Oh die süßen Lügen...! Wie unendlich verlangte es mich danach, sie zu glauben... alles zu vergessen... einfach alles auslöschen und neubeginnen... erwachen und erkennen, dass sein ungeheurer Verrat nur ein böses Traumgespinst gewesen war... In seine Arme sinken wollte ich... unwissend sein und glücklich werden. -
Nein, ich war ja bereits in seine Arme gesunken. Meine Beine waren zu flau, sein Griff zu fest. Schluchzend lehnte ich an ihm. Meine Stirn berührte seine Wange. Ich war zu schwach. Ohne Halt. Und sein Arm um mich, seine Hand an meinem Nacken, sie boten eine infame Vertrautheit, sie sprachen von dem, was wir einst gehabt hatten, und mein Körper erinnerte sich und sehnte sich... sehnte sich so schrecklich nach ihm.
"Ausgerechnet...du..." schluchzte ich... "Manius..."
Mein Kopf sank schwer an seine Schulter. Jämmerlich war das. Angesichts dessen, dass ich hergekommen war um mich zu rächen. Aber ich konnte nicht mehr. Ich konnte einfach nicht mehr.
Mit überquellenden Augen sah ich verschwommen die Flammen auf der Öllache tanzen. Alles andere, alles ausserhalb unseres kleinen rotbeschienenen Flecks lag in tiefer Dunkelheit. Ich spürte wie er atmete, wie seine Brust sich hob und senkte. Endlich versiegten die Tränen.
"Weißt du..." schniefte ich leise, "dass ich immer nur an dich gedacht habe... in der Dunkelheit... in dem Verlies... Ich habe... ich habe die Augen geschlossen und... wenn ich da auf der Pritsche lag... so dass meine Schulter die Wand berührte, dann... habe ich mir vorgestellt, es wäre deine Berührung... du wärst bei mir..."
Ein Zittern ging über mich. Die Kälte des Gefängnisses hatte sich festgesetzt, in mir, in meinem Fleisch und meinem Gebein. Ich drängte mich gegen Manius, um an seiner Wärme teilzuhaben.
"Immer an dich gedacht... ich hatte... eine Ewigkeit, um an dich zu denken... Und anfangs, da habe ich gedacht 'Manius wird mir helfen. Manius wird mich nicht im Stich lassen. Manius wird dafür sorgen, dass diese Qual bald vorüber ist."
Meine Stimme war dünn, wie erstickt. Ich hob den Kopf und sah ihn glasig an. Ihn, der mich im Kerker hatte verrotten lassen.
"Und die Zeit verging... und meine Schwester kam zu mir, und wir sagten uns gegenseitig 'Manius, ja, Manius, er wird uns beistehen'... und die Zeit verging... und dehnte sich zur Unendlichkeit... und zermalmte mich...und niemand kam zu mir, als die Keren, fett von eurem Krieg, die Keren die zwischen ihren blutigen Fängen die Fetzen der Gefallenen tragen... und ich habe an dich gedacht, und all deine Worte tauchten mir auf aus dem Vergangenen... und all deine Taten... und irgendwann... habe ich dann verstanden wie ungeheuerlich dein Betrug war. Ich wollte..." flüsterte ich, getrieben weitersprechend, tonlos, wie ein Irrsinniger "...sterben... aber nicht mal das ist mir gelungen... und ich habe mir dann etwas geschworen... was meinst du wohl... Manius, geliebter Manius..." Kalt und knochig streichelte ich seine Wange. Legte den Kopf schief und wiederholte eindringlich:
"Was glaubst du wohl, was ich mir dort unten geschworen habe?"
Beiträge von Faustus Decimus Serapio
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Was war auf eine solche Tirade noch zu sagen? Was sollte ich darauf noch erwidern, auf diesen wirren Wust von Vorwürfen, in dem sich munter Versatzstücke des Wirklichen mit Irrtümern, Propagandalügen und paranoider Phantasterei vermischten? - Konnte er allen Ernstes glauben, ich würde mir, um ihm eins auszuwischen, solche Sachen einfach aus den Fingern saugen?!
Heftig vor den Kopf gestoßen, betrachtete ich stumm und verkniffen seinen wütenden Rücken.
Eines war mal klar: Dives war ganz schön verwirrt. Wahrscheinlich war er sogar noch verwirrter als ich.
Ich wischte ein paar Glassplitter von meinen Knien – schade irgendwie um den Pokal, jetzt hatte ich nur noch einen - und fühlte mich ganz enorm hilflos. Wie konnte ich... wie könnte ich es jemals schaffen, ihn zu überzeugen, die Wahrheit zu sehen, mir Glauben zu schenken, wenn ich nicht mal ansatzweise durch diesen Wall von Verblendung und Zorn hindurchkam.
Warum war Dives denn überhaupt hierher gekommen... wenn er doch so ungeheuer wütend auf mich war. War er im Grunde nur gekommen, um mir unter die Nase zu reiben , wie blendend sein Leben verlief, im Gegensatz zu meinem, und um mich schwungvoll abzuservieren? Trauzeuge?! Der blanke Hohn!
Es war ja nicht völlig von der Hand zu weisen, dass ich seinen Avancen damals nicht unbedingt feinfühlig begegnet war. Aber was konnte ich dafür, wenn er sich bei einem kurzen Intermezzo gleich verguckte? Und es war so lange her. Es war in einem anderen Leben gewesen. Der Faustus, der da in diesem Lust-und-Liebesreigen getanzt, und dem schönen Iulier auf die Füße getreten war... dieser Faustus war irgendwo zwischen dem Schlachtfeld, der Kerkerhaft und dem Untergang meiner Welt auf der Strecke geblieben."Oh Dives." murmelte ich leise. "Das glaubst du doch alles nicht wirklich..."
Nun denn. Dann würde er also seine Crysantha heiraten. Selbst schuld. Er würde schon sehen was er davon hatte. Überhaupt. Ich war gar nicht in der Situation wieder irgendwas anzufangen... Ich würde ihn nur in Verruf bringen. Und in die Gefahr mithineinziehen. Oder etwa nicht? Doch. Genauso war es.
Langsam und schleppend hievte ich mich in die Aufrechte, und ging zu ihm hinüber.
"Nein," sagte ich zu seinem Rücken, "das habe ich nicht gewußt, dass es es dir so ernst war... Marcus." Ich war ja lernfähig. Auch wenn ich 'Dives' als Namen noch immer tausendmal fabulöser fand.
Schoßhündchen hatte er gesagt. Das war ja nun wirklich übertrieben. So schlimm war ich doch auch wieder nicht gewesen. War er etwa nicht auf seine Kosten gekommen?
"Ich war damals... hör mal, es tut mir leid wenn ich damals... etwas... ähm... naja... oberflächlich war." erklärte ich seinem schönen Nacken. "Ich... ähm... ich hatte gerade etwas hinter mir... etwas ziemlich..." Griechisches, lockiges und treuloses... "katastrophales... und war nicht so ganz... so wie ich sonst bin... und war auf einmal Präfekt und mußte schier unmögliche Entscheidungen treffen... und dann war da auch noch... also, ganz plötzlich wieder aufgetaucht... mein, ähm..... Ex..."
Ex. Ein wunderbares Wort, so kurz und bündig, so abfällig, verwies es die ganze verfluchte überlebensgroße und überlebensfurchtbare Schicksalsbegegnung in eine kleine dunkle Ecke in der Vergangenheit. Ich sagte es gleich nochmal, wobei ich unheilvoll zum Quirinal herüberspähte:
"Mein Ex. Und das war auch eine... ähm... lange Geschichte..... aber... " Aber das führte zu weit. Ich hustete, verschränkte die Arme vor der Brust.
"Also... was ich nur sagen will: Es stimmt nicht - du warst nie... warst doch wirklich nie sowas wie ein 'Schoßhündchen' ... das ist Blödsinn, das stimmt einfach nicht..." -
Das Schicksal hatte mir einen Knochen hingeworfen. Manius stand vor mir. Da stand er. Allein. Rache. Endlich.
