Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Entweder... der Kaiser war ein verdammt guter Schauspieler, oder er wußte bereits von der Festnahme und hatte sich gegen meine Enthüllung schon wappnen können, oder aber er hatte wirklich keine Ahnung was es mit dem Mann auf sich hatte... Wie üblich also, nichts genaues wußte ich nicht.


    "Durch die Verhöre der kaiserlichen Sklaven konnten wir den Küchensklaven entlarven, der das Gift ins Essen getan hat. Berisades heißt er. Ein raffinierter Verbrecher, er hat es anscheinend so zubereitet, dass es erst nach einiger Zeit zu wirken begann. Darum hat auch der Vorkoster nichts geholfen. Laut der... Experten die ich zu Rate gezogen habe, handelte es sich bei dem Gift wahrscheinlich um blauen Eisenhut. Die kaiserliche Familie ist qualvoll gestorben."
    Ich machte eine pietätvolle Pause, bevor ich weiter sprach: "Das Verhör des Berisades ergab, dass er Auftrag und Gift von einem Bekannten erhalten hat: eben jener Ulpianus Venox. Der Mann diente früher in der kaiserlichen Verwaltung, hat viele Verbindungen.... Interessant dabei ist, dass er zu der Zeit als Cornelius Palma Statthalter in Syrien war, dort Sekretär eines, ähm, Procurators in der Provinzverwaltung war. Venox hat ein Haus und Familie hier in Rom. Er ist nach dem Mord nach Sardinien geflohen, meine Leute haben ihn dort aufgespürt. Jetzt sitzt er in unserem Carcer, und es kann nicht mehr lange dauern bis er redet."

    Eine Abstimmung über das Leben der kaiserlichen Familie?! Wenn Senatoren konspirierten, dann lag das wohl nahe! Machte es einen Unterschied – ich wußte es nicht, wußte nur, dass ich nicht gehört hatte, was ich hatte hören wollen.
    "Er... hat mit abgestimmt?" widerholte ich töricht.
    Ein verwirrter alter Mann. Wahrscheinlich bringt er längst alles durcheinander. Wem willst du eher Glauben schenken, Faustus, ihm oder deinem Geliebten?!
    Vinicius begann wieder sich zu rechtfertigen, zugleich sich anzuklagen – wie entsetzlich, mit solchen Gedanken ganz allein eingesperrt zu sein, er peinigte sich ganz von selbst, es bedurfte gar keines Folterknechtes mehr. Aber ich hörte ihm nicht zu, all mein Denken, Hoffen und Fürchten ballte sich zusammen auf diesen einen Punkt:
    "Bitte, Vinicius, sag mir, erinnere dich, sag mir die Wahrheit, ich muß es wissen! Hat er mit abgestimmt?! Wußte er von dem Plan gegen Valerianus!?"

    Unwillkürlich schätzte ich den Körperbau meines Vetters ein – gar nicht schlecht – bevor er sich wieder anzog. Dann lehnte ich mich zurück, trank Schluck für Schluck meinen Becher leer, während er seine unterhaltsame Geschichte erzählte. Ich grinste, streckte ihm, als er mit dem Krug hantierte, auch meinen Becher hin, und genoß es einfach, in so ganz normaler, sympathischer Gesellschaft zu sein. Keiner wollte was von mir, keiner wollte mir was, keine Imperiums-bedeutsamen Probleme wollten besprochen werden. Ich lachte herzhaft über Fellas Beschreibung der Prügelei, und meinte: "So Kerle, die riechen das wenn du neu in der Stadt bist, die glauben dann sie haben leichtes Spiel. Aber sag mal, was führt dich, und dich, Lucius, eigentlich her, doch wohl kaum die Spelunken, davon gibts doch auch in Tarraco genug... naja, wenn auch vielleicht nicht ganz so schön zwielichtige wie hier. "


    Varenus? Auch das noch. Da mußte ich wohl mal ein ernstes Wort mit ihm sprechen.
    "Du solltest der Fama keinen Glauben schenken, Procurator. Die Prima hat nach wie vor nicht Stellung bezogen. Für die Öffentlichkeit heißt das: sie steht zum Kaiser."
    Besorgniserregend genug, auch ohne dass solches Geschwätz verbreitet wurde. Ich hoffe ja noch darauf, die Prima auf unsere Seite zu ziehen – aber meine Aktivitäten sollten sich bald als nutzlos erweisen.
    Wir besprachen noch das ein oder andere, dann verabschiedete ich ihn:
    "Nun, dann danke ich dir für deinen Besuch, Procurator." und erhob mich, um ihn hinauszubringen.

