Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    "Hm.... Heautontimorumenos?" flüsterte ich meiner Schwester zu. Und ich fragte mich, warum sie schon wieder so... lustlos sein mußte, so als würde das alles hier sie überhaupt nichts angehen. Wie immer natürlich perfekt im Auftritt, aber irgendwie nicht so wirklich dabei. Wahrscheinlich fiel das den anderen gar nicht so auf, aber ich kannte sie halt doch ganz gut. Was war nur los mit ihr? Ich fühlte mich fast schlecht, neben ihr Spaß zu haben...


    Aber nur fast, denn der Iulier war wirklich... hübsch, ausserdem beschlich mich langsam das Gefühl dass er mich auch nicht so schlecht fand.
    "Unbedingt!" lud ich ihn mit einem vergnügten Lächeln ein, sich neben mich zu setzen, und beugte mich auch etwas zu ihm, um mich weiter leise mit ihm zu unterhalten.
    Ach so, wegen des Stadtgottes und des Festtages, das hätte ich mir eigentlich denken können. Und um in Erinnerung zu bleiben.
    "Also bei mir hast du damit jedenfalls bereits einen bleibenden Eindruck hinterlassen..." flüsterte ich ihm ganz leise zu, grinste übermütig, und ein bisschen lauter antwortete ich dann endlich auf seine Frage.
    "Wir haben ein kleines Gut im Süden der Stadt, da muß ich hin und wieder nach dem rechten sehen. Ausserdem hatte ich früher mal... da war ich noch bei den Stadtkohorten... gegen eine Bande von Haderlumpen ermittelt, die im großen Maßstab in Rom geklaut und das Diebesgut dann hier in Ostia verscherbelt haben. Vor allem Esel. Und raffiniert waren die, haben die Tiere teilweise noch angemalt damit man sie nicht wiedererkennt, und... - oh, es fängt an."


    Jetzt aber Ruhe. Ich sah mich noch kurz um, vergewisserte mich, dass alle Platz gefunden hatten, auch die Prätorianer. Dann lehnte ich mich zurück und verfolgte gespannt das Geschehen auf der Bühne. Welch schöner Prometheus, wie edel in seinem Leid! Und was für eine eindrückliche Interpretion der Schergen des Zeus, besonders der Kratos, wahrlich die Verkörperung grausamer Stärke! Und der Vulcanus erst, dessen innerer Zwist sich in so beglückend schönen Wortgebilden Bahn brach.
    Das Sterngewand der Nacht... Genußvoll, mit bebenden Lippen, sog ich jede der poetischen Wendungen in mich auf.... bis zu dem Punkt: Denn unerbittlich ist Kronidens Wille / Und hart ein jeder neue Zepterführer.
    Moment.
    Ich folgte dem Blick Vulcanus' zur Iuppiterstatue... und ich fand, dass diese für einen Iuppiter ungewöhnlich beleibt dargestellt war. Mein Gesicht verdüsterte sich... meine Augen wurden schmal. Kratos und Bias schwarze Mäntel gefielen mir rein gar nicht. Wo zum Hades waren wir hier hineingeraten?

    Zitat

    Original von Appius Terentius Cyprianus
    "Nun Tribun es gibt Zeiten da muß man seinen Platz freiräumen für jüngere. ich dneke ich habe Rom lange genug gedient und mir eine kleine Pause verdient. Aber wer weiß schon was die Zukunft bringt nicht wahr."


    Amtsmüde?! Das nahm ich ihn nicht ab. - Kerzengerade auf meinem schönen weißen Pferd in meinem todschicken schwarzen Prunkharnisch betrachtete ich die Schaukämpfe, die die Garde vor uns auf dem Forum Romanum aufführte, dann gings weiter durch die Stadt. Der Präfekt und ich ritten nun mit dem Zug, vor uns eine Schar schneidige Reiter, hinter uns die noch schneidigeren Fußtruppen. Das Volk drängte sich, mußte von Soldaten der Stadtkohorten daran gehindert werden zu weit auf die Paradestraße zu treten. Überall Menschen, sie winkten, sie jubelten, sie drängten sich in den Fenstern um einen Blick auf uns zu erhaschen. Herrlich! Ich ritt, die Würde in Person, und doch mit einem leichten Lächeln um die Mundwinkel, das ich mir einfach nicht verkneifen konnte.
    Irgendwann bogen wir zum Marsfeld ab, und...


    Zitat

    Original von Ein Praetorianer
    Unter donnerndem Getöse der Fanfaren und dem einheitlichen Scheppern von blankem Metall....


