupfte Mania damit zaghaft die Schläfen um sie zu kühlen. Ziemlich hilflos sah ich dann zu dem Terentier auf.
"Tribun Terentius, sollten wir nicht vielleicht - ähm, ihm meine, Tribun, darf ich vorschlagen Tribun, dem Tribun Tiberius Bescheid geben zu lassen, dass er hier, wie es scheint eine Bekannte hat? Tribun."
(Wenn ich jetzt nochmal 'Tribun' sagen müsste, würde sich wahrscheinlich meine Zunge verknoten.)
"Mania?"
Aus der Hitze sollte sie auch heraus, dachte ich, und blickte mich suchend nach dem nächsten Schattenplatz um. -
Der gütige Gott machte keine Anstalten das Schicksal wieder geradezubiegen. Keine Hoffnung boten seine Worte, vielmehr klangen sie mahnend und streng in meinen Ohren.
"Jawohl mein Kaiser.", sagte ich entmutigt, biss die Zähne zusammen und versuchte mich wie ein wahrer Römer stoisch auf die Pflicht zu besinnen, und nur auf die Pflicht. Vergeblich. Die Angst um meinen Onkel schnürte mir förmlich die Kehle zu.
"Hab Dank mein Kaiser.", sagte ich mit einem letzten Rest meiner Fassung, führte die rechte Faust zur Brust und salutierte noch einmal ehrfürchtig vor dem Imperator, bevor ich zur Seite trat, und den nächsten zu ehrenden Kameraden Platz machte. Noch einmal trat der Centurio vor und nahm für Lucullus Armillae entgegen. Ich fragte mich was Lucullus wohl dazu gesagt hätte, posthum ausgezeichnet zu werden. Und ob es seine Familie, die so schnöde zu ihm gewesen war, überhaupt interessieren würde.
Fest grub ich die Zähne in meine Unterlippe, als ich dann zurück in die Reihe trat, überwältigt von einer abgrundtiefen Trostlosigkeit. Ich schob die Armillae an meine Handgelenke, versuchte irgendwie Haltung zu bewahren, und hoffte nur dass die ganze Zeremonie möglichst schnell vorübergehen würde. -
Huhu Marcus Iulius Sparsus, ich würde Dir gerne schreiben!
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"Ja, so einigermassen.", antwortete ich auf Sparsus' Frage, aber als er sagte was ich übersetzen sollte, wurde es mir ganz anders.
"Aber Marcus, wir sollen doch nicht plündern! Ausser Essen.", zischte ich zu ihm hin, ganz leise damit die anderen nicht so mitbekamen, dass ich dem Tesserarius wiedersprach.
"Weisst Du denn nicht mehr was der Primus Pilus gesagt hat? Der schlägt uns zum Krüppel wenn er's irgendwie mitkriegt!"
Ich überlegte erstmal und legte mir die Worte zurecht. Verax und Musca verzogen sich derweil mit Körben in den Innenhof und rückten den Früchten zuleibe - Granatäpfel, Feigen, Trauben... mir lief das Wasser im Munde zusammen. Der Händler indess hatte beide Hände auf den Ladentisch gestemmt und starrte uns bitterböse an, als sein Paradiesgarten so hemmungslos abgeerntet wurde. Ich räusperte mich und versuchte das ganze irgendwie zivilisiert zu formulieren.~"Chaire guter Mann. Sprichst Du Griechisch? Kannst Du mich verstehen?"~
Jedenfalls wandte er mir das Gesicht zu und funkelte mich wütend an, also sprach ich weiter, zuversichtlich dass er mein Schulgriechisch schon verstehen würde. Bei dem Kriegsgefangenen, diesem elenden Bastard, hatte es ja auch geklappt mit der Verständigung.
~"Wie Du siehst sind wir Soldaten des Kaisers. Er hat euren Satrapen besiegt, eure Stadt aber verschont. Wir wollen Dir nichts tun. Aber ihr, Leute von Edessa, ihr müsst uns verpflegen. Also wo sind Deine Vorräte, Deine Waren? Essen, Nahrung, Mahlzeit - verstehst Du?"~
Ich führte in einer ziemlich universellen Geste die Hand zum Mund.
