Beiträge von Faustus Decimus Serapio


    "Schuhuu! Schuhuuuu!" rief der kleine Junge mit der Eulenmaske, und raste, die Arme weit ausgebreitet, durch die Menschenmenge, in rasantem Slalom um Beine und lange Gewänder, der johlenden Meute seinen Spielkameraden voraus.
    Das Fest und der Jahrmarkt anlässlich der Quinquatrus Maiores fand statt wie jedes Jahr, auch in diesen Zeiten des Umbruchs. Rund um den Minervatempel, der schon seit etruskischer Zeit hier am Aventin stand, wimmelte es von Buden und Verkaufsständen, Ausschänken und Bühnen, zwischen denen die Menschen, Stadtbewohner aller Stände, in ihren Festtagsgewändern umherschlenderten.
    Die Angehörigen der Berufe, denen die Göttin Minerva Schutzpatronin war, waren hier ganz besonders vertreten, zeigten ihre Künste, Handwerke und Kunstfertigkeiten. Und an allen Ecken gab es Eulen zu kaufen, Unmengen von Eulen, eine ganze Armada von Eulen, aus Holz und aus Ton, aus Bronze und Stein, Masken und Statuetten, Amulette und Schmuckstücke...
    Eine Gruppe Flötenmusiker spielte liebliche Klänge vor dem Tempel, wo sich eine große Traube von Menschen gebildet hatte. Kleine Opfergaben wurden überall feil geboten, Wein, Räucherwerk, Früchte, Kuchen und Ölbaumzweige, und man drängte sich, sie der Göttin zu überreichen, und ihren Segen zu erbitten.
    Maler präsentierten ihre Bilder, Metallkünstler boten fein ziselierte Gefäße an, eine Portraitistin fertigte für ein paar Münzen Kohlezeichnungen an, und in einer kleinen "Arena", von Weidengeflecht umgrenzt, standen sich zwei Dichter gegenüber und maßen sich, angefeuert von den Rufen der Drumherumstehenden im spontanen Reimen...




    Sim-Off:

    Mitspieler sind willkommen :)

    "Nein." antwortete ich automatisch etwas zu vehement, wobei ich die Stelle zwischen seinen Augenbrauen fixierte, "Aber nein. Es ist... alles gut. Ich hatte nur einen langen Tag. Komm zu mir mein Herz, ich hab dich so vermisst..."
    Und wieder schloß ich ihn in meine Arme und küsste ihn innig, fuhr ihm mit den Händen über Rücken und Hintern, zog ihn ganz eng an mich heran. Doch ich war nicht so ganz bei der Sache, denn die Gedanken rasten in meinem Kopf -Jetzt sag ihm doch was los ist, Faustus, na los hopp versus Du kannst nicht mit der Tür ins Haus fallen mit sowas und irgendwo in der Tiefe war immerzu dieses Er wird dich verlassen, Faustus, wenn nicht gleich dann bald, verlassen wird auch er dich, allein wirst du sein...
    Jäh löste ich mich von ihm, setzte mich auf die Kline und goss mir einen Kelch voll Wein ein, trank ihn unzeremoniell in großen Schlucken aus. Für gewöhnlich liebte ich es, abends so mit ihm zusammenzusitzen, genoß es wenn wir uns gegenseitig vertraut die kleinen und großen Dinge des Tages erzählten, in der häuslichen Idylle, ich fand das herrlich, diese Normalität, die ich noch nie zuvor so gehabt hatte.
    Heute jedoch...
    "Und, was hast du so gemacht die letzten Tage? - Verdammt, wir sehen uns viel zu selten..."

    Mich in Schweigen hüllend, musterte ich den jungen Mann. Borkan suchten sie also. Wie gut dass er sich bereits aus dem Staub gemacht hatte.
    Hm... Es war sicher nicht leicht gewesen, seine Spur aufzunehmen... und auch mich hier zu finden, das war schon eine Leistung, die von Hartnäckigkeit zeugte. Vielleicht war das ein Zeichen, diese Ermittlung, von der ich nach Dives Komödiantenauftritt ohnehin die Schnauze gestrichen voll hatte, aufzugeben, und sie endlich denen zu überlassen die dafür bezahlt wurden. Sollte doch mal jemand anders die Wahrheit aus dem Schmutz wühlen (die am Ende eh niemand würde hören wollen.)
    So überlegte ich resigniert, doch dann gefror meine Miene, und zwar an der Stelle, als Iunius ohne Umschweife begann, mir seine Fragen zu stellen, auf eine Weise als wolle er mich verhören. Für einen kleinen Optio, der zu meiner Zeit im Exercitus so himmelweit unter mir gestanden hatte, zeigte er sich verdammt respektlos. Zwischen uns lagen Welten, und auch wenn ich alles verloren hatte - anders als die Wendehälse, die den Namen der Garde durch kampflose Kapitulation und geschmeidiges Überlaufen zu Feind entehrt hatten – ich würde den Hades tun, mich von diesem Jungspund verhören zu lassen wie ein kriminelles Subjekt.
    Seine voreiligen Fragen ließ ich unbeantwortet im Raum nachklingen, blickte ihn unverwandt an, und erwiderte schließlich unterkühlt:
    "Zuerst einmal, Optio: auf wessen Befehl ermittelst du? Weiß der senatorische Tribun Iulius davon?"




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    Die Sklavin Columbana gab eine Botschaft für die Vestalin Decima Messalina ab. Und blieb noch etwas da, für den Fall dass diese ihr gleich eine Antwort mitgeben wollte.



    An die Vestalin Decima Messalina
    Atrium Vestae




    Meine liebe Nichte Messalinilla,


    Es grüßt Dich Dein Onkel Faustus Serapio. Möchtest Du mich übermorgen auf den Jahrmarkt anlässlich der Quinquatrus Maiores begleiten? Auf dem Aventin, vor dem Tempel der Minerva, soll der stattfinden. Ich habe mir sagen lassen, dass er sehr hübsch sein soll, mit vielen Kunsthandwerkern und Musikern. Es soll auch einige Wettstreite künstlerischer Natur geben. Und einen der Ornatrices um die schönste Hochsteckfrisur.
    Wenn Du mir zusagst, dann freue ich mich doppelt. Einmal, Dich schon so bald wiederzusehen, meine staatstragende kleine Nichte, und gemeinsam etwas wohlverdiente Zerstreuung zu geniessen. Und ein zweites Mal, weil ich eine liebe Freundin mitsamt ihrer beiden Nichten auch gerne zu diesem kleinen Ausflug einladen möchte. Da sie eine Frau von hoher Sittlichkeit ist, möchte ich ihren Ruf auf jeden Fall achten. Und in Deiner hohen Gegenwart ist das ja ganz von alleine sichergestellt.
    Sie wird Dir gefallen! Ihre Nichten habe ich selbst auch noch nicht kennengelernt, doch ich habe gehört, sie gleichen sich wie ein Ei dem anderen.