Der Moment war gekommen, in dem ich ihm endlich das würde zurückzahlen können, was er mir angetan hatte. Eine schwärende Ewigkeit lang war ich der gewesen, der eingekerkert war und geschunden, hilflos ausgeliefert, verhöhnt und verlacht.
Jetzt war ich der mit dem Schwert.Ich sah ihn zurückweichen, ich sah ihn zittern, ich sah seine Tränen... und es war nicht genug. Es war noch lange nicht genug.
"Du pathetischer Mistkerl" flüsterte ich zornbebend, "du willst dich einfach davonstehlen, ja?"
Zum ersten Mal verstand ich, verstand ich von Herzen, was Massa damit gemeint hatte, als er mir die mors voluntaria verächtlich gemacht hatte. "Mein Schwert ist viel zu gut für dich." Konsterniert ließ ich es sinken. Wenn ich ihm einen Gefallen damit tat, ihn ihns Jenseits zu befördern...
"Elender... elender Feigling!" Blindwütig schleuderte ich statt dessen die Blendlaterne gegen die Wand neben ihm - sie polterte zu Boden, und auf dem Pflaster lief das Öl aus, bildete eine Lache, über die geisterhaft die roten Flammen huschten – und dann packte ich ihn an der Tunika, und knallte ihm die um den Schwertgriff geballte Faust ins Gesicht. Mittenrein in die verräterische Visage.
"Die Wahrheit hast du geliebt?! Mich hast du geliebt?! Lügner, erbärmlicher Lügner, du kannst ja den Mund nicht öffnen ohne zu lügen. Verraten hast du mich, belogen hast du mich, das Reich ins Verderben gestürzt hast du, mit Lügen verpestet, du und deine Verschwörerkumpanen, benutzt hast du mich, und meinen Namen in den Schmutz getreten und... und ich...... ich liebesblöder Trottel... ich hab dir noch geglaubt... hab an dich geglaubt..."
Doch wo war mit einem Mal der Zorn geblieben? Wo war die hitzige Wut, die mich getragen hatte, wo war die Kraft in meinen Armen, wo war der Klang meiner Stimme.... Tränen stiegen mir in die Augen, unendliche Trauer schnürte meine Kehle zusammen.
"Bis du mich fallen gelassen hast..." flüsterte ich, "und im Kerker verrotten..." Tränen? Ich hatte nicht mehr geweint seitdem, die Tränen waren versiegt und ich hatte mich an die Taubheit gewöhnt... aber jetzt rannen sie mir über das Gesicht, und nahmen gar kein Ende. "Wir... wir hatten..." schluchzte ich, "etwas so ungeheuer schönes... aber du..." Meine Schultern zuckten haltlos. Ich rang nach Atem, schniefte und konnte gar nichts dagegen tun, der Strom der Tränen floß unaufhaltsam, ich heulte Rotz und Wasser, das Schluchzen drang abgehackt aus meiner Brust, und dazwischen kamen meine Worte gepresst, kaum noch zu verstehen: "Du hast... unsere Liebe verraten... für... deine beschissene Verschwörung. " -
Es "tat ihm leid". Meine Lippen kräuselten sich verächtlich.
"Ach tatsächlich. Wie nett."
Mit klammen Finger ergriff ich das Glas und prostete ihm mit beißendem Sarkasmus zu.
"Prost, Dulcis Dives! Ich trinke auf diese wohlfeile Phrase. Wenn es dir ach so leidtut, dann tu es eben nicht! Dann hör auf dir was vorzumachen. Wenn du heiratest ist es aus mit uns! Es funktioniert nicht, sowas funktioniert nicht, Frauen drängen sich immer dazwischen, ich hab das zu oft schon mitgemacht, ich werde mir das nicht nochmal antun!"
Die alten Wunden meldeten sich schmerzhaft...... Hannibal... geliebter Hannibal... wie er sich achtlos von mir abwendet, mein Liebesgeständnis gar nicht hörend, weil er mit den Gedanken nur bei seiner Chrysantha-Schlampe weilt... und Massa, der Treulose, wie er mich, nach der Schlacht bei Tasheribat halb am krepieren, alleine läßt um seiner nach Ziegenmist stinkenden "Wüstenblume" hinterherzurennen... Unwillkürlich rieb ich mir den häßlich vernarbten rechten Unterarm.
"Du hast die Wahl! Schick das Weib dahin wo der Pfeffer wächst! Ich werde die Sache schon regeln, ich kenne genug Leute die jemanden verschwinden lassen können. Und fang an zu denken, und öffne deine Augen, und stell dich dem Fakt, dass der Gewaltherrscher, an den du dich da mit dieser Hochzeit annähern willst, genau derjenige ist, der die Ulpier vergiftet hat, den Krieg auf Rom gehetzt hat, und und tausende von uns Soldaten dazu verurteilt hat, von Bruderhand elendiglich zu verrecken. Aber mir scheint, Dulcis Dives, du willst lieber blind und taub sein, weil das für dich ja um so vieles bequemer ist!"
Es war wie eine unüberwindbare Mauer, diese... ungeheure Trägheit, diese phlegmatische Gleichgültigkeit, dieser achselzuckende Opportunismus angesichts des widerlichsten Verbrechens, das man sich als Römer nur vorstellen konnte – und dieses bizarre Phänomen begegnete mir ja nicht nur jetzt, hier, mit Dives, nein, jedermann schien davon befallen, es war eine Seuche, eine Pest, die aufrechte Römer in blökende Schafe, die eifrig dem Giftmörder hinterhertrippelten, verwandelte. Unheimlich, sehr unheimlich...Und irgendwie... wirkte dieses Phänomen auch so... künstlich, so... unecht, wie von aussen gemacht. Denn Dives war doch eigentlich alles andere als ein Schaf, er war scharfsinnig, und vor allem war er ein Mensch mit Anstand und mit Idealen, sonst hätte er sich damals nicht mit dem "Gefesselten Prometheus" so in Gefahr gebracht! Auch wenn es fehlgeleitet gewesen war... er hatte Mut bewiesen, damals...-
Unvermittelt kippte ich das Glas runter, und knallte es mit voller Wucht vor ihm auf das Dach. Es klirrte ohrenbetäubend, und Scherben spritzten durch die Luft, ein Regen grüner Glassplitter...
"MARCUS!!" brüllte ich ihm heiser ins Gesicht, "WACH ENDLICH AUF!!! HAST DU DENN GAR KEINE COJONES MEHR???!!" -
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Styrkar folgte dem süßen Luder, zog dabei schon seine Tunika über den Kopf, und präsentierte seinen muskelbepackten Luxuskörper mit unverholenem Stolz. Ja, da konnte die Kleine mal sehen. Kunden wie ihn hatte sie bestimmt nicht alle Tage!
Er bleckte, noch breiter grinsend, die Zähne, als sie ihn lockte, und legte sich zu ihr. Gierig liebkoste er ihren Leib, dann stemmte er sich über sie, packte ihre Beine und kam zur Sache. Das Bett knarrte und ruckte, der Germane keuchte wie ein Keiler als er seine Lust stillte, dann sank er gähnend, mit sich und der Welt rundherum zufrieden, neben Beroe auf die Matraze.
Da wäre er gerne noch etwas länger geblieben, aber die Pflicht rief... So raffte er sich auf, hob seinen Gürtel mit der Börse vom Boden auf und zählte der Lupa die Sesterzen auf das Laken. Er überlegte, ob er noch etwas Trinkgeld hinzufügen sollte, doch sein Peculium war zwar nicht schlecht, aber soooo üppig ja nun auch wieder nicht, und wenn er es sich recht überlegte, war die Kleine ja schon etwas zu mager, und ihre Hüftknochen zu spitz. Darum beließ er es bei der versprochenen Summe.