"Gib mir doch bitte mal so nen Zettel", bat ich dann Sparsus und versuchte weiter den sturen Kerl zu überzeugen.
~"Du bekommt auch eine... dings..."~ - wie hiess das noch mal 'Bescheinigung' - ~"ein Papier, und wirst später entschädigt für das was wir jetzt mitnehmen."~, behauptete ich, aber ich sprach gegen eine feindselige, abweisende Wand, und meine Kameraden scharrten schon ungeduldig mit den Füssen."Der Drecksack schaut mir entschieden zu hochmütig aus der Wäsche.", grollte Dasius, "los, Serapio, mach schon, droh ihm mit dem Kreuz".
"Frag ihn ob er hübsche Töchter hat!", lachte Silio, dem das ganze irgendwie Spass zu machen schien, und spielte mit seinem Gladius, zog es immer ein Stück, und liess es dann wieder sirrend in die Scheide fahren. Derweil begann Rupus damit, die leeren Kästen aus den Regalen zu reissen, so dass sie lautstark zu Boden polterten.
~"Wo sind Deine Waren?! Los, sag es uns, oder wir ziehen andere Saiten auf!"~, fuhr ich den Mann jetzt heftig an, aber er begann nur wieder in seinem unverständlichen Kauderwelsch zu reden und gestikulierte wild mit den Händen. Mir war hilflos zu Mute.
Rupus stiess ein Regal zu Boden, so dass die Bretter zerbrachen. Dann noch eines.
"He, da ist ja noch wer.", stellte er auf einmal fest und zeigte in eine dämmrige Ecke des Raumes, die dadurch erst so richtig frei geworden war. Tatsächlich, eine menschliche Gestalt zeichnete sich dort ab.
Nervös wie ich war, fasste ich bei dieser Entdeckung gleich den Griff meines Scutum fester (ich hatte es nicht aus der Hand gelegt) und griff erschrocken nach dem Knauf meines Gladius.
~"Komm raus da!"~ -
Ich nickte eifrig zu Licinus' Worten und schwärmte:
"Ja, wir kommen doch ganz schön rum. Der Orient ist doch auch richtig spannend! Schade nur, dass wir nicht so richtig Land und Leute kennenlernen können - finde ich jedenfalls. Ich würde wahnsinnig gerne mal das Land hier bereisen wenn gerade kein Krieg ist. Und auch den Süden des Zweistromlandes, das soll so wunderschön sein... Naja, vielleicht bekommen wir das ja auch noch zu Gesicht, wer weiss."
Was Imperiosus erzählte machte mich neugierig.
"Du wolltest Priester werden, echt?", fragte ich erstaunt. "Da hab ich früher auch mal drüber nachgedacht. Aber es ist ja schon etwas ganz anderes als das Militär..." -
Auf Befehl des Optio machte ich mich daran, Sarcina um Sarcina aufzuheben und zu den Besitzern zu bringen, die zu beiden Seiten des Weges den Schildwall aufrechterhielten. Gerade band ich eine Patera, die sich beim Fallenlassen gelöst hatte, wieder ordentlich an der Tragestange fest, als wieder Pfeile flogen, und ich mich schnell hinter den Schildwall duckte. Es waren nicht viele, kein Vergleich zu den Wolken in der Schlacht, aber genug um uns in Atem zu halten. Und dann bliesen die Cornicen doch wieder ad arma. Wir häuften das Gepäck ordentlich zusammen, damit es nicht zu sehr im Weg lag - es war eh alles schon dicht gedrängt genug auf der Strasse, eingezwängt zwischen Berg und Fluss. Oben am Hang schien einiges los zu sein. Der Beschuss versiegte wieder, aber natürlich blieben wir wachsam. Unruhig sah ich zum Optio, und zum Centurio, während ich den Trageriemen vom Scutum löste, und ihn mir um den Unterarm wickelte.