    Vale bene!


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    PS. Zur zehnten Stunde des Tages, passt Dir das?





    Simoff - PPS. Dein Postfach ist voll. ;)

    "Borkan, Corazon?" rief ich, als ich die Türe aufschloss, und, einen riesigen Strauß rot-orange-gelb-flammende Feuerlilien vor mir her balancierend, in den Vorraum hineintrat.
    Hier in dieser Wohnung hatten Borkan und ich uns verkrochen, nachdem er den Mord an dem syrischen Händler miterlebt hatte, und wir in dieser Angelegenheit nachgeforscht hatten. Später dann, als ich wieder zu Geld gekommen war, hatte ich von Tricostus, dem Besitzer, die Wohnung ganz regulär für uns beide gemietet. (Er suchte gerade sowieso nach etwas noblerem.) Sie war ja recht hübsch für eine Insulawohnung, jetzt auch neu eingerichtet, und an die Fresken gewöhnte man sich mit der Zeit.
    "Da bin ich. Es... tut mir leid wegen der Verspätung."
    Draussen war es schon längst dunkel. Es war leider echt nicht das erste Mal, dass ich mich verspätete. Aber der Dienst ging nun mal vor. Und mit der ständigen Wache am Senat, und meinen zwei Kohorten, und der unter meinem Vorgänger eingerissenen Disziplin, und der lädierten Mannstärke, und einem unfähigen Präfekten, und den notwendigen Castra-Mauscheleien, und den Spionageaktivitäten... nun ja. - Manchmal blieb ich über Nacht direkt in der Castra, in einem der Tribunenhäuser. Meistens aber schlief ich in der Casa meiner Familie. Und dann gab es die raren Abende und Nächte hier mit Borkan, die mir so unendlich kostbar waren.
    Dieses ständige hin und her ging mir schon auf die Nerven. Am liebsten wäre es mir gewesen, Borkan zöge zu mir in die Casa Decima. Doch so sehr ich mir das wünschte, und so mutig ich sogar meinen Vater deswegen gefragt hatte... so wußte ich doch auch, dass das Gerede sehr böse werden könnte. Nicht nur mir gegenüber, Borkan gegenüber noch viel mehr.
    Und es war ja nun auch leider (leider?) so, dass ich nun, da ich wieder was darstellte in der Welt - und auch nicht gedachte mir das je wieder entreissen zu lassen – dass ich nun längst nicht mehr so frei und ungeniert sein konnte, wie damals, als Borkan und ich uns kennenlernten. Das war auch der Grund dafür, dass ich ein gewisses Thema, das ich lange, lange vermieden hatte, heute wohl mal ansprechen würde müssen. Verdammt. Beklommen lächelnd, die feuerrote Lilienglut vor mich haltend (ein bisschen wie ein Scutum) trat ich auf meinen Liebsten zu.

    Nein, liebe Senatoren, nein, liebe Passanten, bitte weitergehen, dies ist kein Militärputsch, wir bewachen hier nur den Senat.
    Nachdem das erstmal geklärt war, flaute das Interesse an unserem Aufmarsch ab. Wobei die prätorianische Pracht der Männer natürlich noch immer genug Bewunderung, Gaffen und sehnsüchtige Blicke hervorrief, um einem jeden die Brust schwellen zu lassen.


    Wir blieben auf unserem Posten, während der Sitzung des Senates. Am folgenden Tag ließ ich die zwei Centurien wieder in ganzer Stärke aufziehen, martialisch und wachsam. Und so geschah es auch an allen weiteren Tagen an denen der Senat tagte, während aller Senatssitzungen. Selbst wenn das Gebäude leer war, blieben ein paar Wächter davor postiert.
    Unruhen gab es in dieser Zeit keine mehr – was ich natürlich unserer imposanten Präsenz zu gute hielt. Doch vielleicht lag es auch (mit) an dieser merkwürdigen Resignation, die die Stadt ergriffen zu haben schien. Es war wie ein schicksalsergebenes Verstummen, als hielte Rom bang den Atem an.


    Und es zog sich. Tag und Tag, Woche um Woche.
    Trotzdem war es keineswegs ein langweiliger Wachdienst. Zum einen konnte ich dabei, so vom Rücken meines hohen Rosses aus, sehr gut beobachten was auf dem Forum so vorging, und all die Senatoren natürlich, die an uns vorbei rein und raus aus der Curia Iulia gingen. Und es tat verdammt gut, wieder zurück zu sein.
    Unwillkürlich blickte ich immer besonders pflichtbewußt und konzentriert wenn mein Vater vorbeikam. Und hoffte, dass er zufrieden war, damit wie ich seinen Auftrag ausführte. Er müsste nur mit den Fingern schnippen, die Gardisten stünden bereit für was auch immer.
    Wenn ich dagegen den Duccier erblickte, wurden meine Gesichtszüge zu kaltem Stein. Besonders dann, wenn er an meinen hastatragenden Männern vorüber gehen musste. Doch nein, man konnte eben nicht alles haben. Zumindest nicht gleich.
    Was mir wiederum... um der Wahrheit die Ehre zu geben... so ganz und gar nicht unangenehm war, das war, dass Manius mich nun wieder von meiner beinahe besten Seite sah, als schwarzgewappneten Tribun, das Paludamentum lässig über die Schulter gebauscht, auf meinem blankgestriegelten Rappen...
    Und was den Quästor Iulius Dulcis Dives anging, den so ausserordentlich fantasiebegabten Intrigentheoretiker, so fragte ich mich müßig, ob er mir nun, da ich wieder was hermachte, wohl seine Gunst wieder schenken würde, die er mir mit meinem Fall entzogen hatte. (Nicht dass ich die noch gewollt hätte, die fragwürdige Gunst, nein nein, gar nicht, es war lediglich so eine beiläufige Überlegung.)
    Mit einem ganz anders gearteten Interesse, beobachtete ich den tiberischen Vigintivir, der vor kurzem mit dieser ungewöhnlichen Hinrichtung Aufsehen erregt hatte. Selbstverständlich mißbilligte ich es, bei der derzeit herrschenden Brandgefahr so leichtfertig herumzuzündeln. Andererseits...


