Hallo allerseits, ich habe gerade leider nicht wirklich Zeit für's IR. Wenn etwas wichtig oder dringend sein sollte, schickt mir bitte eine PN.
Beiträge von Faustus Decimus Serapio
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*g* Wieder Platz
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Tempus fugit! Schon standen wieder die Quinquatrus Maiores vor der Türe. Das erinnerte mich daran, dass ich auf dem Minerva-Jahrmarkt, an dem Tag an dem ich Valentina um ihre Hand gebeten hatte, ja auch ein Geschenk für meine kleine Nichte besorgt hatte. Die mittlerweile schon seit vielen Jahren eine ehrwürdige Hüterin des heiligen Feuers und des öffentlichen Wohls war – aber nichtsdestotrotz auch meine kleine Messalinilla. Dieses Mitbringsel hatte ich fortwährend vergessen ihr zu geben. Und als ich es nun wieder in die Hand genommen hatte, da war mir aufgefallen wie lange schon ich Messalina nicht mehr gesehen hatte. Beziehungsweise – ich hatte sie natürlich bei öffentlichen Anlässen in der weißen Schar der Vestalinnen gesehen, aber so richtig von Angesicht zu Angesicht hatten wir uns seit meinem Verlobungsfest nicht mehr unterhalten. Ob es ihr gut ging? So rein das Bild der vestalischen Jungfrauen auch war, so war doch davon auszugehen, dass das Atrium Vestae hinter seiner lauteren Fassade an Intrigen auch nicht ärmer war als andere Orte von Macht und Einfluß.
Darum beschloß ich, Messalina mit einem Familienbesuch zu beglücken, und ihr dabei auch das Geschenk selbst vorbei zu bringen. Ich erzählte Casca davon, und freute mich dass er gleich mit von der Partie war. Am frühen Nachmittag machte ich mich frei und ging, in eine Eques-Toga hineindrapiert, und umringt von meinen zivilen Leibwächtern, vom Viminal zum Forum Romanum. Dort traf ich mit mit Casca, und dann klopften wir an der Porta des Atrium Vestae.
"Salve!" grüßte ich, sobald die Türe sich öffnete. "Decimus Serapio und Decimus Casca. Wir möchten der Vestalin Decima Messalina einen Besuch abstatten." -
Eines Abends, nach der Cena der Familie, saßen Livianus und ich zu zweit im Tablinum zusammen. Wir tranken maßvoll einen gediegenen Tarraconenser und sprachen über die Ereignisse der letzten Zeit, die großen Veränderungen, die politischen Entwicklungen, und die Angelegenheiten der Familie. Unversehens war es spät geworden, und meine Lider schwer. Ich stand ja immer beim ersten Hahnenschrei auf, um früh in der Castra zu sein, und ich war, den Göttern sei's geklagt, auch keine 20 mehr... Obgleich mir manchmal schien, dass ich das in den Augen meines Vaters immer noch war und mein ganzes Leben lang bleiben würde. Doch ein Thema gab es, das mir wirklich intensiv im Kopf herumspukte, und bei dem ich tatsächlich nicht viel schlauer als damals als Jungspund war. So gab ich mir schließlich einen Ruck, und meinte:
"Was ich dich noch fragen wollte... Denn jetzt rückt ja nun doch meine Hochzeit in greifbare Nähe." Unschlüssig rieb ich mir über den Nacken. "Ähm.. du führst doch eine gute Ehe mit Aelia Vespa, nicht wahr?" Es wirkte auf jeden Fall so. Aelia machte stets eine gute Figur an seiner Seite, widersprach ihm nie in der Öffentlichkeit, machte ihm keine Schande, und beide wirkten als würden sie sich ehrlich sehr gerne mögen. "Also meine Frage ist: wie macht man das? Worauf muß man achten, was ist der Schlüssel zu einer guten Ehe?" -
Hiermit reanimiere ich diesen Thread. Denn tief verborgen in der waldigen Einöde des wilden Germaniens gibt es gerade eine echt geniale, superspannende Geschichte zu lesen. Wow!!
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...Nach der Besprechung mit dem kommandierenden Centurio und der Inspektion der Palastwache in ihrem Porticus begab ich mich, gefolgt von meinen Praetoriern, auf einen Kontrollgang über die Mauern und die verwinkelten Anlagen des Palastes. Was einen Architekten, oder überhaupt einen jeden mit dem Sinn für Schönheit und Grandeur gesegneten Menschen zur Begeisterung treiben mußte, war vom Standpunkt der effizienten Bewachung natürlich ein Albtraum. Wo ein Kastell vier schnurgerade Seiten hat, die sich leicht überblicken lassen, türmten sich die Palastanlagen aus verschiedenen Epochen, von vielen verschiedenen Herrschern errichtet, teils abgerissen, und wieder neu erbaut, winkelig und auf verschiedenen Ebenen, umschlossen von der, ihrem Verlauf alles andere als geradlinig folgenden, Palastmauer.