Alle waren wir kampfbereit, doch kein Feind war in Sicht, die Parther hätten, so wie ich das sah, schon aus dem Boden wachsen müssen, als hätte sie jemand mit Drachenzähnen dorthinein gesät, um uns jetzt direkt anzugreifen. Wieder wippte ich auf den Zehen, nervös und auch voll Tatendrang, und blickte mich in alle Richtungen um. Die Strasse wand sich in vielen Krümmungen um die Flanken der Berge, und war nicht weit einsehbar. Aber irgendwo, ziemlich weit hinter uns, sah ich über der wilden Landschaft auf einmal Rauch aufsteigen. Schmutzig schwarzer Qualm stieg da empor, zuerst als kerzengerade Säule, dann wurde er vom Wind zerrissen und verteilte sich in dunklen Schlieren am klaren blauen Himmel.
Ich beschattete die Augen mit der Hand und spähte beunruhigt dort hin.
"Was ist denn da los....?!" -
Was war denn da draussen nur los? Ein Erdbeben? Ein Sandsturm? Ein Partherüberfall?! Was war mit dem Zelt passiert? Und wieso wurde da so rumgeschrien?
Unsanft aus dem Schlaf gerissen tastete ich verwirrt nach meinem Gladius, wühlte ich mich dann unter der Zeltplane durch, lupfte sie erst mal etwas an und streckte gähnend, verschlafen und verwuschelt den Kopf hinaus. Ungläubig blinzelte ich auf die Szene - unser Centurio, mächtig betrunken, Iulia Helena die ihn stauchte als wäre sie der Primus Pilus, meine Contubernales, die sich schneller als ich evakuiert hatten, und nun drum rum standen, sich das Lachen mehr oder weniger erfolgreich verbeissend. Hilflos spürte ich, wie meine Schultern zu zucken begannen, wie das Gelächter sich in meinem Bauch sammelte und mir die Kehle hochstieg, ich versuchte es zurückzuhalten aber das ging nicht - zuerst war es nur ein harmloses Glucksen, aber als der Centurio sie dann 'Mater' nannte, und ersthaft erklärte, warum er keinesfalls das Zelt aufbauen konnte, war es um mich geschehen! Ich prustete los, bekam Tränen in die Augen wollte mich schier ausschütten vor Lachen und konnte mich kaum mehr einkriegen. Zudem war das auch noch ansteckend für die Kameraden, die sich bisher ganz gut gehalten hatten.
"Hilf mir lieber mal", presste Silio erstickt hervor, der zugleich mit seinem Lachkrampf kämpfte und den Centurio aufrecht hielt - was, wie ich wusste, nicht gerade eine leichte Aufgabe war. Er schwankte schon gefährlich! Also kroch ich schnell vollends hervor (ohne Gladius), richtete mich auf - brrr, kalt war das, barfuss und nur in der Tunika - und packte auf der anderen Seite zu, legte mir einfach den Arm des Centurio um die Schulter. Allerdings, eine schwere Bürde.
"Guten Morgen Centurio. Guten Morgen Iulia Helena.", grinste ich, noch immer hart an der Grenze gleich wieder herauszuplatzen. Oder war's doch noch mitten in der Nacht? Mir war es jedenfalls, als ob es im Osten schon etwas weniger dunkel wurde.
Gemeinsam mit Silio steuerte ich dann, wie gewünscht, den Centurio behutsam in Richtung seines Zeltes.
"Vorsicht, das Lagerfeuer! - Ähm, Moment, Musca kannst Du bitte mal schnell die Zeltschnur von seinem Fuss lösen. Danke. - Ups, das war der Wassereimer..."
Ein kurze, aber nicht zu unterschätzende Wegstrecke. Dea Dia, der Centurio musste ganz schön einen draufgemacht haben! -
Macht euch keine Sorgen, hatte mein Onkel gesagt, als er sich zu Hause im Atrium von der Familie verabschiedet hatte, der sicherste Platz auf einem Feldzug ist doch an der Seite des Kaisers, natürlich komme ich gesund zurück.
Die tröstenden Worte, die mein Centurio mir zuflüsterte, überzeugten mich gar nicht. Sie hatten meinen Onkel verloren gegeben, sonst hätten sie ihn doch nicht sofort ersetzt. Aber es war sehr nett von ihm, dass er mir so zusprach. Ich schluckte nochmal schwer und straffte mich, dann war es an mir vorzutreten.
Hätte ich nicht gerade diese schlimme Nachricht bekommen, dann wäre ich jetzt wahrscheinlich vor Stolz fast geplatzt. Armillae, für mich, aus der Hand des Imperators, wer hätte das je gedacht! Dabei hatte ich in der Schlacht doch gezittert wie Espenlaub...