    ...bezogen dort unter sehr viel Tsching drassa bumm drassa sa und mit unheimlicher Präzision unsere Stellung genau auf die Ehrentribüne, beziehungweise genau auf die Person des Kaisers ausgerichtet.
    Ein Augenblick der Stille, des Stillstandes, dann gab ich ein dezentes Zeichen und die Cornicen und Tubicen hoben die Instrumente an die Lippen und bliesen dem Kaiser einen wunderschönen schmetternden Salut, darauf führte ich die Faust zur Brust und grüßte zackig:
    "Ave Imperator Augustus Vescularius Salinator!" und zugleich grüssten die Soldaten.


    "AVE IMPERATOR AUGUSTUS VESCULARIUS SALINATOR!" erklang es aus beinahe sechstausend Kehlen.
    Ein unglaublicher Moment, ein unglaubliches Gefühl! Ich saß noch gerader im Sattel, reckte das Kinn, und eine weihevolle Gänsehaut lief mir über den Rücken...

    Der große Tag rückte immer näher und meine Nerven lagen immer blanker. Es mußte schließlich alles perfekt sein! Gerade war ich bei der Anprobe. Vollgerüstet, bloß der Helm lag noch daneben, stand ich vor meinem großen Spiegel, zerrte unleidlich an meinem Subarmalium herum, während Ravdushara das Paludamentum über meine Schultern drapierte.
    "Das geht so nicht! Das sieht un-mög-lich aus! Solche stumpfen Pteryges waren vielleicht vor 100 Jahren mal modern..." kritisierte ich. "Warum hast du dich nicht darum gekümmert, dass neue drankommen, und zwar welche die ein bisschen Schwung haben, hm?!"
    Mein Sklave ging schon gar nicht mehr darauf ein.
    "Entschuldige Dominus. Aber du siehst großartig aus! Niemand wird auf die Form der Schuppen an deinem Subarmalium achten, wenn der Glanz deiner Erscheinung sie blendet."
    "Hmpf..."
    Es klopfte.
    "Ja, herein!" rief ich, mich vom Spiegel abwendend. Nicht dass es so aussah als wäre ich eitel...

    [Blockierte Grafik: http://img337.imageshack.us/img337/1619/ravdushara.jpg] | Ravdushara


    Durchlöchern klang unangenehm. Ravdushara nahm die Tabula, und er erlaubte es sich die ganzen Unterlagen auf einem Tischchen abzulegen, bevor er den Stylus zückte.
    "Ja Dominus." antwortete er ohne eine Miene zu verziehen, dann kritzelte er hastig mit:
    Anzahl, Ort, Größe, fruchtbar?, Art, erschlossen, bebaut und, was war es noch gewesen? Ach ja, Besonderheiten.
    "Möchtest du, dass ich dir eine Liste dazu erstelle, oder wünschst du jetzt und hier einen Bericht? Und darf ich fragen ob sich die... Erfassung auf die Besteuerung der Erträge niederschlagen wird, Dominus?"






    <<


    Ich folgte ihm hinein, ließ meine Sklaven im Atrium zurück - einer der Hausangestellten würde sich schon ihrer erbarmen -, und betrat das Triclinium.
    "Danke." Da ich den Mann für den Ianitorsklaven hielt, nahm ich ich gar nicht richtig wahr. Ich betrachtete die Wandgemälde während ich wartete. Auf der Kline ließ ich mich aber noch nicht nieder, denn wenn der Germanicus auftauchte, dann wollte ich ihm auf Augenhöhe begegnen.

    Niemals hätte ich auch nur im Entferntesten in Betracht gezogen, den Kaiser zu morden! Man sah ja, die frevelhafte Tat hatte sich gegen die Frevler selbst gerichtet, die Götter bestraften sie. Jedenfalls diesen hier. Ich atmete tief durch, versuchte meine Gedanken und vor allem meine widerstreitenden Impulse wieder zu bändigen und zu ordnen.
    Er war nicht mein Vater. Mein Vater hätte niemals einem solchen Frevel zugestimmt. Und ich war Soldat. An mir war es nicht, Urteile zu fällen, ich tat nur meine Pflicht. Trotzdem fühlte ich mich blöderweise... irgendwie an die Versprechungen gebunden, die ich ihm anfangs gemacht hatte. Mal wieder das alte Lied: ich war noch immer zu weich für diese Arbeit.
    Verdammt. Ich sagte mir, dass es, vollkommen egal was ich wollte, schlecht wäre wenn er stürbe, und so öffnete ich meine Ledertasche, holte einige Lebensmittel hervor und stellte sie vor ihn auf den Tisch: leichtes Weißbrot, etwas Honig, Ziegenkäse, ein Hähnchenschenkel. Zu viel zu essen wäre nach so langem Darben ja auch gefährlich.
    "Ich werde dafür sorgen, dass du in eine ordentliche Zelle verlegt wirst, mit Licht und Luft, und besseres Essen bekommst. Ich werde dir auch einen Arzt schicken." versprach ich. Das konnte ich immerhin alles damit rechtfertigen, dass der wertvolle Gefangene nicht wegsterben sollte bevor er nicht restlos gestanden hatte!
    "Cornelius... Warum glaubst du dass er ein guter Kaiser sein wird? Was hat er ausser seinem alten Namen...?" Und abgesehen davon, dass er nicht Vescularius war.