Auf dieser marschierte ich nun entlang, vorbei an salutierenden Posten, auf dem Wehrgang, hoch über dem erwachenden Rom. Im Osten schob sich die Sonne, kleine Wolkentupfer vergoldend, über den verschwommenen Horizont. In der Stadt begann das Kommen und Gehen in den Strassen, und von unzähligen Feuerstellen stieg der Rauch auf.
"Imperium?" fragte scharf ein Wachtposten, der mich nicht gleich erkannt hatte.
"Sine fine." vollendete ich die Parole. Er straffte sich alarmiert und grüßte zackig, ich grüßte zurück und folgte weiter meinem Rundgang... -
"Ave Präfekt!" scholl es mir entgegen, als ich des morgens in den Porticus trat. Die Männer sprangen auf, salutierten stamm.
"Avete Milites!" erwiderte ich den Gruß, "Weitermachen." und trat in die Kommandantur, mit Centurio Vatinius, dem kernigen Haudegen, der wieder einmal den Befehl über die Palastwache hatte. Ich schätzte den Mann, er war ein Urgestein, routiniert und besonnen.
"Die neue Parole, Centurio" Ich übergab Vatinius die Tabula mit dem Losungswort das ich für heute gewählt hatte (irgendwann würden mir wohl die patriotischen Floskeln ausgehen, aber noch ging es):
IMPERIUM SINE FINEUnd er wiederum gab sie an seinen Tesserarius weiter, der sie an die Männer ausgeben würde. Darauf erstattete er mir Bericht.
"Ich melde, Präfekt: Keine besonderen Vorkommnise auf der Nordseite. Westseite ebenso. Auf der Südseite wurden heute zum Ende der secunda vigilia zwei Saufköpfe festgesetzt, die republikanische Graffiti an die Mauer schmierten, sitzen noch hier im Arrest, Optio Mitanius verhört sie eben. Graffiti sind beseitigt. Ostseite: ein Soldat wegen Nachlässigkeit mit zehn Hieben diszipliniert. Innerhalb des Palastes: nichts besonderes, regulärer Besucherverkehr."Darauf gingen wir das kaiserliche Programm des heutigen Tages durch, und welche Abteilungen und wieviel Mann zu Fuß und zu Pferd wann wo dafür im Einsatz sein würden oder parat stehen.
Das geklärt, schloß ich eine Inspektion der Räume an, vom Aufenhaltsraum der Soldaten über die Unterkünfte zur Waffen- und Ausrüstungskammer, wo die Harnische, Helme, Speere und andere Waffen lagerten. Alles wohlgeordnet, damit es, wenn es nötig wurde, blitzschnell ausgegeben werden konnte, um die Truppe im Friedenskleid wieder in waffenstarrende Krieger zu verwandeln.
Ich warf auch einen Blick auf die Arrestzellen, das Verhör war in vollem Gange. Das unschöne Geräusch von Faust-auf-Fleisch hinter mir lassend trat ich dann wieder hinaus, um anschließend, flankiert von zweien meiner Praetorier, einen Kontrollgang über Mauern und Palastanlagen zu machen... -
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"Was für ein schöner Tag" bemerkte ich gutgelaunt, meiner Verlobten fröhlich zulächelnd, während wir da so standen. Ein wenig ernst wirkte sie heute, oder vielleicht eher fragend. "Man riecht schon den Frühling. Und du, meine Carissima, siehst heute wieder ganz bezaubernd aus."
So war es allerdings, und vor allem war ich überaus dankbar, sie heute bei diesem öffentlichen Anlass an meiner Seite zu haben. Meine Verlobte, bald meine Gattin, hold, adrett, schicklich, pflichtbewußt – genau die Art von Frau, die mein 'Imago' in der Öffentlichkeit förderte. "Weißt du eigentlich, was für ein verdammtes Glück ich mit dir habe?!" raunte ich ihr aus diesem Gedanken heraus dankbar zu. Voll Sympathie, und auch weil es nicht schaden konnte wenn die Leute sahen dass wir uns sehr zugetan waren, legte ich den Arm um ihre Schultern."Ah, da kommen sie wieder..." Die Fanfaren erschallten. "...und was für exquisite Tiere! Und da ist Casca, seht ihr..." Was für eine Ehre, dass Manius ihn schon bei einem so bedeutsamen Opfer einsetzte! Ganz vorne an der Opferfront, schon nach so kurzer Zeit. Wir konnten stolz auf Casca sein.
