Der pechschwarze Himmel über mir erglühte in einem Meer von Funken. Wie ein blutiger Regen stoben sie herab und tauchten die felsige Einöde in der ich stand in glutrotes Licht. Zugleich ertönte ein ohrenbetäubendes Kreischen und Klingen.
Als ich den Kopf in den Nacken legte, und sah was der Grund war, stockte mir der Atem! Ein gigantisches Schwert wurde geschliffen. Von einem Horizont bis zum anderen reichte die blanke Klinge, Blitze zuckten in metallischem Gleißen, und unheilvoll erglänzten ihre scharfen Ränder, von denen sich der Funkenregen ergoss.
Ein Schlag dieser titanischen Klinge musste ausreichen stolze Städte zu vernichten, Völker auszulöschen und blühende Reiche in Schutt und Asche zu legen! Der Hauch des Göttlichen ließ mich in Ehrfurcht und Schrecken erschaudern.
Dann hörte ich donnernden Hufschlag und spürte, dass etwas übles und gewaltiges sich näherte... Und schon schälte sich aus dem blutigen Licht die Silhouette eines riesigen Reiters - ein parthischer Panzerreiter, wie ich ihn einmal auf einem Relief gesehen hatte. Sein Ross schnaubte Feuer, seine Rüstung umschloss ihn wie der Panzer eines Insektes, und seine Lanze war lang und spitz. Unaufhaltsam kam er auf mich zu. Ich wollte schreien und fortrennen, aber meine Füße waren wie festgewachsen. Schon spürte ich den Gluthauch des Pferdes brennend im Gesicht, der Reiter senkte die Lanze und richtete sie auf mich... Verzweifelt zog ich mein Gladius. Doch als ich es vor mich hielt, sah ich, dass es sich in eine schöne Mohnblume verwandelt hatte. Sie welkte rapide im Feueratem des schaurigen Rosses, die sattroten Blütenblätter kräuselten sich, wurden grau, und dann zerfiel die Blume ganz zu Asche, zerrieselte in meiner Hand, wurde als ein Hauch von feinem Staub davongetragen...
Ich riss meine Füße vom Boden los und rannte! Der parthische Reiter verfolgte mich, ich stürzte über den Felsen und Geröll davon. Der Hufschlag dröhnte in meinen Ohren, das Feuer wollte mich versengen. Seine Lanze sauste auf mich zu! Doch im letzten Moment erblickte ich in einem großen Felsen eine hölzerne Türe, die riss ich auf, warf mich in den Eingang hinein und schlug sie mit aller Kraft zu - gerade im letzten Moment. Das Holz erzitterte als die Lanze auftraf, und die dornige Metallspitze drang eine Handbreit durch das Holz.
Ein schwerer Riegel war an der Türe, den schob ich schnell vor. Erleichtert - ich glaubte mich gerettet - wandte ich mich um um zu sehen, wo ich gelandet war - und erstarrte. Es war der Verhörraum der Cohortes Urbanae! Da war der Stuhl auf dem ich gesessen hatte, und die Blutflecken auf dem Boden, und da stand auch der fiese Princeps Prior, mit verschränkten Armen und schüttelte mißbilligend den Kopf.
"So so. Du wolltest also Soldat spielen. Das kauft Dir doch keiner ab."
Und er grinste verächtlich.
"Solch einer wie Du bleibt immer ein Lügner und ein Dieb! Los, ab in den Carcer mit Dir, wir haben da noch ein besonderst lauschiges Plätzchen frei!"
Entsetzt wollte ich zurückweichen, doch hinter mir barst in diesem Augenblick die Wand in tausend Stücke, und der Panzerreiter preschte mit gesenkter Lanze herein. Zugleich wichen die Dachbalken des Verhörraumes auseinander und gaben den Blick auf den funkenroten Himmel frei. Ein düsteres Gesicht beugte sich da aus dem Nachthimmel auf mich herunter - es sah aus wie eine Mischung aus den Zügen von Onkel Livianus und Onkel Meridius und meinem Vater - und betrachtete mich. Dann ertönte ein Seufzen, so enttäuscht, dass es mich bis ins Innerste traf, und das Antlitz wandte sich von mir ab, verschwand wieder in der Unendlichkeit...
Da lachte der Princeps Prior höhnisch, und auch der parthische Reiter stimmte scheppernd mit ein, sie zeigten mit den Fingern auf mich und lachten, lauter und immer lauter, so dass ich meinte mir müsse gleich der Schädel zerspringen...
"Neeeeiiin!!!"
Schweißgebadet fuhr ich auf. Mein Herz raste. Ich lag in einem düsteren Bretterverschlag auf einer löchrigen Matratze, ich war nackt, und im ersten Moment völlig desorientiert. Im trüben Licht einer kleinen Funzel sah ich die syrische Meretrix, sie hockte breitbeinig über einer Schüssel und wusch sich mit einem Schwamm. Da fiel es mir wieder ein, wie ich mich mit ihr vergnügt hatte, und auch ein bisschen Opium von ihr bekommen hatte. Ich konnte den Rauch noch in meinem Mund schmecken.
Nur ein Traum, nur ein Traum...
Mit beiden Händen fuhr ich mir über das Gesicht, ließ mich dann ganz erledigt wieder zurückfallen.
"Das Opium war schlecht.", murmelte ich, noch ganz mitgenommen von diesem Horror-Traum...
Aber nur ein Traum, nur ein Traum...
"Ja was du willst Römer für Dein wenig miese Kröten?!"
Die Syrerin funkelte mich verärgert an, ich dachte sie würde gleich den Schwamm nach mir werfen. Vorher war sie eindeutig zärtlicher gewesen. Nun ja.
"Genug du hast geschlafen, jetzt auch noch du dich beschwerst! Los, weiter ich muss arbeiten, nicht du hast bezahlt für ganzes Nacht heutige!"
"Ja, ja..."
Müde stand ich auf, suchte meine Sachen zusammen und zog mich an. Mit noch immer ganz zittrigen Fingern gürtete ich mein Cingulum militare, sah kurz in meine Tasche ob auch nichts fehlte, und leerte noch den Rest, der in meinem Geldbeutel verblieben war auf einem schäbigen Tisch aus.
"Hier... Also dann. Vale Nahma."
Sie lächelte schon wieder und winkte mir flüchtig zu.
"Vale hübsches Römer, und komm vorbei auf Rückweg deiniges!"
Benommen trat ich hinaus in die Nacht. Kalt war es geworden. Ich fröstelte und durchquerte unsicheren Schrittes einen schmutzigen Hinterhof, war dann wieder in den unheimlichen dunklen Gassen. Zum Glück hörte ich gerade in diesem Moment wie in der Nähe ein fröhliches Trinklied gegröhlt wurde, und dazwischen tönte es immer wieder "Auf die Prima! Auf die Prima!"
Schnell ging ich dem nach und fand einen Trupp Soldaten, die schwankend auf dem Rückweg zum Lager waren. Denen schloß ich mich an, sonst hätte ich bestimmt nicht so leicht zurückgefunden.
Ich war richtig erleichtert, als ich das Tor des Lagers durchquerte. Es war ein bisschen als würde man nach Hause kommen. An meinen Albtraum wollte ich am liebsten gar nicht mehr denken. Leise kroch ich in das Zelt hinein, in dem meine Kameraden schon schliefen, rollte mich im Stroh zusammen, zog die Paenula fest um mich, und war auf der Stelle eingeschlafen.