    Dieser Blick. Ich rechnete ja schon damit, gleich einen Sturm der Empörung abwehren zu müssen. Doch mit einem Mal zeigte sie sich ganz vernünftig. Wobei... ich an ihrer Stelle hätte erst mal zu allem ja, ja, ja gesagt, solange ich hier in der Castra säße, Hauptsache wieder raus kommen... Von daher suchte ich nach Hinweisen dass sie mich für dumm verkaufen wollte, aber ich fand soweit keine.
    "Ja."
    Ihr Frage war natürlich sehr, sehr heikel. Ich antwortete erst mal nicht, statt dessen erhob ich mich, schloß ein Fenster und öffnete die Türe zum Vorzimmer. Mein Beneficiarius sass an seinem Tisch, hatte offenbar nicht an der Türe gelauscht, was ich ihm sehr zu gute hielt.
    "Miles" sagte ich zu ihm, "das hier wird noch länger dauern. Du kannst Pause machen und was essen gehen. Bring mir ein gefülltes Fladenbrot mit, bitte, aber eins ohne Knoblauch."
    Ich gab ihm einen Denar mit, und er verließ erfreut das Officium. Ich verschloss die Türe zum Gang, kehrte zu Aurelia zurück und setzte mich wieder.


    "Vescularius wird gewinnen." sprach ich dann ohne Zögern. "Syrien und die beiden Germanien sind aufgewiegelt, Ägypten hält sich raus, doch dies ist nur ein Bruchteil des Exercitus Romaus, er befehligt den gesamten Rest, und er hat Rom. Aber es wird blutige Schlachten geben. Je mehr Soldaten für den Usurpator kämpfen, um so blutiger."
    Wie viel konnte ich ihr sagen? Selbstverständlich traute ich ihr nicht, andererseits hatte ich den Eindruck gewonnen, dass sie auf Druck nur mit Trotz reagierte, dass vernünftige Worte viel eher bei ihr ankamen.
    "Ich wäre nicht hier bei der Garde, wenn ich Vescularius nicht für den richtigen Kaiser halten würde. Das... heißt nicht dass ich blind wäre Aurelia." Auch wenn ich mich so vor Lauschern sicher fühlte, ich sprach trotzdem nicht sonderlich laut.
    "Ja, sein Auftreten ist ...unkonventionell, ja, er liebt den Prunk und die Festlichkeiten. Und ja, er greift hart durch. Aber: er ist der rechtmäßige Kaiser, und er hält die Ordnung aufrecht. Vielleicht.... vielleicht wirst du beim Gegenkaiser im Auftreten mehr noble Gravitas finden. Aber wichtig ist doch das Handeln! Und im Handeln ist Vescularius wie ein Kaiser sein muß, tatkräftig, entschlossen und großzügig. Ich habe früher bei den Stadtkohorten direkt unter ihm gedient, und ich kann dir sagen, seine Soldaten verehren ihn. - Und..."
    Ich zögerte, wollte meine Worte weise wählen, versuchte nun wirklich sie zu überzeugen, so wie ich auch mich von Zeit zu Zeit immer mal wieder neu überzeugen musste, dass das was ich tat, das richtige war. Oder jedenfalls das richtigste, das ich unter den gegebenen Umständen tun konnte.
    "...und die Frage lässt sich nun mal nicht losgelöst von der Schandtat betrachten. Denn... die Alternative zu Vescularius ist ein Mann, an dessen Händen das Blut Valerianus' klebt. Und dessen Frau und des jungen Maioranus. Cornelius gehört zu den Verschwörern, dies ist offenkundig. Und... ich selbst war in Syrien, als er dort seine Truppen aufgepeitscht hat, mit dem Schwert in der Hand nach Rom zu ziehen! Zu diesem Zweck hat er sie leichthin von der Ostgrenze abgezogen, von der Grenze wo der Parther steht und nur darauf lauert in unser Reich einzufallen! Solch ein ehrloser, heimtückischer Mörder und Intrigant ist ganz sicher nicht der richtige auf dem Palatin."