    Doch nicht nur, dass ich perfekt beobachten konnte, wer mit wem vor dem Senat plauderte, Grüppchen bildete, kungelte, wer wen beiseite nahm, wer wem die kalte Schulter zeigte – auch die Reden, die im Inneren der Halle geschwungen wurden konnte ich, wenn ich Posten am Eingang bezog, mit anhören. Und das war natürlich in der jetzigen Zeit (meistens) höchst spannend.
    Mal abgesehen von dem endlosen Wahlverfahrensgerangel. Das waren die Tage, in denen ich darüber nachsann, dass es doch eine viel bessere Methode für sowas geben musste. Wie wäre es, so dachte ich bei mir, wenn man die Senatoren einfach alle zusammen einsperren würde. Und sie erst wieder rauslassen (also, die, die überlebt hatten), wenn sie sich auf einen einzigen der Kandidaten als Kaiser geinigt hatten. Wäre das nicht genial?! Ich fand meine Idee genial. Einfach und effizient. Sie hätte das ganze Verfahren enorm beschleunigt, uns allen viele, viele Wochen der Unsicherheit unter dem Damoklesschwert des Krieges erspart.


    Dann allerdings, das musste ich mir eingestehen, nahm der Senat Fahrt auf, der Duccier leitete das ganze für einen elenden Waldbarbaren erstaunlich strukturiert, und es wurden einige große Männer nominiert, deren Reden ich aufmerksam verfolgte.
    Dass mein Vater ablehnte, das war keine Überraschung, und ich war, ganz selbstsüchtig, größtenteils sehr erleichtert, dass er diese Bürde nicht auch noch auf sich nahm. Wir waren eine solide hispanische Offiziersfamilie, verdienstvoll, doch seit drei Generationen erst Bürger, nach dem Thron zu greifen wäre Hybris gewesen.
    Ganz anders Manius - Flavius Gracchus, der Vespasian und Titus (und Domitian) zu seinen Ahnen zählte! Mein Herz schlug heftig als er sprach – und ebenfalls ablehnte. Wie schade. Wenn er und mein Vater sich zusammentun würden... Manius' alter Glanz und das kunstsinnige Programm das er dem Senat dann doch vorstellte, wenn das unterstützt würde durch meines Vaters militärische Expertise und Schlagkraft... ähnlich wie bei Nerva und Trajan... Ich träumte ein paar Sekunden lang ganz versonnen hinter meiner kühlen Tribunenmiene vor mich hin, von einem goldenen Zeitalter unter einem Kaiser Manius Flavius Graccus....
    Der Cassier machte auch Eindruck auf mich, so tatkräftig wie er sprach. Und das mit der Ostgrenze, das war wirklich ein Problem, sehr richtig was er da sagte! Doch bei allem Patriotismus, als Überlebender der grausigen Schlachten des letzten Partherfeldzuges.... hielt ich es für sehr viel wichtiger, die Euphratgrenze weiter zu befestigen, als, wie ich da herauszuhören meinte, womöglich erneut nach Ctesiphon zu greifen.
    Und der Aquilier, der schien mir ein wirklich kluger Kopf zu sein...


    "Du, ich, ganz Rom weiß, wie dieser Mann die Stimmen für sein Konsulat zusammengerafft hat. Durch schamlose Manipulation hinter den Kulissen." erwähnte ich das Offensichtliche. Zumindest war ich froh, dass Livianus nicht von einem echten Bündnis sprach, nur von einem Waffenstillstand. Natürlich war er ein schlauer Fuchs, und hatte den Mann schon längst durchschaut, brauchte dazu nicht meine Fabel zu hören.
    "Dass die Stabilität in dieser Zeit jetzt Vorrang hat, das sehe ich ein. Das sehe ich vollkommen ein, und unterstütze dich natürlich voll und ganz darin, das versteht sich ja von selbst. Du kannst dich auf mich verlassen. Und darauf, dass ich nichts unüberlegtes tue. Doch wenn diese Ausnahmesituation vorüber ist, und du den Duccier zur Durchsetzung dieser Interessen, von denen du sprichst, nicht mehr brauchst – dann gilt es, dem Mann seine Angriffe auf unsere Familie endlich gebührend zu beantworten."
    Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.
    Es war dünnes Eis auf dem ich da stand, ich wollte nicht wieder in Streit mit meinem Vater geraten, schon gar nicht, nachdem er mir gerade den Weg zurück in die Garde gebahnt hatte, wofür ich ihm zutiefst dankbar war. Mit großer Mühe kontrollierte ich meine Stimme, so dass sie betont ruhig blieb, auch wenn es in mir schon wieder brodelte, bei der Gleichgültigkeit die Livianus gegenüber den mir und den anderen Mitgliedern unserer Familie angetanen Verbrechen an den Tag legte. Wir waren doch Familie! Er war doch unser Pater Familias!
    "Dieses elende Schwein hat unserer Familie wieder... und wieder... und wieder... - milde ausgedrückt - ans Bein gepisst. Wenn wir das hinnehmen... wenn wir nur weiter freundlich lächeln, ihn in dieses Haus einladen und öffentlich unterstützen, dann senden wir damit dem ganzen Reich eine Nachricht: die Nachricht, dass man uns Decimern gerne ans Bein pissen darf - ungestraft. Es ist eine Einladung an jedermann, unserer Familie in Zukunft ans Bein zu pissen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du das willst, Vater?"

    Eben, da hing ich noch euphorisch in Massas Arm, freute mich wie ein Schneekönig über sein großzügiges Angebot, strahlte =) und schwärmte:
    "Das ist per-fekt!! Das ist so furiós! Wie du das wieder eingefädelt hast, Appius fabulosus! -"
    Und zu Borkan gewandt: "Siehst du Carissimus meus, Fortuna lächelt uns zu! Wir werden alle steinreich!!"