    Verblüfft sah ich meine Cousine Romana auf die Bühne steigen! Das war doch eindeutig ein Zeichen dafür, dass Fortuna mein Opfer angenommen hatte. Ich hatte schließlich zuerst überlegt, einen Fortunaschrein in unserem Hortus zu errichten, bevor ich mich für den den größeren (und öffentlichkeitswirksameren) Tempel entschieden hatte. Und nun hatte die Fortuna sozusagen selbst beschlossen, eine Weile bei uns im Hause zu verweilen.
    "Meinen allerherzlichsten Glückwunsch!" Ich nahm Romana sacht an den Schultern und küsste sie auf die Wangen. (Ein klein wenig meldete sich aber auch mein schlechtes Gewissen, als ich daran erinnert wurde, dass sie ja nun schon eine Weile darauf wartete, dass ich ihr einen Ehemann verschaffte.)
    "Einen Applaus für die wunderschöne Auserwählte der Fortuna, PETRONIA ROMANA!" schmetterte ich mit breitem Lächeln, applaudierte selbst mit all den anderen lautstark. Die Träger würden sich wundern, dass die Statue gleich wieder retour ging.
    Es dauerte noch ein wenig bis alles verteilt war, und angesichts der begehrlichen Menge war ich froh, dass ich genug Wächter verteilt hatte und es gar nicht erst zu Tumulten kam.


    "Die Verlosung ist nun vorüber," machte ich mich dann ans Schlußwort, "und ich möchte Fortunas reizender Assistentin, der strahlenden Iunia Diademata, für ihre wunderbare Hilfe danken!"
    Applaus! Applaus!! Mir stellte sich die Frage: Sollte ich sie auch auf die Wangen küssen?! Es wäre sicher gut für mein Bild in der Öffentlichkeit, wenn ich die Gelegenheit einer so hübschen Frau nahezukommen nicht verstreichen ließ - aber mir wurde bei dem Gedanken irgendwie unbehaglich.... Kurzentschlossen tat ich es doch, ich fürchte nur dass es etwas linkisch wirkte...
    Schnell wandte ich mich wieder an die Zuschauer. "Und damit verabschiede auch ich, euer Gastgeber, mich von der Bühne, und überlasse sie wieder den Unterhaltungskünstlern! Denn das Fest währt noch den ganzen Tag, und soll euch bis zum Abend Vergnügen bereiten, mit Musik, Tanz und Gaukelei, zu Ehren der gnädigen, der glücklichen, der Freude spendenden Fors Fortuna!"


    So! Ich trat ab, bot der Iunia noch ritterlich die Hand, um von der Bühne wieder herab zu steigen.
    "Ganz herzlichen Dank, Iunia." Etwas verlegen ihr gegenüber war ich noch immer, und ich sah mich nach Iunius Seneca um, bei dem sie zuvor ja gestanden hatte, um sie dort "abzuliefern". Das Programm ging bereits weiter, und zwar kam jetzt ein Dresseur mit "verblüffend gelehrigen kleinen Wunder-Hunden" an die Reihe.

