Beiträge von Phaeneas

    Von der Porta der Domus Legati Augusti und so weiter, sozusagen der Porta Domus Legati Augusti pro Praetore strebte Phaeneas auf den Ausgang der Regia, in der gleiche obengenannte Person residierte, zu. Dieser Weg war ihm inzwischen nach all den Jahren absolut vertraut, blind könnte er ihn gehen und dabei blind sagen, wo Wachen zu finden waren und auf welchen Gängen sich die meisten Menschen tummelten. Aber die Vertrautheit mit diesem Gebäude hatte für ihn nichts mit dem mit Vertrauen einhergehenden Gefühl gemeinsam. Ohne irgendeine architektonische Besonderheit oder einen außergewöhnliches Detail der Innenausstattung gesondert zu beachten schritt der Sklave fast jeden Tag wieder daran vorbei. Geld, Macht, Prunk, führende Positionen, das waren alles Dinge, die er als vergänglich erlebt hatte. Wie oft im Leben hatte er eine „vertraute“ Umgebung, die paar großzügig überlassenen Groschen im Beutel, besondere Freiheiten wie Feierabend oder Ausgang und seine Stellung in einem Haushalt – auch wenn sie nie eine nennens- oder beneidenswerte gewesen war – aufgeben müssen. Es war nichts, was beständig war, nichts worauf man bauen konnte, eine Zukunft oder allein nur eine Gegenwart damit planen konnte. Und Phaeneas sehnte sich nach Verlässlichem. Er wünschte sich nichts mehr als zu wissen, woran er war, was ihn erwartete, im Idealfall jeden Morgen wieder aufzuwachen und sich vollkommen darüber im Klaren sein, was dieser Tag brachte und die darauffolgenden und alle Zeit die noch kam ... weil im Idealfall jeder Tag gleich oder ähnlich ablaufen würde, mit all den gewohnten, verlässlichen Dingen, die sich mit jedem Sonnenaufgang erneut wiederholten, ein weiteres Mal einstellten, ohne irgendwann sang- und klanglos unterzugehen, die Regelmäßigkeit abzubrechen, indem es aufgegeben werden musste. Deshalb gab er nichts auf all diese Dinge, die sich in der Regia selbst darstellten und ausdrückten, weil man sie derart leicht verleicht. Phaeneas kümmerte sich darum lieber um die Bestandteile seines Lebens, die ihm nicht so leicht abhanden kommen konnten. Seine Vergangenheit zum Beispiel, seine Erinnerungen waren es deshalb wert gepflegt zu werden, Gedanken und Theorien über diese Welt, die Hinweise darauf gaben, was man von ihr zu halten hatte, und ihm halfen sein Leben zu verstehen, ja auch sein gesellschaftlicher Stand als Sklave gehörte zu diesen ewigen Dingen, bei denen er darauf vertrauen konnte, dass sie nicht im nächsten Moment für null und nichtig erklärt werden würden. Und der kleine Hauch von ihm selbst, der merken ließ, dass es mehr gab als den Sklaven, den Phaeneas, der sich so bereitwillig von äußeren Faktoren abhängig machte, bestimmen ließ. Nicht dass er seine Lebenshaltung, sich bei Bedarf so gut wie nur irgend möglich der Umwelt anzupassen, als schlecht empfand, kein bisschen! Aber dieses kleine Etwas, das etwas von der eigenen, ewigen Person Phaeneas‘ erahnen ließ, das trotz aller äußeren Umstände eigene Prioritäten setzte, selbst entschied wie es mit dem Leben und allen Ereignissen darin umgehen wollte – und das beschloss, genau diesen Eigenheiten treu zu blieben. Auch das gehörte zu diesen beständigen Dingen, die der Bithynier mehr pflegte als Ansehen und Einfluss. Es gab nur einen einzigen Bereich des Lebens, dem er viel Bedeutung zumaß und damit Macht über ihn gab, auch wenn es eine sehr unsichere Angelegenheit war – Menschen. Personen, an denen einem lag, denen man vertraute, auf die man zählte. Oft schon hatte Phaeneas so jemandem auf ewig Lebewohl sagen müssen ... aber wer hielt es bei aller Sicherheit schon aus sein Leben lang allein zu sein? Entsprechend genau prüfte er, wen er an sich heranließ, wem er die Möglichkeit gab ihn zu enttäuschen ...
    Aus diesem imposanten Gebäude, das ihm so wenig Bewunderung abrang, trat der Sklave jetzt, gefasst und zielstrebig der Gesichtsausdruck, die Augen, die sich jetzt einmal musternd umsahen, die Umgebung erfassten. Dabei entdeckte er einen jungen Germanen, der mit staunend geöffnetem Mund den Statthalterpalast anstarrte. Nichts anderes beachtete der Junge mehr, es war für ihn wohl eine ähnliche Faszination wie für Phaeneas, wenn er eine Größere Menge an Wasser erblickte – den Rhenus beispielsweise. Der Bithynier blieb stehen und besah sich ebenfalls die Regia, nur wenige Schritte von dem ihm fremden Germanen entfernt, in unmittelbarer Sichtnähe zu ihm. Es war ihm unfassbar, was an so einem Gebäude so wundervoll war. Und auch jetzt blieb es ihm wieder einmal unergründlich.
    Er blickte zu dem anderen Spaziergänger hin und meinte: „Na, beeindruckt?“