    Da erblickte ich meine Tante Lucilla, und meine Euphorie erhielt einen Dämpfer, unauffällig sah ich gleich wieder woanders hin, denn mir wurde etwas flau im Magen bei dem Gedanken mich ihr zu stellen – sie lag mir doch schon seit gefühlt Jahrzehnten damit in den Ohren dass ich mich nun endlich verheiraten sollte. Bei Seianas Hochzeit damals war sie richtig biestig deswegen zu mir gewesen. Mein Status als Lieblingsneffe war somit schon lange passé. :( Und ihr jetzt Borkan vorzustellen.... würde das wohl nicht besser machen. Andererseits hatte ich meinen Liebsten doch gerade deswegen hierhergeschleift, um ihn der Familie vorzustellen, um mich vor der Familie zu ihm zu bekennen, auch wenn eben nicht jeder das so locker sehen würde wie Massa...


    Aus diesen angestrengten Gedanken schreckte mich ein Ruf auf: "Haltet den Bock!"
    Ich dachte mir, das sei sicher ein exzentrischer Künstler, den meine Großtante zum Deklamieren angestellt hatte, und krauste blasiert die Nase, weil er mit so übertriebenem Ausdruck schauspielerte. Dann war da in blitzschneller Abfolge ein Scheppern, ein Kreischen neben mir, Menschen sprangen zur Seite und ein ungeheuer starkes weißes Etwas prallte wie eine Naturgewalt, eine Lawine, wie ein parthischer Panzerreiter gegen meine Beine und riss mich um. Ich landete in einem ohrenbetäubenden Klirren auf dem Boden, um mich verstreute Kaviarhäppchen, und konnte nur mit großen verblüfften Augen 8o, verheddert in ein großes Knäuel todschicke lavendel-silberne Toga, benommen auf das ungeheuerliche Geschehen blicken.
    Bei Isis und Serapis! Das Ungetüm stürmte direkt auf die Frau in Grün zu! So tu doch einer was!
    "Oh nein..."



    Als ich den kantigen jungen Mann da so allein im Gang stehen sah, glaubte ich mich zu allererst einem Angestellten des Theaters gegenüber. Bei der Ansprache 'Salve Civis' ging mir auf, dass er wohl doch leider ein Stadtsoldat war. Hatte er Dives begleitet, hatte der ihn geschickt, um mir noch mehr liebevolle Worte zu überbringen?
    Nein – Castus war der Übeltäter, der ihn auf meine Spur gebracht hatte. Castus? Der sanftmütige Kapellmeister? Ich verspürte den Stich des Verrates, den bitteren Groll des Hintergangen-Werdens, der, seitdem alle Welt und so gut wie alle "Freunde" mich so ausserordentlich behände hatten fallen lassen, stets und stark bereit war aufzuwallen. - Zugleich gefiel es mir gar nicht zu hören, dass dieser Urbaner anscheinend im Tempel nach mir geforscht hatte. Dass ich nicht in mein verborgenes Leben dort zurückkehren konnte, das stand zwar ohnehin fest, wegen Borkan, aber trotzdem war es mir natürlich nicht egal was die Priester und Brüder von mir dachten, oder ob sie durch mich in Schwierigkeiten gerieten.


    Mit einem Mal fegte dann noch ein Schwung Soldaten in zivil herein. Es wurde eng in dem Korridor, meine Leibwächter warfen sich in kampfbereite Pose, und ich für meinen Teil wurde etwas blass um die Nase, als ich den Namen des jungen Optios hörte, und darauf auch sein Gesicht wiedererkannte. Iunius Avianus. Denn diesen Namen brachte ich sehr eindeutig mit der Garde in Verbindung, hatte ich doch damals den Versetzungsbefehl selbst gegeben. Prätorianer, die hinter mir her waren?! Wollte der senile Giftgreis mich nun doch umlegen lassen, oder wieder einkerkern?! Wie traurig-absurd wäre das denn, wenn ausgerechnet der Sohn meines gefallenen Kameraden das anführte? Eine flaue Leere breitete sich in meinem Magen aus, und ein kaltes Kribbeln lief über meine Kopfhaut hinweg.
    Du siehst Lemuren, Faustus! Sicherlich ist es nur wegen des Händlermordes. sagte ich mir, und dass es gewiss nur Urbaner waren, doch meine Hand war fest um den Türrahmen gekrallt, und ich hatte den dringenden Impuls, die Türe zuzuknallen, und... Fersengeld zu geben, während die Custodes meinen Rückzug deckten? Wie unwürdig.....oder mich hinter der mottenzerfressenen Hydra zu verstecken, und zu hoffen dass sie mich nicht entdeckten, oder in einem Kranichkostüm zu tarnen, und gladiusschwingend aus dem Hinterhalt zu attackieren? Nnnnein.


    Ich will mal behaupten, dass ich trotzdem nicht mit der Wimper zuckte und mit dem Anschein von kaltblütiger Gelassenheit dem jungen Optio ins Auge sah. Er wirkte, dafür dass er mich gesucht hatte, erstaunlich verblüfft, mich gefunden zu haben. Ach. 'Initiand Serapio'. Falls sie nur danach gesucht haben sollten – Castus kannte ja meinen Gensnamen nicht - wäre ich in all meiner abgewrackten Pracht natürlich eine Überraschung.
    "...Sicher." antwortete ich reserviert, "Tritt ein, Optio."
    Und "Lasst ihn durch." gebot ich den Leibwächtern. Das taten sie (und falls er einen seiner Begleiter dabeihaben wollte würden sie auch diesen mit reinlassen.) Einer der Wächter kam auch mit rein, zwei blieben draussen. Darauf schloss ich die Türe wieder, und wies mit ironischer Gastgeber-Geste auf die absonderlichen Sitzgelegenheiten.
    "Nimm Platz." forderte ich Iunius auf, setzte mich selbst wieder auf die Bordwand der "Argo", so als wäre dies hier mein Officium in dem ich jeden Tag Besucher empfinge.
    "Was führt euch zu mir?"