    <<


    An
    Praefectus Classis Tiberius Octavius Dragonum
    Classis Misenensis



    Salve Praefectus Octavius Dragonum,


    ich danke Dir für Deine großmütigen Worte und guten Wünsche! Und ja, ich glaube dass mein Vetter hier bei der Garde am richtigen Platz sein wird. Ich versichere Dir, dass seine Leistung selbstverständlich gebührend Beachtung finden wird!
    Die Versetzung zur Garde ist ja bereits als Beförderung zu betrachten. Ihn von Anfang an als Centurio in Dienst zu stellen, das kann ich aber nicht vertreten. Er wird sich wie jeder erst einmal im Einsatz bewähren und den Respekt der Männer erkämpfen müssen. Dass es mir sehr am Herzen liegt, ihn so zu fördern wie er es verdient, das muß ich Dir aber wohl kaum versichern. Er hat das Zeug zum Centurio, und somit erwartet ihn dieser Rang auch in Rom, wenn auch nicht sofort, doch sobald er ihn sich erarbeitet hat.
    Ich schlage deshalb vor, dass du ihn zum Optio ad spem ordinis ernennst, bevor du ihn ziehen lässt. Ein Rang der kein langes Hin und Her mit den (vermaledeiten) Bürokraten der Kanzlei erfordert, ein Rang mit den er in die Garde eintreten kann, und der schon mal klarmacht, dass er das Zeug zu höheren Aufgaben hat.



    Vale bene!


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    Tribunus Cohortis Praetoriae



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    ANTE DIEM III NON IUN DCCCLXII A.U.C.

    Meine Kommandoübernahme rückte immer näher und ich wußte nicht mehr wo mir der Kopf stand.
    Spätabends nach dem Dienst in der Castra stellte ich mich meinem Schreibtisch zu Hause, auf dem sich alle möglichen liegengebliebenen Dinge türmten. Ich zündete ein paar Kerzen an und begann aufzuräumen.... die Korrespondenz nach links... dann war da der Entwurf eines Briefes an Celeste, den ich längst einem Speculator mitgegeben hatte... ich strich die Wachstafel aus, dann noch der Entwurf für ein Empfehlungsschreiben an Varenus... immerhin hatte er jetzt Arbeit, aber ich fand es ausgesprochen verächtlich von diesen Bürokraten dass er, als wäre er irgendein Niemand, nur als Notarius eingestellt wurde! A propos, der Census, den hatte ich an Ravdushara delegiert.... und die Rechnungen, da sollte auch er sich um die Bezahlung kümmern... Ich legte sie alle in die rechte Ecke: die für mein neues Paludamentum (ein Traum!), die für den neuen Reiterharnisch, das vergoldete Zaumzeug, den neuen Streitwagen (man gönnt sich ja sonst nichts, und meine alte Biga war mittlerweile von den neuen technischen Entwicklungen weit überholt), die neuen Pferde (noch auf dem Albaner Landgut, um dort den letzten Schliff verpasst zu bekommen), die Ludus-Ausbildung, die neuen Sklaven....


    Ravdushara hatte mir auch mal wieder eine Abrechnung hingelegt, ich überflog sie, abgeschreckt von diesen endlosen Zahlenkolonnen, und wunderte mich nur ein bisschen dass, je mehr ich verdiente (und ich verdiente mittlerweile unverschämt viel), um so weniger übrigzubleiben schien. Aber Ravdushara meinte, das läge zum Teil an der schlechten wirtschaftlichen Lage, zum Teil an der Größe des Haushaltes, zum Teil daran dass ich so verschwenderisch sei.


    Ich hatte auch einen Schwung Schreiben aus der Castra dabei. Germanicus Avarus lud mich zur Cena einsehr merkwürdig! Aber ich würde hingehen, allein aus Neugier.
    Und Octavius Dragonum hatte mir auf mein Schreiben nach Misenum prompt geantwortet.
    Ich war extrem erleichtert, dass er mir nicht grollte, weil ich ihm seinen Adjutanten zur Garde entführen wollte, nachdem ich mich schon gegen das Patronat ausgesprochen hatte. Aber dieser dickköpfige, starrsinnige alte Soldat stellte eine heftige Forderung, und ich wußte nicht ob ich drüber lachen oder weinen sollte: Ich sollte Massa als Centurio übernehmen. Ich rieb mir die Nasenwurzel und seufzte schwer. Bei aller Hochachtung etc die ich für Massa hegte... Meine Elite-Prätorianer würden mir was husten, wenn ich eine ganze Centurie unter das Kommando eines frisch von der Flotte kommenden, frisch beförderten Centurios stellen würde! Und das zurecht...


