Beiträge von Faustus Decimus Serapio

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    Original von Marcus Iulius Sparsus


    "Ja, ich hab nur einen ganz kleinen Schluck dazugetan. - Wirklich?! Du findest es schmeckt gut?"
    Das konnte ich kaum glauben, nahm aber den Schlauch den er mir gab und probierte daraus - es schmeckte genauso scheußlich wie erwartet.
    "Danke, aber es ist einfach nicht mein Geschmack. Schon erfrischend aber viel zu sauer."
    Ich zuckte die Schultern und reichte ihm den Schlauch zurück. Bei dem was er dann erzählte riss ich überrascht die Augen auf:
    "Du bist auch aus Tarraco? Was für ein Zufall! Ja, das Meer dort ist einmalig, nicht? Nirgendwo sonst hat es dieses tiefe klare Blau wie in Tarraco. Wenn man das einmal gesehen hat, vergisst man es nie wieder.", schwärmte ich träumerisch.
    Was er sonst gesagt hatte, das klang so als habe er es früher nicht gerade leicht gehabt. Vielleicht fand er da das Armee-Leben gar nicht so schlimm?
    Das interessierte mich schon, doch als er weiter arbeitete ließ auch ich das Plaudern. Wieder grub ich die Schaufel in den Boden, beförderte zähneknirschend und schwitzend Schwung um Schwung des losen Grundes, den Sparsus mit der Hacke gelockert hatte, nach oben aus der Grube hinaus.


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    Original von Gaius Tallius Priscus


    Ich war so vertieft darin, dass der Optio, der plötzlich am Rand der Grube stand, beinahe auch eine Ladung Erde abbekommen hätte.
    Hoppla. Das hätte bestimmt noch mehr Strafe bedeutet. So sah ich zu ihm hinauf, grinste kurz gequält bei seiner Bemerkung und verkniff es mir dann schnell. Ich wusste ja nicht wie streng er war.
    "Jawohl Optio Tallius.", sagte ich artig.
    "Viel größer. Wir sind schon beinahe fertig."

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    Original von Marcus Iulius Sparsus


    Puh! Schlapp stützte ich mich auf den Stiel der Schaufel, und griff ebenso nach etwas zu trinken. In der Hitze hatte ich ständig Durst.
    "Iberisch.", murmelte ich und trank gierig.
    Ein paar Tropfen liefen mir über das Kinn, ich wischte sie mit dem Handrücken weg und schimpfte:
    "Dieses Zeug ist so scheußlich, echt!",
    Aber dann riss ich mich wieder zusammen, denn mir war schon klar, dass Jammern hier nichts brachte, und dass die ganzen Widrigkeiten jetzt nur der Auftakt zu Größerem waren. Schließlich mussten wir das Imperium beschützen, und dazu gehörte es nun mal auch, Latrinengruben für die Soldaten zu buddeln. Auch Helden müssen zum Abort. Jeder Schlag mit der Hacke den wir hier taten, jede Schaufel Erde, die wir aushuben, konnte man als patriotischen Akt betrachten! Ich grinste in mich hinein bei dem absurden Gedanken.


    "Weißt Du, meine Familie hat iberische Wurzeln. Ich bin ja aus Tarraco, aber im Umland, da wird oft noch sehr die Tradition gepflegt. Die Eltern von meiner Mutter zum Beispiel haben mit mir immer nur iberisch gesprochen, sie wollten nicht dass die Sprache ganz verdrängt wird und irgendwann ausstirbt. Das wäre schon auch schade, Iberisch ist, finde ich, sehr klangvoll..."
    Mit gerunzelter Stirn sah ich vom Rand zum Grund der Grube und wieder zurück. Nein, es war eindeutig noch nicht tief genug. Aber ich brauchte eine kleine Verschnaufpause.
    "Und Du Sparsus, woher stammst Du?", erkundigte ich mich neugierig.
    "Aus Rom?"
    Es war schon seltsam, fiel mir auf, dass hier ein Abkömmling iberischer Pächter und ein Mann aus der glanzvollen Familie, der einst der große Caesar entsprungen war, miteinander die Schaufel schwangen. Aber Rom ist eben auch ein Auf und Ab, Geschlechter kommen und vergehen. Und ich bin stolz auf meine Familie, die sich aus dem Stand so weit emporgeschwungen hat, auch wenn ich selbst gar nicht dazu beitragen habe. (Eher im Gegenteil.)

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    Original von Marcus Iulius Sparsus


    Im Werfen bin ich noch nie gut gewesen. Ich glaube ich bin einfach nicht sehr begabt dafür. Deshalb hörte ich Sparsus Versicherung, die 90 Fuß wären kein Problem, eher skeptisch. Aber über das Angebot der Nachhilfe freute ich mich und nickte eifrig. Ich hatte noch so viel zu lernen, da war es sicher genau richtig wenn auch die anderen Soldaten mir was zeigten. Außerdem war es wirklich sehr nett von ihm.
    Dass er noch gar nicht so lange dabei war überraschte mich, denn ich hatte irgendwie die Vorstellung, dass um mich rum alle schon mordsmäßig professionell waren.
    "Ach so. - Oh ja, ich beneide Dich auch darum, wirklich!"
    Mit gedämpfter Stimme - der Centurio sollte das natürlich nicht hören - sagte ich sehnsüchtig:
    "Ich wünschte ich hätte es auch schon hinter mir, diese elende Plackerei!"
    Und unwillkürlich fuhr ich mir mit dem Daumen über die Handinnenfläche, wo sich schon richtige Schwielen gebildet hatten. Ich hoffte so sehr, dass ich die Grundausbildung weiter überstehen würde und mich würdig erweisen würde ein Soldat der Prima zu sein. Immerhin hatte der Centurio mich schon mal nicht auf dem Schiff zurückgelassen, was mich insoweit beruhigte, als er im Moment wohl nicht die Absicht hatte mich postwendend nach Ravenna zurückzuschicken.