Ich wandte mich an Scipio. Der Junge hatte sich auch ganz schön gemausert in letzter Zeit, war richtig erwachsen geworden, das Tirocinium schien einen guten Einfluss auf ihn zu haben.
"Scipio, pass gut auf, hier kannst du gewiss auch einiges lernen. Pontifex Flavius vollführt nämlich die allerprächtigsten und packendsten Opfer der Stadt. Und heute zumal schöpft er sicher aus dem Vollen..." Ich verstummte als das favete linquis gesprochen wurde. -
Zitat
Original von Manius Flavius Gracchus
Jetzt war es an mir, mich von Herzen über die Glückwünsche zu freuen, und Manius' schiefes Lächeln – das Lächeln – zu sehen ließ auch mein Gesicht erstrahlen.
"Ich danke dir!"
Meinen Erfolg durch ihn gewürdigt zu sehen, das machte diesen gleich noch viel wertvoller. Aber es galt Contenance zu wahren, und natürlich war da noch ein ganzes Forum voll von Leuten, die ihm jetzt alle gratulieren und ihn feiern wollten. So wie er es verdient hatte.
"Also dann, auf eine glänzende Amtszeit. Selbstverständlich stehe ich dir bei deinen noblen Vorhaben jederzeit gerne zur Seite." Ich ging davon aus, dass er meine Sippschaft alle schon kannte, zumindest flüchtig vom Saturnalienfest, darum zog ich den Wortwechsel nicht weiter in die Länge und verabschiedete uns mit den Worten:
"Und wir alle" wobei ich wieder Valentina, Scipio und Casca in einer jovialen Geste mit einschloß, "freuen uns natürlich schon auf die versprochenen ludi scaenici.Vale bene!"
Ich bot Valentina meinen Arm, und kurz darauf zogen wir dann alle in der Prozession der beiden Konsulen mit zum Kapitol... -
Vom Forum Romanum aus hatte ich mich dann, zusammen mit meinen Begleitern, der Prozession angeschlossen, und schritt, umgeben von meiner Prätorianereskorte, den Consulen folgend den Kapitolshügel hinauf. Es stimmte mich ungeheuer froh, tat mir in der Seele wohl, Manius mit so hohen Ehren bedacht zu sehen. Ihn da zu sehen wo er hingehörte: ganz oben. (Und zudem war es gut, das Konsulat nun endlich wieder durch einen Würdigen besetzt zu sehen. Durch einen Mann, der wie kein ander dazu geeignet war, das Ansehen wieder herzustellen, dass diese an sich so erhabene Position an der Spitze des Cursus Honorum eingebüßt hatte, als der Senat sie wieder Sinn und Verstand einem wüsten Waldbarbaren überlassen hatte.)
Und darüber hinaus würde es ganz gewiss kein Nachteil sein, in der kommenden Amtszeit beste Verbindungen zum Konsul zu haben.
Vor dem Tempel des Iuppiter machten wir halt und warteten, inmitten der großen murmelnden Menschenmenge. Während drinnen schon die kultischen Handlungen begannen, unterhielt ich mich entspannt mit meinen Begleitern. Es war schön, mal wieder aus der Castra rauszukommen. Warm schien mir die Sonne ins Gesicht. -
Mit meiner Eskorte, meinen Klienten, und allen Mitgliedern meiner Familie derer ich habhaft geworden war, hatte ich bei der Ernennungszeremonie auf dem Forum Präsenz gezeigt. Später würden wir uns ab da dem Processus consularis anschließen.
Äusserlich höchst gravitätisch, platzte ich innerlich schier vor heißem Stolz auf Manius. Die allerhöchste Spitze des Cursus honorum hatte erklommen, unsterblich war er jetzt, denn bis ans Ende aller Zeiten würde das kommende Jahr seinen Namen tragen. (Und den seines Amtskollegen, der jedoch neben dem flavischen Glanz ziemlich unterging.)
