Sim-Off:Oh, da ist sie ja, meine Inspiration! *wiedersehensfreude*
Phaeneas‘ Augen verfolgten den Arm des Flaviers vor ihm, inklusive des gerade noch verhinderten Schicksals der Schriftrollen. Dieser ... ausufernde Einsatz von Körpersprache hatte fast schon etwas ... begeistertes an sich, was der Bithynier sich bezüglich des Patriziers, der Außergewöhnlichkeit des Ausmaßes halber, geistig zu notieren beschloss. Mit dessen Mimik konnte er allerdings noch nicht viel anfangen, schien ihm dieses lebhafte Begleiten seiner Worte doch etwas übertrieben für so ein banales Thema wie die Lesefähigkeiten eines Sklaven.
Als er sich jedoch ein winziges Stückchen nur zu Phaeneas herabbeugte, fühlte der sich prompt bedrängt, ein Gefühl, das sehr schnell in ihm aufstieg. Um sich wieder den Freiraum und Abstand zu verschaffen, den er zu brauchen glaubte, trat er einen dezenten Schritt zurück.
„Ja, Herr, das bin ich“, bestätigte er artig. „Ähm, Vergil, was hat er denn so geschrieben? Außer der Aeneis?“, fuhr er fort, auch wenn dieser Schriftsteller als anspruchsvoller bezeichnet wurde, schlicht in dem Bestreben, von Caesar abzulenken, denn auf Politik und Krieg hatte er wirklich keine Lust. Sallust vermerkte er sich in Gedanken schon mal als etwas, was er sich jetzt noch nicht anzutun brauchte.
Im Übrigen beschränkte er sich darauf, Caesar noch nicht zurücklegen. Das konnte er ja später noch unauffällig tun.
Zuerst, als der Flavier so freudig reagierte, verstand Phaeneas nicht recht, was er an seinem Herkunftsland so toll fand – davon abgesehen, dass er selbst natürlich von seiner Mutter her sehr stolz darauf war, Bithynier zu sein, und sich dementsprechend keine bessere Herkunft und kein tolleres Land vorstellen konnte (von Italia einmal abgesehen).
Als sein Gegenüber jedoch bemerkte, ... leider noch nicht in Bithynia, dafür aber ganz in der Nähe davon gewesen zu sein, da hatte er Mühe zu verbergen, wie wenig ihn diese Information kalt ließ. Wunderschöne Landschaft, deliziöse Weine – das prägte er sich schon einmal eifrig ein, um es auf ewig in seinem Gedächtnis gespeichert zu haben. ‚Ruhig, Phaeneas, nur ruhig.‘ Trotz der momentan in ihm aufsteigenden Euphorie, jetzt gleich hoffentlich jemanden über ... fast seine Heimat ausfragen zu können, empfand er die Hand des Fremden unter seiner Nase doch als äußerst störend und machte wiederholt einen Schritt weiter weg von dem ausufernd Gestikulierenden.
Dann kehrte seine Aufmerksamkeit aber sehr schnell wieder zum Thema zurück. „Ähm, du ... du warst dort schon einmal ... fast“, stellte er noch einmal fest, weil er es selbst kaum fassen konnte. „Also, meine Mutter hat mir über Bithynia nichts erzählt, obwohl sie doch dort aufgewachsen ist, wie auch mein Vater“, plauderte er entgegen seiner sonstigen Gewohnheit nun doch aus dem Nähkästchen, einfach nur um den Patrizier, der im Besitz dieser wertvollen Informationen war, seinerseits zum Reden zu animieren. „Wenn du möchtest ...“ Ähm, nein, ‚könntest du mir gern mehr erzählen‘ konnte er nicht sagen, er als Sklave konnte einem Freien ja schlecht das Reden erlauben. „ ... würde ich gerne mehr von deinen Eindrücken von dieser Gegend hören. Wie war denn ... Pergamon ... konkret so?“ Bemüht, ihn kein bisschen hoffnungsvoll, nur höflich-respektvoll anzuschauen, richtete er seine Augen fest auf Flavius Piso. ‚Oh bitte, bitte, rede!‘, flehte Phaeneas innerlich. ‚Verrat mir etwas über die Heimat, die mir doch immer unbekannt gelieben ist!‘
Hoffentlich gehörte er zu der Sorte Menschen, denen Aufmerksamkeit und Interesse schmeichelten (was eigentlich fast alle waren).
Was die Bewertung des Patriziers von Phaeneas‘ bescheidener Meinung anging, begann er gleich mit etwas total verrücktem, mit etwas, bei dem der Bithynier sich fragte, ob er richtig gehört haben konnte: ‚Deine Ansichten in allen Ehren‘ – Ehre! Noch nie hatte jemand ihm so etwas zugeschrieben. Vor allem, aus der Sicht der Freien hatte ein Sklave sowas doch gar nicht, weder Ehre noch Stolz noch eine Seele, nicht auch nur im Entferntesten. Und dieser Flavier sprach das dahinplaudernd einfach so aus. Fast schon ... revolutionär; sittenwidrig.
Musik, Blumen, Sonnenuntergänge ... alles, was recht war, aber solchem sentimentalen Zeug konnte Phaeneas nun wirklich nichts abgewinnen. Für die anderen Dinge, die der Patrizier anführte, galt das im Prinzip genauso, dass man ihn damit überhaupt nicht locken konnte. Und der Anblick einer schönen Frau ... da musste er schmunzeln. Wie konnte man nur so frauen-fixiert sein?
Genau das war ja, jedenfalls, das Problem, dass Phaeneas in diesem Leben kaum etwas freute. Dessen Argumentation konnte er allerdings kaum etwas entgegensetzen, war ihm Flavius Piso doch intellektuell und argumentativ eindeutig überlegen – der Bithynier war ja doch nur ein komplett ungebildeter Sklave, der sich als Hobbyphilosoph versuchte; hatte in seinem Leben deutlich mehr Spülschürzen und Wischlappen gesehen als den Intellekt fordernden Unterricht genossen.
Wie der Patrizier den Pöbel und Straßenkeilereien charakterisierte, da konnte Phaeneas ihm jedoch nur zustimmen, weshalb er auch ausdrücklich dazu nickte.
Das sich anschließende Lob ignorierte er erneut, konzentrierte sich auf die Aussage an sich.
Schön. Der Begriff schön war untertrieben für Wasser. Wasser war viel mehr, war ganzheitlicher, war unbeschreiblich, war ein Mysterium ...
Um seinen Standpunkt die Dunkelheit betreffend aber zu verteidigen, machte er nun zum ersten Mal seit einiger Zeit wieder den Mund auf – und gab ein für seine Verhältnisse außergewöhlich ... sinnliches Beispiel: „Hm, aber überlege, Herr: Wenn man in der Dunkelheit mit einem Menschen, der einem sehr viel bedeutet, allein ist – wenn man seine Wärme spürt, seine Haut schmeckt; einem ein Flüstern ans Ohr dringt ... Dann, finde ich, hat auch absolute Dunkelheit etwas außerordentlich ästhetisches.“ Zumindest, wenn man einem solchen Zusammensein mit einem anderen Menschen etwas abgewinnen konnte, war das in der Regel sehr ansprechend.
Man beachte, wie Phaeneas Verliebtheit hier bezeichnete.
Grob so diesen Träumereien, nur in etwas weniger – dem Zuhörer wegen – abgemilderter Version, gab Phaeneas sich sehr häufig hin, seit Cimon ihn im Park geküsst hatte. Davor waren sie verboten gewesen. Jetzt ließen sie sich nicht mehr verbieten.