"Also dann Süße. War schön." Er gab ihr einen anerkennenden Klaps auf den Hintern. "Bist ein heißer Feger, du!"Wohlgemut und entspannt kehrte der Germane in die Schankstube zurück. Er gesellte sich wieder in die Runde, wo gegessen und getrunken wurde, und wo sein Herr mit schwerer und immer schwererer Zunge von den 'Dingen' schwadronierte, die er wisse, und wenn er sie laut sagen würde, dann, ja, dann würden einige Herren sich wundern... und à propos Huren: Rom... ganz Rom sei eine Hure, eine sieche, alte, angemalte Hure die schamlos die Beine breit mache für die infamsten Verbrecher...
Armer Teufel dachte sich der Germane, Der geht vor die Hunde. So ganz ohne seine Sippe, das ist gar nicht gut. Und jetzt wird das noch kälter, da oben in dieser Bruchbude. Wenn er ins Gras beisst – wem gehöre ich dann? Der Schwester? Hoffentlich nicht, das ist eine Strenge, eine harte Frau! Seinem Vater dem Konsul? Der ist ein guter Herr. Aber ob ich dann immer noch genug Peculium bekommen, um mir so eine süße Kleine wie eben zu leisten? Jaja, die war schon scharf. Rattenscharf!Und Styrkar kratzte sich versonnen im Schritt und verputzte seinen Eintopf. Später stützte er seinen bis zur Besinnungslosigkeit betrunkenen Herrn, während Akadios die Zeche beglich, und dann schleppte er seinen Herrn auch noch zurück in die Herberge, und trug ihn die Stiegen hinauf. Alle vier Stockwerke.
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Langsam... ganz langsam... drang die Erkenntnis zu mir vor.
Ich war allein. Ich konnte es vergessen.
Denn mein Vater wollte genau nichts tun. So wie er sich taub stellte für das was ich sagte, so wie er nicht mal mit einem einzigen Wort, nicht mit mal einem Zucken der Mimik darauf reagierte, als ich von der Treue zu Rom sprach, und von den toten Soldaten und von den Werten unserer Gens und von dem Blut in unserem Atrium.... ebenso stellte er sich taub und blind gegenüber dem ungeheuerlichen Verbrechen, das Palma und Kumpanen am römischen Volk verübt hatten.
Ich hörte seine hohltönenden Ausflüchte, und sah ihn... sah ihn auf eine Weise, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Wie einen Fremden. Einen fremden, alternden Mann. War das noch derselbe, der zu dem ich aufgesehen, den ich bewundert, dem ich nachgeeifert hatte, war das der Mann für den ich durch Feuer gegangen wäre... und war... um seine Anerkennung zu erringen?!"Du willst also nichts tun." fasste ich seine Ausflüchte zusammen. "Sollte die Zeit reif sein..." Gab es eine noch vagere Formulierung? Nicht mal den Angehörigen der Ermordeten wollte er reinen Wein einschenken.
"Du bist einer der einflußreichsten Männer des Imperiums, und du kennst die Wahrheit, und du willst nichts tun. Dabei weißt du so gut wie ich: indem du die Wahrheit verschweigst, indem du sie unter den Teppich kehrst, hilfst du dem Kaisermörder, mit seinen elenden Lügen das ganze Reich zu vergiften. Indem du das Verbrecherregime unterstützt, machst du diese Schweine salonfähig. - Waren da nicht mal... ich meine, hast du nicht früher mal.. große Worte gesprochen von Römerpflicht und Ulpiertreue...? Kaum sind die Ulpier tot, dienst du ihrem Mörder. Anstatt alles zu tun, um die Verbrecher zur Verantwortung zu ziehen. -"
Und das nicht genug - er befahl mir, dass auch ich den Kampf aufgeben solle. Benommen schüttelte ich den Kopf. Ich fror bis ins Mark...
"Ich erkenne dich nicht wieder, Vater."edit: Zeitlinienwirrwarr
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Wenn er doch nur das eine gesagt hätte. Wenn er es doch belassen hätte bei den schönen Worten, die süß waren wie Honig, Balsam für meinen Wunden, bei den Worten, denen es hätte gelingen können, den Graben zwischen uns zu überbrücken.
Aber er beließ es eben nicht dabei, er verpasste ganz entschieden den Moment wo er besser geschwiegen hätte – und etwas in mir... klappte zu. Mein Gesicht wurde hart. Meine Mundwinkel zuckten nur müde, als er niedliche Worte in unbeholfenem Iberisch sprach. Der Abgrund war zu tief, und bei aller Einsamkeit... bei aller Verzweiflung... ich hatte mich nicht... um einen entsetzlichen Preis... von dem Sumpf der Lügen und der feigen Heuchelei abgewandt, um mich nun zum Hausfreund einordnen zu lassen, von einem stromlinienförmigen Politiker, der ganz versessen darauf war sich um jeden Preis an das Unrechtsregime ranzuschmeißen.
"Marcus Dulcis Dives..." sagte ich müde und traurig, "du bist wunderschön... und ungeheuer wortgewandt... und sehr..." ...ich stockte, sprach mit niedergeschlagene Augen weiter..."sehr liebenswert... und auch mein Herz hat höher geschlagen als du zu mir gekommen bist..." Dann kam das aber. "Aber es ist... erschreckend wie naiv du dir die Welt zurechtfabulierst... zu einem Ort des Guten und Schönen. Und du redest zuviel. Viel zuviel."
Ich hob den Blick und sah ihm resigniert in die Augen. Die Augen, genauso blau wie Vergissmeinnicht.
"Wieviel du auch reden magst – du wirst mich weder davon überzeugen, dass Licinus recht daran getan hat, mich zu verleugen und in der Not im Stich zu lassen... noch wirst du mich davon überzeugen, dass du recht daran tust, dich an das Regime des Giftmörders und Kriegsverbrechers anzubiedern, ohne auch nur einmal dein hübsches Köpfchen zum Denken zu benutzen und die Lügenpropaganda dieser Mörderbande zu hinterfragen... noch wirst du mich mit deinem Irrglauben anstecken können, dass es für dich... oder uns... oder für das was zwischen uns sein könnte.. irgendwie gut sein könnte, wenn du dich willfährig von einer zänkischen Frau aus einer undeutenden Gens erpressen und zum Sklaven machen lässt."Ich wandte mich ab, und ging steifbeinig die paar Schritt bis zu dem Fleck vor meinem Zelt. Völlig erschöpft sank ich dort, starren Blickes, auf eines der Felle, die da zum Sitzen auf dem Boden rumlagen. Die Verzweiflung war... wie ein hartes Geschwür in meiner Brust, ich hätte weinen wollen, aber meine Augen blieben trocken.
Mein Icarion stand dort, unaufdringlich im Hintergrund, mit dem edlen Massiker, den er ein wenig zu optimistisch schon entkorkt, und zwei grünblaue Glaspokale damit gefüllt hatte.
"Mach mir eine Opiumpfeife fertig" sagte ich zu Icarion, und zog mir eine Decke um die Schultern. Er bot mir trotzdem erst den einen Pokal an, stellte ihn, als ich ihn nicht nahm, dann einfach neben mir ab. Darauf ging er zu Dives, um ihm den anderen anzureichen. Alles verging... alles zerfiel... aber mein Sklave wahrte die Form. -
Das rauhe Mauerwerk trank die Farbe, Staub löste sich und verkrustete mir den Pinsel, es war ein gewaltiges Geschmiere. Mein Zorn ließ die Buchstaben roh und primitiv werden. Der schmale Lichtspalt der Blendlaterne zeigte mir immer nur das keine Stück der Mauer direkt vor mir, alles andere war verschluckt von kohlrabenschwarzer Finsternis. Meine Hände waren auch schon schwarz bekleckst, als ich den letzten zornigen Pinselstrich machte. (Ich war halt kein routinierter Wändebeschmierer. Es war unendliche Äonen her, dass ich in meiner Adoleszenz, zusammen mit den Freunden, die meine Mutter gar nicht gerne sah, um die Häuser von Tarraco gezogen und in dem berauschenden Bewußtsein, wie ungemein rebellisch wir doch waren, 'NEC DOMINUS, NEC SERVUS, NEC DEUS, NEC PATRIA!' an die Wände geschrieben hatte.....)