    Sim-Off:

    Na ja, das war der Einstieg, die nächsten Antworten werd ich wohl nicht ganz so ausführlich schreiben können, ich fürchte dafür reicht meine Zeit nicht. Wenn du willst, kannst du weiterhin so lang schreiben (oder auch nicht), aber meine Beiträge werden in Zukunft etwas kürzer sein ...

    Phaeneas‘ Augen leuchteten auf. „Wirklich?“, fragte er, nicht um zu fragen, sondern als Freudensbekundung. Um der Glückseligkeit Ausdruck zu geben, die sich in ihm breit machte.
    Lucianus stellte ihm gerade in Aussicht, zusätzlich noch Zeit mit ihm zu verbringen. Keinen Augenblick in Lucianus‘ Gegenwart fand Phaeneas verschwendet. Schließlich war sein Herr ja auch der einzige, dessen Gegenwart der Bithynier überhaupt als wirkliche Gesellschaft anerkannte. Er genoss nachwievor jede Sekunde mit Lucianus.


    „Klasse übrigens, dass du heute gekommen bist!“, fuhr Phaeneas fort.


    Leicht irritiert verfolgte der Lehrer den Dialog zwischen den beiden. Den zweifelnden Phaeneas hatte er ja schon kennengelernt, in verschiedensten Unterrichtsstunden hatte er ihn davon überzeugen müssen, dass die sich nur langsam einstellenden Lernerfolge völlig normal waren und es dementsprechend weitaus weniger schlimm stand, als der Thraker zu vermuten geneigt war. Aber so unbeschwert plaudernd hatte er ihn noch nie erlebt.

    Lucianus sagte ihm einfach, wie er das Holprige vermindern konnte. Sprach ganz selbstverständlich davon, dass es besser werden würde.
    Besser. Ein so vielfältig gebrauchtes Wort. Welche Bedeutung hatte es in seinem, Phaeneas‘, Leben? Ein gedachtes Schulterzucken war die Antwort.
    Optimistisch klang Lucianus‘ Antwort in den Ohren des Sklaven.


    Phaeneas schüttelte den Kopf. „Ums Schreiben brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Das funktioniert sogar direkt.
    Na ja, aber wie mein Lehrer mich schon die ganze Zeit zu überzeugen versucht: Mit der Zeit kommt es automatisch. Er wird schon damit recht haben.“
    Ein schiefes Lächeln begleitete den Satz.
    „Das will ich meinen!“, nickte der Magister heftig und schmunzelte dabei ebenfalls.