    Wir harrten weiter in der Hitze aus, und konnten zusehen wie ein Schiff nach dem anderen Soldaten und Material ausspie. Es sah aus wie eine richtige Invasion. Um mich rum unterhielten sich die anderen Soldaten leise. Ich lehnte mich auf mein Schild, beschirmte die Augen mit der flachen Hand und spähte auf das malerische Seleukia.
    "Ob wir wohl was von Antiochia zu sehen bekommen? Das Nachtleben soll ja unglaublich sein, hab ich gehört. Ich kannte mal einen Syrer, einen Schwertschlucker von Beruf, der hat mir immer davon vorgeschwärmt. Er sagte Roma sei eine Vestalin im Vergleich zur schamlosen Hure Antiochia, und vor allem gäbe es dort die heißesten Flötenspielerinnen der Welt, virtuose Künstlerinnen, also Flötenspielerinnen."
    Ich grinste fröhlich.
    "Da wär ich schon neugierig."

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    Original von Marcus Flavius Aristides


    Schnell zog ich mein rechtes Bein zurück, und setzte den Fuß ein Stück weiter hinten auf das Deck. Außerdem drehte ich mich ein bisschen seitlich und nahm die rechte Schulter zurück, wie der Centurio es erklärte. Um meine linke Schulter zu decken, hob ich den Schild höher, dann sah ich aufmerksam dem Centurio zu, wie er mir die Pose vormachte, und korrigierte nochmal die Position meines linken Beines.
    Ja, das sah schon sehr standfest aus - allerdings machte man dabei den unschmeichelhaften Anschein, man würde sich hinter seinem Schild verstecken.
    Es war nicht halb so elegant wie bei den Gladiatoren... (Zum Beispiel bei Fulvius Invictus, meinem Helden der Arena, da reichte es schon aus dass er sein Schwert auf den Gegner richtete, mit seiner unnachahmlichen Grazie, damit die Ränge geschlossen in Beifallsstürme ausbrachen!)
    Schweren Herzens erkannte ich, dass es hier wohl mehr um Nützlichkeit als um schönen Stil ging. Ich nickte und lauschte dem Centurio aufmerksam. Ja, die Stärke des Imperium war die Geschlossenheit und die Disziplin. Ich dachte darüber nach, dass ich mir dann aber in der Phalanx einen fähigen rechten Mann wünschte - und hoffte zugleich, dass ich gut genug werden würde, damit sich mein Nebenmann links nicht beklagen müsste.


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    Original von Marcus Flavius Aristides
    „Und nun, stell Dir vor, ein Gegner stünde vor Dir, ein wild gewordener Syrer. Age!“


    Oh. Unschlüssig sah ich zu meinem Centurio. Was sollte ich denn jetzt machen? In die Luft schlagen? (Wahrscheinlich bot ich aber in diesem Moment genau das Bild, dass man auch hätte sehen können, wenn wirklich ein wilder Syrer auf mich zugesprungen wäre - Hilflosigkeit.)
    Zaghaft stieß ich mein Schwert nach vorne und bohrte ein paar Löcher in die Luft. Doch dann übernahm meine Vorstellungskraft, und malte mir eine dramatische Szene aus:
    Ich, Faustus Decimus Serapio, mit meiner Centurie unterwegs auf einer staubigen Strasse durch öde Bergeinsamkeit. Plötzlich schmettern die Cornicen Alarm! Und da: von den Hängen hinab stürzt plötzlich eine Meute wildgewordener Syrer auf uns hinab. Wir packen die Schilde, ziehen die Schwerter und erwarten in geschlossener Formation ihren Angriff. Einer der Banditen stürmt direkt auf mich zu. Mordlust steht in seinen pechschwarzen Augen, er bleckt die Zähne und schwingt einen Stab mit einer riesigen Sichelklinge oben drauf.
    Bei allen Göttern! Ich hebe mein Schild hoch und vertraue darauf, dass mein Nebenmann mich von rechts mitschützt, warte bis der Syrer nah genug ist, und schmettere souverän einen Schlag seiner tödlichen Sense mit dem Schild ab, bevor ich meinen Gegenangriff starte.

    Das tat ich auch in Wirklichkeit, ganz gepackt von meinem Phantasie-Kampf agierte ich die Bewegungen aus so gut ich konnte.


    Der Syrer heult wütend auf als sein Schlag mir nichts anhaben kann. Ich setze nach und führe einen seitlichen Hieb gegen seine Schulter. Er lässt die Sense niedersausen um mir den Schädel zu spalten. Ich springe gewandt zur Seite und führe eine Folge schneller Schläge (die aus dem Kampf des Polyneikes stammt), die ihn zurücktreibt. Die Formation habe ich damit allerdings verloren. Mist! Wieder dringt er auf mich ein, ich springe zurück und die Sense zischt gefährlich nah an meiner Brust vorbei. Doch da, eine Lücke in seiner Deckung! Weitausholend schwinge ich mein Schwert über den Kopf hinweg und führe einen gewaltigen Streich. Meine Klinge bohrt sich in seinen Hals. Blut fließt, die Sense entfällt seinen Händen. Er kippt nach vorne, windet sich in Qualen am Boden, sieht mit vor Agonie verzerrtem Gesicht zu mir auf und ich...


    ... ließ das Gladius sinken und auch das Scutum (das sowieso während des "Kampfes" schon tiefer gesunken war, es war einfach zu schwer), und trat einen Schritt zurück. Aufgewühlt starrte ich auf die Decksplanken, da wo gerade, wenn auch nur in meiner Phantasie, ein Mensch sein Leben ausgehaucht hatte, von meinem Schwert, nein, von meiner Hand, getötet! Ich schluckte und richtete die Augen auf den Centurio. Eine Frage brannte mir dringlich auf der Zunge, ich atmete tief ein und stellte sie:
    "Centurio Flavius, wenn ich, ähm, fragen dürfte... Ist es SCHWER einen Menschen zu töten?"

    KLONG!
    Die Hacke stieß auf Stein. Und das zum x-ten Mal. Entnervt hackte ich auf den syrischen Boden ein, diese Masse aus hart gebackener Erde, Wurzelwerk und Geröll, die mir langsam wie ein ganz persönlicher Feind erschien, und bedachte sie mit einem deftigen iberischen Fluch. (Mit viel rollendem R, auf Latein kann man gar nicht so schön fluchen. Gegenüber dem Iberischen klingt es immer leblos.)
    Endlich löste sich auch dieser Stein, und kullerte auf den Grund der Grube, die mein Leidensgenosse Sparsus und ich schon ausgehoben hatten, und die noch lange nicht tief genug war. Nicht für eine Latrine für so viele Männer.
    Ich hob den Steinbrocken auf und warf ihn auf den Haufen neben der Grube, hielt dann inne und wischte mir ächzend den Schweiß von der Stirn. Ich war klatschnass geschwitzt, meine Arme schienen sich in Blei verwandelt zu haben, und ich verfluchte bitterlich mein voreiliges Mundwerk. Ein Miles kam an der Grube vorbei und grinste mitleidig zu uns hinunter, sicher war er froh nicht an unserer Stelle zu sein.
    "Puh... ich wünsche mir jetzt nichts lieber als eine schöne klare kühle Therme...", seufzte ich, und tauschte dann die Hacke gegen eine Schaufel. Mit lahmen Armen schippte ich weiter die Erde nach oben. Es half ja nichts.
    KLONG!