    Ob Dives der Megäre davon erzählen würde, fragte Valentina, und ihre Besorgnis war mit Händen zu greifen.
    "Sein Stolz.... nein..." antwortete ich finster. "Aber seine Angst. Und er ist Olympiasieger darin, Dinge die ihm nicht passen als nicht existent zu behandeln."
    Sicher sein konnten wir uns natürlich nicht. Doch wenn, dann würde wohl ich, der ich, wie ich eben erfahren hatte, ja ein abgrundtief fieser und gemeiner, noch immer vom süßen Dives obsessiv besessener, meistermanipulatorischer Intrigenschmied war, ganz vorne in der Schussbahn stehen.
    Es tat mir so furchtbar leid, dass ich es zugelassen hatte, dass Quintilia sich so exponierte, so kühn und so sinnlos. Betreten erwiderte ich ihr tapferes Lächeln.
    "Das werden wir. Und du auf dich."
    Sie verschwand durch eine Hintertüre, und sobald sie fort war, ging meine Haltung flöten, ich sackte gegen den Schiffsschnabel einer Argo, sah Borkan zerknirscht an, und seufzte abgrundtief.
    "Ach, bei allen Keren, wie kam ich nur auf diese Schnapsidee, und wie konnte ich euch beide nur mit reinziehen! Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte es wissen müssen!!"


    * * *


    Zitat

    Original von Titus Germanicus Antias
    ...
    Vor einer der abzweigenden Türen standen drei bullige Brecher, Lohnleibwächter der mittleren Preisklasse wie es den Anschein hatte. Natürlich, es sollten ja auch keine Unbefugten hinter den Kulissen umher streunen. Antias selbst hielt sich allerdings mitnichten für unbefugt. Bemüht um eine unaufdringliche Haltung und einen seriös anmutenden Blick trat er aus dem Schatten in den Quergang. Noch während er gemessenen Schrittes auf die gedrungenen Wächter zumarschierte, konnte er Stimmen hören, die zweifelsfrei durch die Tür drang, vor der die Mietaufpasser herumlungerten. Die Stimmen einer Frau und eines Mannes. Eine Frau? Leise Zweifel begannen an Antias zu nagen. War er hier nur einem Stelldichein zweier völlig unbeteiligter Cives auf der Spur? Nun, das ließ sich relativ einfach herausfinden. Mit der Mahnung im Hinterkopf, den neugierigen Urbaner nicht allzu penetrant heraushängen zu lassen, blieb er lächelnd vor einem der Leibwächter stehen. „Salvete, die Herren. Ich bin auf der Suche nach einem Civis Serapio, ob ihr mir da wohl weiter helfen könnt?“


    Die drei Gestalten, die da gelangweilt vor dem Kulissenlager herumlungerten, waren in der Tat bullige Silhouetten. Doch auf ihren Stirnen stand nichts geschrieben, und sie hätten sich wohl sehr gewundert zu erfahren, dass der findige junge Bursche, der da herannahte, auf ihnen die Worte "Lohnleibwächter der mittleren Preisklasse" zu lesen vermochte.
    "Kein Zutritt." raunzte der erste.
    "Keine Ahnung." der zweite.
    Und "Ne. Verzieh dich." der dritte, wobei er seine Muskeln spielen ließ.


    * * *


    Ich horchte auf. War da draussen nicht eben mein Name gefallen? Vielleicht jemand vom Theater (oder vielleicht auch ein wildgewordener Attentäter, Rom war ja voller Überraschungen.) Die Selbstzerfleischung verschob ich spontan auf später, ich legte den Finger an die Lippen, bedeutete Borkan mit deutlichen Gesten, sich zurückzuziehen. Erst als dies geschehen und er fort war, straffte ich mich, öffnete die Türe durch die wir gekommen war, und sah, zwischen den breiten Rücken der drei Wächter hindurch, einen jungen Mann in dem halbdunklen Gang stehen.
    "Was gibt es?" fragte ich ruhig.
    Dann waren da Schritte, lautes Marschieren, das sich rasant näherte.....




    "Haltet den Bock! Haltet ihn auf!" gellte es durch das Atrium. Unruhe entstand unter der versammelten Gesellschaft, Köpfe drehten sich hin hin zu dem Rufer, einem schmächtigen Opferhelfer, der mit weitaufgerissenem Augen dem Untier hinterhersah, das er nicht hatte halten können.


    [Blockierte Grafik: http://www11.pic-upload.de/14.03.15/cyhi662f9xv6.jpg|Das Untier


    Ein prachtvolles Wesen war der Widder, der nun mit wilden Sprüngen in die Schar der Gäste stob, mit seinen vergoldeten spitzen Hörnern, umwogt von seinem weissen Zottelfell. Die Betäubungskräuter hatten dem Feinschmecker nicht gemundet, nun jagte er wie ein Derwisch durch den Saal, den Kopf gesenkt um jeden der ihm im Weg stand auf die Hörner zu nehmen, die gelben Augen glommen dämonisch, der Führstrick schleifte am Boden, die Opferbänder flatterten lustig hinter ihm her, und Damen und Herren stoben kreischend auseinander...

    Bitte - Aus der berückenden Versunkenheit dieses überlangen, gar nicht mehr 'normalen' Handschlags, erwachte ich bei diesem Wort, wich zurück und nahm Platz auf einer der Klinen, so dass Manius und ich nun ums Eck herum saßen. Er sah mich an, ich erwiderte stumm den Blick, und ein großes Schweigen hing im Raum, und füllte ihn ganz aus. Es war kein Platz darin für das was ich hätte sagen wollen, was mir die Brust weitete und mir auf der Zunge brannte, in dem Bestreben, mit dem nächsten Atemzug gesagt zu werden:
    Du fehlst mir.