    Die Stirn in tiefe Denkerfalten gelegt griff ich zur Feder und verfasste eine Antwort. Ein bisschen verhandeln mußte doch drin sein.... - Aber es wäre gut, Dragonum irgendwie noch mehr an unsere Familie zu binden, er war nicht nur ein väterlicher Freund, sondern auch ein machtvoller Verbündeter. Vielleicht ließ sich ja doch noch eine Heirat zustandebringen...? Ich ging im Geiste die Cousinen durch... möglicherweise wäre Stella etwas für ihn...?

    Der Iulier hatte etwas an sich... etwas, das den Eindruck vermittelte, dass er selbst bei so belanglosem Geplauder tatsächlich daran interessiert wäre, was sein Gegenüber zu sagen hätte. Sicher eine wertvolle Eigenschaft wenn man es in der Politik zu was bringen wollte.
    Ich setzte zu einer Antwort an: "Ich war meistens nur auf der Durchreise, oder... -" Und wurde durch das Entreffen weiterer Gäste unterbrochen. Aber das war ganz in Ordnung, so konnte ich mir vielleicht noch eine attraktivere und interessantere Antwort als "ich kümmere mich um den Geflügelhof meiner Tante" einfallen lassen. Zudem bescherte es mir eine Hand auf der Schulter, was mir keineswegs unangenehm war. Die neuen Gäste allerdings begeisterten mich weniger.
    "Salve Aurelia. Salve Germanicus." grüßte ich unterkühlt.
    Hoffentlich setzten sie sich nicht gerade neben uns. Ein Germanicer... Das konnte ja nur ein Kunstbanause sein. Und dass die Aurelia, die vor nicht allzulanger Zeit ihren Mann verloren hatte, mit so einem in aller Öffentlichkeit poussierte, das rückte sie für mich nicht gerade in ein gutes Licht. (Hübsches Kleid allerdings. Wenn auch zu offenherzig.) Vielleicht hätten wir Messalina und Stella besser nicht in solche Gesellschaft mitgenommen! Ich warf Seiana einen bezeichnenden Blick zu.
    Meine Schwester war heute wieder mal sehr verschlossen gewesen, ich hoffte das das Stück sie aufheitern würde, auch wenn es natürlich kein heiteres Stück war... doch auch an gut inszenierter Tragik vermag sich die Seele ja zu laben.


    Zudem erfuhr ich, dass der hübsche Dives eng mit diesem rüpelhaften Centho verwandt war. Tja... ich spekulierte so für mich, dass sich vielleicht alle gesellschaftliche Gewandtheit bei ihm konzentrierte, so dass für den Vetter nichts mehr übrig geblieben war.
    Das Stück wurde angekündigt, und sogleich durchrieselte mich gespannte Aufmerksamkeit. Ich liebte das Theater, liebte es noch immer heiß! Leider war es eine unerwiderte Liebe... abgesehen von winzigen Rollen in Hannibals Hinterhof-Schmierenkomödien war ich nie aufgetreten – worüber ich, im Nachhinein betrachtet, natürlich sehr froh war, denn sonst wäre ich in meinem adoleszenten Wahnwitz leichtfertig der Infamie anheimgefallen, eine undenkbare Schande für die Familie. Lange her das alles...
    "Lange her dass wir zusammen im Theater waren, nicht?" meinte ich leise zu Seiana.
    Und mich wieder an Dives wendend, auch mit gedämpfter Stimme: "Ein selten inszeniertes Stück hast du da ausgewählt. Wie bist du darauf gekommen?"
    Sobald die Schauspieler erscheinen würden, würde ich natürlich andächtig verstummen, doch diesen kurzen Augenblick wollte ich doch noch ausnutzen, um mehr zu erfahren über ihn... und welches Stück man bevorzugt, dass sagt doch viel aus! Gedankenverloren drehte ich die Blume zwischen den Fingern. Dass er für eine Aufführung die wohl auch der Werbung für ihn diente, keine leichte Komödie sondern eine eher aktionsarme, für das Publikum nicht so leicht verdauliche Tragödie gewählt hatte, das fand ich... aussergewöhnlich.