    'Oh, Faustus du Dummkopf, hättest du nur geschwiegen...', dachte ich bang, als die Vitis sich so bedrohlich über mir erhob. Das war doch so ziemlich die allererste Sache, die ich beim Militär gelernt hatte: NIE widersprechen!
    Ganz starr stand ich da und schielte auf den Stab, der sich immer weiter meiner Schulter näherte. Ich biss mir auf die Unterlippe und erwartete jeden Moment einen Schlag - aber der Damoklesstab legte sich nur auf meine Schulter, ruhig und schwer. Ich schluckte und sah ängstlich in das schrecklich finstere Gesicht des Centurios.
    "Ja....", murmelte ich zerknirscht als er mich zurechtwies, schluckte nochmal und sagte es laut und deutlich:
    "Jawohl, Centurio Flavius!"


    Die Sache ging dann aber doch recht glimpflich aus. Erleichtert atmete ich auf, als der Centurio uns den Rücken zuwandte und wieder zum Optio rüberging. Puh! Latrinen graben, das klang zwar nicht schön, aber es hätte sicher auch viel schlimmer kommen können... wie die Worte des Iuliers es auch gleich bestätigten.
    "Kreuzigen, wirklich?! Dafür?"
    Mit großen Augen sah ich mein Gegenüber an (oder bessergesagt: zu ihm auf, denn er war echt großgewachsen), ganz schockiert was für eine grausame Willkür hier herrschte! Ich bekam im Nachhinein weiche Knie.
    "Oh je... das hätte ich nicht gedacht.", meinte ich, und rieb mir ganz erschrocken die Nase. Aber war ja noch mal gutgegangen.


    "Es freut mich Dich kennenzulernen, Sparsus."
    Ich grinste als er mir auf die Schulter klopfte, und war glücklich dass er mich für leichtsinnig hielt - leichtsinnig, das war fast so gut wie wagemutig und auf jeden Fall besser als scheu oder ein Hasenfuß...
    Als der Optio zu uns kam, sagte ich, ebenso wie die anderen, deutlich meinen Namen. Die Hitze hatte mich inzwischen schon ziemlich durstig gemacht, ich nahm die Feldflasche zur Hand und trank ein paar Schluck daraus. Scheußliches saures Posca war da drin - daran werde ich mich bestimmt nie gewöhnen. Angewidert verzog ich das Gesicht.


    "Ähm, ja, also sie hat auf dem Schiff begonnen, meine Grundausbildung. Der Centurio hat mich ziemlich rumgescheucht, und mir gezeigt wie man ein Gladius führen muss, und mich sogar in die Takelage hochgejagt und so. Aber das Pilumwerfen hat er mir noch nicht gezeigt. Ist das denn schwer?"
    Mein Blick wanderte zu einem Einheimischen in leuchtend gelb, gold und roten Gewändern, der sich unserer Centurie näherte. Was für eine interessante Frisur der Mann trug! Er sah aus wie ein schöner fremdartiger Ziervogel. Ich lächelte, nachdem der Schreck verflogen war. nun wiederum begeistert von unserer exotischen Umgebung. Man hätte das ganze malen sollen, oder ein Gedicht darüber schreiben sollen...
    "Und Du, bist Du schon lange bei der Legion?", fragte ich Sparsus neugierig. "Warst Du schon mal so... im Einsatz wie jetzt?"

    Syria! Gebannt vom Anblick der sich nähernden Küste hatte ich beim Einlaufen die ganze Zeit auf Deck ausgeharrt, war dann erst in letzter Sekunde nach unten gelaufen um mein Gepäck zu holen. Vor lauter Eile hätte ich beinahe meinen Pugio vergessen. So war ich einer der letzten die die Saltatrix verließen.
    Frohgemut sprang ich vom Steg auf syrischen Boden. Man merkte doch gleich, dass man in einem ganz anderen Land, ja sogar einem anderen Kontinent angekommen war. Die Luft schmeckte trocken und herb, und die Sonne ließ die Farben der Umgebung hell erstrahlen - ockern die Erde und blau der Himmel, tiefgrün die gefächerten Wedel der Palmen. Und erst die Gewänder der Einheimischen, so farbenfroh und fröhlich wie man es in Rom selten zu sehen bekommt. Mit großen Augen sah ich mich um, überwältigt von all diesen neuen und fremdartigen Eindrücken.
    Allerdings fiel mir auf, dass die Mienen der Menschen, die da gekommen waren, und uns beim an Land gehen zusahen, sehr verschlossen waren, und nicht unbedingt ein herzliches Willkommen ausdrückten. Das fand ich schade, aber auch kein Wunder. Bestimmt machte ihnen dieser gigantische Aufmarsch Angst, aber sie würden ja schon noch merken, dass wir nur zu ihrem Schutz gekommen waren.


    Wie die anderen half auch ich beim Ausladen, dann beim Beladen der braven Maultiere. Und wieder schwer bepackt marschierten wir ein Stück abseits auf einen kleinen Hügel, von wo man einen guten Blick auf die Stadt hatte. Anstrengend war das wieder in der Hitze!
    Ich war in der Reihe ganz hinten gelandet und war erstaunt, als sich plötzlich im Laufschritt noch ein Soldat näherte und sich neben mir eingliederte.


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    Original von Marcus Iulius Sparsus
    "Salve, sag mal bist du neu hier? Ich habe dich im Lager in Italia nie gesehn."


    "Salve, ja, so ziemlich neu.", antwortete ich kopfnickend auf seine Frage.
    "Ganz kurz vor dem Abmarsch bin ich dazugekommen. Serapio heiße ich, Faustus Serapio.", stellte ich mich freundlich lächelnd vor.
    "Warst Du schon mal Syria? Ich finde es ist alles so unheimlich farbenfroh hier, nicht?"