    Als er schließlich das Wort ergriff, war er sehr offen. Viel Vertrauen schenkte er mir. Ich hörte und sah das, was ich schon aus seiner kleinen Nachricht herausgelesen hatte, wie es ihn quälte, zermürbte, wie es ihn umtrieb und auf ihm lastete. Ich war derjenige gewesen, der ihn in meinem unendlichen gerechten Zorn immer wieder dazu gedrängt hatte, die Augen weit zu öffnen und dieser Schuld ins Fratzenantlitz zu sehen. Und nun, da er es tat, und sich nicht schonte mit seinen Selbstvorwürfen, da wollte ich ihn am liebsten... in meine Arme schließen und ihm beschwichtigend durchs Haar streichen, und ihm ins Ohr flüstern, dass am Ende alles gut werden würde.
    Dies alles kannte ich ja bereits, diesen Tonfall wunder Verzweiflung, das Gefühl ihn am Rande des Abgrundes taumeln zu sehen, das Wissen, dass ich ihn halten musste, und die Angst es nicht zu packen. Das alles war blitzartig wieder da, so als wären wir zurückversetzt in die Zeit als er, verfemt, verborgen hinter der Maske des Aton, unter unserem Dach versteckt gelebt hatte.


    Ich lauschte ihm. Ganz ohne Groll? Etwas hatte sich verändert. Vielleicht in dem Moment, als er so zornig stolz den senilen Despoten herausgefordert hatte - um meinetwillen. Wahrscheinlich auch in der Zeit, in der es mir immer klarer wurde, dass beim Aufstieg und Fall jenes Despoten unbegreifbare Mächte gewirkt und Manius mit in ihren Strudel des Irrsinns gezogen hatten. Und sicherlich auch an dem Tag, an dem ich endlich wieder meine Tribunenrüstung angelegt, in die Castra zurückgekehrt und mein Soldaten-Selbst wiedererlangt hatte.


    "Ja," antwortete ich auf seine Frage, "aber davon erzähle ich dir gleich, ich.. muß dir noch was sagen. Ich glaube dass sich viel von den vergangenen Ereignissen gar nicht verstehen lässt. Du sagst, du hast Wahrhaftigkeit verloren, aber... damit bist du nicht allein, das ist doch alles viel größer. Die Ereignisse haben uns alle mitgerissen, wie in einem Strudel der Charybdis, und es haben sich fadenscheinige Stellen in der Wirklichkeit zu gefährlichen Rissen aufgetan, so dass alles um uns... manchmal nicht mehr Kohärenz als ein Traumgespinst hat. Und dass ich mich frage... ob wir darin die Träumenden oder die Geträumten sind."
    Leidenschaftlich hatte ich die Worte aneinandergereiht, sie flossen wie von selbst aus meinem Mund, bis ich urplötzlich innehielt, mir unsicher über die Wange rieb und ihn fragte:
    "... Ich klinge wie ein Verrückter, oder? - Aber manchmal... scheint es mir wirklich, dass ich mit diesen Gedanken... etwas großem auf der Spur bin, einem grundlegenden Rätsel unserer Existenz, mit dem verglichen die ganze Konspirationssache... nein, nicht bedeutungslos ist, aber doch nur wie ein Schauspieler in der Maske des Hades im Vergleich zum wahren Herrn der Unterwelt."
    Nachdenklich legte ich den Kopf schief. Niemandem ausser Manius hätte ich diese seltsamen Gedankengänge anvertrauen wollen.
    "Wobei es wahrscheinlich... am Ende keinen großen Unterschied macht. Ich meine, was können wir anderes tun, als... die zu sein, die wir sind, und unsere Pflicht zu tun? Wie... keine Ahnung... Sisyphus."
    Wie kam ich jetzt bloß auf Sisyphus? Den konnte man sich ja wohl kaum als glücklichen Menschen vorstellen.
    "Du bist...gestolpert und - mit den besten Absichten - in den Mahlstrom der Verschwörung geraten, und ich will es auch gar nicht beschönigen was schlimmes daraus entstanden ist, aber ich glaube, dass du... wenn es dir möglich gewesen wäre, dich dagegen zu stellen... auch nichts hättest aufhalten können, oder verändern können an dieser dumpfen Verheerung des Schicksals, und dass es für das große Geschehen... keinen Unterschied gemacht hätte. - Und was dich, was dich ganz entscheidend trennt von diesen skrupellosen Konspiranten-Sauhunden, das ist, dass du, DU, der einzige bist, der sich der Verantwortung stellt, und hinsieht, und die Verwüstung nicht mit einem Schulterzucken abtut und ignoriert. Du stellst dich dem, und... es ist eine schlimme Last, und gerade dass du es auf dich nimmst sie zu tragen zeigt, dass du... tapfer bist.
    Tapfer."
    wiederholte ich ernst und voll Überzeugung.
    "Zieh dich nicht zurück, aus Leid über das Vergangene. Es hat dich gestählt und wachsam gemacht und gelehrt beginnende Strudel von Irrsinn zu erkennen. Wenn du dich zurückziehst, überlässt du das Feld nur den machtgeilen Karrieristen, die du, die ein Mann von deinem Format, doch zehnmal in die Tasche stecken würdest, und - du sagst es - gerade jetzt ist das wichtig, so wichtig dass integre Männer wie du den Staat lenken...... Gerade jetzt."

    Wenn ich behauptet habe, dass ich keine Miene verzogen hätte... dann entsprich das nicht ganz der Wahrheit. Nur fast. Es sah aber auch zu drollig aus, wie viele der Jungs mit einem Mal über-feuereifrig ihr bestes gaben, und dabei zum Teil ein wenig über das Ziel hinausschossen. (Natürlich waren wir alle damals als Frischlinge genauso komisch gewesen. Ich entsinne mich wie mein Centurio einmal fast platzte vor Heiterkeit, als ich ihm vorführte, was ich alles schon für ultralässige Manöver mit dem Gladius draufzuhaben meinte.)
    Und es erinnerte mich daran, dass der Nimbus der Garde – so sehr wir auch mit noch immer fehlender Mannstärke und sonstigen Bürgerkriegsschäden zu kämpfen hatten – dass der Glanz der Garde, zumindest bei diesen Jungs noch in den Köpfen drin war. Das war doch schon mal was.
    Und was mir noch auffiel – wie verdammt jung die Tirones waren. Jedes Jahr wurden die jünger, echt mal....
    Der Centurio Iunius, Iunius Avianus, Ex-Prätorianer und Sohn des Iunius Lucullus wie ich mich natürlich erinnerte, hatte seinen blutjungen Sack Flöhe gut im Griff. Ich nickte ihm "militärisch knapp" zu, als ich in einiger Entfernung vorüberging.