Geschafft. Und nun? Enttäuschung! Es war nur ein Hauch von Befriedigung, seine Untaten hier so offen anzuprangern... nur ein Tropfen auf die heiße Lava...
Ravdushara zupfte mich, zum Aufbruch mahnend, am Tunikaärmel, aber ich verharrte vor meiner Schrift an der Wand, entschlossen, sie noch drastischer zu machen. Auch hier eine falsche Schlange skizieren? Oder eine Hyäne? Aber die war mir zu schwer zu malen, nicht dass die Leute das Vieh am Ende noch fälschlicherweise für einen edlen Löwen hielten. Oder vielleicht ein Strichmännchen, welches das Wort 'Veritas' unter seinen mit Halbmond geschmückten Schuhen zertrat? Oder.... der Gedanke schlich sich wie Gift in meinen Kopf... was wenn ich ihn hier auch noch als Cinaedus denunzierte? Illustriert mit einem eindeutigen Bild? Würde das nicht am übelsten schmerzen?! Egal wie gekonnt er es dann vertuschen würde – etwas blieb immer hängen.Die Farbe tropfte vom Pinsel...und tropfte...
Wenn ich Manius wirklich zugrunde richten wollte... und das wollte ich doch... denn nichts anderes hatte er verdient... oder?... warum sonst war ich hier?.... dann war es nur konsequent, auch noch dieses, von ihm so sorgsam gehütete Geheimnis aus der Tiefe ans Licht zu zerren... und es schonungslos dem Spott und der Häme der Welt preiszugeben.... Trotzdem war da irgendwo seltsamerweise noch immer so eine dumme sentimentale Hemmung, die mich daran hinderte, diesen Gedanken, mochte er noch so schlüssig sein, in die Tat umzusetzen. Und zwar ganz massiv daran hinderte. Wütend, jetzt nicht nur auf ihn, sondern zudem auch auf mich selbst, hob ich endlich doch wieder den Pinsel, um dann eben eine Giftschlange zu malen, eine Viper, die sich um die Worte herumwand...
Ravdushara packte mich am Arm.
"Dort an der Tür!" wisperte er. Ich zuckte zusammen, spähte angespannt dorthin, sah im ersten Augenblick nur Nacht – dann trat eine Gestalt mit einer Laterne hinaus aus der Porta.
"Nichts wie weg!" drängte mein Begleiter. Aber ich stand wie zur Salzsäule erstarrt.
...schere dich hin..fort - Diese Stimme...! Waren ihre Worte soeben auch barsch und fremd gewesen... diese Stimme kannte ich!! Kannte sie so gut.... in ganz anderen Tonlagen... und wie hatte ich diese Stimme geliebt, und wie oft hatte ich mir vorgestellt, mich in diese Stimme, und in die wunderbaren Worte die sie zu mir sprach einzuhüllen, hineinzuhüllen, wie in den herrlichsten, wärmsten und schönsten Mantel der Welt. Auch die vertrauten Züge sah ich, im Licht seiner Laterne.Manius.
"Manius." flüsterte ich tonlos. Und war so komplett überwältigt, dass ich in dem Augenblick nur die dumme Frage dachte: Was macht er an der Porta? Und: Ach so, Saturnalien.
Dann erst setzte alles wieder ein. Der Zorn!! Ich entriss dem zurückweichenden Ravdushara die Blendlaterne, und öffnete den Schieber ganz, so dass das Licht für einen Moment voll auf die Mauer fiel, und meine Anklage klar und deutlich der Dunkelheit entriss.
"Sieh es dir nur genau an!" brüllte ich ihn an. Die heiße tolle Wut trug mich wie auf einer gewaltigen, sich immer höher aufbäumenden, unaufhaltsamen Woge der Zerstörung.
"Sieh es dir an, du Feigling, du verlogener Mörder, du erbärmlicher Heuchler!!"
Das Licht tanzte auf und ab in meiner zornbebenden Hand, huschte über Zweige, strich wie ein Geist über Steine und das Pflaster entlang, als ich geradewegs auf ihn zuging.
"Hast du geglaubt du kommst damit durch?! Hast du geglaubt, du kannst morden und lügen und alle und alles verraten, und dann einfach so zurückkehren in dein perfektes kleines Bilderbuch-Leben?!"
Hastig wechselte ich die Laterne von der rechten in die linke Hand, warf die Paenula über die rechte Schulter.
"Falsch gedacht, oh Aton, amatus meus!" fauchte ich, die Worte, die ich einst voll Sehnsucht gehaucht hatte, nurmehr in höhnischer Bitterkeit ausspuckend. Ich zog mein Gladius. Lautlos glitt es aus der Scheide.
"Die Wahrheit kommt doch ans Licht! Und du, Manius, wirst bezahlen!!" -
Es gab Dinge, die waren dazu da, namenlosen Handlangern überlassen zu werden. Und es gab Dinge, die mußte ein Mann selbst tun.
Aber mein Leibsklave verstand das nicht. Die ganze Zeit, während wir unterwegs waren, hat er schon versucht, mich wortreich von meinem Vorhaben abzubringen.
"Halt endlich die Schnauze!" zischte ich ihn an. Ich war, in meiner erbärmlichen Verfassung, völlig erschöpft und ausser Atem allein davon, den Quirinalhügel zu besteigen. Darum lehnte ich mich, noch einige Häuser vor unserem Ziel, erst einmal an eine Mauer, und lockerte meine Paenula, atmete durch, solange bis es wieder einigermaßen ging. Ich war nervös, gereizt... zwar hatte ich mir vorhin noch ein bisschen Hanf reingezogen, aber beileibe nicht genug um hier und jetzt kaltblütig zu bleiben.
Ravdushara – er trug den ganzen Kram – verharrte genauso nervös neben mir und ließ den Blick durch die nächtlichen Strassen des Quirinal schweifen. Ein nobles Pflaster, mit all den Villen, Tempeln, Gärten... Es ging schon auf Mitternacht zu, aber manche Häuser waren noch immer festlich hell erleuchtet, und hin hin und wieder zog ein Pulk von Saturnalien-Feierwütigen bei Fackelschein durch die Strassen. Sieh, selbst der Sterne Glanz / erstarb, der Mond wich, Mitternacht zog/ zwischen der Welt nun und uns den Schleier...http://img337.imageshack.us/img337/1619/ravdushara.jpg
"Ich bin der einzige Sklave, unter all den Abertausenden in dieser großen Stadt, der heute Nacht arbeiten muß!" beklagte sich Ravdushara mit gedämpfter Stimme.
"Warum?! Habe ich dir nichts stets treu gedient? All deine Geheimnisse hab ich bewahrt, all deine Launen habe ich klaglos ertragen, in brutale Kämpfe mit... mörderischen Wilden bin ich dir gefolgt, unter Lebensgefahr habe ich dafür gesorgt dass du es selbst in der Wüste noch bequem hast, und natürlich – aber damit will ich ja gar nicht erst anfangen! - habe ich dir zahllose Nächte versüßt, aber du, Serapio, du ziehst mich hier grausam und gefühllos in etwas hinein, was uns beide Kopf und Kragen kosten kann! Warum nur überlässt du nicht auch dies hier einem der Schmierfinken?! -
Oh ja, ich weiß schon, es ist persönlich. Persönlich. - Aber wenn du es unbedingt selbst tun mußt, warum, oh bei Baal-Nessana, bei Al-lat und Manat der Erlauchten, warum lässt du dich nicht lieber von einem Rudel Leibwächter eskortieren, die nichts lieber tun, als andere totzuschlagen, anstelle von... mir friedliebendem, und für solcherlei rohe Abenteuer weitem zu hoch qualifizierten Nabatäer?!"