    Doch bevor er etwas entgegnen konnte, hieß es Halt machen, und Optio Tallius begann uns alle in Reihen aufzustellen und durchzuzählen. Ich setzte mein Marschgepäck auf dem Boden ab, und reckte erleichtert meine Schultern, als ich sah wie Centurio Flavius unheilvoll auf mich zukam. Was hatte ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?!
    Doch er hatte es gar nicht auf mich abgesehen, sondern auf meinen Nebenmann - Iulius, wie ich hörte, der offenbar auf dem falschen Schiff gefahren war. Betreten stand ich daneben, als der Centurio ihn zur Schnecke machte, und erschrocken sah ich auf bei den Worten Fahnenflucht und Kreuzigung. Das meinte der Centurio doch nicht etwa ernst! Oder?
    Ich fasste mir ein Herz und warf schüchtern ein:
    "Verzeihung, Centurio, aber so was kann doch jedem mal passieren. Ähm, also natürlich nicht Fahnenflucht, aber dass man sich mal im Schiff irrt. Es war ja auch so viel los am Hafen bei der Abfahrt, und alles ging durcheinander und so..."
    Meine Stimme wurde immer leiser bei den letzten Worten und mein Herz klopfte heftig. Wenn das mal gut ging!


    "Jawohl, Centurio!"
    Mit Schwert und Schild folgte ich ihm. Der Gedanke das Kämpfen gleich mit scharfen Waffen zu lernen flößte mir allerdings großes Unbehagen ein... Ich hatte wirklich kein Verlangen danach mich beim Üben schon aufschlitzen zu lassen.
    Zögerlich zog ich mein Gladius aus der Scheide, nahm umständlich meinen Schild von der Schulter herunter und hob das schwere Ding an. Ein wenig breitbeinig stehend, um die Bewegungen des Schiffes auszugleichen, atmete ich tief ein und ging dann in die Pose des heroischen Feldherren vor Thebens Toren:
    Aufrecht, das Kinn gereckt, hob ich elegant den Schwertarm, im Ellbogen leicht angewinkelt, und streckte mein Gladius über den Schild hinweg dem Centurio entgegen. Es war schwerer als die Theaterwaffen, eben eine richtige Waffe, für den Krieg bestimmt, solide und gefährlich. Ich fragte mich in diesem Moment auch, ob mit dieser Klinge wohl schon mal jemand getötet worden war?
    Der kühle Griff lag jedenfalls gut in meiner Hand. Kurz ließ ich das Gladius kreisen, locker aus dem Handgelenk, ein Lichtstrahl blitzte dabei auf dem blankpolierten Metall. Dann hielt ich das Schwert still, die Spitze zeigte in Richtung der Brust meines Gegners. Ich sah auf die Schwerthand des Centurio und wartete angespannt was er als nächstes tun würde.

    Rumpelstumpf


    "Was ist das für ein seltsames Spiel, woher kommt das? Oder hat der Praefectus sich das ausgedacht?"
    Mit ein paar anderen, die es, ebenso wie ich, vorzogen zuzuschauen, stand ich an der Reling. Die Arme verschränkt sah ich etwas erschrocken auf das Getümmel der Spieler. Das sah ganz schön brutal aus! Da gab es bestimmt viele Verletzungen dabei!
    "Es kommt aus Caledonien.", erklärte einer mit wichtiger Miene. "Die Barbaren dort spielen es im Winter um sich aufzuwärmen. Die Verlierer werden am Ende übrigens getötet und verspeist."
    "Wie barbarisch!" Entsetzt verzog ich das Gesicht. "Das ist ja widerlich!"
    Ich glaubte allerdings nicht dass es hier so enden würde. Trotzdem sah das alles lebensgefährlich genug aus. Vielleicht sollte ich mich lieber unter Deck verziehen?


    Gerade lösten sich zwei Spieler aus dem wilden Knäuel, der eine hatte ein übles Veilchen und stützte den anderen, der lauthals fluchte und mit schmerzverzerrter Miene ein Bein nachzog. Sie wankten an uns vorüber, da löste der Fluchende auf einmal seine Armbinde und streckte sie uns Zuschauern entgegen.
    "He da, mich hat's erwischt, wer von euch löst mich ab?"
    Ich erschrak, und versuchte ein unbeteiligtes Gesicht zu machen, doch die anderen waren schnell zurückgewichen und da knüpfte Hinkebein mir den grünen Fetzen kurzerhand um den Arm.
    "Ähm...", sagte ich, und machte abwehrenden Gesten.
    "Haste Schiß, Junge?"
    "Ähm... nein?"
    "Dann auf! Los, los! Zum Bug muss das Holz! Zeigen wir diesen Weicheiern was ein Rumpelstumpf ist!!!"


    Hilflos ließ ich es zu, dass sie mich auf das Schlachtfeld schoben, wich schnell einem großen Kerl aus, der brüllend an mir vorbei rannte, und nahm dann eine Position mittschiffs ein, wo ich zaghaft herumstand und hoffte dass ich niemandem auffiel. Doch das Spiel war sehr dynamisch, und auf einmal war ein großer Tumult neben mir, ich sah wie der Optio Tallius mit vollem Körpereinsatz einen Angriff meiner Mannschaft auf den Bug stoppte, der Rumpelstumpf fiel, und ich erschauderte als ich sah, wie er auf dem Fuß des Optios landete. Das musste wehtun!
    Viele Hände versuchten den Holzklotz zu packen, doch gerade da neigte sich das Schiff zur Seite und er flutschte zwischen Händen und Füßen der Männer hindurch und glitt über die Schräge des Decks - ausgerechnet auf mich zu!