Und in die Angst um meinen Onkel mischte sich so ein bitterer Zug. Alles hätte ich dafür gegeben, ihn einmal stolz zu machen, nur einmal und trotz allem was war, seinen Blick mit Freude und Anerkennung auf mir ruhen zu spüren. Aber jetzt, in diesem Moment, wo das vielleicht hätte so sein können, da war er fort. Verschwunden und ersetzt, und sah nicht wie ich aufrecht - und völlig überwältigt - die Ehrung empfing."Ich danke Dir mein Imperator.", sagte ich mit erstickter Stimme, und neigte ehrfürchtig dankend den Kopf vor ihm. Diese Präsenz war überwältigend! Niemals hätte ich mich getraut noch etwas zu sagen, wenn ich nicht so erschüttert gewesen wäre.
"Mein Imperator," - flehentlich richtete ich die verweinten Augen auf ihn, sah zu ihm auf wie zu einem gütigen Gott in dessen Macht es steht die Geschicke der Sterblichen zu lenken, und fragte leise und verzweifelt: "gibt es denn gar keine Hoffnung mehr, den ... ehemaligen Legaten Decimus Livianus wiederzufinden?" -
Mir war so, als wäre da etwas Wehmut dabei, als Imperiosus von seiner Zeit als Probatus erzählte. Das war bei mir ganz anders, ich war ja so froh dass das endlich vorbei war. Ich schmunzelte und nickte. Wunden gab es viele zu lecken... wenn ich mich so umschaute waren wir wirklich ein angeschlagener Haufen.
"Hoffentlich nicht nach Germanien...", murmelte ich, als Optio Tallius über die Zukunft spekulierte, und erzählte dann: "Mein Onkel Mattiacus hat einmal eine Reise in das Wilde Germanien hinter dem Limes gemacht. Das muss wirklich eine ganz schreckliche Wildnis sein. Nur finstere Wälder und wilde Tiere. Mannshoch lag der Schnee durch den er sich den Weg bahnen musste! Da ist mir, glaub ich, sogar diese Gluthitze hier lieber." -
Das Gefolge des Terentiers packte ganz schön was ein, und nach den sauren Mienen der Händler zu schliessen, hatten sie es wohl kaum bezahlt. Anscheinend gab es bei unseren Vorgesetzten sehr unterschiedliche und individuelle Auffassungen, wo die Grenze zwischen Plündern und Souvenirs mitnehmen verlief... Mir kam sogar der Gedanke, dass sie es vielleicht uns einfachen Soldaten nur deshalb so streng verboten hatten, damit wir ihnen nichts wegschnappten... Wer weiss.
Mania jedenfalls nahm kein Blatt vor den Mund.
"Aber die Stadt ist doch äusserst glimpflich davongekommen.", widersprach ich überzeugt. "Die Leute hier können wirklich von Glück reden, dass unser Imperator so grossmütig ist! - Aber ist dir nicht gut Mania?"
Sie war ganz blass geworden, so dass ich ihr schnell einen Arm als Stütze bot. Ihre Frage war seltsam, und der Tonfall erst recht, so drängend, beinahe flehentlich, als würde von der Antwort ganz viel abhängen.
"Naja, gross - richtig gross, eisiger Blick, starre Miene...", antwortete ich spontan, "dunkles Haar, harte Züge, eine Haltung als hätte er einen... ähm, mhm... eine sehr aufrechte Haltung... - aber warum denn?" -
Sim-Off: Macht doch nix.
Lautlos wie er gekommen war, verschwand der Parther in der Nacht. Voll unendlicher Erleichterung schloss ich kurz die Augen und liess den angehaltenen Atem langsam entweichen. Puuuhhh... das war knapp.... das war sowas von knapp gewesen..... Fortuna sei Dank!
Hastig wandte ich der unheimlichen öden Landschaft den Rücken und kehrte zurück zu den Zelten, den Feuern, den Menschen. Ein paar Leute, aufgescheucht durch den Lärm kamen mir entgegen und wollten wissen was war.
"Nur so'n blöder Drecksparther...." schimpfte ich, "is jetzt eh über alle Berge...."
