So ernst die Lage auch war – im Augenblick verspürte ich erst mal Erleichterung darüber, dass der Kaiser nicht einer von den Leuten waren, die den Boten des Unglücks für das Unglück verantwortlich machten.
"Die Schlagkraft wäre absolut ausreichend..." Allein meine Prätorianer waren der Prima allein schon zahlenmäßig überlegen. "... aber wir können die Prima nicht mehr rechtzeitig stellen. Und sobald sie sich mit einem der germanischen Heerzüge vereint, ist das Kräfteverhältnis auf ihrer Seite."
Warum nochmal hatte ich auf die Überzeugungskraft der Wahrheit gesetzt, anstatt diesem verräterischen Legaten rechtzeitig einen effizienten Meuchelmörder auf den Hals zu hetzen?! Es rächte sich eben, in solchen Zeiten anständig zu sein, das mußte ich mir echt mal merken.
"Die Classis mobilisieren sollten wir auf jeden Fall." Ich furchte die Stirn. Dieses schlechte Wetter, das dem Feind so wunderbar in die Hände spielte – so langsam beschlich mich das Gefühl, dass wir ein Problem mit dem göttlichen Beistand hatten. Und das war – angesichts der Tatsache (Tatsache?), dass es doch der Feind war, der einem infamen Kaisermörder folgte, einem der das übelste nur vorstellbare, von Göttern und Menschen verabscheute Verbrechen begangen hatte - merkwürdig. Ja, ausgesprochen merkwürdig und beunruhigend.
"So wie ich das sehe, haben wir zwei Möglichkeiten. Die erste: wir richten uns auf eine Belagerung ein. Selbst wenn der Feind bis vor die Tore der Stadt käme – wir haben Rom, und mit den Stammeinheiten können wir die Stadt gut halten. Ja, das Korn ist knapp geworden, aber das gilt nicht nur für uns, auch für den Feind. Wir würden ausharren, auf das Eintreffen der Donaulegionen warten und gemeinsam mit ihnen kämpfen." Ich sagte das alles eher widerwilig. Es wäre eine Schande, den Krieg bis nach Rom vordringen zu lassen, die Bürger würden darunter zu leiden haben. Ausserdem....
"Aber ich an Stelle der Aufständischen würde die Donaulegionen schon vorher zur entscheidenden Schlacht zwingen. Von daher halte ich es auch für erfolgversprechender, wenn wir wirklich alles auf eine Karte setzen und jetzt ausrücken. Die Cohortes Praetoriae und die Truppen der Classis misenensis, um uns mit den Donaulegionen zu vereinen... bei Aquileia oder Patavium, je nachdem... und die Aufständischen in Norditalia zu stellen. Wir könnten die Truppen die Adriaküste entlang verschiffen, dann sind wir schnell vor Ort.
Und wenn du erlaubst, mein Kaiser, lass mich vorschlagen: lass die Stadt in Obhut eines wirklich vertrauenswürdigen Vertreters und der Stadtkohorten zurück und führe die Truppen selbst ins Feld. Das wird die Soldaten begeistern und zu Höchstleistungen anspornen."
Ich brachte all diese Überlegungen flüssig vor, pflichtbewußt, hatte mir ja schon viele Gedanken darüber gemacht. Aber im Grunde wünschte ich mir über alles, nicht gegen andere Römer kämpfen zu müssen. Und nicht meine tapferen Soldaten in ein solches Blutbad schicken zu müssen. Der Zweifel nagte eben.