    Ich habe zur Zeit keine Ahnung, wie meine nächsten Tage aussehen werden - dementsprechend ist auch was die Häufigkeit meiner IR-Anwesenheit angeht alles möglich

    Phaeneas wollte diesen Plinius weiterlesen. Diese Schrift beschäftigte sich mit so unermesslich großen, fernen Dingen, allem voran das Universum, und die Mischung aus Wissenschaft und Philosophie, mit der der Autor diese erkundete, fand Phaeneas spannend. Und deshalb wollte er wissen, was noch alles darin stand.
    Aus irgendwelchen Gründen war ihm danach, in der öffentlichen Bibliothek danach zu suchen – die Bibliothek seines Herrn wäre auf’s Gleiche hinaus gekommen, aber das war so eine dieser unerklärlichen Launen, warum ihm einmal nach dem und dann wieder nach etwas anderem der Sinn stand.


    So betrachtete er nun etwas überfordert diese vielen Schränken und Regale, die alle mit Büchern gefüllt waren. Wie sollte er hier nur eine konkrete Schrift finden, inmitten diesen Unmengen an Papyrus?
    Nun gut, seinen ‚leserlichen‘ Fähigkeiten würde es ganz sicher nicht schaden, wenn er alle Rollen einzeln durchging – aber wie viele Jahre würde das dauern, bis er das gesuchte Buch finden würde?!

    Niemandes Stimme glaubte er mehr, auf niemandes Worte gab er mehr. Was Lucianus sagte, hatte in Phaeneas‘ Ohren einen ganz anderen Stellenwert. Und es gefiehl ihm, wie er immer hinter ihm stand, ihn unterstützte.


    Aber in diesem Fall ging es nicht um Phaeneas an sich, sondern um seine Leistungen was das Lesen anbelangte. Und da wusste der Bithynier ganz genau, was er selbst davon hielt.
    Zweifelnd sah Phaeneas Lucianus deshalb an.


    „Na ja ... Besser als vor einiger Zeit, aber mich überzeugt es noch nicht sonderlich ... Um als wirkliches Lesen zu gelten klingt es in meinen Ohren jedenfalls noch schlicht zu holprig.“

    Sim-Off:

    Spricht Lucianus nicht mehr mit Phaeneas? :P


    „Sehr gut.“ Phaeneas nickte. „Dann werd ich beides demnächst mal aufsuchen.“
    Damit meldete sich wieder der Lehrer zu Wort: „So, letzte Stunde haben wir mit der ‚Naturalis historia‘ von Plinius Secundus maior angefangen. Daraus wirst du uns zuletzt noch eine Stelle vorlesen, Phaeneas.“


    Der Angesprochene seufzte bei diesem Stichwort, nahm aber die Papyrusrolle entgegen und suchte die Stelle, an der sie am Tag zuvor aufgehört hatten. Das mit dem Lesen war bei ihm so eine Sache, die noch nicht so recht wie Phaeneas wollte ...
    Sobald er gefunden hatte, wo es weiterging, begann er langsam und bedächtig zu lesen, sichtlich darum bemüht es nicht zu abgehackt klingen zu lassen. Das bedingte anfangs erstmal eine lange Pause: „ ....... Dass die Gestalt der Welt zu einer ... vollkommenen Kugel gerundet ist, lehrt ... vor allem ihre Bezeichnung und ... die Über-einstimmung ... der Men-schen in dieser Bezeichnung, indem sie sie Welt-kugel* ... nennen, zum anderen auch ... sach-liche ... Bewei-se:
    Nicht nur ... weil diese Form sich in ... allen ... seinen Teil-en zu sich selbst ... hin-neigt, von ... sich selbst ge-tra-gen werden muss und ... sich ... um-schließt und um-fasst, ohne ... irgendeine ... Be-fest-igung zu brau-chen, ohne ein Ende oder ... einen An-fang in ... irgendeinem Teil seiner selbst zu em-pfinden,
    und nicht nur, .... weil es für die Bewegung, ... in der es sich - ... wie sich sogleich zeigen wird - ... in der Höhe ... dreht, in dieser Ge-stalt ... am geeig-nets-ten ist,
    sondern es zeigt sich auch ... in der Be-stä-tigung durch den An-blick, ... da es ... als ausge-wölbt und ... in der Mitte befindlich ... an jeder Stelle gesehen wird, was bei einer anderen Ge-stalt nicht gesche-hen könnte.“