Mit meinem Schwert. Das war wirklich die Krönung des Tages. Ohne auf die weiteren Fragen einzugehen schlurfte ich weiter, zerschlagen und geschlagen, zurück zu der Feldtaverne, wo Silio mich schon ungeduldig erwartete. Und obwohl ich diese blamable Episode eigentlich lieber für mich behalten wollte, gelang es ihm dann doch, mir auf dem Rückweg die ganze unselige Geschichte zu entlocken. Der Wein hatte mir halt die Zunge gelockert, und ich musste meinem Ärger auch Luft machen. Wenigstens lachte Silio mich nicht aus, und er erzählte es auch fast nicht weiter. (Nur an seine guten Freunde, die alle versprachen den Mund zu halten, und es dann ebenfalls nur an genauso verschwiegene Kameraden weitergaben.)An jenem Tag machte ich, zurück in der Castra, nur noch eines: ich betrank mich weiter, und bis zur Besinnungslosigkeit. Am darauffolgenden aber - als ich mit einem entsetzlichen Kater erwachte, mich meine Kameraden ständig mit der Geschichte aufzogen und ich erst mal dem Versorgungsoptio erklären durfte, warum ich ein neues Gladius brauchte - da schwor ich Rache! Blutige Rache! Eigenhändig würde ich diesen Hurensohn ans Kreuz nageln! Falls uns das Schicksal eines Tages nochmal zusammenführen sollte.
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Mit hallenden Caligae marschierte unser Trupp, bestehend aus Sparsus und mir und unser beider Contubernien durch die Strassen von Edessa. Hinter uns klapperten die Hufe der Mulis, die wir dabei hatten, um unsere Beute zu transportieren. Denn wir waren eine von den vielen Gruppen, die zur Zeit die Stadt durchstreiften um Nahrung für unsere Legion aufzutreiben. Beziehungsweise zu requirieren, wenn auch dieses schöne Wort nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass wir letztendlich den Parthern ihre Waren einfach abnahmen. Natürlich bekamen sie dafür dann einen Wisch, ein ordentliches Schriftstück mit Siegel und genauer Auflistung der beschlagnahmten Güter, mit dem sie angeblich später eine Entschädigung verlangen konnten. Aber ich hatte das Gefühl, dass diese Versicherungen nicht mal das Papyrus wert waren, auf dem geschrieben waren, und diesem offiziellen Plündern nur den Anstrich von Legitimität geben sollten. Und da waren die Parther wohl der selben Meinung. Schon viele Flüche und Verwünschungen hatten wir heute geerntet, und den ein oder anderen Steinwurf.
Feindselig war die Stadt heute, die nahezu ausgestorbenen Strassen strahlten etwas bedrohliches aus, und auch ich sah mich schon längst nicht mehr neugierig nach irgendwelchen schönen Fassaden oder exotischen Erscheinungen um, sondern musterte bloss mißtrauisch die wenigen Passanten die uns begegneten. Die Nachricht vom spurlosen Verschwinden meines Onkels hatte mich schwer getroffen, ich hatte grosse Angst um ihn, und ausserdem eine immer mehr wachsende Stinkwut auf das ganze verdammte Partherpack!Stück für Stück arbeiteten wir uns vor. Das nächste Gebäude - langgestreckt, mit hohen Mauern, die in der hellen Sonne von blendendem Weiss waren - sah nach einem Handelskontor aus. Wir verschafften uns Zutritt und kamen in einen grossen Verkaufsraum, der nach dem Sonnenschein draussen erst mal ganz düster wirkte. Gähnende Leere herrschte in den Regalen, Kisten und Säcken. Ein beleibter Mann in langen bestickten Gewändern und bauschigen Hosen, mit grauen Haaren und einem kunstvoll gekräuselten Bart sah uns vernichtend entgegen, dann redete er schnell und unverständlich auf uns ein, und machte abwehrende Gesten und Zeichen, die wohl, so wie ich das verstand, besagen sollten, dass man ihn schon ausgeplündert hatte.
Tja, und nun? Ich sah unschlüssig und fragend zu Sparsus, der als Tesserarius hier das sagen hatte.