    Da war tatsächlich ein Senator, der noch viel harscher über den Senat urteilte als ich... Überhaupt geschah hier viel, das mich verwirrte... und erschütterte.
    Ich hatte den Namen meines Vaters benutzt, um mir das Vertrauen des Gefangenen zu erschleichen, hatte ihm meine Hilfe versprochen, nur weil ich auf ein Geständnis aus war. Und es hatte funktioniert. Zwar hatte er es nie direkt gesagt, doch dass er zur Verschwörung gehörte war offensichtlich. Womit ich aber nicht gerechnet hatte: ich gewann den Eindruck dass Vinicius tatsächlich... in dem Glauben gehandelt hatte, für Rom einzustehen. Und das.... das brachte einfach alles durcheinander.
    "Aber es hätte doch einen anderen Weg geben müssen!" erwiderte ich anklagend. "Selbst ein Seianus konnte gestürzt werden, als dem Tiberius endlich die Augen geöffnet wurden. Doch den Tiberius zu töten für die Verbrechen seines Stellvertreters... Vinicius, warum?!! - Die Macht eines Dictators verblasst gegen die eines Princeps, die er jetzt aufgrund eurer Tat hat!"

    Jetzt aber! Jetzt durfte ich doch endlich mal ein Ausrasten, Tränen, oder einen Zusammenbruch erwarten. Doch: Fehlanzeige. Erst: Ruhe. Die Ruhe vor dem Sturm? Nein: die Ruhe vor dem Sarkasmus.
    Das ärgerte mich ja nun doch. Ein bisschen. Nein, eigentlich ärgerte es mich sogar sehr, mit welcher Kaltschnäuzigkeit die Frau den Kaisermord beiseiteschob. Als wäre dieser unvergleichliche Frevel vollkommen belangslos. Ich presste die Lippen zusammen, atmete tief ein, wiederholte mein Credo "beim Verhör nichts aber auch rein gar nichts persönlich nehmen", aber so ganz fand ich meine Gemütsruhe nicht wieder. Endlich gehen? Dieser Frau würden ein paar Wochen im Kerker guttun!
    Ruhig Blut, Faustus. Dieser Gedanke war sicher nicht hilfreich, wenn ich versuchte sie zur Kooperation zu bewegen.


    "Ganz einfach. Ich möchte dass du mir hilfst. Dein Cousin hat dem Reich durch seinen Frevel unvergleichlichen Schaden zugefügt. Hilf mir, wenigstens ein ganz klein wenig davon wieder gutzumachen."
    Und das war nun wirklich erst gemeint, und ich ließ jetzt auch die übermäßige Kälte sein. Dieses Anliegen meinerseits war ganz authentisch. Ich beugte ich mich ein wenig vor, blickte ihr ernst in die Augen.
    "Es zieht ein Bürgerkrieg herauf. Die Frage ist nur, wie blutig er wird. Und dein, ähm, anderer Cousin, Aurelius Ursus, Legat der Prima, scheint noch zu zaudern welcher Seite er zuneigt. Aurelia, worum ich dich bitte ist: hilf mir, ihn zu überzeugen, sich auf die richtige Seite zu stellen. Und das ist nicht die der Verschwörer, nicht die der Kaisermörder. Was euer Vetter gefrevelt hat, das könnt ihr wieder gut machen, wenn Aurelius Ursus treu zu Rom steht."

    "... naja, nicht direkt entschuldigen... mehr das Mißverständnis aufklären... " Aber letztendlich lief es wohl doch auf etwas in der Art hinaus. Ich nickte verständnisvoll mit dem Kopf zu allem was Seiana sagte. "Ja.... und danke ausserdem dass du dich... wieder einmal... um all diese Familiensachen gekümmert hast während ich weg war." Sie hatte ja eigentlich eine Lanze für mich gebrochen, für meine Entscheidungs-Macht, und war nun deshalb in diese Position geraten. (Jetzt stand sie da wie so eine Art böse Zuchtmeisterin, die sich zwischen Mutter und Kinder drängte, die Massa aus der Familie warf... und ich konnte der nette Heimkehrer sein, der alle wieder versöhnen wollte. Dabei hatte sie eindeutig die schwerere und unangenehmere Rolle übernommen.)
    "Ich käme überhaupt nicht klar ohne dich."


    Und, was ich kaum zu hoffen gewagt hatte – sie gab tatsächlich nach, wollte ihm schreiben.
    "Echt?! Oh danke, danke, danke! Das ist großartig. Da fällt mir ein Stein vom Herzen!! Du bist die Beste, die fa-bu-löseste Schwester der Welt!" Die ganze Spannung fiel von mir ab, ich lachte erleichtert und wurde nach diesem langen Tag, und all den schweren Themen ein bisschen albern, knuddelte Seiana überschwänglich. "Übrigens will ich Massa zur Garde holen. Ich hab Terentius schon vor meiner Abreise damit genervt, und vorhin wieder, und da hat er endlich zugestimmt. Dann kommt Massa nach Rom, da freu ich mich unheimlich drauf!"
    Fast hätte ich ihr gleich noch erzählt dass ich mich ja schon ein bisschen im Massa verguckt hatte... aber das wäre dann wohl doch zu viel der Offenherzigkeit gewesen, schließlich war Seiana, wie gesagt, die Anständige in der Familie.
    "Komm, lass uns mal wieder rein gehen." schlug ich dann vor. Es gab noch eine Menge zu erzählen und zu besprechen, aber für den ersten Abend war das heute echt genug gewesen.