    Ich schluckte und wäre am liebsten zur Seite gesprungen, doch dann wäre der Rumpelstumpf wohl über Bord gesaust, und dafür wollte ich nun auch nicht verantwortlich sein... so warf ich mich über ihn, was das Gleiten bremste, packte mit beiden Händen den glitschigen Baumstamm und gab ihm mit aller Kraft einen Schubs Richtung Bug. Er rollte los, holperte über das Deck, und ich rannte hinterher um ihn weiter anzustoßen, eine brüllende Horde dicht auf den Fersen... Wo war ich da nur reingeraten?!
    Ein gegnerischer Spieler vertrat mir grimmig den Weg, doch einer von uns stürzte sich auf ihn und rang ihn nieder - ich ging auf alle viere und bugsierte den Rumpelstumpf glücklich um ein auf Deck vertäutes Beiboot vorbei.
    Gerade begann mir die Geschichte Spaß zu machen, als ich von hinten brutal gepackt und von dem Holz weggezogen wurde, ich zappelte und gab dem Rumpelstumpf noch einen festen Tritt, der ihn weiter in Richtung Bug holpern ließ, bevor ich einfach in die Luft gehoben und zur Seite geschleudert wurde, dass mir Hören und Sehen verging.

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    Original von Marcus Flavius Aristides


    War der Centurio jetzt zufrieden oder nicht? Er schien tief in Gedanken versunken und sagte erst mal gar nichts, was mich ziemlich verunsicherte. Hatte er gesehen wie ich mit der Marine fraternisierte und mißbilligte das? Überlegte er vielleicht wie er mich am schnellsten loswerden konnte? Oder träumte er schon von der Erstürmung von Ctesiphon? Etwas geknickt, dass mein gefährliches Abenteuer in der Takelage so gar keine Beachtung fand (ich war nämlich schon stolz es geschafft zu haben), trat ich von einem Fuß auf den anderen, und war erleichtert, als er mich wieder losschickte.
    "Jawohl, Centurio!"


    Ich sprang los und eilte unter Deck. Die Luft da unten war muffig, es roch nach Schweiß und nach Erbrochenem. Ein paar Soldaten saßen herum und würfelten unmotiviert vor sich hin. Ich nahm mein Gladius und gürtete es, dann noch ein anderes das da so rumlag. Jetzt trug ich ein Schwert rechts und eines links, wie ein besonders extravaganter Gladiator. Aus den Stapeln unserer Schilde zerrte ich zwei hervor, und hing mir erst das eine, dann das andere über den Rücken. Das war vielleicht schwer! Und meine Hände brannten immer noch von dem Tau an dem ich heruntergerutscht war, und waren auch ganz rot innen.
    Ächzend kletterte ich eine Stiege zum Deck hinauf. Beinahe wäre ich in der Luke steckengeblieben. Wie eine schwerbewaffnete Schildkröte trat ich schließlich wieder vor Centurio Flavius, setzte die Schilde auf dem Boden ab und stand stramm.


    "Centurio, puh, hier sind die Schilde und die Gladii."
    Erwartungsvoll streckte ich ihn eines der Schwerter, mit Scheide und Gürtel, entgegen. Ich war sehr begierig darauf das Kämpfen damit zu lernen! Einmal, als ich noch dachte ich könnte als Schauspieler Erfolg haben, hatte ich mit einem Freund zusammen einen Bühnenkampf eingeübt, er war Eteokles und ich war Polyneikes, und wir fochten leidenschaftlich bis wir beide elegant starben. Aus dem Stück ist dann leider nichts geworden, aber das Kämpfen hatte mir großen Spaß gemacht! Anders als hier waren die Schwerter damals allerdings stumpf gewesen...

    Die Aussicht hier oben, nahe der Spitze des Mastes, war so grandios, dass ich den Schock meines Beinahe-Absturzes nahezu vergaß. Der Wind pfiff kräftig, über mir war die endlose Bläue des Himmels, unter mir rauschte das blendend weiße Segel, noch tiefer wogte das Meer. Man hätte meinen können zu fliegen...
    "Gut, nich?", meinte der freundliche Matrose, und ich nickte überwältigt. Oh ja!
    Ich kniff die Augen zusammen, beschirmte sie mit der flachen Hand gegen die Sonne und spähte über das Meer.
    In wohlgeordneter Formation glitten die Schiffe der Flotte durch die Wellen, die langen Geschwader der Transportschiffe umgeben von den kleineren und wendigeren Kriegsschiffen, wie eine Schafherde zwischen den Hütehunden. Und im Herzen der Formation segelte das imposante Flagschiff, auf dem der Kaiser uns in den Krieg führte.
    Die Kaps der italienischen Küste waren gut zu erkennen, sie erinnerten an die Rücken von riesigen, halb im Meer versunkenen Tieren. Ich sah steile Klippen, bewaldete Kuppen, und immer wieder Dörfer, deren Ziegeldächer in der Sonne glänzten. An einer Stelle war ein ganzer Haufen Leute zusammengelaufen, die anscheinend das Vorüberziehen der Flotte bestaunten.
    Ganz vorsichtig richtete ich mich auf, einen Arm um den Mast geschlungen. Die Bewegungen des Schiffes fühlten sich an wie lebendig. Über mir flatterte der Wimpel mit dem Emblem des Schiffes im Wind - ein Delphin, glaube ich - unter mir lag mir die Welt zu Füßen. Es war berauschend schön! Ich hätte wohl noch sehr lange Zeit da oben verbringen können - aber hatte der Centurio nicht sowas gesagt wie 'aber flott'?


    Widerstrebend riss ich mich von dem Anblick los, und sah mich vor dem nächsten Problem.
    "Wie komm ich da bloß wieder runter?", murmelte ich hilflos.
    Runter ist immer schwieriger. Ich kam mir vor wie ein kleines Kätzchen das sich im Baum verstiegen hat.
    "Zum abentern", beriet mich der Matrose, "nimmste einfach das Achterstag hier, und lässt Dich Hand für Hand runter. Nur Mut, is ganz einfach."
    "Ah...", skeptisch griff ich nach dem Ding. Dem Stag.
    "Danke, werd ich mal versuchen. Ähm, ich schulde Dir was. Serapio heiße ich. Im nächsten Hafen geb ich Dir aber einen aus, ja?"
    "Sicher", grinste mein Gegenüber, und deutete auf sich: "Ticinus."

    Und wie er es gesagt hatte, nahm ich für den Rückweg das Achterstag, dachte gar nicht mehr nach sondern ließ mich mit dem Mut der Verzweiflung einfach Stück für Stück daran herunter rutschen, wobei ich allerdings ab einem gewissen Punkt immer schneller wurde. Meine Handflächen brannten, als ich an dem Tau hinabsauste, und mit ordentlich Tempo kam ich auf den Planken des Hecks auf - es gab einen Rumps, und ich landete erst mal auf dem Hintern.
    Aber Puuh, geschafft! Überlebt! Ziemlich mitgenommen rappelte ich mich gleich wieder auf und lief zu Centurio Flavius zurück. Ich nahm Haltung vor ihm an und harrte, noch etwas benommen von meinem Abenteuer, der Dinge die da kamen.