    Von diesem Iulius Centho hielt ich nichts, und die Societas kannte ich nicht. Aber mit der Veneta, da hatte ich so meine Erfahrungen gemacht!
    "Ach, du interessierst dich auch für den Rennsport?" plauderte ich, angelegentlich damit beschäftigt, meine Tunika überzustreifen. Ich rieb an einem Grasfleck herum (was nichts brachte), und neckte Dives ein wenig: "Aber bei der Veneta?! Nein, also ehrlich, mit denen ist doch schon seit Jahren nichts mehr los!" Ich krausste die Nase, doch alles nicht ganz ernst, schließlich ging, weil meine Tante Lucilla aus der Art geschlagen war, der Aurata-Veneta-Bruch sogar durch meine Familie. "Bei der Aurata hingegen, da findest du noch den wahren Geist des Wettkampfes!"
    Oder auch... weniger, seitdem der Kopf der Factio, Verwandter eines Proskribierten, Legat zweifelhafter Loyalität, sich in Mantua eingemauert hatte. Nicht mal der Rennsport blieb von den Zerwürfnissen des Reiches verschont... Ich unterdrückte ein Seufzen, ob dieser Erkenntnis, und legte mein Subarmalium mit den schnittigen Pteryges an, dann den Schmuck-Harnisch. Der Grasfleck war jetzt zum Glück verdeckt.


    Dives war also immer mal wieder hier..... Und ich? Ich hoffte sehr (und glaubte zu diesem Zeitpunkt auch noch daran), dass Laberius, Marius und die Ravenna-Flotte den Feind noch weit entfernt von italischem Boden stellen und schlagen würden.
    "Ich bin hier." stellte ich darum mit einem es-ist-alles-in-Ordnung-wir-haben-die-Lage-voll-und-ganz-im-Griff-Lächeln fest, dann schlug ich (natürlich locker und lässig!) vor: "Gib mir doch mal bescheid, wenn du wieder in die Stadt kommst... und Lust auf Spaß hast."
    Wäre doch ein Jammer, ihn nicht wiederzusehen! Das hatte mit "Kennenlernen"gar nichts zu tun, ich war einzig und alleine scharf auf ihn! Genau.
    Ich schloß die letzte Schnalle meines Harnisches, hob den Blick und sah ihn direkt an. Dann streckte ich die Hand aus, und strich ihm die so schön seidigen Haare tiefer in die Stirn, so dass sie den Kratzer verdeckten.
    "Kannst du das so lassen, bitte? - Komm, wir gehen."

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    Genug war genug! Verarschen konnte ich mich selbst! Jetzt wurden andere Saiten aufgezogen.
    Erfüllt von kaltem Grimm ritt ich, geharnischt und behelmt, gefolgt von zwei Contubernien der Garde (und meinem Rossknecht) zum Haus der Aurelier. Dass die Dame dort ihren Aufenthalt hatte, war so ziemlich das einzig brauchbare, das die Beschattung ergeben hatte. Verdammte Patrizierschnepfe! Die glaubte wohl, sie käme mit allem durch, müßte nur mit den Wimpern klimpern um unantastbar zu sein. Der würde es so richtig gut tun, mal etwas Zeit im Verlies der Castra zu verbringen.


    Meine Leute, mittlerweile unendlich routiniert im Villen stürmen und Bewohner verhaften, wußten schon ganz alleine was zu tun war. Die Hälfte umstellte das Haus, vier Mann schlugen einen Bogen zum Hintereingang, ich selbst schwang mich von meinem Schimmel, drückte dem Knecht die Zügel in die Hand und führte die restlichen vier Prätorianer zur Vordertüre. Einer klopfte, und sobald die Türe einen Spalt aufging, wurde sie aufgedrückt, wir strömten hinein in das festlich geschmückte (?) Haus, trieben die Sklaven vor uns her ins Atrium, während die Kollegen von der Rückseite her das selbe veranstalteten.
    "Los, ins Atrium mit euch! Tut was ich sage und ihr kommt heil über den Tag!" befahl ich dem Gesinde, und als einer renitent erschien, gab ich nur einen kleinen Wink und er wurde mit Stockhieben vorwärts getrieben. Dies hier mußte schnell gehen, ich wollte nicht, dass die Aurelia Zeit hatte, sich der Verhaftung zu entziehen, indem sie sich selbst entleibte.