So nobel war Manius' Erscheinung, so distinguiert, jeder Zoll ein Lenker politischer Geschicke, ein Mann des Staates. Und dabei so mühelos in seiner Vornehmheit, nichts prätentiöses war darin, nichts gestelltes, einfach weil sie seiner Natur entsprach. So ungeheuer patrizisch. Allein wie er den Amtseid sprach, so wohlintoniert und resonant, wie Poesie, wie die schönste...und sehr staatstragende Poesie, versteht sich. Ich hätte ihm stundenlang lauschen können... (Aber das hätte ich wohl auch dann, wenn er Einkaufslisten rezitiert hätte.)
Der Kaiser selbst sprach ihm besonders huldvoll seine Gratulation aus, sie parlierten ein wenig. Sobald danach die Reihe an mir war, marschierte ich auf den frischgebackenen Konsul zu und schüttelte ihm, meine sentimentale Ergriffenheit forsch überspielend, kräftig die Hand.
"Consul Flavius Gracchus. Mein Freund, ich gratuliere zu diesem glorreichen Sieg! In meinem Namen und im Namen meiner Gens." Mit einer Handbewegung schloß ich sie ein. "Der Senat hätte keinen besseren wählen können." erklärte ich nachdrücklich. Der Bedeutsamkeit dieses Momentes fand ich meine Worte zwar in keiner Weise angemessen, aber bevor ich noch zu viel sagte, da hielt ich mich doch lieber 'militärisch knapp'. -
Ha! Nicht nur meine Rede, auch mein Vorhaben mit dem Denkmal hatte Anklang gefunden. Der Kaiser selbst wollte es unterstützen, ausdrücklich sogar – damit war die Sache ja wohl geritzt. Beschwingt von meinem erfolgreichen Auftritt, berauscht vom Jubel und dem ganzen Brimborium, trat ich schneidig von den Tribüne ab, und kehrte zurück zu meiner Truppe, um den zweiten Teil der Zeremonie von dort und wieder hoch zu Ross zu verfolgen. Den erzwungenen Abschied meines Vaters sah ich ja durchaus zwiespältig. Immerhin wurde er hier in diesem Rahmen mit der angemessenen Ehrerbietung von seiner Präfektur verabschiedet.
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Aus den Fugen. Ja, so war es, so mußte es sein. Verklärt sah ich ihm nach, ein seliges Lächeln in Gesicht, und seufzte: "Ich auch..."
Glücklich, so glücklich vom Scheitel bis in die Zehenspitzen hinein, entspannt und ein wenig träge... ließ ich mich auf einer Tischecke nieder, um noch kurz zu warten, nicht gleichzeitig mit ihm wieder im Atrium zu erscheinen. Doch während ich verträumt meinen Pileus aufsetzte, genießerisch der Leidenschaft nachspürte... kam mir dann doch der beklemmende Gedanke:
Du solltest es Borkan sagen, Faustus.
Und bedrohlich kreiste dieser Gedanke über den Gefilden meines Geistes, so etwa wie.... sagen wir, ein roter Milan über den fröhlich sich tummelnden Murmeltieren auf einer sonnendurchglühten iberischen Bergwiese. Aber dann sagte ich mir wie töricht diese radikale Aufrichtigkeit wäre – denn Borkan hatte zwar gesagt er wolle Bescheid wissen, wenn so was wäre, aber im Grunde war ich mir sicher, dass er das nur sagte, in Wirklichkeit aber gar nicht wollte. Ausserdem waren Saturnalien, wirklich, wer würde denn so prüde sein... aus einer kurzen Episode einer Saturnaliennacht gleich ein Selbstbezichtigungsdrama zu machen! Nein, das wäre wirklich überflüssig, unangebracht, und auch nicht schön für Borkan. Zudem war es nicht allein mein Geheimnis, sondern auch das Manius', ich hatte also gar kein Recht es zu verraten. Basta.Auf diese Weise wieder mit mir im Reinen kehrte ich bald darauf zu den Feiernden zurück und stürzte mich bester Laune wieder ins Getümmel. Manius wurde dann, wie erwartet zum Rex bibendi bestimmt, Valentina oblag die Ehre ihn zu krönen, und das Fest nahm seinen Lauf. Was dann in dieser Nacht noch so alles geschah, darüber werde ich den Mantel des Schweigens decken, denn jeder weiß ja:
Was an den Saturnalien geschieht, das ist mit dem Ende der tollen Tage schon vergessen.
(Nur dass ich mich beim Würfelspiel abzocken ließ, und meine kostbare neue Sklavin Asteria an meinen alten Kameraden Musca verspielte, worauf das Schmuckstück leider aus unserer Casa verschwand, das ließ sich nicht so einfach vergessen.)
