ZitatAlles anzeigenOriginal von Marcus Decimus Livianus
Es forderte jegliche Charakterstärke die Livianus aufbringen konnte, um in dieser Situation Haltung zu bewahren. Der Anschein nach außen war in dieser Situation wichtig. All die Augenpaare, die auf ihn gerichtet waren erlaubten ihn nicht, sich auch nur das Geringste anmerken zu lassen. Sein Lächeln versteinerte förmlich, als er die Worte seines Adoptivsohnes hörte. Dennoch kochten in diesem Moment tief in ihm Gefühle der Wut, aber auch der Trauer in ihm auf. Erst jetzt wurde ihm bewusst welch großer Fehler es gewesen war, nicht ausführlicher mit Serapio über all seine Beweggründe für die Taten und Entscheidungen der letzten Monate zu sprechen. Er hatte gehofft, das Serapio viele Beweggründe seines Vaters selbst begreifen würde. Vielleicht hatte er seinem Sohn auch einfach zu viel Verständnis zugetraut. Im Moment machte es eher den Anschein, als verstand der junge Aquila, der eben erst zum Vigintivir ernannt wurde, mehr von Politik als Serapio, der bereits die höchsten Ämter des Reiches inne gehabt hatte. Es war ein schmaler Grat auf den Livianus sich bei seiner Kandidatur bewegen musste. Seine Entscheidungen, seine Wortwahl, all das galt es wohl zu überlegen und hatten von ihm alles abverlangt. Und bei all dem hatte er seinen Sohn weder verleugnet, noch seinen Namen in den Schmutz gezogen. Ganz im Gegenteil hatte er sich sogar bemüht Erklärungen für das Handeln seines Sohnes vorzubringen und ihn zu verteidigen. Doch all dies war nebensächlich. Bei all dem drehte es sich um mehr, als Livianus oder Serapio. Das musste sein Sohn doch begreifen. Bevor dieser sich abwenden konnte, ergriff die immer noch kräftige Hand seines Vaters dessen Hinterkopf und zog ihn heran. Für andere mochte es wie eine väterliche Umarmung wirken. Doch Livianus nutzte diese kurze Gelegenheit um seinen Sohn seinerseits einige Worte in das Ohr zu flüstern.
"Hast du wirklich so wenig Weitsicht mein Sohn? Hast du denn gar nichts verstanden? Das Interesse der Öffentlichkeit und die Nobilitas – das ist der einzige Schutzmantel, den ich über unsere Familie legen kann. Und das Imperium und die consularische Amtsgewalt erlauben mir darüber hinaus noch viel mehr."
Mit der gewonnenen Wahl waren die Decimi wieder in den Mittelpunkt des römischen Geschehens gerückt. Es war ein verwegener, aber wohl kalkulierter Schritt nach vorne. Ein Präventivschlag gegen all die zum Teil einflussreichen Widersacher und Gegner, welche sich Serapio und die Familie im Laufe der letzten Jahre eingehandelt hatten. Nun wo ganz Rom über die Decimi sprach und selbst die Acta es berichtenswert fand, dass mehr als die Hälfte des Senats hinter Livianus stand, würde es keiner mehr von ihnen so schnell wagen, unüberlegte Angriffe oder großspurige Verbalattacken gegen die Gens zu unternehmen. Für Livianus war es daher bedeutender gewesen bei dieser Gelegenheit seine Position im Senat auszuloten.
Und nun wo Livianus für ein Jahr das Consulat ausübte, standen ihn darüber hinaus alle Gelegenheiten offen, die Vorwürfe seines Sohnes gegen Palma und diverse Honoratioren des Reiches vor den Senat zu bringen – sofern die Zeit reif dafür war und er dies auch wollte. Es stand im Senat niemand mehr über ihm, der eine solche Diskussion verhindern, vorzeitig beenden oder zum Staatsgeheimnis erklären konnte. Das alleine stand nur dem Consul zu. Und dies Alles geschützt durch das ihm verliehene Imperium und die 12 Liktoren um ihn herum, die für seine Sicherheit sorgten, sofern ein politischer Gegner den streitbaren Senator mit anderen Mitteln als dem Wort aus den Weg schaffen wollte.
"Und nun zieh dich zurück."
Um all dies seinem Sohn nun klar zu machen, sofern er das nicht selbst verstanden hatte, war hier weder der passende Zeitpunkt, noch der passende Ort. Stattdessen öffnete sich seine Hand wieder und ließ Serapio aus dem festen Griff seines Vaters frei.
"Ich danke dir mein Sohn."
Es folgte ein kurzer strenger Blick auf seinen Sohn gerichtet, der seiner Aufforderung Nachdruck verlieh, ehe er sich wieder lächelnd den anderen Gratulanten zuwandte.
Voll bitterem Ingrimm biss ich die Zähne zusammen, als er mir auf so so herablassende Weise antwortete. Dass sein Konsulat der Familie zu mehr Schutz und ihm zu mehr Einfluß verhalf, war eine Offensichtlichkeit, über die er mich nicht hätte belehren müssen. Doch dass Livianus sich auf dem Weg dorthin letzlich entschieden hatte, die Lügen des Verschwörerklüngels selbst in den Mund zu nehmen, und mich in aller Öffentlichkeit als ehrlosen Schandtäter und Consular-Folterer brandzumarken – das war und blieb ein übler, ein wirklich übler Vertrauensbruch!!