    Doch wie ich sehr schnell sehen sollte, mußte ich mir in der Hinsicht keine Sorgen machen. Der lieblichen Musik folgend, trat ich mit den vier Jungs zügig in den Festsaal – und die Musik verstummte. Hier ging es ja hoch her! Kostümierte, Essen, Wein und der Duft köstlicher.... ausgesprochen verlockend köstlicher Kräuter... ich atmete tief ein... wirklich ein ganz fabulöser, betörender Duft...
    Alle Zutaten für eine Orgie, und wie die Spinne im Netz saß – nein, räkelte sich - die Frau, wegen der ich hier war. Auf Rosenblättern. Und, auch das noch, hatte sehr wenig an. Anscheinend hatte ich ihr ein Rendezvous versaut.
    "Das Fest ist vorbei." verkündete ich lautstark und mit einer gewissen Genugtuung. "Alle Sklaven auf der Stelle ins Atrium. Na los! Agite! Ich habe mit eurer Herrin zu sprechen."
    Das galt auch für meine Soldaten, die da wohl gerne mitgefeiert hätten, und jetzt ein bisschen bedauernd aussahen. Doch sie gaben meinen Worten mit ihren Knüppeln Nachdruck, während ich düsteren Blickes auf die Aurelia zutrat.

    Der Feind rückte näher, die Prima war übergelaufen, und nun würden auch wir wohl schon bald ins Feld ziehen. Gleich nach der Audienz beim Kaiser gab ich den Befehl aus: wir machen mobil. Ab sofort hieß es jederzeit marschbereit zu sein. Ich hielt unzählige Besprechungen mit dem Princeps Praetorii, dem Trecenarius, den Tribunen und allerlei Speculatoren. Vorräte wurden verladen und schweres Gerät, die Centurionen brachten ihre Einheiten auf Vordermann, und ich beorderte jeden Mann, der nicht auf absolut unverzichtbarer Sondermission war, zurück in die Castra. Die Soldaten schärften ihre Schwerter. Ausgang gab es keinen mehr.

    Meine Worte fielen auf unfruchtbaren Boden.... und das ärgerte mich! Wer wollte, dass wir für ihn ins Gefecht gegen andere Römer zogen, der sollte verdammt noch mal auch das seine tun, damit wir mit möglichst geringem Blutzoll siegreich waren.
    Ich schluckte das runter, aber unwillkürlich blitzten Manius' Worte in meinem Geist auf, und ich ertappte mich dabei, abzuschätzen, wo hier die nächsten Skythen herumlungerten, und wie schnell sie dem Kaiser im... Fall des Falles... zur Hife eilen könnten. Im nächsten Augenblick schon zügelte ich diese treulosen Gedanken, tat sie als müßige Überlegung fern jeder Realität ab...


    "Vinicius Lucianus hat zugegeben, dass er konspiriert hat, um Cornelius Palma auf den Thron zu bringen." berichtete ich kalt lächelnd. "Er ist ziemlich lädiert, aber ich arbeite daran, ihn zu einem öffentlichen Geständnis zu bewegen. Ausserdem haben wir durch Verhöre der kaiserlichen Sklaven und Angestellten mittlerweile den genauen Ablauf am Tage des Verbrechens rekonstruiert. Möchtest du die Einzelheiten erfahren, Imperator? - Darüber hinaus haben wir eine Schlüsselfigur in dieser Sache aufspüren und verhaften können: den Libertus Ulpianus Venox!"
    Bei der Nennung dieses Namens achtete ich wie ein Bluthund auf die Reaktion des Kaisers, seine Mimik, seine Gestik, die ganzen kleinen feinen Details.... War da ein Anzeichen von Unwohlsein oder gar Erschrecken? War da irgendwas, was Manius widersinnige Theorie unterstützte?! Oder war da nichts, ausser dem zu erwartenden gespannten Interesse darauf, was es mit diesem Mann wohl auf sich hatte?

    "War er..." Nicht fragen, Faustus. NICHT FRAGEN. Einmal gefragt, und du wirst es nie wieder rückgängig machen können... Aber ich fragte es doch. Ich mußte wissen woran ich war! In Manius' Gegenwart, umhüllt von der Gewissheit der Liebe, war ich mir da ganz sicher, vertraute ihm voll und ganz, aber... wenn ich alleine war... und mit einigermaßen kühlem Kopf nachdachte... und die Schlüsse aus den Ermittlungen zog... war da ein böses, schmerzhaftes Nagen.... Ich näherte mein Gesicht dem des Gefangenen, suchte seinen Blick, fixierte ihn mit aller Kraft mit dem meinen, als könnte ich ihm allein damit die Antwort entreißen.
    "Um Rom zu befreien..... hat Manius Gracchus da euren Anschlag auf Valerianus befürwortet?! Oder - hat er sich dagegen ausgesprochen?!"