Kurzum, es war ein rauschendes Fest, eine Nacht von Exzess, Rausch und Seligkeit, und erst als die rosenfingrige Aurora über den Horizont kletterte nahmen die Lustbarkeiten ein...... Ende.
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Wieder zurück. So extrem viel änderte sich nun gar nicht, denn Maevius war ja schon länger auf Kur gewesen, durch mich vertreten. Doch nun hatte ich endlich die Autorität, meine Initiative, die Garde zurück zu ihrem alten Glanz zu führen, tatkräftig anzugehen! Laut sagte ich das natürlich nicht, schon gar nicht bei öffentlichen Auftritten wo es darum ging Stärke zu demonstrieren und den Korpsgeist der Soldaten zu beschwören – doch natürlich hatte die Garde den Adlerlass im Krieg und die darauf folgende Zeit der von oben verordneten miserablen Führung noch lange nicht komplett überwunden.
Zuerst mal setzte ich mich zusammen mit den führenden Köpfen und den verbliebenen alten Hasen, um sie für meine Strategie mit ins Boot zu holen. Dann ließ ich nicht nur die Tribunen, auch jeden Centurio, jeden Decurio bei mir antreten, obgleich das bei der Größe der Einheit wochenlang dauerte bis ich sie alle gesehen hatte, besprach mit allen einzeln Zustand und Einsätze ihrer Truppen, wo es hakte und auch was diese in der letzten Zeit schon hervorragendes geleistet hatten. Hervorragendes, wie zum Beispiel die Turmae unserer Kavallerie, die bei der Imagoweihe dem Kaiser und dem Rest der Stadt eine so atemberaubende Vorstellung ihrer Reitkunst, Präzision und Disziplin gegeben hatten.... Exzellenz war ein Ziel, dass sich, wie das Mosaik auf meiner Wand, aus vielen kleinen Steinchen zusammensetzte.Eine massive eisenbeschlagene Truhe hatte ich, von starken Trägern geschleppt, mitgebracht in mein Officium, mit schwerem Schloß und an die Wand festgekettet – die enthielt das Gold und Silber für das große Donativum, dass ich zu meinem Antritt versprochen hatte. Viermal Extra-Sold für jeden Mann der Garde, es war eine echte Schatztruhe, und anfangs, als sie noch voll war, da sorgte ich mich schon ein wenig jemand könne, trotz Bewachung, einen großen Coup landen und mir den Schatz stehlen... Doch dann leerte sich sich Stück für Stück, als ich die Donativa ausgab: die an die Offiziere verteilte ich eigenhändig, die für die Mannschaft überreichte ich den Signiferi und Vexillarii, die sie dann weiterverteilten. Leider würde mir nach dieser Aktion so bald kein neues Streitwagen-Gespann mehr leisten können... Aber es war nun mal wichtig, der Garde das zu geben was der Garde gebührte. Einen zahmen Panther sollte man ja auch immer gut füttern, damit er gar nicht erst auf die Idee kam, seinen Besitzer aufzufressen. (Nebenbei erwähnt hatte ich jetzt sowieso keine Zeit mehr, um dem Zweigespann-Rennsport noch ernsthaft zu frönen.)
Ich hielt die Leute auf Trab, festentschlossen den neuen Schwung zu bewahren. Auch belebte ich eine alte Tradition wieder, und machte es mir zur Gewohnheit, die Parole der Palastwache persönlich auszugeben. Die zivilen Seiten meines Kommandos waren früher, in der wirren Kriegszeit, ziemlich unter den Tisch gefallen, sie wahrzunehmen war eine neue Aufgabe für mich. Ebenso der Beisitz im Senat. Natürlich strömten mir auch viele neue Klienten zu, und ich erhielt eine Vielzahl von Einladungen, denen ich, selbst wenn ich gewollt hätte, gar nicht allen hätte folgen können. Eine gesellschaftliche Verpflichtung gab es aber, die mir ganz besonders willkommen war, und die ich mir um nichts in der Welt hätte nehmen lassen: den neuen Konsul bei der Prozession zu seinem Amtsantritt zu begleiten.
Wobei ich mich besonders ins Zeug legte: die fähigen Offiziere, die gleich mir durch Palma und Konsorten kaltgestellt worden waren, wieder zurück auf angemessene Positionen zu holen. Es hatte ja nicht jeder so gute Verbindungen und couragierte Fürsprecher gehabt wie ich – viele krebsten noch immer auf irgendwelchen subalternen Posten in den hinterletzten Ecken des Reiches herum...