    Doch halt, was war denn das – ich stutzte, wir tauschten einen Blick – der eine Tiro, der lange mit dem Bart, der sah meinem jungen Cousin Rusticus verdammt ähnlich... Nein, das war er tatsächlich. Na sowas. Der Ianitor hatte mal gemeint, Rusticus wäre in der Stadt, und habe mal vorbeigeschaut, sei aber schrecklich in Eile gewesen. Und nun hatte er also bei den Stadtkohorten angeheuert. War ja eine gute Wahl, diese Einheit, dachte ich so bei mir, und ich fand es auch sehr löblich ex caligae anzufangen (auch wenn diese Haltung, die zu meiner Zeit vorherrschend war, mittlerweile als altmodisch galt...) Aber was Großtante Drusilla wohl dazu sagte? Sie meinte doch, er sei zu zart und müsse immerzu gut auf seine Gesundheit achten. Oh je, darüber war sie bestimmt nicht amüsiert.
    Natürlich erlaubte ich mir keine Vertraulichkeiten, ich ging nach diesem kurzen Stocken weiter, verließ dann den Campus und entschwebte Richtung Principa.

    Nach dem Abgang des Centurios, und schon während der anderen Besprechungen mit den Spionen, die ich für die anderen wichtigen Provinzen vorgesehen hatte, ging die Suche nach dem verschollenen Pilus Prior los. Und den anderen verschollenen Offizieren. Einen nach dem anderen ließ ich, nachdem sie endlich aufgespürt waren und sich endlich herbequemt hatten, bei mir antreten und stauchte sie zusammen, machte ihnen klar: noch so'n Ding, und das wars mit der Gardekarriere. Ab zur Classis würde es dann heißen! (Das stellte ich ihnen zumindest in Aussicht.)
    Darauf machte ich mich daran, die Centurien meiner Kohorten eine nach der anderen zu inspizieren, und meine Scribae zählte dabei auch immer fein säuberlich die angetretenen Männer (wobei sich noch so einige Lücken auftaten), ich strich für die kaiserlose Zeit den Urlaub, ich strich die meisten Abstellungen, ich verhängte Disziplinarstrafen für Schlamperei, Soldbetrug und Drückebergerei, ich überwachte das tägliche Training, ich kroch in den Magazinen herum und ließ die Artillerie aus den Schuppen in denen die Geräte verstaut waren herausräumen und ausbessern, kurz, ich machte in den nächsten Wochen einen auf eiserner Besen und wirbelte den gemütlichen Schlendrian der sich hier eingeschlichen hatte durcheinander. Der erste größere Einsatz lief dann auch ganz gut an.

    Schlagseite hatte unser wunderbarer Plan ja schon an der Stelle bekommen, an der ich es mir nicht hatte verkneifen können, dem garstig stichelnden Dives meinen neuen Freund unter die Nase zu reiben. Das war nicht so sonderlich konstruktiv gewesen (hatte aber enorm gut getan.)
    Fahrt aufgenommen hatte unser angeknackster Plan dann wieder, mit dem Erscheinen unserer Trumpfkarte: Quintilia Valentina. Und als Borkan so mutig das Risiko einging, und vortrat, und Dives reinen Wein einschenkte was die Herkunft der Tabula anging.
    Doch all dies scheiterte dann doch wieder an Dives Wand, ach, was sage ich, Festungsmauer des "dass nicht sein kann was nicht sein darf". Entgeistert hörte ich seine wirre Tirade, sah unserem Plan beim Kentern und Absaufen zu. Immer wieder versuchte ich zwar, Dives blindwütigen Anschuldigungen etwas entgegenzusetzen...
    "So hör uns doch erst einmal zu..."
    "So lass uns doch erst einmal erklären..."
    "Du hast ja noch nicht mal die Tabula gesehen..."
    ...doch dies ging in seinem Redeschwall unter, und als er immer beleidigender wurde, und mir das Blaue vom Himmel unterstellte, wurde ich selbst zornig:
    "Sag mal, geht's noch?! Was zum Hades ist das für ein ausgemachter Schwachsinn den du dir da zusammenfantasiert?! Mala leche, du glaubst wohl es dreht sich immer alles auf der Welt nur um dich!!?"
    Und als er zuletzt postulierte, die Megäre würde doch für ihre ungeliebte Stieftochter keinen Mord in Auftrag geben:
    "Und was ist mit dem Ruf der Familie, in die sie sich durch ihre Erpressung eingenistet hat, hm, dem Ruf der Familie, an der auch ihr eigener Aufstieg hängt, meinst du nicht dass sie da den ein oder anderen Finger durchaus krümmen würde?!!" rief ich ihm zornig hinterher.


    Weg war er, mit einer letzten Verwünschung.
    "TONTO!" knurrte ich, mit der Faust auf den Bretterstapel neben mir schlagend, "Bucco! Imbecil!" Mit zwei Fingern rieb ich mir verkrampft die Nasenwurzel und: "Oh zum Cerberus," schimpfte ich, "...das ist doch nicht zu fassen! Einen Maulwurf sollte er sich als Wappen wählen, keine Taube."
    Er wünschte, er hätte mich nie getroffen. Das war... das war ein beschissener Tiefschlag. Aus dem Munde von einem, in dem ich einmal geglaubt hatte, meinen Silberstreif am Horizont zu erkennen. Auch wenn ich selbst-ver-ständ-lich lääängst über ihn hinweg war. Ich atmete tief durch, versuchte die sich aufdrängende Erinnerung zu verscheuchen, an diesen stillen Moment im Park damals, als ich ihn angesehen hatte, der so schön und so gelöst gewesen war nach der Leidenschaft, und dabei gedacht, dass ich ihn nur ja nicht zu nah an mich ranlassen durfte, weil auch 'dieser süße Hyazinth sich dann in eine herzzerfleischende Bestie verwandeln würde' - womit ich also recht behalten hatte. Ein Ehrenplatz im Kabinett katastrophaler Ex-Liebhaber war Dulcis Dives nun sicher. Ganz furios.