    "Mhm..." Entspannt zurückgelehnt kaute ich auf dem Hölzchen. Dives' Kopf an meiner Schulter fühlte sich gut an. Ich strich ihm langsam durchs Haar. Mit dem Daumen fuhr ich zart neben der Schramme entlang. Das tat mir echt leid, und ich holte schon Luft, um mich dafür zu entschuldigen – aber... ein echter Draufgänger entschuldigte sich ja bekanntlicherweise niemals , kannte überhaupt kein Bedauern oder Zweifel und so weiter.
    Also klappte ich den Mund wieder zu, atmete langsam aus, und sah dem Schmetterling zu. Was für irre, leuchtendsatte Farben der auf seinen Flügeln trug. Sie bebten sacht, dann legte er sie senkrecht zusammen und zeigte uns nurmehr die unscheinbare Unterseite. Das erinnerte mich an die Geschichte von Psyche... die sich nicht damit zufriedengegeben hatte, großartige Nächte mit ihrem geheimnisvollen Liebsten zu verbringen, nein, sie hatte ihn unbedingt "bei Licht betrachten" müssen, und hatte damit alles zerstört! Für mich eine Bestätigung meiner Erkenntnis, dass Wahrhaftigkeit bei sowas nur störte! Aber schade war es schon... (Und die Geschichte von Amor und Psyche, das fiel mir auf, die fand ja dann irgendwann trotzdem noch zu einem glücklichen Ende...)


    Nachdenklich blickte ich schräg seitlich auf den goldenen Kopf, der da an meiner Schulter ruhte, kraulte ihn sanft an der Schläfe und im Nacken. Ich hätte schon gerne gewußt, was darin vorging, ihn näher "kennengelernt". Oh nein. Denk nicht mal dran, Faustus! Mir war einfach klar: auch dieser süße Hyacinthus würde sich im entscheidenden Moment in eine Herz-zerfleischende Harpie verwandeln. Und darauf ließ ich es nicht ankommen. Nicht nochmal.
    "Wir sollten dann mal wieder. Ich werde auf dem Fest noch gebraucht." Ich reckte mich ziemlich abrupt, entzog ihm damit meine Schulter und klaubte meine Tunika aus dem Gras auf. Ob er mich jetzt verfluchen und nie wieder sehen wollen würde? Oder achselzuckend zum Nächsten schweifen würde, wie der Schmetterling, der da eben davongaukelte? Oder vielleicht gefiel es ihm gerade, wenn ich so rauh mit ihm umsprang?
    "Bist du öfter in Rom?" erkundigte ich mich (ganz locker und lässig).

    Auch das noch. Ich gönnte Massa als Gewinn höchstens eine struppige Topfpfanze oder eine geschmacklose Vase, ja, eigentlich gönnte ich es ihm nicht mal, auf meinem Fest herumzustrolchen. Nach allem was war. Kaltschnäuziger Lump.
    Leider hatte ich angefangen, die besseren Preise persönlich zu überreichen, und bei Massa eine Ausnahme zu machen, das wäre vielleicht aufgefallen. Ich wappnete mich innerlich, zurrte mein Lächeln fest, und griff nach dem Beutel.
    "Glückwunsch."
    Ich sah ihn nicht wirklich an, eher durch ihn hindurch, als ich ihm das Geld in die Hand drückte. Sein neuer Freund stand ganz in der Nähe herum, und wie ich das so mitbekam, geschah es mit einem Mal, dass mein ganzer Zorn ins wanken kam, und darunter war ich bloß noch... traurig. Traurig und irgendwie auch verwundert darüber, dass das Schöne was wir mal gehabt hatten, sich in dieses scheußliche Gegenteil hatte umkehren können. Mein Lächeln wurde brüchig, und ich rief mir schnell ins Gedächtnis zurück, wie er mich verraten und gedemütigt hatte, wie viel Grund ich hatte auf ihn wütend zu sein. Zorn war einfacher, und es war echt der falsche Moment um sentimental zu werden. Ich wandte mich von ihm ab und dachte intensiv an was schönes – und zwar meinen herrlichen kleinen Ausflug mit Dives! - um mich wieder in die passende Stimmung zu versetzen und mein Lächeln wieder echt zu machen, während die Verlosung weiter ging und ich die Preise überreichte.