"Weil ich den anderen, im Gegensatz zu dir, nicht so weit vertraue wie ich sie werfen kann, Tonto" erwiderte ich entnervt. "Und jetzt... hör endlich auf zu quatschen. Oder – geh! Geh nur. Dann tu ich es eben alleine."
Das würde ja gut passen, wenn er mich jetzt auch noch im Stich ließe! Wie all die anderen! Ich starrte ihn herausfordernd an, aber in der Dunkelheit sah ich nur schemenhaft seine Gestalt, und schwach das Helle in seinen Augen."Wenn du willst, dass ich gehe, dann mußt du mich schon freilassen." sagte er schließlich heldenmutig.
"Das habe ich sowieso vor." antwortete ich leise... ein bisschen verwundert über diesen Mann, der mir schon so lange diente, und der dann doch wieder ein Buch mit sieben Siegeln war.
Aber egal. Ravdushara war nebensächlich.
Worum es hier wirklich ging, das war die Wahrheit. Die verletzende, schneidende, grausame Wahrheit, die ich ihm, den ich einmal rasend geliebt hatte, ihm, der mich und ganz Rom verraten hatte... auf die schonungsloseste nur mögliche Weise ins Gesicht schleudern würde.
Ich sah die Straße hoch und runter. Kein Mensch war zu sehen. Die Sterne verbargen sich hinter schwarzem Gewölk. Ich zog die Kapuze meiner Paenula auf den Kopf, und griff unter den Mantel, rückte, eher um mich selbst durch diese Geste zu beruhigen, den Waffengurt mit meinem wieder und wieder geschärften Gladius zurecht.
"Komm."Wir gingen die Strasse entlang, aufrecht und offen, bis wir die Villa Flavia erreichten, dort drückten wir uns in die tintenschwarzen Flecken vor der Mauer, die das Anwesen umgab. Allein der Gedanke, dass er hinter diesen Mauern, nach allem was er mir angetan hatte, glücklich, zufrieden und unbehelligt, und nach allem was er verbrochen hatte, doch noch immer wohlangesehen, erfolgreich, ein "Muster römischer Tugend", sein wunderbares Patrizierleben lebte... das ließ den heißen Zorn in mir aufsteigen, und brodeln, rotglühend wie Lava!!!
Meine Hände bebten vor Rachedurst, als ich von Ravdushara den Pinsel entgegen nahm, und den Farbtopf, dann öffnete er die Blendlaterne einen kleinen Spalt, wobei er das Licht mit seinem Umhang abschirmte. Es fiel auf die Mauer – die eine ganz gewöhnliche Mauer unschuldiger Steine war, solide, aber nicht mal besonders hoch, nicht mal mit messerscharfen Eisenspitzen bewehrt, nur mit einem Streifen roten Mauerwerks oben als Abschluss.Ich tauchte den Pinsel in die Farbe, klatschte ihn auf die Mauer, und begann in großen, fetten, seine Schuld in alle Welt hinausschreienden Lettern zu schreiben:
[Blockierte Grafik: http://img845.imageshack.us/img845/1255/whd3.png]
simoff: reserviert....
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Eines schönen Saturnalienmorgens ging die Sonne über dem Kapitol auf, und beleuchtete die Worte, die des Nachts jemand unübersehbar groß auf die Mauer neben dem Tempel des größten und besten Jupiters geschrieben hatte:
[Blockierte Grafik: http://img191.imageshack.us/img191/1803/wyfq.png]
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Eines schönen Saturnalienmorgens ging die Sonne über dem Forum Romanum auf, und beleuchtete die Worte, die des Nachts jemand schwarz und groß auf die Mauer der Curia Iulia geschrieben hatte:
[Blockierte Grafik: http://img560.imageshack.us/img560/3819/qdtc.png]
Und gleich daneben war zu lesen:
[Blockierte Grafik: http://img132.imageshack.us/img132/7171/8ewp.png]
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Eines schönen Saturnalienmorgens ging die Sonne über dem Palatin auf. Das glasige Licht des Morgens enthüllte die Worte, die jemand des Nachts mit schwarzer Farbe groß auf die Mauer am Straßenrand gepinselt hatte:
[Blockierte Grafik: http://img854.imageshack.us/img854/7269/j1ai.png]
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Eines schönen Saturnalienmorgens ging die Sonne über den Dächern der Ewigen Stadt auf, und beleuchtete, ausser den Alkoholleichen der vorigen Nacht und dem Müll in den Gossen, auch die neuesten Graffiti, die hier und dort an den Wänden prangten:
[Blockierte Grafik: http://img845.imageshack.us/img845/9629/gom9.png]
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Na also! Die Süße hatte ein Einsehen und ging nun doch mit ihm aufs Zimmer. Während sie das Licht entzündete, betrachtete Styrkar voll Vorfreude die Bewegungen ihrer schlanken Gestalt, und malte sich aus, wie sie unter dem Gewand aussah. Zu mager zwar, aber gut gebaut, ohne Frage! Er trat ein, die Türe schloss sich hinter ihnen, und Styrkar griff sogleich an die Schnalle seines Gürtels, um diesen zu öffnen, löste ihn und ließ ihn auf den Boden gleiten. Auf die unschuldige Frage des Mädchens hin trat er grinsend an sie heran, und legte seine Pranken um ihre schmalen Schultern. Doch auch wenn man ihn mit Fug und Recht als groben Klotz bezeichnen konnte, so entging dem Germanen nicht, wie angespannt die Kleine war. Und als geschulter Masseur, der sein Handwerk wirklich verstand und seinen Stolz dahineinsetzte, ging ihm das dann doch ein wenig gegen den Strich. Er strich mit den Daumen erstaunlich feinfühlig die Konturen ihrer Nackenmuskeln nach, und neckte das unentspannte "scheue Rehlein" ein wenig:
"Na komm schon, Kleine! Ich will dich ja nicht fressen! - Nur vernaschen!"
Styrkar lachte herzlich über sein eigenes kleines Späßchen. Er streifte dem Mädchen das Gewand seitlich von den Schultern, entblößte ihre Brüste und schnalzte anerkennend mit der Zunge.
"Ah! Was für eine Pracht! Und das wolltest du vor mir im Dunkeln verstecken?! Du kleines Luder..."
Genießerisch liebkoste er die ganze Herrlichkeit, und beugte sich, zunehmend angetörnt, herab, um schon mal mit dem Naschen zu beginnen.* * *
"Schenk ein Wirtin!" rief ich, ihr den Becher hinstreckend, "Schenk ein!!"
Was gab es noch zu tun, was blieb noch, in einer Welt von Irrsinn und Verrat, ausser, sich zur Besinnungslosigkeit zu trinken!?
"Auf Trans Tiberim!" Ich hob den Becher, dass der Wein überschwappte, und deklarierte es als Opfer: "Für das blinde Chaos, für die blutgierigen Keren, für den Wahnsinn, der in Wahrheit unsere Welt regiert..."
Und bitte schwadronierte ich, trinkend, trinkend...
"Ja, gesegnetes Viertel, jenseits des Stroms, abseits des elendes Morasts elender Lügen....!"
Die beschwichtigenden Blicke meiner Sklaven machten mich zornig. Ich legte Pelias den Arm um die Schultern, und befahl mit lärmender "Fröhlichkeit":
"Trink! Trink und sei fröhlich, vergiss... vergiss... morgen schon geht alles endgültig den Bach runter, morgen schon kannst du tot sein mein allzu pflichtbewußter Freund..."