    Der Centurio sah auf einmal so grimmig drein, dass ich schon meinte, gleich ein Donnerwetter erleben zu müssen. Erschrocken hielt ich den Atem an (und wusste wieder mal nicht was ich falsch gemacht hatte), doch dann sprach er ruhig zu mir. Eindringliche Worte waren das. Ich nickte ernst - ja, in der Prima zu sein war eine große Ehre, das wußte ich, eine Ehre die man sich auch verdienen mußte... Doch in der Tat hatte ich schon die Vorstellung gehabt, mich auf dem Schiff ein wenig erholen zu können. Wo die anderen jetzt schon stöhnten, dass es nichts für uns zu tun gab und dass sie sich langweilten, hatte ich mich auf die Ruhe gefreut.
    Doch ich machte ein entschlossenes Gesicht, ein fauler Apfel wollte ich nämlich nicht sein. Bei der Drohung er könne mich gar zurückschicken, lief es mir kalt den Rücken hinunter! Ich muss ihn wohl ziemlich entsetzt angestarrt haben - denn das wäre für mich wirklich die Krönung der Blamage, der absolute Gipfel des Versagens, dann würde ich es niemals wieder wagen, meinem Onkel unter die Augen zu kommen. Das durfte einfach nicht passieren!


    Und so dachte ich keinen Augenblick lang nach, als er den Befehl erteilte, sah auch nicht hoch zum Mast, und zu dem Ausguck weit weit über uns, sondern schwang mich auf der Stelle in die Wanten. Nur nicht zurückgeschickt werden! Ich kletterte als wäre der Cerberus hinter mir her. Der erste Teil war auch nicht so schlimm, ich hatte so eine Art Strickleiter erwischt, die nicht viel steiler aufgespannt war als die Stiege die unter Deck führte. Aber dann wurde es angsterregend, als ich den Mast erreichte, schon ziemlich weit oben über den Köpfen der Leute auf Deck.
    Beklommen sah ich, dass es ab jetzt senkrecht nach oben ging. Das sanfte Auf und Ab des Schiffes vervielfachte sich hier in der Höhe, und als ich den Fehler beging nach unten zu sehen, da wurde mir ganz anders... Ich klammerte mich an den Mast, der mit mir weit hin und her schwankte, und gar nicht sehr dick oder solide aussah!


    Ich schluckte, und spürte das dumpfe Pochen meines Herzens, als ich ängstlich weiter kletterte. Ich hatte doch keine Wahl! Vorsichtig setzte ich die Füße, zog mich Stück für Stück nach oben, den Blick krampfhaft auf den Mast vor meiner Nase gerichtet. Die harten Sohlen der Caligae waren auch nicht gerade ideal für dieses Unterfangen...
    Nur nicht noch mal nach unten sehen! Gerade vorhin hatte ich ein paar Matrosen bewundert, die wie die Eichhörnchen in der Takelage herumturnten - wie machten die das?! Neben mir bauschte sich das Segel im Wind, er war hier oben viel stärker und pfiff mir nur so um die Ohren.
    Ich kam auf Höhe der Rah, dann ein kleines Stück darüber hinaus, und hob gerade hoffnungsvoll das Gesicht zu der kleinen Plattform des Ausgucks, die jetzt nicht mehr weit war, als eine plötzliche Bö die Trireme zur Seite legte. Das Segel knatterte, ein Stampfen ging durch das Schiff, ein heftiger Ruck neigte den Mast, und ich rutschte ab! Mit einem erstickten Aufschrei glitt ich an dem glatten Holz hinab, suchte vergeblich ein Tau zu fassen, oder irgendeinen Halt, und dachte nur NEIN! NEIN!!!
    Das Bild meines toten Körpers, zerschmettert auf den Planken des Decks blitzte vor meinen Augen auf - da tauchte mit einem Mal wieder die Rah vor mir auf, und ich erwischte gerade noch das Rundholz, schlang krampfhaft die Arme darum und hielt mich daran fest. Mein Oberkörper lag auf der Rah, doch meine Füße baumelten in der Leere unter mir. Schreckensbleich kniff die Augen zusammen, meine Gliedmassen waren eiskalt und es rauschte in meinen Ohren.
    ZU HILFE!!!
    Ich war mir sicher, mich keinen Fingerbreit mehr bewegen zu können.


    Hilfe kam von oben.
    "He, hör mir genau zu!", rief mich eine Stimme aus dem Ausguck an.
    "Stell dich mit den Füßen in die Fußpferde und halt dich an den Hafenbeschlagzeisingen!"
    Was?? Flußpferd?? Zeisinge?? Ich verstand kein Wort, doch ich öffnete vorsichtig ein Auge und spähte nach oben. Über den Rand der kleinen Plattform sah das tiefgebräunte Gesicht eines jungen Matrosen zu mir hinunter. Er grinste aufmunternd, bleckte dabei Zähne weiß wie die Meeresgischt und zeigte gestikulierend auf irgendwas unter mir.
    "Na da, die Fußpferde!"
    Ängstlich schielte ich nach unten. Da war so ein Seil unter der Rah gespannt... - meinte er das? Warum sagte er es nicht - jedenfalls angelte ich mit den Füßen danach und stand dann schon ein ganz klein wenig sicherer da zwischen Himmel und Meer.
    "Arme über die Rah, mit den Ellenbogen festklammern und bloß nicht zurücklehnen! Dann langsam zum Mast zurück!", kommandierte der Matrose.
    Ich atmete heftig, und machte, ganz langsam und zittrig, was er mir sagte. Als ich den Mast wieder erreichte, streckte der Seemann mir von oben eine Hand zu und half mir das letzte Stück hoch. Durch das Loch in der Mitte der Plattform kroch ich hinauf, blieb dann, mich fest am Mast haltend, keuchend und aschfahl da sitzen.
    "Oh bei allen Göttern! Bei allen Göttern!"
    Mehr brachte ich nicht heraus.
    "Immer eine Hand für Dich, eine Hand für das Schiff.", belehrte mich mein Retter, noch immer grinsend. "Was hat dich denn hier hochgetrieben?"
    "Mein Centurio..." ächzte ich, und sah unwillkürlich über den Rand nach unten auf Deck wo er stehen musste. Oh bei allen Göttern, wie das schwankte!