    Als nächstes kam der goldene Fortuna- Armreif an die Reihe, den gewann das Los Nummer 151 – CLI.
    Dann der hauchfeine Chiton – ein verwahrloster alter Mann nahm ihn mit zahnlosen Grinsen entgegen. Hm.
    Darauf folgte die schicke Toga, da zog die Glücksbotin die Losnummer Nummer 283 – CCLXXXIII.
    Der Sklave Firmus gehörte jetzt dem Besitzer des Loses Nummer 113 - CXIII.
    Das stolze Ross kam als nächstes an die Reihe, und die Nummer 41 - XLI wurde als Gewinner ausgerufen.


    Als Höhepunkt des Höhepunktes: der Hauptgewinn. Die bronzene Fortuna! Das Füllhorn wurde geschüttelt, die Plättchen klirrten, und dann stand fest, wen die Göttin heute am meisten liebte:
    "Und das Abbild der Fortuna Fausta geht an den glücklichen Besitzer des Loses Nummer.... 347 - CCCXLVII !! - Die Statue wird selbstverständlich nach Hause geliefert, auf dass sie dort Glück und Segen verbreite. Wo ist die 347? Ein Applaus für die 347, den Liebling der Fors Fortuna!!"




    Sim-Off:

    Und hier die Losnummern :D
    Iunia Diadematas Los aus der Blüte: Nummer 151 - CLI
    Helvetia Crispinas Apfeltauch-Los: Nummer 283 - CCLXXXIII
    Aulus Iunius Senecas Strohsackduell-Los: 113 - CXIII
    "Lamys" Los aus der Blüte: 41 - XLI
    Petronia Romanas Hufeisenwurf-Los: 347 - CCCXLVII


    Die Gewinne werden in der WiSim als persönliche Angebote überreicht. ;)

    Was würde geschehen, sagte ich mir streng, wenn jeder Soldat des Imperiums sich erst noch seine eigenen Privat-Gedanken machen würde, bevor er gegebene Befehle eventuell befolgte? Chaos, Anarchie, das Imperium würde sich zersetzen. Nein, Zögern hieß untergehen, und Befehl war Befehl...
    "Zu Befehl Imperator."
    Ich hatte große Bedenken, ob die Vigilen ausreichen würden, hier Recht und Ordnung zu wahren, gerade bei der Getreideknappheit. Aber wir manövrierten da wohl zwischen Scylla und Charybdis.
    "Wenn du erlaubst mein Kaiser, bitte bedenke:" insistierte ich aber dann doch festentschlossen, überzeugt und eindringlich auf dem zweiten Punkt, "Deine Anwesenheit auf dem Feldzug kann den entscheidenden Unterschied machen! Die Lage ist ernst, die Soldaten ziehen gegen ihre Landsleute, ihre Brüder im Exercitus Romanus ins Feld, und gerade da ist es absolut entscheidend für Moral und Kampfeskraft, dass sie ganz genau wissen und vor Augen haben, wofür sie kämpfen, töten, ihr Leben zu opfern bereit sind! Und zwar für DICH, für den rechtmäßigen Kaiser, den Mann des Volkes, den Feldherren der sich nicht scheut die Härten des Krieges mit seinen Mannen zu teilen!"
    Mein Herz klopfte heftig, ich fürchtete, mich dem Kaiser gegenüber zu weit aus dem Fenster gelehnt zu haben, aber... dies war wichtig.