Pelias tauschte einen gequälten Blick mit Akadios und trank ein paar Schluck. Der hielt sich ebenfalls zurück. (Sie waren eben Profis im Dienst.) Aber Caluconius, der ließ sich nicht lange bitten und becherte mit mir wie ein Weltmeister. -
[Blockierte Grafik: http://img337.imageshack.us/img337/1619/ravdushara.jpg] | Ravdushara
Auch die schäbige alte Spelunke am Kanal kochte im Saturnalientaumel. Ohrenbetäubender Lärm, schiefe Musik, und der Dunst von ungewaschenen Körpern umhüllte Ravdushara, als er sich lässig den Weg zum Tresen bahnte. Schmuddelig sah er aus, mit einem mottenzerfressenen Pileus den Kopf, und abgebrüht, passte ganz wunderbar in diese Umgebung... wenn man mal davon absah, dass er für einen Saturnalienabend unangemessen nüchtern war.
Die obszön fette Wirtin, emsig hinter der Theke ackernd, erblickte ihn – sie tauschten einen Wink der Augen, und Ravdushara verschwand im Hinterzimmer. Kurz darauf stieß sie zu ihm... ein gieriges Glitzern in den gelbunterlaufenen Spinnenaugen.
"Was gibt es?"
"Bisschen Arbeit. Gut Geld."
Ravdushara beugte sich zu ihr und erläuterte ihr die Einzelheiten. Ein wenig feilschten sie noch hin und her, bis sie sich wieder einmal handelseinig wurde. Dann wechselte ein Beutel Denare den Besitzer und Ravdushara reichte der Vermittlerin ein Bündel Wachstafeln, mit dem sie das Gewünschte in die Wege leiten konnte. Um kurz darauf die Spelunke wieder zu verlassen... und befreit aufzuatmen. Genug gearbeitet für den Rest der Woche!! Es waren schließlich Saturnalien! -
Ich hätte das nicht sagen sollen. Das mit dem mehr oder weniger festen Freund. Ich hatte in ein Wespennest gestochen, und konnte nur noch.... die Zähne zusammenbeißen, als mir seine Worte um die Ohren flogen.... und mich trafen. Empfindlich trafen. Aber ich war selbst schuld.... hatte ich ihn doch selbst zu mir eingeladen, in meine Zuflucht, und zugelassen, dass er die Barriere zwischen mir und der Welt durchquerte, und mir nahe kam... obgleich ich doch eigentlich genau wusste, dass es in Schmerz und Enttäuschung enden würde.
"Ich sage 'Dives' zu dir, weil es so ein schöner Name ist," verteidigte ich mich erschrocken. Ich hatte ja keine Ahnung gehabt, dass ihm das so wichtig war. "......und so einzigartig wie du, wohingegen Marcus – ich kenne hundert die Marcus heißen, aber nur einen Dives... " Das war die reine Wahrheit! 'Dives' glitt weich und klangvoll von der Zunge, hatte den Anklang des Divinen, und ließ sich so schön treffend zu einem 'Dulcis Dives' ergänzen...
"Um mich?! Du verstehst gar nichts, GAR NICHTS verstehst du!" fauchte ich, voll bitter aufwallendem Zorn. "Ich habe NICHTS mehr zu verlieren! NICHTS! Ich habe schon alles verloren – ALLES! - weil ich mich gegen die Dreckschweine gestellt habe, die erst den Kaiser vergiftet, und dann das Reich in den Bürgerkrieg gestürzt haben, die Dreckschweine, an die du dich jetzt unbedingt anbidern willst! Um den Preis, dein Leben zu einer einzigen Lüge zu machen!"
Bei Licinus für mich eingesetzt?! Allein den Namen dieses falschen Freundes zu hören... (Dass Dives sich ausserdem sogar an diesen furchtbaren Germanicer gewandt hatte, war – eigentlich – ziemlich amüsant, bei der Vorgeschichte, die mich mit diesem Tonto verband, aber ich hatte gerade so gar nicht den Kopf dafür, dieses Witz zu würdigen.)
"Ich spucke auf Licinus!!" fuhr ich ihn blindwütig an, "Er war mein Freund, mein Kamerad, ich hätte ihm mein Leben anvertraut! Und er hat mich eiskalt verraten, vergessen, sich von mir abgewandt, in einer Zeit als ich wirklich... wirklich einen Freund gebraucht hätte... ein feiger Mitläufer ist er, nicht den kleinen Finger hat er für mich krumm gemacht!"
Meine mageren Hände waren zu Fäusten geballt, die Fingerknöchel weiß, und weißglühend auch der Zorn, der brutal aus mir herausbrach.
"Sprich mir nicht von 'Freiheit'!!! Du willst dich in einen Käfig der Lügen einsperren lassen, von einem herrischen Weib, und von dem, was heuchlerisch die Gesellschaft verlangt, und von dem beschissenen Blödsinn, den Cornelius' Mörderbande euch allen zu glauben vorschreibt -"
Ich schob seine Hand von mir weg, und erhob mich wackelig auf die Beine, streckte anklagend die zitternde Hand gegen ihn aus.
"Dann tu's! Dann lass dich doch einsperren! Geh zu deiner Fausta, hüll dich in die Lügen ein, und ...lass mich allein. Was willst du überhaupt noch von mir?! Warum bist du gekommen?! Ich bin ein Wrack. Ich sollte besser tot sein! Den Präfekten deiner Träume gibt es nicht mehr, und es hat ihn auch nie gegeben. Mit mir ist nicht mehr anzufangen! Und ausserdem bin ich Gift für deine Karriere unter dem Mörder-Regime!!!"
Aufgelöst fuhr ich mir mit der Hand übers Gesicht. Meine Stimme erstarb zu einem Flüstern.
"Ich hab die Schnauze so gestrichen voll von den ganzen beschissenen Lügen." -
"Ausgerechnet eine Fausta..." murmelte ich.... durch dieses kleine Detail über die Maßen verstimmt. Wenn das kein Omen war, dass dieses... dieses Weib letztendlich doch drohte, mich aus dem Leben des Marcus Iulius Dives zu verdrängen!
'Wollte hier, bei dir sein' hatte er gesagt – aber konnte das denn wahr sein? Konnte er wirklich all die Zeit, all die lange düstere Zeit, in der ich eingekerkert, wie vom Erdboden verschluckt, seiner Welt unendlich fern gewesen war... die Gedanken an mich bewahrt haben? Ich... hätte ihm das wirklich gerne geglaubt... und früher hätte ich es ihm wahrscheinlich auch abgenommen, aber nach allem was ich erlebt hatte, nach all den Lügen und all dem Verrat, erschien mir dies einfach... zu märchenhaft. Ich schluckte.... und sagte mir, dass es doch schon unglaublich genug war, dass er sich offensichtlich an mich erinnert hatte, und jetzt, in diesem Augenblick, hier bei mir war, und dass ich besser daran tat, nicht zu hinterfragen, mit wem er in der Zwischenzeit...... Naja. Wie das eben so ist, mit solchen Gedanken, sobald sie einmal entfesselt sind...
Unwillkürlich wurden meine Lippen schmal. Dives war zu mir gekommen, in meine Verbannung, in die häßliche graue Einsamkeit wie.... wie ein Sonnenstrahl nach endloser Nacht. Und mit einem Mal... stieg die Angst in mir auf, davor, ihn gleich wieder zu verlieren."Mit diesem Senator ist nicht viel Staat zu machen," begann ich das Weib in leichthin spöttischem Ton gleich mal rundherum schlechtzumachen: "als ich bei der Prima diente, da war der Mann schon das Gespött der gesamten Legion, weil er ein Gladius nicht von einem Pilum unterscheiden konnte, und sich nicht mal als Tribun im Kastell von seinem Haustier – einem ungeheuer fetten Pfau – trennen konnte. Der Legat Tiberius Vitamalacus selbst war so verzweifelt über seine Unfähigkeit, dass er ihm tatsächlich eine Grundausbildung verordnet hat, wie einem dahergelaufenen Tiro, um ihm etwas militärischen Schliff zu verpassen. Hat aber nichts genützt... Und selbst als der Annaer sich dem Aufstand des Giftmörders angeschlossen hat, hat er bekanntlicherweise nur dadurch von sich reden gemacht, dass er ausnahmslos alles was zu tun war, seinen Tribunen überlassen hat..."
