Müde von der Last des Tages betrat ich mein Cubiculum. Heiß und schwül war es heute, ausserdem hatte ich wieder echt unangenehme Stunden in den Tiefen der Castra verbringen müssen, Befragungen und Verhöre... ich sehnte mich nach einer kühlen Waschung und einer entspannenden Massage vor der Cena. Am liebsten mit Zimtöl.
Ravdushara half mir die Rüstung abzunehmen und verstaute sie auf dem Rüstungsständer, dann streifte ich das durchgeschwitzte Subarmalium ab und warf es achtlos auf den Boden. Meine Leinentunika klebte förmlich am Körper. Ich öffnete die Fenster, doch von draussen kam nur ein stickiger Luftzug. Warum nochmal hatten die Senatoren im heißen Hochsommer Sitzungspause, während wir Equites durcharbeiten mußten?! (Natürlich weil unsere Arbeit wichtig war, während man auf den Senat leicht verzichten konnte, trotzdem war es nicht fair...)
"Du hast Post aus Misenum." machte mich Ravdushara auf einen Brief aufmerksam, der auf dem zierlichen Tischchen am Fenster meiner harrte.
"Oh!" Eilig ergriff ich ihn, brach das Siegel, lächelte breit als ich Massas Handschrift erkannte. Ich erwartete ihn schon ungeduldig, sicher kündigte er mir hier seine baldige Ankunft an.
Dann las ich, und meine Miene wurde starr. Und starrer.
Er schrieb:
"Salve Faustus, dein Befehl ist hier eingetroffen. Ich habe ihn dem Praefecten vorgelegt. Im Gegenzug hat er mich vor die Wahl gestellt. Classis oder Praetorianer. Du hast dich in deinem Brief nicht weiter dazu geäußert. Also nehme ich an, dass ich als Miles beim Skorpion angefangen hätte. So wie es die Regel ist. Einen Rang niedriger als man besitzt. Allein die Ehre zu den Praetorianern zu gehören. Du hast dich für mich eingesetzt und ich schulde dir einen Großen Gefallen. Ich weiß nicht, ob ich das je wieder gut machen kann. Es war wahrscheinlich die einzige Chance für mich, nach Rom und in deine Nähe zu kommen. Warum habe ich mich dazu entschlossen bei der classis zu bleiben. Ich habe dem Praefecten viel zu verdanken. Bin quasi seine rechte Hand. Er vertraut mir. "
Eine kalte Hand griff nach meiner Brust. Bleich ließ ich mich in den nächsten Stuhl sinken, und starrte ungläubig auf die Worte. Aber... das konnte doch nicht wahr sein.
Du hättest es wissen müssen, Faustus. Du bist ein dummer Narr, Faustus. Hast du es nicht gewusst, schon an dem Morgen in Misenum?! Hast du es nicht gewußt, schon in dem Moment als er dir sagte 'ja', dass er nach Rom kommen wird?! Du bist selbst schuld Faustus, du hast dir wieder einmal etwas vorgemacht, das kannst du ja wirklich gut...
Eine Träne rollte mir über die Wange, dann noch eine... Ich blinzelte, las die restlichen Worte wie durch einen verschwommenen Schleier.
"Würde ich jetzt gehen, wäre es für mich wie die Flucht vor dem Feind. Auch wenn du sagst in Rom ist es nicht minder gefährlich. Der Gedanke allein, den Praefecten, die Kameraden hier im Stich gelassen zu haben, würde mich ewig verfolgen.
Dazu kommt, das ich mich in Rom nur wie ein Gast und Freund des Hauses fühlen würde.
Hier in Misenum bei der classis wartet viel Arbeit auf mich, die beste Möglichkeit, den Grübeleien zu entfliehen. Du fehlst mir. Ich zehre von unserem letzten Zusammentreffen. Du hast recht, ich sollte mich in der Stadt nach einer Ablenkung umsehen. Bis wir uns wieder sehen, wird eine Menge Zeit ins Land und über Wasser gehen.
Mögen dich die Götter schützen, Fortuna mit dir sein. Vale bene. Appius Decimus Massa."
"Wie kann er mir das antun..." flüsterte ich, den Brief langsam mit unsäglichem Grimm zwischen den Fingern zerknüllend. "Und nicht ein Wort, nicht ein einziges Wort... Ich bau ihm goldene Brücken und reiß mir den Arsch für ihn auf und tu alles und er... er lügt, er serviert mich gnadenlos ab... wie... - Wie, bei Eros und Anteros kann er mir das ANTUN??!!!" Es riss mich auf die Füße, und mit einer einzigen Bewegung, warf ich das zerknitterte Ding zu Boden, fegte den Tisch hinterher, so zornentbrannt dass das zierliche Stück zerbrach und die Zitrusholz-Splitter in alle Richtungen flogen.
"Das sind doch SCHEISS-AUSREDEN!! Ich kann es nicht FASSEN, DASS ER MICH SO BETROGEN HAT!!!" heulte ich auf, und Ravdushara ging in Deckung, aber ich stand nur noch da, mit geballten Fäusten, zitternd vor Zorn... bis ich schließlich in mich zusammensank, und das Gesicht in den Händen verbarg. Das durfte nicht wahr sein. Das sollte nicht wahr sein. Das konnte nicht wahr sein. Er hatte es mir doch versprochen. Er hatte doch ja gesagt. Es war doch schön gewesen, nebeneinander aufzuwachen. Du warst in meinem Traum, das hatte er gesagt. Doch was war es in Wirklichkeit gewesen?! Leere, leere Worte, Leere, die ich mit meinen Wünschen angefüllt hatte, das war bei Hannibal so gewesen, das war bei Aton so gewesen, das war bei Massa so gewesen, und jetzt... wieder........
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