Gewusst, dass es nicht geht – im ersten Augenblick dachte ich, er meine das zwischen uns... aber er sprach von der Frau. Trotz meiner Vorsätze (abgeklärt, locker, unkompliziert), versetzte es mir einen Stich zu sehen, dass er sie offenbar sehr vermißte. WARUM? Was war an so einem dunklen, mit Tüchern umwickelten Wüstenweib, mit dem man kein einziges Wort wechseln konnte, auch nur im Entferntesten interessant? Die gute Nachricht: sie war nicht mitgekommen. Ich verbarg meine Genugtuung unter einer neutralen Miene, und nickte zu seiner Einsicht.
"Es sind verschiedene Welten."
Klar hatte ich recht! Wahre Leidenschaft gab es doch eh nur unter Männern. Aber irgendwie tat es mir schon leid, dass ihn zu allem Überfluß nun auch noch der Liebeskummer quälte. Wäre ich nicht so schmerzgeplagt und abgezehrt gewesen, ich wäre sicherlich in Versuchung gewesen, ihm etwas Trost zu spenden.
Statt dessen war es meine Aufgabe, ihm eine weitere herbe Enttäuschung zu bereiten.
"Verus!" wiederholte ich abfällig, bestürzt auch nur diesen Gedanken zu hören. "Nein, ich glaube kaum! Und selbst wenn... sowas muß man sich doch erarbeiten! Wir sind doch nicht im Cursus 'Honorum'! Die Centurionen sind das Rückgrat der Legion!"
Dass Beziehungen genutzt wurden, um einen Immunis-Posten, oder vielleicht eine Versetzung zur Reiterei zu ergattern, war ja nicht so selten... Aber ein Centurionat war ganz was anderes! Klar war es mir nicht unbekannt, dass selbst diese Positionen manchmal verschachert wurden, aber ich fand das skandalös.
"Du bist ein guter Soldat, und dein Name wird dafür sorgen, dass deine Leistung nicht übersehen wird. Solche Schleichwege hast du nicht nötig."
Hm... Heute schien es kaum möglich zu sein, sich normal zu unterhalten. Seitdem die Frau aufgetaucht war, war alles anders, es fehlte die Unbefangenheit, das natürliche Verständnis zwischen uns, das den Umgang mit ihm so leicht und angenehm gemacht hatte.
"Ja, ich habe ein paar Dinge gehört. Ziemlich beunruhigende Dinge, um ehrlich zu sein. Verus, er hat sich von der Familie abgewandt. Es tut mir leid dir das sagen zu müssen. Er hat uns schon früher viel Schande gemacht, immer wieder. Und nun... nein, ich muß weiter ausholen... Hast du in der Acta von dem Prozess gegen meinen Vater gelesen? Das ganze war eine Intrige, eine bodenlose Gemeinheit. Livianus hat in Folge dessen sein Kommando niedergelegt und sich nach Tarraco zurückgezogen. Und Verus... er hat nicht davor zurückgeschreckt, sich unter das Patronat des Mannes zu stellen, der für dieses Schurkenstück verantwortlich war. Und als meine Schwester ihm ins Gewissen reden wollte, hat er ihr offen gedroht, und sie eine Gegnerin Roms genannt!"
Vor Empörung ballte ich die Hände zu Fäusten – nein, die Linke zur Faust, mein rechter Arm quittierte den Versuch mit einem flammenden Schmerz.
"Autsch!! Wo bleibt nur dieser Nichtnutz von Sklave... - Jedenfalls haben wir Verus klargemacht, dass er zu weit gegangen ist. Für uns ist er kein Decimer mehr. Ich weiß, dass dich das in ein Dilemma bringt, aber... Er ist ein Verräter."
Forschend blickte ich Massa ins Gesicht, wollte sehen wie er es aufnahm. Und natürlich schwang die stumme Frage mit: Hältst du zu uns? Schlimmstenfalls könnte das ganze zum Bruch zwischen dem hispanischen und dem achaischen Familienzweig führen!