(Bekanntlicherweise, wenn man die Berichte der Spitzel kannte. - Ich muß betonen, dass meine Geschichten, mögen sie auch ein wenig übertrieben gewesen sein, allesamt einem wahren Kern hatten! An den Pfau zum Beispiel – auch wenn er vielleicht nicht wirklich ganz so fett und eigentlich sehr hübsch gewesen war - konnte ich mich noch sehr gut erinnern.)Eine Postangestellte... und streitsüchtig.....cholerisch....
"Na, da kannst du ja nur hoffen, einen mehr oder weniger festen Freund zu finden, der ebenso gleichgültig über die Furie an deiner Seite hinwegsieht!" erwiderte ich, viel zynischer als ich wollte, und funkelte ihn, der gerade so unschuldig verlegen zur Seite blickte, zornig an.
"Dives! Willst du denn dein Lebtag unter der Sandale einer solchen Xanthippe stehen?! Du mußt sie loswerden solange du noch kannst. Es gibt drei Möglichkeiten..." Ich zählte sie an den Fingern ab: "Primum – Du spielst weiter das Opfer und forschst sie währenddessen fleissig aus, solange bis du etwas gefunden hast, mit dem du ihre Erpressung kontern kannst. Secundum – du setzt jemanden auf sie an, um sie auszuforschen, zu beschatten oder sogar... sagen wir, zu etwas zu provozieren, das ihren Ruf massiv schädigen würde, wenn es bekannt wird. Bei einer Frau, die sich nicht mit ihrer traditionellen Rolle begnügt, ist es wirklich nicht allzu schwer, da etwas zu finden oder wenn nötig zu konstruieren..." Die Leute waren ja so leichtgläubig, immer bereit das schlechteste anzunehmen.
"Tertium –" Ich zwinkerte ihm zu, und schlug scherzhaft vor. "Ich engagiere einen zuverlässigen Sicarius, der ihr die Zunge abschneidet." Ganz so scherzhaft war mir in Wirklichkeit aber nicht dabei. -
Es war ja nur ein ganz schüchterner Impuls von meiner Seite gewesen – aber er sprang sofort darauf an, und dann - oh bei allen unsterblichen Göttern (an die ich nicht mehr glaubte), oh bei Eros und Anteros (an die ich noch immer glaubte)! - dann war ich mit einem Mal mitten drin, in einem echten, einem heißen und tiefen Kuss... und wußte gar nicht wie mir geschah. Es war so lange... so unendlich lange her, dass sowas wie Küssen zu meinem Leben gehört hatte... es waren, und das nicht nur gefühlt, Jahre seitdem vergangen.... und Aton war der letzte gewesen den ich so geküsst hatte, damals zum Abschied, bevor wir aufgebrochen waren und alles den Bach runter ging und ich fiel und fiel... aber jetzt... jetzt waren es Dives' warme Lippen, Dives' forsche Zunge, und sein Atem, und seine Arme um mich... ich hielt mich an ihm fest, denn mir wurde ein wenig schwindelig... und ich mich durchzuckte der komische Gedanke, er habe mich "aufgefangen"... und ich hatte das Küssen nicht verlernt, nein, es kam ganz von alleine wieder zurück, und es war so überwältigend, wie Regen in der ausgedörrten Wüste, und zugleich war es beängstigend wie meine Distanz einfach so dahinschmolz, all diese Gefühle auf mich einströmten, und meine Knie ganz weich wurden...
So ging das – bis sich ein Mißklang hineinmischte... als ich bemerkte, dass dieser Kuss zwar mir gerade den Boden unter den Füßen wegreissen wollte – aber er, er war gar nicht mehr richtig bei der Sache. Kaum war mir das bewußt geworden – war es auch schon wieder vorbei mit dem Kuss.
Ausser Atem stand ich da, meine Stirn an seiner, und hörte bebend seine Offenbahrung.
"Meiner Treu!" murmelte ich aufgewühlt, "Das ist... - ich... ich glaub ich muß mich mal.... hinsetzen..."
Zittrig sank ich auf den Boden, da saß ich, mit angezogenen Knien, und schüttelte nur noch den Kopf.
"Oh Dives." flüsterte ich innig. "Liebster Dives..." Ich umschlang alles, was ich von ihm so zu fassen bekam und drückte ihn mit heftig aufflammender Zärtlichkeit. "Ich bin ja so froh! Als ich von der Sache hörte, da dachte ich schon, du wärst abtrünnig geworden! Hättest gar dein Herz an irgend so ein ödes Frauenzimmer verschenkt! Aber wenn es nur eine Erpressung ist.... Verzeih mir wenn ich schnöde klinge, aber... solche Harpien kann man sich auch wieder vom Leibe schaffen. - Wie bin ich erleichtert!"
Mir fiel wirklich ein großer grauer Felsbrocken vom Herzen, und polterte rasant den Abhang hinfort. Ich atmete tief ein, richtete den Oberkörper gerade auf und fragte dann ganz geschäftsmäßig:
"Also, was hat sie gegen dich in der Hand? Was ist das für eine Frau? Was hat sie für Schwachpunkte? Und hast du bereits selbst etwas in der Hand, um es gegen sie einzusetzen?" -
Doch selbst wenn er es nicht wissen wollte...... war es doch meine Pflicht, ihm die Wahrheit zu sagen, ihm die Augen zu öffnen. Oder?! Oder war es ungebührlich von mir, die Menschen, die selige Ignoranz gewählt hatten, mit der schroffen Realität zu belästigen? "Viele Fragen, die nur einer hööören will/ der stööören will..." trällerte eine sarkastische Stimme in meinem Kopf. Nein... es war schon meine Pflicht, allein schon weil der schöne Iulier das Recht hatte zu wissen, welche Gefahr damit verbunden war, sich mit mir einzulassen. Aber ich war einfach zu müde... müde in jeder Hinsicht. Zu erschöpft, um mich in eine Diskussion zu begeben, mit Rede und Gegenrede, Zweifeln und erhobenen Stimmen, und zu überdrüssig, schon wieder die Namen des dreckigen Verschwörerpacks in den Mund zu nehmen, die doch eigentlich nur Verachtung oder einen Sturz vom Tarpeiischen Felsen verdient hatten, und nicht, dass bessere Männer als sie ihre Worte und Gedanken an sie verschwendeten.
Diese Zuflucht, dieses elende Dach in Trans Tiberim, war gut für mich, gerade weil ich hier Abstand hatte zu der ganzen Schweinerei.
"Schön ja... schön weit weg von dem Sumpf der Lügen da drüben..." murmelte ich leise. Ja... ich mußte und ich würde es Dives alles sagen. Aber nicht jetzt. Jetzt umarmte er mich."Schön mit dir" sagte ich entschlossen. Es klang etwas sehr abrupt, fast kämpferisch. Und auch mein Körper war noch immer unheimlich angespannt, erfüllt von einem tiefsitzenden Argwohn, der es nicht erlauben wollte, sich auf diese Nähe einzulassen.
"Ach zum Hades!" fluchte ich. Biss mir auf die Lippen und sah über die Hügel in die Ferne, wo sich alles in unbestimmtem Blaugrau verlor. Versuchte es nochmal...
"Dives...? Es... ist wirklich sehr schön mit dir." Das klang schon etwas besser. Ich erwiderte den Druck seiner Hände, und vorsichtig, fast... scheu... lehnte ich mich ein ganz kleines bisschen in diese Umarmung, ein ganz kleines bisschen an ihn. Jetzt spürte ich, wie er atmete. Ruhig... Ganz langsam ging ein klein wenig von dieser Ruhe auch auf mich über. Meine Schultern wurden weniger hölzern. Ich spürte die Wärme, die von ihm ausging. So standen wir lange.