    Es war herrlich! Kein Gepäck, kein Marschieren, keine Knochenarbeit beim Verladen - dafür endlich mal nichts tun. Eine frische Brise trieb uns über das ruhige Meer der Adria hinweg. Ich hatte einen Platz auf einem der Decksaufbauten gefunden, im Schatten des Segels und ein wenig versteckt zwischen zwei Taurollen, wo niemand mir nachsagen konnte ich stünde im Weg. (Denn das schien die größte Freude der Leute von der Classis zu sein: uns herumzuscheuchen und zu reizen. Anfang hatte ich ja gedacht, die Geschichten von dieser Rivalität wären übertrieben, und man könnte sich doch bestimmt irgendwie verstehen, aber so langsam begann ich auch zu glauben, dass die Seeleute und Seesoldaten allesamt vor Neid auf Die Prima beinahe platzten, und deshalb jede Gelegenheit nutzten, uns etwas reinzuwürgen.)


    Im Schneidersitz saß ich da, den Rücken an die Seile gelehnt, ließ mir den Wind um die Nase wehen und genoss das auf und ab der Wellen. Über mir blähte sich das große Segel im Wind, in blendendem Weiß zeichnete es sich gegen den makellos blauen Himmel ab. Die Wellen rauschten und die Planken knarrten leise.
    Auf den Knien hielt ich, auf einer Unterlage, ein paar Blätter Papyrus, in der Hand einen Kohlestift. Ich schrieb Tagebuch - etwas was ich in letzter Zeit sehr vernachlässigt hatte. Und ich hatte so viel neues erlebt! Aber diese Seereise schien ja Gelegenheit zu bieten, es wieder aufzuholen. Gerade war ich bis zu meiner Ankunft im Kastell gekommen, und schilderte schmunzelnd, etwas überspitzt vielleicht, meine Begegnung mit dem frettchenhaften Optio und der schönen Drusilla, als mein Moment der Ruhe schon wieder gestört wurde.


    Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    probatus Decimus! Antreten!“


    Centurio Flavius rief nach mir, und als ich bedauernd aufsah bemerkte ich, dass er ganz in der Nähe am Mast stand und mich bereits im Blick hatte.
    Schnell ließ ich die Schreibsachen in meiner Gürteltasche verschwinden, sprang auf und kam, über das schwankende Deck hinweg, ein wenig breitbeinig auf ihn zu.
    "Ja, Centurio?", fragte ich lebhaft (ich hoffte ja, er würde jetzt damit beginnen, mich in die Kunst des Kampfes einzuweihen), nahm Haltung vor ihm an und salutierte fröhlich.

    "Ja doch, den kenne ich. Der mit den Ähren auf dem Schild, der immer so früh aufmacht, nicht? - Ja, sehr gern."
    Der Laden war genau richtig wenn man nach einer durchgemachten Nacht frühmorgens auf einmal hungrig wurde.
    "Ich freue mich auch, Caius Flavius Aquilius, Sacerdos des Mars.",
    antwortete ich vergnügt auf seine Vorstellung hin - und sah unwillkürlich auf seine Füße.
    Oho, der Halbmond sagte mir, dass ich es mit einem richtigen Patrizier zu tun hatte. Bei uns zu Hause hieß es zwar immer die wären verstaubte, längst entmachtete Relikte aus der Vorzeit, aber ich finde doch, sie haben (zuweilen) etwas ganz besonderes an sich, so eine mühelose, verfeinerte Art der Eleganz, die ich sehr faszinierend, ja, ich möchte beinahe sagen poetisch, finde.


    "Ich hoffe aber doch, ich halte Dich nicht von Deinen Pflichten ab?",
    fragte ich ein wenig kokett, als wir kurz darauf den Tempel verließen, um uns zu Lucurus zu begeben. (Natürlich hoffte ich, meine interessante neue Bekanntschaft möglichst lange von diesen Pflichten abhalten zu können - oder jedenfalls lange genug für ein nettes Frühstück.)
    Auch die ernsten Fragen und Zukunftspläne, dachte ich mir, würden mit etwas warmem im Magen bestimmt leichter zu wägen und zu bedenken sein. Sollte ich denn wirklich den Schritt wagen und zu Legio gehen? Der Gedanke kam mir gar nicht so unmöglich vor, als ich da die weißen Stufen des Tempels hinabschritt, neben jenem ausnehmend attraktiven Priester.
    "Ich muss gestehen", verriet ich ihm mit einem strahlenden Lächeln, "im allerersten Augenblick als ich Dich gesehen habe, da meinte ich tatsächlich der Gott des Krieges selbst wäre mir erschienen..."
    War das jetzt zu dick aufgetragen? Ach nein.
    Wir gingen frühstücken.


    Sim-Off:

    Muss leider weg. Parthia ruft. 8)


    [Blockierte Grafik: http://img122.imageshack.us/img122/7250/ircivisiu5.png]

    Zwischen vielen anderen Soldaten stand ich frühmorgens in der Reihe vor den Unterkünften, in voller Montur und mit dem Gepäck auf dem Rücken. Bald würden wir in See stechen! Vor lauter Aufregung war ich hellwach. Um mich herum sah ich dagegen viele verschlafene Gesichter, sogar der Centurio sah so aus als hätte er gestern noch mal so richtig einen draufgemacht. Er sprach noch ein paar mahnende Worte, dann marschierten wir los. Und wieder hatten sich viele Menschen versammelt um uns zuzusehen, und uns zu bestaunen. Es war aber auch ein prächtiger Anblick, all die Rüstungen die in der Morgensonne blitzten, das blaue Meer, die stolzen Schiffe und die wehenden Flaggen. Phantastisch!


    Einer nach dem anderen schritten wir über den Steg vom Kai am Bord des Schiffes, der Saltatrix. (Ich wunderte mich über den reichlich unmartialischen Namen). Auch ich überquerte die Planke, verließ also den Boden Italias und fragte mich in diesem Moment schon, wann - und ob...? - ich ihn wieder betreten würde. Bis jetzt war ich auf einer Welle von Begeisterung geschwommen, aber in diesem Moment wurde mir auf einmal ganz bang ums Herz. Und ich war nicht der einzige der etwas länger zum Ufer zurücksah.