Auch die Routine kehrte natürlich zurück, die Aufgaben des Alltags, und der Papyruskram. Ich unterzeichnete und siegelte, ernannte und entließ, plante, inspizierte, repräsentierte und so weiter. Ich lebte praktisch in der Castra, und suchte die Casa Decima nur noch zum Schlafen auf. Manchmal übernachtete ich auch gleich hier.
Das Informantennetzwerk von früher wieder aufzubauen, das war mir ebenfalls besonders wichtig. Ich sandte Speculatores in alle Himmelsrichtungen, ließ neue Schnüffler und Spitzel anwerben, erhielt bald schon einen stetigen Strom an Berichten. Aufklärung war das Alpha und Omega um eine Schlacht, um den Krieg, zu gewinnen.
Und im Grunde waren wir Prätorianer doch stets und ständig auf Posten im Krieg: gegen den Verrat, der tief im römischen Wesen verwurzelt war, seit Romulus den Remus erschlagen hatte. Gegen die Ränke und die Machtgeilheit und die Hybris derer, die es immer gab und immer geben würde, die nur darauf warteten loszuschlagen, gegen unseren guten Kaiser, die seine segensreiche Herrschaft ohne mit der Wimper zu zucken wieder in reichsweites blutiges Chaos verwandelt hätten, nur um selbst einen größeren Fetzen der Macht an sich zu reißen. Wenn unsere Wachsamkeit erlahmte, wenn ihnen eine Blöße geboten wurde, dann würden sie unweigerlich losschlagen. Und darum durfte unsere Disziplin nie erschlaffen, die Garde sich niemals eine Schwäche erlauben!
Ein steter Kampf, nicht nur in dieser Hinsicht. Denn unsere Einheit selbst, die Garde selbst, in der Vergangenheit nicht umsonst des öfteren als 'Kaisermacher' bezeichnet, trug ja ebenfalls jenen unschönen Zug zum Verrat in ihrem römischen Wesen. Dem wir, Serapis bewahre, eben nicht nachgeben durften. -
Ich war wieder zurück! Offiziell und vor ganz Rom wieder zum Kommando der Garde berufen, durch unseren allergnädigsten Kaiser Aquilius Severus.
Die Amtsräume hatte ich erst mal gründlich überholen lassen, und alle unschönen Spuren der Vergangenheit tilgen lassen, den barbarischen Vandalismus der Putschisten ebenso wie die Hinterlassenschaften des ruhmlosen Interimspräfekten Maevius Mussidanius, der eine große Vorliebe für üppig verschnörkeltes Bronzemobiliar gehegt hatte (ein grauenvoller Stil, der zu Zeiten meines Großvaters zuletzt modern gewesen war...)Jetzt waren die Räume kaum wiederzuerkennen. Nur der Blick aus dem Fenster meines Officiums, weit über die Stadt, auf den Esquilinhügel und die mächtig aufragenden Bauten des Palatin, der war noch immer der selbe.
Die Wand gegenüber hatte ich mit einem riesigen Mosaik verzieren lassen: eine Karte unseres Imperiums: von den Küsten Britannias bis zum Aegyptisch-Nubischen Grenzland Dodekaschoinos, wo wir damals die blemmyschen Wüstenstämme geschlagen hatten, vom mauretanischen Atlasgebirge und den Säulen des Herakles bis hin zum großen Strom Euphrates, den ich einst als junger Rekrut der Prima überquert hatte. Winzige Steinchen in allen Schattierungen von ocker, grün und blau, sienna, wüstengelb und ziegelrot, fügten sich zusammen zu diesem detaillierten Bild unseres großartigen römischen Reiches. Die übrigen Wände wurden von frischen, kraftvollen Fresken geziert: allegorische Darstellungen des Gottes Mars, der Fides und des Honos.Ich selbst trohnte auf einem Scherenstuhl hinter meinem wertvollen Ebenholz-Schreibtisch, ja genau, dem von früher, den ich mir zu meiner ersten Erhebung damals geleistet hatte. Zwar hatte das extravagante Möbelstück arg gelitten unter der stumpfsinnigen Zerstörungswut der Aufständischen, so dass ich tatsächlich kurz davor gewesen war, das ganze Ding im Zorn zu verfeuern. Doch dann hatte ich mich daran erinnert, dass man auch eine stolze Eiche nicht fällt, nur weil ein Köter mal daran das Bein gehoben hat. Und somit hatte ich den Tisch sorgfältig restaurieren lassen: das kindisch in die Tischplatte geritzte Gekrakel war abgeschliffen, Kratzer ausgebessert, alles neu geölt und zu seidigem Glanz poliert. Eine elegante neue Einlegearbeit aus Obsidian zierte nun die Oberfläche, ein klassisches Skorpion-Motiv, und wenn ich alleine war strich ich bisweilen mit einem stillen Lächeln darüber, mich an der kühlen Glätte und der nachtschwarzen Tiefe dieser perfekten Fläche erfreuend... Passende Scherenstühle standen bereit, und auch zwei Klinen, für Gespräche in eher lockerer Atmospäre (wie es unser Kaiser ja oft vorlebte).