    [Blockierte Grafik: http://img337.imageshack.us/img337/1619/ravdushara.jpg] | Ravdushara


    Als könne er kein Wässerchen trüben, so trat der nabatäische Sklave vor Decimus Varenus, neigte respektvoll das Haupt. Unaufdringlich schätzte er den Herrn ein. Etwas hochmütig wirkte er. Einen scharfen Blick hatte er. Und mit den Schriftstücken schien er nicht gerade ordentlich.
    "Das will ich gerne Dominus. Wie lauten denn deine Fragen?"
    Mehr als dass es um"einige Fragen" ging, hatte nicht auf der Wachstafel gestanden. Ravdushara hoffe jetzt bloß, dass sein Herr nicht vergessen hatte, ihn ausreichend zu instruieren. Wäre mal wieder typisch.




    Kaum zeigte Flavus Einsicht, tat es mir schon wieder leid, mich so aufgeregt zu haben. Schließlich hatte er mich sogar vorher gefragt, wegen der Einladung. Ich sollte mir mal ein wenig von Seianas Beherrschtheit abgucken... es würde mir gut tun. Ich griff nach meinen Gewichten und stemmte sie ein paar mal, das half mir wieder runterzukommen. Entschuldigen wollte ich mich aber nicht... das hätte nach Schwäche gerochen.
    "Es gibt nur die Proskriptionslisten, die überall aushängen. Eine geheime Proskription gibt es nicht."

    Was für ein herrlicher Morgen! Ich war wie berauscht vom Anblick des Meeres, der Sonne, des klaren weiten Himmels und lächelnd sog ich tief die frische Meeresluft ein. Arm in Arm mit Massa zu gehen, das machte das ganze einfach... perfekt. Ach wie gerne wäre ich noch viel länger so vertraut mit ihm Seite an Seite spaziert.
    "Ich weiß was du meinst. Octavius ist... einfach großartig. Wenn ich daran denke, wie er mich nach Tasheribat wieder aufgerichtet hat. Naja, also ich hab ja auch ein bisschen ein schlechtes Gewissen, aber.... aber er wird gewiss auch sehen, dass eine Versetzung zur Garde für dich ein unschlagbarer Vorteil ist, und dich nicht zurückhalten. Ausserdem ist es in Rom mitnichten weniger gefährlich als hier..." Ich verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. "...da kannst du ganz beruhigt sein."
    Es verband uns etwas. Ich nickte. Ja, so konnte man es sagen. Und vielleicht mußten wir es ja gar nicht so genau definieren.
    "Gut. Dann tu ich mein Bestes!"
    Ich seufzte als es nun aber wirklich ans Abschiednehmen ging, und erwiderte die Umarmung mit großer Inbrunst.
    "Selber Held von Ägypten. Pass auf dich auf! Ich schreib dir! - Ritt? Nein, ich reite nur zum Hafen, dem zivilen, dort wartet die flinke Pelagia auf mich. Der Gaul ist geliehen. - Also.... bis bald! Und... ich werde dich vermissen mein Achill. Vale! Mögen Mars und Fortuna immer mit dir sein! Vale bene!"
    Schweren Herzens riss ich mich von ihm los, (bevor es ihm noch zu dramatisch wurde), stieg auf den Rücken des Pferdes, lächelte ihm noch einmal von Herzen zu, hob die Hand zum Abschied, und trieb mein Pferd auf den Weg zum Handelshafen. Über die Schulter blickte ich nochmal zurück, winkte erneut, dann entzog eine Kurve ihn meinem Blick. Und ich machte mich daran, die letzte Etappe der Rückreise hinter mich zu bringen.


    >>

    Ein schneller Meldereiter der Garde gab zwei Briefe ab. Einen für den Kommandanten, und einen für den Optio Decimus Massa.