    Erst jetzt wurde ich mir der beiden anderen wieder bewußt, und ich sammelte meine entgleisten Gesichtszüge wieder ein, sah zu ihnen. Sie glaubten Dives doch nicht etwa seine Anschuldigungen?! - Nein, nein, es sah nicht so aus. Gut, zumindest dieser Kelch ging an mir vorbei.
    Quintila brachte es auf den Punkt. Er hat uns nicht zuhören wollen.
    "Ja. Sie erpresst ihn." pflichtete ich ihn bei, "Aber wenn er uns doch wenigstens zugehört hätte! Er hätte etwas in die Hand bekommmen, das er ihrer Erpressung hätte entgegensetzen, mit dem er sich aus ihrem Joch hätte befreien können."
    Hätte, hätte, hätte.
    Ich verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. War dankbar für Quintilias mitfühlende Geste, wappnete mich aber für den Augenblick lieber in Ironie und wandte resigniert die Hände gen Himmel. Ja, es war richtig, und wie bei jeder guten Tat folgte die Strafe auf dem Fuße.


    "Lasst uns aufbrechen" meinte ich, und legte Borkan den Arm um die Schulter, drückte ihn kurz fester, denn ich musste ihn gerade spüren, dass er da war, und er noch immer durchaus froh dass wir uns kennengelernt hatten.
    "Wie wir weiter vorgehen... da sollten wir wohl mal ne Nacht drüber schlafen. Und es tut mir wirklich leid dass du hier mit ins Kreuzfeuer geraten bist." entschuldigte ich mich bei Quintilia. "Und dazu noch umsonst. Jeder andere hätte es einsehen müssen was du sagtest, aber Dives... ist echt blind... und... naja.... ich glaube auch ziemlich verzweifelt."
    Ja, kaum war die Wut verflackert wurde ich sentimental. Ich biss die Zähne zusammen.
    "Ich würde ja sehr gerne vorschlagen, dass wir dich noch nach Hause geleiten, aber ich glaube es ist besser, wenn wir nicht zusammen gesehen werden."



    "He, Compagnero!" hatte ich zu Massa gesagt, als ich ihn heute in der Casa antraf, "wie gut dass ich dich vor deiner Abreise noch erwische. Komm doch mal mit, bitte..."
    Und so entführte ich ihn, weg von allen neugierigen Sklaven, großohrigen Klienten und sonstigen potentiellen Lauschern. In mein Cubiculum. Dort musste ich erst mal Platz zum Sitzen schaffen, ich räumte einen Stapel von Papyri, Büchern und Schreibkram von der breiten Fensterbank auf einen überladenen Tisch, und meine Syrinx, eine zerknitterte Tunika und eine einzelne, verloren wirkende, brünierte Beinschiene von dem Scherenstuhl daneben, dann erst setzte ich mich auf die Fensterbank.


    "Ähm..." erklärte ich, etwas verlegen für dieses private Chaos, wo mein Ideal doch die militärisch klare Ordnung war, "das ist nur, weil ich doch meine ganzen persönlichen Sklaven freigelassen habe." Und weil ich wieder so viel Zeug hatte. Im Tempel, als Jünger des Serapis, da hatte ich ja so gut wie nichts besessen. Und auch ganz früher, als Miles gregarius, wo auch niemand hinter mir hergeräumt hatte, waren es nur sieben Sachen gewesen. "Und ich kam noch nicht dazu, mir neue zu kaufen. Oder eigentlich... will ich gar keine neuen. Die mich am Ende noch verraten." Ich zuckte die Schultern.


    Mein Zimmer lag im Obergeschoß, dem Hortus zugewandt. Das Sonnenlicht, das von da hereinfiel, drang durch die gut gedeihenden Hanfpflanzen hinter der Scheibe, und tauchte Massas Achilles-Züge in ein grünliches Licht.
    "Ich wollte noch was mit dir besprechen. Bevor du wieder in See stichst. Eigentlich ist es eine Bitte, die ich an dich habe..."


    Eine kleine Kustpause folgte.
    "...oder man könnte auch sagen, es ist ein Angebot. Ganz wie du willst." Ich lächelte ihm geheimnisvoll zu, wollte ihn dann aber auch nicht länger auf die Folter spannen. "Du weißt ja wie das gerade ist. Ruhe vor dem Sturm, im Augenblick scheint alles seltsam friedlich, aber sobald der erste Legat zuckt bricht wahrscheinlich der Tartarus los." erklärte ich, abgebrühter tuend als mir wirklich zumute war.
    Nur nicht schon wieder Krieg.
    "Ich brauche einen Informanten in Alexandria. Auf den ich mich verlassen und dem ich vertrauen kann. Was sagst du, Appius? "




    edit: letzten Absatz hinzugefügt :)

    Aber Hola, da ließ Massa heute aber wieder seinen Charme spielen! Ich kann nicht behaupten, dass es mir nicht geschmeichelt hätte. Seine herzliche Umarmung, das verschmitzte Zwinkern, das spielerische Flirten mit uns beiden, gaben mir einen übermütigen kleinen Schwips, und "He, du verworfener Grieche," protestierte ich lachend, aber zugleich mit einem deutlichen Unterton von: MEINS. FINGER WEG! - "Das tue ich." Gut auf meinen Liebsten aufpassen. "Da kannst du aber Gift drauf nehmen dass ich das tue."
    Natürlich war ich sehr erleichtert, dass er Borkan gegenüber so freundlich war (solange es nicht zu freundlich wurde), und dass Borkan sich hier so gut schlug. Aber, oh je, hätte mein Held nicht etwas diskreter sein können.. was musste Borkan jetzt von mir denken, da wir doch ständig ehemaligen Liebhabern von mir begegneten. Er musste mich ja für einen flatterhaften, hemmungslosen Libertin der Sitten halten. Dabei meinte ich es doch wirklich ernst mit ihm.


    Zum Glück entwickelte sich gleich darauf ein Gespräch über unverfängliches.
    "Mhm, und auch ägyptische Waren." fügte ich an Borkans Erklärung an, meinte zu Massa: "Du kannst uns da doch bestimmt ein paar gute Tipps geben, wer zuverlässig transportiert, und wen man schmieren muss und so weiter."
    Massa hatte mir doch selbst schon von händlerischen Ambitionen erzählt, doch ich war damals sehr gekränkt gewesen, dass er lieber über Geschäfte reden wollte anstatt mit mir gemeinsam den Weltschmerz zu exhumieren, und hatte ihm darum nicht so recht zugehört...