    "Noch nicht. Aurelia Prisca, die Cousine des Legaten, ist als einzige in der Stadt verblieben, ich hatte sie bereits verhört und unter Beobachtung gestellt." Und das Miststück hatte mich verarscht! Von wegen sie würde versuchen ihren Vetter zu überzeugen! "Ich nehme sie fest."

    Unwillkürlich folgte ich mit dem Blick seinem Deuten, sah etwas verwirrt auf die Wände der Zelle.
    "Ähm..." Aber dann kehrte so etwas wie Klarheit in seine Worte ein, und mit einem Mal lag mir eine ganz bestimmte Frage auf der Zunge, eine Frage an die ich vorher gar nicht gedacht hatte, nicht dran zu denken gewagt hätte... eigentlich hatte ich etwas völlig anderes sagen wollen, aber die Frage schob sich unerbittlich in den Vordergrund, sie lag in der Luft, sie klang mir praktisch schon in den Ohren, und ergriff sozusagen ohne mein Zutun Besitz von meinem Mund und manifestierte sich mit drängender Intensität in den Worten:
    "Ich muß wissen, bitte sag mir: Manius Flavius Gracchus... welche Rolle spielte er in eurer Verschwörung?!"

    Souverän und strahlend kam die Frau zu mir hinauf, machte eine perfekte Figur. Ich lächelte ihr höflich erfreut entgegen.
    "Herzlichen Dank! Darf ich deinen werten Namen erfahren, schöne Hand der Fortuna?"
    Nach dem Bekanntmachen ging es an die Verlosung. Die Preise wurden, einer nach dem anderem, vorne auf der Bühne aufgestellt (bis auf den Wallach natürlich, und die Statue, die war zu schwer). Rhea schüttelte das Füllhorn, so dass die kleinen Metallplättchen mit den Nummern der Lose lustig durcheinander schepperten, und dann durfte Fortunas reizende Assistentin jeweils hineingreifen, eine Marke ziehen, und die Nummer verkünden. Zwischendurch spielten die Musiker und freudige Gewinner holten ihre neuen Besitztümer ab.


    Zu Beginn kamen die einfachen, aber immer gern genommenen Preise: hübsche Topfblumen, Lupanargutscheine, Sigillata-Geschirr und bunte Tuniken wurden unters Volk gebracht. Dann erst wurde es so richtig spannend – auch für mich, ich war ja selbst sehr gespannt darauf, wen Fortuna, die unberechenbare, heute so im Auge hatte!
    Da wurden unter anderem verlost: ein Beutel mit hundert Denaren, ein goldener Armreif mit filigran gearbeiteter Darstellung der Fortuna, dann ein herbstlich roter Chiton aus feinster Seide (war ja gerade wieder sehr angesagt, der Stil!) mit Schicksalsrad-Spangen, eine edle Toga in Goldgelb mit einer Zierbordüre gestickter Füllhörner... dann der Sklave Firmus (ein robuster Italiker, der gut anpacken konnte), dann der stolze Fuchswallach, und zuletzt der Hauptgewinn: das lebensgroße, bronzene Ebenbild der Fortuna Fausta-Statue im Tempel, eine Zierde und ein Segen für jede Behausung...

    So im nachhinein, glaubte ich nicht, dass Dives berechnende Absichten hatte. Dafür hatte er zu.... unmittelbar enttäuscht reagiert. Ach, bei Anteros dem Schnellfüßigen, dem Sich-rar-machenden, ich wußte ja nur zu gut, wie scheußlich es war eine Abfuhr zu bekommen, und irgendwie tat es mir schon leid, aber... besser ich sagte ihm jetzt gleich was Sache war! Und machte ihm nicht erst falsche Hoffnungen, oder spielte mit ihm – so wie zum Beispiel Hannibal damals mit mir! (Hannibal, ungeschlagene Nummer eins auf der Skala "Grausamkeit".)
    Oder nicht? Doch, genau!
    Überhaupt! Warum fragt er sowas?!
    Selbst schuld. Du, Faustus, du bist nur ehrlich!