    Wir wurden in das Innere des Schiffes geführt, und ein Seemann zeigte uns das Zwischendeck wo wir uns einquartieren sollten. Es roch nach Bilge dort, war sehr eng, und die Decke hing so niedrig, dass man ständig den Kopf einziehen musste. Sobald ich mein Gepäck verstaut hatte ging ich - ein wenig verstohlen, weil ich nicht wußte ob es erlaubt war - wieder hinauf an Deck. Ich wollte doch unbedingt sehen wie die Flotte auslief!

    Ein Grüppchen von Soldaten war es, die sich da aus der Dunkelheit schälten und an mir vorüber schlenderten. Sie ließen einen großen Weinschlauch rumgehen, und stritten gutgelaunt darüber in welches Lupanar sie gehen wollten.
    "In der Siebten Glückseligkeit, da weiß man was man hat!",
    meinte einer lautstark, ein anderer fuhr ihm über den Mund:
    "Aber da können wir die nächsten MONATE immer noch hingehen, die Mädels kommen ja mit! Also ich kenn da von früher nen Laden beim Fischmarkt, die haben echte SPEZIALITÄTEN, Junge, Junge, ich sag's euch..."
    "Zu speziell mag ich aber nicht. Und in der Siebten, die Phryne, die is doch echt nicht schlecht!"
    "Aber die kleine... Dings, na diese biegsame eben, die ist doch viel besser!"
    "Wollen wir nicht lieber einen trinken gehen?"
    "Schlappschwanz!"
    "He, Serapio!", rief mich einer von ihnen an.
    Ich sah von meinen Schreibsachen auf und erkannte Cocles, auch ein Probatus, der aber so tat als hätte er schon mindestens zehn Dienstjahre und ein Dutzend Feldzüge auf dem Buckel. Er reichte mir den Weinschlauch rüber und meinte lachend:
    "Schreibst Du an Mammi und Papi? Komm doch mit, wir machen nochmal einen drauf bevors losgeht!"
    Idiot. Ich nahm einen Schluck, und schüttelte den Kopf:
    "Danke, ich würd gerne, aber ich hab kein Geld."
    Bedauernd zuckte ich die Schultern und reichte ihm den Schlauch zurück.
    "Das ist übel...", stellte Cocles fest, winkte mir nochmal lässig zu und zog mit den anderen weiter.
    Ihre Schritte und ihr Lachen verklangen. Ich spitzte meinen Federkiel und sah mich ein wenig misstrauisch in alle Richtungen um, bevor ich erneut zum Schreiben ansetzte.


    Hannibal, meum savium, meum cor... Schmachtend dachte ich an seine schönen, geheimnisvollen, dunklen Rehaugen, stützte den Kopf in die Hand und seufzte. Jetzt flossen die Worte nur so aus meiner Feder. Bevor ich sie nochmal überdenken und womöglich für zu bloßstellend befinden könnte, faltete ich den Brief schnell zusammen, versiegelte ihn sorgfältig und ritzte meine Initialen in das Siegelwachs. Den an Tante Lucilla verschloss ich genauso - und wieder einmal schämte ich mich, dass ich meinen Siegelring nicht mehr hatte. Morgen würde ich die Briefe auf den Weg bringen, ganz früh vor der Aufbruch. Und mit diesem Gedanken packte ich meine Sachen wieder ein und begab mich in den Mief der Lagerhalle, um vor dem großen Tag der Abreise noch ein wenig Schlaf zu bekommen.

    'Mit Links'? Ganz sicher war ich mir nicht, ob der Centurio das nicht ironisch gemeint hatte. Und was die Andeutung mit der Flöte bedeutete, war mir auch nicht klar. Doch die Aussicht, dass auf dem Schiff meine Ausbildung beginnen würde, freute mich sehr. Da würde ich mich schon nicht langweilen, und vielleicht würde ja sogar mit der Zeit ein richtiger Soldat aus mir werden.
    "Jawohl Centurio!"
    Ich salutierte - da hatte er mir allerdings schon wieder den Rücken zugewandt - und kehrte fröhlich zu den Unterkünften zurück, wo ich dann auch endlich die nassen Sachen loswurde.

    Ängstlich beobachtete ich die Falte, die da zwischen den Brauen des Centurios erschien, seine Stirn furchte und sein Haupt mit düsteren Wolken zu umgeben schien. Er sah unzufrieden aus, und ich stellte mir vor, dass er jetzt genau folgendes dachte: 'Warum in aller Welt haben die diesen Grünschnabel ausgerechnet zu mir geschickt?!' . Und dann persistierte er auch noch mit seiner Frage...
    "Nun, Centurio", versuchte ich mich zu entwinden, "verzeih wenn ich mich unklar ausgedrückt haben sollte, ich hätte wohl so sagen sollen: Wir stehen uns nicht sehr nahe."
    Wie kam er denn auf Lucilla? Vielleicht war ein Acta-Fan? Ja, Tante Lucilla war eben eine richtige Berühmtheit. Ich nickte und antwortete überrascht:
    "Ja. Ja, sicher kennt sie mich, sie ist meine Tante."


    Wieder wartete ich, während der Centurio sich mit dem Soldaten besprach, sah ein bisschen in der Gegend herum und wrang den Saum meiner Tunika aus.
    Die Aussicht richtig kämpfen zu lernen gefiel mir sehr. Das war es was ich wollte, ein Kämpfer sein, ein hartgesottener Kerl, ein Krieger, einer der respektiert und gefürchtet wird! Einer über den keiner es wagt zu spotten, oder ihn auszulachen. Ich nickte mit Feuereifer.
    "Ja, Centurio, unbedingt, Centurio!"
    Weit weniger enthusiastisch gab ich das mit dem Flötenspiel zu. Ich wollte doch nicht als Schöngeist gelten, oder gar als Künstler. ('Solches Gesindel nehmen wir nicht', hatte der Medicus im Lazarett verächtlich gesagt.)
    "Ähm, ja... Syrinx und Hirtenschalmei spiele ich. Ein wenig. In der Ausrüstungskammer haben sie mir auch ein altes Cornu mitgegeben, zum Üben..."