    An
    Praefectus Classis Tiberius Octavius Dragonum
    Classis Misenensis



    Salve Praefectus Octavius Dragonum,


    vor kurzem bin ich von einer Reise zurückgekehrt, welche mich auf den Spuren der Verschwörung bis nach Syrien geführt hat. Dort habe ich mich selbst davon überzeugen können wie Cornelius Palma und Veturius Cicurinus den offenbar schon lange geplanten Aufstand schüren, wie sie ihre Truppen aufpeitschen gen Rom zu ziehen. Auf der Rückreise habe ich kurz in Misenum haltgemacht, Dich aber leider nicht angetroffen. Ich halte es in der jetzigen Lage für das einzig richtige, loyal zu Vescularius als dem rechtmäßigen Nachfolger Valerianus' und Verteidiger Roms zu stehen.


    Ich muß Dir gestehen, dass ich Deinen besten Mann für den Dienst in der Garde vorgeschlagen habe, und Präfekt Terentius hat dieses Ansinnen bewilligt. Ich will Dir meine Gründe dafür offenlegen, Präfekt Octavius, und ich kann nur hoffen dass du mir nicht zu sehr grollst, oder mich für undankbar hältst. (Ich weiß, wie viel ich dir verdanke!)
    Zum einen bin ich davon überzeugt, dass Decimus Massa in der Prätorianergarde Großes vollbringen kann. Zum anderen brauche ich hier dringend jemanden, der nicht nur ein aussergewöhnlicher Soldat ist, sondern dem ich auch absolutes Vertrauen schenken kann. Denn Rom ist mehr Schlangengrube denn je und der Dienst ein täglicher Balanceakt.


    Ist bereits an Dein Ohr gedrungen, dass Präfekt Terentius von seinem Posten zurücktreten wird? Er wird. Und der Imperator beabsichtigt, mich als Terentius Nachfolger zum Praefectus Praetorio zu ernennen. So die Götter mir weiter gnädig sind, wird die Zeremonie schon in einigen Tagen stattfinden. Und sollte ich in dieser Position vielleicht einmal die Möglichkeit haben, Dir eine der vielen Freundlichkeiten, die Du meiner Gens im Laufe der Jahre erwiesen hast, zu erwidern, so wäre mir das ein großes Vergnügen.



    Vale bene!


    [Blockierte Grafik: http://img291.imageshack.us/img291/1040/fds1.png]
    Tribunus Cohortis Praetoriae



    [Blockierte Grafik: http://img228.imageshack.us/img228/5738/siegeldecima.png]


    KAL IUN DCCCLXII A.U.C.




    An
    Optio Appius Decimus Massa
    Classis Misenensis



    Salve Optio Decimus Massa,


    Du wurdest auserwählt in der Garde des Kaisers Dienst zu tun.
    Melde Dich bei Deiner Einheit ab und begib Dich mit diesem Marschbefehl umgehend nach Rom in die Castra Praetoria.


    Im Auftrag des Praefectus Praetorio Appius Terentius Cyprianus:


    [Blockierte Grafik: http://img291.imageshack.us/img291/1040/fds1.png]
    Tribunus Cohortis Praetoriae



    [Blockierte Grafik: http://img379.imageshack.us/img379/4679/praefectuspraetoriopv0.gif]


    KAL IUN DCCCLXII A.U.C.

    Vetternwirtschaft im wahrsten Sinn des Wortes. Aber ich hatte ein reines Gewissen, war ich doch wirklich davon überzeugt dass Massa ein exzellenter Soldat war.
    "Danke Präfekt!" Merke: steter Tropfen höhlt den Stein. Jetzt war ich Terentius aber was schuldig!
    Ein paar organisatorische Sachen waren noch zu klären, dann verabschiedete ich mich und trat schwungvoll ab. Es gab viel zu tun. Zum Beispiel zwei Schreiben nach Misenum loszuschicken.

    Zitat

    Original von Appius Terentius Cyprianus
    "Ein großer tag für dich Tribun.".


    "Der größte!"
    Glückselig strahlte ich meinen Noch-Kommandanten an, bis mir wieder bewußt wurde, dass er, der wie ich mittlerweile wußte, meine Schwester einst böse bedroht hatte, keine Sympathie verdiente. Manchmal dachte ich so bei mir: 'je mehr man über die Leute weiß, desto schwerer ist es überhaupt noch jemanden zu mögen'.
    "Warum gibst du all dies auf, Präfekt?" fragte ich ihn, nachdenklich, während die Garde in all ihrer martialischen Schönheit vor uns aufzog. Trotz politischer Instabilität, trotz dräuendem Sturm, ich konnte mir einfach nicht vorstellen wie man solch Glanz und Gloria einfach den Rücken kehren konnte. Und auch wenn ich nicht damit rechnete, dass er mir wirklich sagte was Sache war – ich war neugierig wie er es erklärte.