    Und auch wenn meine ungestüme Gangart gerade ein bisschen aufgesetzt sein mochte – es funktionierte. Ganz, ganz schnell war ich wieder beim nicht-mehr-denken-nur-noch-wollen angelangt, und auch seine gerade noch so offensichtliche Niedergeschlagenheit wich der aufstrebenden Leidenschaft.
    "Du bist so heiß..." Oh ja...! "...du bist.. so HEISS..." hauchte, halb keuchte ich ihm ihn Ohr, heftig angeregt von seinem Begehren. Und noch ein langer, züngelnder, gierig sich verbeißender Kuss in die zarte Seite seines Halses, während meine rechte Hand sich abwärts begab, um seine Lenden weiter in Wallung zu bringen. Dulcis Dives! Spielerisch glitten die Fingerspitzen meiner linken Hand über seine Lippen, forderten Einlass, eroberten die warme Feuchte seines Mundes, wanderten dann weiter, um mir den Weg zu bereiten, während mein Körper den seinen, den herrlichen, den willigen, den herrlich willigen weiter fest gegen die Wand presste, dann... wurde es einfach unmöglich, mich noch weiter auf die Folter zu spannen, und... *zensiert* *zensiert**zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *strengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert* *allerstrengstens zensiert!!!* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* *zensiert* ...löste ich mich von ihm. Völlig ausser Atem setzte mich auf irgendein zerknülltes Kleidungsstück, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, strich mir langsam das verschwitzte, zerzauste Haar zurecht. Zufrieden, erschöpft, erfüllt vom Nachklang der lustvollen Raserei, warf ich Dives ein schiefes Grinsen zu. Für eine schnelle Nummer im Park war das jetzt echt... exquisit gewesen. Dives war exquisit. Ich betrachtete ihn versonnen, mit diesem Gedanken, während mein Atem sich langsam beruhigte.


    Aber das Fest... ach je, das Fest... Ich durfte nicht so lange weg bleiben. Dabei sagte dieses kleine Versteck hier mir gerade so viel mehr zu, als der ganze Trubel. Einen Augenblick noch. Ein kleiner Aufschub. Ich angelte nach meiner Gürteltasche und zog ein Stück Süßholz heraus.
    "Magst du auch?" Ich brach es entzwei, bot ihm die eine Hälfte an, die andere führte ich zum Mund und begann auf dem holzig süßen Zweig herumzukauen. Die Fingerknöchel meiner rechten Hand waren aufgeschürft von der Wand, das fiel mir aber erst jetzt auf. Und... verdammt.... ich machte ein zerknirschtes Gesicht - Dives hatte deutlich eine Schramme an der Stirn davongetragen.



    Nach dem, mich vollkommen überraschenden und ebenso vollkommen erschütternden, Auftauchen meines Gastes, und dem spontanen Entschluss, dass er hier verweilen würde, ließ ich sofort ein Zimmer für ihn richten. Da das Haus zur Zeit mal wieder ziemlich voll war, und weil ich kein Aufsehen erregen wollte, wurde es aber eines der weniger repräsentativen - ein schlichtes Cubiculum im Obergeschoß des hinteren Teils des Hauses, ohne großen Luxus, aber mit einem hübschen Fresko an der Wand, und mit allem was man so brauchte eingerichtet. Die Fenster gingen hinaus auf den Nutzgarten, boten Aussicht auf Kräutertöpfe, ordentliche Reihen von Rüben und abgeerntete Bohnenbeete. Es war mir zwar schon etwas unangenehm, meinem noblen Gast keine elegantere Unterkunft zur Verfügung zu stellen... aber dieses Zimmer passte nun mal genau zu dem was er hier war: Aton.


    "Aton aus Alexandria", so stellte ich ihn der Hausgemeinschaft vor. Ein Freund aus meiner Zeit in Ägypten, ein Gelehrter, der hier in der Hausbibliothek aushelfen würde. Unseren eigentlichen Bibliothekar, Orosius, der "Aton" hätte erkennen können, schickte ich unter einem Vorwand auf Reisen. Er sollte mir un-be-dingt eine Abschrift des verschollenen Dramas "Tarpeia" besorgen. Angeblich gab es in Arelas einen Sammler, der noch ein Exemplar hütete. Wie auch immer, Orosius war aus dem Weg, und Aton zog ein.