Ich hatte alles getan, was in meiner Macht stand, um die Machenschaften der Verschwörer aufzuhalten... ich hatte alles gegeben, alles geopfert... und am Ende hatte die blinde Idiotie der Schicksalsweberinnen alles zu Trümmern geschlagen und den Frevlern den Sieg in den Schoß geworfen. Aller Kampf war umsonst gewesen. Völlig umsonst hatte ich alles was mir je lieb und teuer gewesen war verloren. Und nun machte sich sogar mein eigener Vater mit diesem Pack gemein und fiel mir in den Rücken.
"Vergiss nicht," flüsterte ich bleich vor Zorn, "dass die Schweine, denen du dich da anbiederst, die sind, die dieses Reich in Blut getaucht haben!!"
Selbst der Boden auf dem wir hier standen, selbst unser Atrium hier in dem Livianus nun so fröhlich seinen Wahlsieg feierte, war von Cornelius Schergen mit Blut besudelt worden.
"Ja, ich gehe. Ich verlasse dieses Haus."
Er lockerte seinen Griff und ich wich abrupt aus der "väterlichen Umarmung"zurück.
"Genieß den Tag." wünschte ich eisig, raffte meine Toga und wandte mich ab.
Schon drängten sich die nächsten Gratulanten heran.
ZitatOriginal von Marcus Decimus Aquila
Da sie sich im Grunde schon gratuliert hatten, hielt Aquila sich nun erst mal zurück und beobachtete die Gäste, die eintrudelten, neugierig und gespannt... was sich änderte, als sein Onkel Serapio auftauchte. Mit einem Mal wurde Aquila ein bisschen nervös. Er hatte Serapio in den letzten Wochen nicht wirklich zu Gesicht bekommen, und er war ganz froh darum gewesen, dass die einzige Möglichkeit gewesen wäre ihn an seinem Krankenbett zu stören, was eine willkommene Ausrede war genau das aus Rücksichtnahme natürlich nicht zu tun – er hätte gar nicht gewusst, wie er mit ihm hätte reden, was er hätte sagen sollen. Da war aus dem Weg gehen einfach angenehmer. Und sie hatten sich ja ohnehin schon lang nicht mehr gesehen, Aquila wusste gar nicht mehr genau, wie alt er gewesen war, als Serapio Hispania verlassen hatte... aber er war noch ziemlich klein gewesen, daran konnte er sich noch erinnern. Und dann war die Situation keine einfache – ganz allgemein nicht, aber auch speziell nicht. So viel hatte er freilich mitbekommen, dass es schwierig war mit seinem Onkel zur Zeit. Und was auch immer sich gerade abspielte zwischen Livianus und Serapio, Aquila schickte in diesem Augenblick ein Stoßgebet zu den Göttern, dass so ruhig blieb, wie es gerade schien.
Mit versteinerter Miene strebte ich zum Ausgang. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich Aquila, und bedachte ihn mit einem kalten Blick. In der Vergangenheit hatte ich ja all die jungen Verwandten, die über die Jahre hinweg hier aufgekreuzt waren, immer mit offenen Armen und herzlich empfangen. Aber dieser Junge hier, der hatte nach dem Opportunistenmüll, den er im Senat von sich gegeben hatte, bei mir jetzt natürlich schlechte Karten.
"Aquila" sprach ich ihn schneidend an, "mir ist zu Ohren gekommen, dass du, obgleich du noch so jung an Jahren bist, schon ein sehr großes Talent besitzt. Darin, dein Fähnchen nach dem Winde zu hängen. Darin, Urteile zu fällen, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, was in Wahrheit geschehen ist. Und darin, über Abwesende schlecht zu sprechen. Sehr kühn dich dessen zu erdreisten, will ich meinen," lobte ich ihn mit beissendem Sarkasmus, "angesichts der Tatsache, dass ein Junge wie du nicht einmal ansatzweise ermessen kannst, welche Verdienste manch anderer sich um dieses Reich erworben hat, als du noch am Rockzipfel deiner Kinderfrau hingst. - Ich gebe dir einen Rat:" Mit der verbundenen rechten Hand wies ich grimmig auf den steinernen Türbogen des Durchganges neben uns. Darüber war unser Genswappen eingemeisselt, und unser Wahlspruch: Honor et Fortitudo. "Lies diese beiden Worte und denk ein wenig darüber nach was sie bedeuten."
Ohne etwaige Verteidigungen seinerseits zu beachten setzte ich meinen Weg fort, trat durch eben jenen Durchgang und lies das Atrium hinter mir zurück, und die viel zu vielen Menschen darin, und meine ach so ehrenwerte Familie. Ich trommelte meine persönlichen Sklaven zusammen, und lies sie meine Sachen zusammenpacken. Wiederhergestellt war ich zwar noch lange nicht, aber auch nicht mehr so krank, dass ich noch ans Bett gebunden wäre, und im Augenblick beherrschte mich nur noch der Wille, so schnell wie möglich aus dem verlogenen Mief dieses Hauses zu entkommen.