"Der Bursche will uns doch bloss abwimmeln!", erklärte felsenfest Verax, ein markiger Miles, der nach der Schlacht neu zu meinem Contubernium dazugekommen war. Er stiess eine Türe an der Rückseite des Raumes auf. Dahinter kam ein grosser Innenhof zum Vorschein, eine wahre Idylle mit bunten Mosaiken und in der Mitte einem Brunnen im Schatten eines grossen Granatapfelbaumes. Eine Balustrade mit verschnörkelten Gittern zog sich rund um den Hof. Die Äste des Baumes waren schwer von den Früchten, das Wasser plätscherte melodisch und irgendwo zwitscherte ein Vogel.
"Aber Holla!" Neben mir pfiff Musca durch die Zähne.
"Sehn wir uns doch mal n' bisschen um.", schlug Verax vor und grinste raublustig in die Runde, "Mal sehn was wir so finden, hm?" -
Mit einem tönernen Klacken stiessen Sparsus' und mein Becher zusammen, dann trank ich mit ihm auf Mars und Fortuna und die Prima. Ich lächelte, als er mich beim Praenomen nannte, das war ja noch neu, und es freute mich. Aber ein bisschen - nun ja, irgendwie schreckhaft sah er immer noch aus, fand ich. Passte gar nicht zu ihm. Dann wurde auf die Gefallenen getrunken, und auch da hob ich den Becher und wiederholte traurig die Worte von Imperiosus. Die waren schön gesagt.
"...egal ob hier oder im Elysium."
Ob solche Dinge nach dem Tod überhaupt noch Bedeutung hatten? Ob man sich an seine Kameraden erinnerte? Ob ich tatsächlich eines Tages Lucullus wiedersehen würde? Oder vielleicht trank man wirklich Vergessen, oder alles frühere verblasste einfach angesichts der un- oder überirdischen Glücksseligkeit des Elysiums... Wenn man sich an nichts mehr erinnerte, war man dann überhaupt noch derselbe?Ich seufzte leise, zog die Knie an mich heran und umschlang sie mit den Armen. Das Kinn auf die Knie gestützt blickte ich in die Flammen des Lagerfeuers, und betrachtete dann, während die Iulier über ihre wohl auch ziemlich weitverzweigte Familie sprachen, reihum meine Kameraden. Und wieder drängte sich mir dieser unheimliche Gedanke auf: wer von uns ist wohl der nächste?
"Imperiosus?", wandte ich mich leise an den Artorier, wurde dann aber unsicher, weil er ja Optio war.
"Ähm. Darf ich Imperiosus sagen?", fragte ich schüchtern. "Woher kanntest du eigentlich Lucullus?" -
"Jawohl Tribun." Ich nickte eifrig. "Wir wollen unsere Vorräte etwas aufbessern."
Aber das schien gar nicht so einfach zu sein, so energisch wie Mania um zwei Laibe Brot feilschen musste. Sie legte sie dann in den Korb und enthüllte mich damit als ihren Träger, was mir ein klein wenig unangenehm war, so vor dem Tribun. Am Ende sah das wirklich noch so aus als würde ich mit dem Feind fraternisieren.
"Natürlich", sagte ich deshalb schnell, als sie den Tribun kennenlernen wollte, und lächelte als sie mich neckte.
"Ach, das ist ja witzig. Unser Tribun - also der senatorische, der heisst auch Vitamalacus.", bemerkte ich nebenbei. "Tiberius Vitamalacus."
(Da wusste ich ja noch nicht, dass er bald Legat sein würde.) Dann wandte ich mich an den Tribun vor unserer Nase und fragte in respektvollem Tonfall:
"Tribun Terentius, darf ich Dich mit einer Landsfrau bekannt machen, die es unter die Parther verschlagen hat?"
Manierlich wies ich erst auf den Herrn, dann auf die Dame.
"Wenn ich vorstellen darf: Tribun Terentius Cyprianus - Mania."
Mehr von ihrem Namen hatte sie mir ja nicht verraten.
"Mania lebt schon seit einigen Jahren in dieser Stadt", fügte ich noch hinzu, und dabei kam mir der Gedanke, dass es doch vielleicht geschickt wäre, sie als Dolmetscherin oder Vermittlerin zu engagieren.