"Schön" widerholte ich irgendwann leise, und gestand ihm: "und... ziemlich unglaublich....." Unglaublich schön. Zu schön um wahr sein sein.Vielleicht... dachte ich ungeheuer philosophisch... vielleicht war das ja die eine, einzige, mir bisher völlig verborgene, gute Sache an der ganzen Scheiße, die mir widerfahren war. Dass ich jetzt wußte, wer meine wahren Freunde waren, wer mir auch in der Not beistand. Und in wem ich mich bitter getäuscht hatte.
Ganz vorne in dieser vielköpfigen Galerie falscher Freunde stand natürlich:Manius. Wie hatte ich nur so lange so blind sein können, und so bescheuert, meine Augen vor seinem Anteil an den infamen Verbrechen zu verschließen?! (Ja, die verblödende Macht des Nicht-wissen-wollens hatte ich durchaus auch schon am eigenen Leibe erfahren.)
Mein Blick ging zum Quirinal. Auch wenn es natürlich viel zu weit war, meinte ich, seine feudale Villa dort ausmachen zu können. Dann, ihn selbst zu sehen, wie er dort zusammen mit seinen patrizischen Verschwörerkumpanen den Erfolg ihrer Ränke feierte, wie sie die Posten und Pfründe unter sich aufteilten und sich neue Lügen ausdachten, um den Widerstand gegen ihren blutigen Staatsstreich noch weiter zu diffamieren und Leute wie mich in den Dreck zu ziehen.
Meine Augen wurden schmal. Viel zu lange hatte ich die Gedanken an Manius einfach nur von mir weggeschoben, weil sie mich zu sehr schmerzten... aber in diesem Augenblick... als ich da mit Dives stand, Dives, der mich nicht im Stich gelassen hatte, Dives, der seine Arme um mich gelegt hatte... da wollte ich eine Bestie sein, die ihre Klauen in Manius' Fleisch schlug, ihn zerfetzte, ihm das antat, was er mir angetan hatte. Und ich beschloß – ja, genau das würde ich tun. Mich rächen. Ihn spüren lassen, wie es sich anfühlte, belogen zu werden, benutzt und verraten zu werden von einem den man liebte. Oder geliebt hatte. Basta. Und dann würde ich endlich ganz frei sein, frei von ihm, frei von dieser... sagen wir nicht Liebe, sagen wir lieber "fatale Anziehung", oder "törichtes Verfallen-sein" oder "wahnwitzige Raserei". Alleine schon, diesen Entschluß zu fassen, war bereits eine Befreiung. Wie im Fortunatempel, nach meinem Werk der Zerstörung. Als könne ich mit einem mal leichter atmen.Wenn mir dies alles nicht widerfahren wäre... so kehrten meine Gedanken von dem wilden Racheentschluss wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück... hätte ich nie herausgefunden, wie sehr ich Dives unterschätzt hatte. Damals hatte ich ihn doch für nicht viel mehr als einen süßen Jüngling gehalten, der viel zu schön war um nicht oberflächlich zu sein, und der es eben scharf fand, es mit dem Prätorianerpräfekten zu treiben, nichts weiter und nichts dahinter. Beziehungsweise... ich hatte auch gar nicht versucht, dahinter zu sehen, obgleich er mir schon damals so einige Zeichen gegeben hatte, wie viel mehr in ihm steckte.
Schuldbewusst steichelte ich seine Hände, sanft, seine warme Haut spürend, die Linien und Konturen, glatt und rauh, die kleinen Bewegungen, das Spiel der Sehnen unter der Oberfläche. Ich wandte meinen Kopf, nur ein wenig, so dass unsere Wangen leicht aneinander rieben. Das Herz schlug mir bis zum Hals, und ich kam mir schon ausgesprochen kühn vor, als meine Lippen nur sacht seine Wange streiften. -
Massa war zwar kein apfelessender Gaffer... - aber er war mindestens ebenso effektiv darin, einem den ehrenvollen Freitod zu vermiesen. So ein Abgang, das war ja kein Selbstzweck, nein, es war ein Zeichen, ein Fanal, das ultimative Aufbegehren gegen Diktatur und Tyrannei... und der Entschluß in einer wahnsinnig gewordenen Welt eher den Tod zu wählen als den unerträglichen Blödsinn der täglich auf einen einströmte weiter zu erdulden.
Jedoch – was war ein solches, mit dem eigenen Leben erkauftes, hehres Zeichen, wenn die Leute es gar nicht kapierten?!
Wenn sie einen so edlen Entschluß aus ihrer ungebildeten Frosch- oder bequemen Opportunisten-Perspektive als "Schwäche" oder gar "Feigheit" verkannten... wie ich es in der letzten Zeit immer wieder hatte hören müssen. Oh Zeiten oh Sitten... Was war nur aus der Wertschätzung der gutrömischen Mors voluntaria geworden? Ich hatte mich nie, wirklich niemals, für einen ausgemachten Traditionalisten gehalten... aber vielleicht hatte Massa ja recht, und ich war doch etwas altmodisch... jedenfalls schockierte es mich, dass diese urrömische Tugend anscheinend still und heimlich aus der Mode gekommen war! Wenn das Cato wüsste, und Scipio, Marcus Antonius, Scaurus, Cremutius, und der große Petronius und co... und natürlich auch, nicht zu vergessen, die arme Lucretia... sie würden sich allesamt in ihren Urnen umdrehen.
"Ja, als Überläufer, der auf die Ehre spuckt, da bist du natürlich ganz besonders kompetent darin, zu beurteilen was ehrenvoll ist und was nicht." kommentierte ich sardonisch. "Sag es doch einfach gerade heraus: ich brauche dich und du lässt mich wieder einmal im Stich. -"Mit ihm nach Alexandria – ich verzog abfällig das Gesicht, ich brauchte weder sein Mitleid noch ein Almosen in Form einer Schiffspassage.
"Vergiss es. Was soll ich da? In ein Fass ziehen? Oder bunte Tücher an die Touristen verkaufen oder was?" Ich war Soldat, nichts anderes, und ich war Eques, und damit völlig abhängig vom Kaiser, was bedeutete: ich war geliefert.
Trotzdem hatte Massa mir die ganze Sache mit dem Freitod jetzt gründlich verdorben, und ich legte das Schwert - für den Moment – beiseite.
"Ich verspreche nichts, ohne zu wissen ob ich es auf die Dauer auch halten kann." sagte ich düster. Ich brauchte diese Option. Auf keinen Fall würde ich mich nochmal einsperren lassen.Seine Hand drückte meine Schulter. Ich sah scheel darauf hinab. Das war also der Abschied. Warum musste mir ausgerechnet jetzt wieder das Bild vor Augen stehen, wie wir uns damals in Ägypten voneinander verabschiedet hatten, uns da im Innenhof meines Tribunenhauses so vertraut umarmt hatten.
Nun dagegen war alles nur noch grau... ausgebleicht... taub. Das Bewusstsein dieses unendlichen Verlustes erstickte alles was da noch so an Wut herumgärte. Ich lehnte den Kopf zurück, gegen die Wand, und sah, auf der Kiste sitzend, von unten zu Massa hoch.
"Schade." sagte ich leise. "Schade, dass... Das alles. Und schade ist es auch, dass es mit uns beiden nichts geworden ist. Ich war damals so unglaublich in dich verschossen. Naja. Ich fürchte, du bleibst... egal was du für einen Scheiß machst... trotzdem mein Held von Tasheribat. Mein Achilles. Immer." Ich legte meine Hand auf seine und drückte sie schwach, dann sank meine Hand wieder herab.
"Also dann. Gute Reise. Pass auf dich auf."
Mein Blick verschwamm. "Leb wohl."