Einen weitläufigen Nebenraum für Besprechungen in großer Runde gab es, und einen kleineren zum übernachten, den ich (demonstrativ) recht spartanisch nur ausstattete, um meiner Rolle als commilito gerecht zu werden. Im Vorzimmer waltete unerschütterlich mein Beneficiarius Nonius, und davor auf dem Gang wachten stets zwei Soldaten meiner persönlichen Leibgarde, der elitären 'Prätorier unter den Prätorianern'.
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Hier befinden sich die Amtsräume des
Praefectus Praetorio
Faustus Decimus Serapio -
Gänzlich ohne Abschiedsschmerz packte ich meine Sachen zusammen, nahm die Karten von der Wand, und verließ das Officium, um nun, nach meiner Wiedererhebung, erneut in die repräsentativen Amtsräume des Praefectus Praetorio umzusiedeln. Mit Schwung schloß ich die Türe, und vernahm, während ich schon raumgreifenden Schrittes davonstrebte, wie sie hinter mir mit einem satten 'Klonk' ins Schloß fiel.
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Zitat
Original von Manius Flavius Gracchus
Ein unbändiges Frohlocken wallte auf in meinem Innersten, als er auf das süße Spiel einging, und ich nickte mit schalkhaft-seriöser Miene – ja, gewiss würde ich helfen, des goldenen Zeitalters wegen – dann war da nur noch: ER, und die Berührung, nach der es mich den ganzen Abend schon gehungert hatte, die Euphorie endlich, endlich wieder seinen Kuss zu kosten, zu schmecken, darin versinken, mich darin entflammen... und wie ein Träumender stand ich vor ihm, hob die Hand und berührte seine Wange, barg das mir so herzzerwringend liebe schiefe Lächeln in meiner hohlen Hand. Das Spiel hatte ich schon vergessen, dachte nicht mehr daran, dass ich ihm jetzt ja den Weg freimachen müsste, sondern:
"Komm..." flüsterte ich, bat ich, drängte ich, und öffnete hastig die nächstbeste Türe, um mit ihm den Gang, wo jeden Moment jemand vorbeikommen konnte, zu verlassen.
"Lass mich dich... lass uns uns... zumindest ein paar Augenblicke der Welt noch stehlen, bevor wir wieder zurück müssen!"Die Dunkelheit der Bibliothek umfing uns, Manius und mich, Aton und mich – ausgerechnet dieser Raum, der so getränkt war von den bitter-köstlichen Erinnerungen an die Zeit des Wahnsinns, die zugleich die einzige Zeit gewesen war, in der wir wirklich hatten zusammensein können. Mit fliegenden Händen verschloß ich die Türe hinter uns, ganz leise war noch die Musik zu vernehmen – und kurz schoß mir durch den Sinn: wie albern war es im Grund, dass wir... gestandene Männer Roms, verdienstvolle Stützen des Staates wie man so sagt, uns hier versteckten, kaum anders als zwei Jugendliche beim verbotenen Stelldichein... aber die Welt war wie sie war... Als alles dem Irrsinn verfallen war, im Krieg, hatte es ein kleines Fenster gegeben, innerhalb dessen wir hatten beieinander sein können, jetzt aber ging alles wieder seinen ordentlichen Gang.
Heftig schlang ich die Arme um ihn, vergrub mein Gesicht in der Neige seines Halses, küsste sehnsuchtsausgezehrt glühend seine Haut, und fragte mit einmal, stockend:
"Warum nur können wir... nur immer dann wenn die Welt aus den Fugen ist... zusammensein...?!"
Io Saturnus, Io Aton! Nein, rief ich mich selbst wieder zurück, es hatte keinen Sinn sowas zu fragen, so wenig Zeit, zu wenig Zeit, die Zeit zu nutzen, das wollte ich, IHN wollte ich, SEIN war ich, nur keine Zeit verlieren... Beiseite mit dem Stoff, hastig beiseite, pochendes Drängen, knisternde Verzückung, die brannte, sich ineinander zu verzüngeln, Flammenzucken gierig, heißer noch immer und höher, und gellend grellrot das Auflodern, ein Funkensturm brausend – eins sein! -
Zitat
Original von Borkan
... beugte mich zu Serapio und war so nah, das er meinem Atem in seinem Nacken spüren konnte und flüsterte. „Na mit wem von denen würdest du dich gern der leiblichen Lust zuwenden?“
Ein heißer Hauch in meinem Nacken ließ mir einen wohligen Schauer über den Rücken laufen. Ich grinste leise in mich hinein über Borkans verstohlenes Necken... wobei ich doch einen leidenschaftlichen Unterton von "Meins!" da herauszuhören meinte... und versicherte ihm mit treuherziger Miene, ihm ebenso heimlich zurückflüsternd: "Mit dir mein Schöner!"
Dann rief ich mich aber wieder zur Vernunft, und hielt den Mund, denn nun begann das Flötenspiel und es wurde andächtig:ZitatOriginal von Lucius Praetonius Chairedemos
"Großer Epikur, unser Erlöser!
Die lebendige Kraft deines Verstandes überwand die flammenden Festungen der Welt..."
Was für wunderbare poetische Bilder Meister Praetonius da in seiner Anrufung aufsteigen ließ. Ich lauschte, bewegt von der Metapher eines 'von Freundschaft umhegten Gartens'... und stutzte ein wenig bei seinen weiteren Worten: ein Mensch den unsterblichen Göttern gleich. Denn der weise Epikur war doch kein vergöttlichter Kaiser oder Heroe... Aber für seine Anhänger offenbar doch ein Unsterblicher.
Jetzt erst wurde mir bewußt, wie tief ihre Ergebenheit wirklich war! Die Kraft ihrer philosophischen Überzeugung schien mir der religiösen Glaubensstärke im Mysterienkult des Serapis in Trans Tiberim um nichts nachzustehen. Doch ich konnte nicht umhin mich zu fragen: würde ich die vollkommene Ataraxie (gesetzt den Fall dass ich sie überhaupt erreichen könnte) überhaupt wollen? Frei von Furcht sein, keine Angst mehr zu haben vor dem Tod und vor dem Verlust geliebter Menschen, unabhängig von Ansehen, Ruhm, dem Urteil ander, und über jeden Schmerz erhaben zu sein.... das wäre natürlich ganz furios. Aber wenn 'das Gemüt nicht mehr in Freude aufwallte'? Wo blieb da die vielgepriesene Lust? Das klang für mich nun gar nicht so verlockend. Was war mit Rausch, Exzess, leidenschaftlichem Liebestaumel, warmer patriotischer Begeisterung, und dem Zauber des grenzenlosen Augenblickes... Konnte man auch "ein bisschen" Epikureer sein? Oder war es ein alles oder nichts?
Der Becher der Erkenntnis kreiste. Ich fand das sehr aufmerksam, dass auch wir Gäste so im Ritus einbezogen wurden und nahm natürlich auch einen Schluck, bevor ich ihn weiterreichte.ZitatOriginal von Plinia Chrysogona
... Ihr Blick blieb an Serapio und Borkan aber auch an dem jungen Helveiter hängen. Hatte sie in diesem Kreis Freunde gefunden?
Dabei fing ich einen sinnenden, fast fragenden Blick der Plinia Chrysogona auf, den ich freundlich erwiderte – wo ihre Gedanken wohl gerade weilten?
Die Opfer der Jünger zeigten eindrücklich, wie sich ihr Leben unter dem Einfluß der Lehre des Weisen gewandelt hatte. Schlicht war diese Zeremonie, und anmutig gerade dewegen. Eine ruhige und glückliche Stimmung erfüllte den Raum, als hätte auch ihn ein Abglanz gelassener olympischer Freude erhellt... Und zugleich konnte man am Beispiel des hübschen Philodemos erkennen, dass (was geradezu beruhigend war) auch diese philosophische Gemeinschaft nicht ganz frei von menschlicher Eitelkeit war.So schön symbolisch wie die vorherigen Gaben war meine natürlich nicht, ich legte einfach eine großzügige Handvoll Denarii zu den anderen Münzen und sprach:
"Deine Jünger haben uns, beseelt von deinen erhabenen Lehren, gastfreundlich in ihrem Garten willkommen geheißen um freigiebig ihre Weisheit mit uns zu teilen."
Darauf trat ich zurück zu den anderen, gespannt darauf herauszufinden wie die Epikureer feierten...