    Sim-Off:

    *orbis

    Als der Herr dieses Hauses nachmittags von der Arbeit in sein trautes Heim zurückkehrte, fand er im Tablinum eine Wachstafel vor. Die hatte Phaeneas dort für genau diesen Zweck deponiert (und sie am Rande erwähnt auch schon gelesen, ihren Inhalt aber als langweilig befunden):


    Legatus Augusti pro Praetore - Regia Legati - Mogontiacum



    M Petronius Crispus Legati Augusto pro Praetore Germaniae M Vinicio Luciano s. p. d.


    Ich möchte Dich untertänigst einladen, mich heute Abend in meinem Haus zu beehren. Gemeinsam wollen wir darüber sprechen, in welcher Art und Weise unser Plan von einer gemeinsamen Societas Wirklichkeit werden kann.


    Ich hoffe, Du kannst dies einrichten.


    Vide ut valeas



    „Das würde ich auch so sehen. Meine Unterrichtseinheiten hat er sich gut verinnerlicht - Phaeneas ist ein fleißiger Schüler, der immer bei der Sache ist, noch über die aufgegebenen Aufgaben hinaus übt, sich konzentriert mit dem beschäftigt, was man ihm zeigt ...“ Er seufzte. „... ein wahrer Segen, wenn ich da an so manche meiner jüngeren Schüler denke ... Alles andere ist interessanter als der Unterricht ...“ Er besann sich wieder auf das ursprüngliche Thema: „Jedenfalls bin ich sehr zufrieden mit Phaeneas‘ Leistungen. Wenn er so weitermachen wird wie bisher, wird er weiterhin schnell Fortschritte machen und ein guter Schreiber und dir eine nützliche Hilfe sein.“
    Ein seltsames Gefühl stieg in Phaeneas auf. Das Lob des Lehrers klang seltsam in seinen Ohren. Denn es stimmte nicht mit dem überein, wie Phaeneas selbst sich sah. Er lernte nicht aus Begeisterung oder weil er schon immer davon geträumt hatte, lesen und schreiben zu können. Genauso wie ihm jeder Ehrgeiz fremd war oder vielleicht auch nur annähernd der Wunsch Lucianus zu beweisen, dass sich die Investition in ihn lohnte.
    Er übte und gab sich Mühe, weil er gelernt hatte alles, was er tat, sorgfältig zu erledigen.
    Wäre er weiterhin des Lesens und Schreibens unkundig geblieben, er hätte auch nicht das Gefühl gehabt, dass ihm etwas fehlen könnte. Er hätte schlicht so weitergemacht wie bisher, ohne daran etwas bedauernswertes zu finden.


    „Aber um diese Fortschritte zu gewährleisten, muss er nachwievor an seinen erworbenen Fähigkeiten arbeiten. Schreiben ist natürlich sehr wichtig, aber auch Lesen, viel Lesen, nur so kann man sich Rechtschreibung wirklich gut einprägen.“
    Phaeneas löste sich aus seiner durch seine Grübelei hervorgerufenen Starre. „Ja, apropos lesen“, wandte er sich an Lucianus. „Kann ich die städtische Bibliothek benutzen?“

    Bis Ende nächster Woche bekomme ich Besuch, der mich rund um die Uhr einspannen wird. Deshalb werde ich die ganze Zeit über rein gar nichts schreiben können.

    Der Magister sah seinen Schüler nachdenklich unter seinen dichten weißen Augenbrauen hindurch an. „Ach so.“


    In diesem Moment ging die Türe auf – und Lucianus kam herein, wie ja angekündigt, und sagte dabei noch etwas, das Phaeneas ein weiteres Mal verblüffte:
    „Salvete, die Herren.“ In so eine Bezeichnung war Phaeneas wahrlich noch nie miteinbezogen worden. So brachte Lucianus ihn immer wieder zum Lachen – indem er ihn auf angenehme Weise überraschte.
    Ein spontanes Grinsen war Phaeneas‘ Antwort (wie es der Lehrer in der Zeit, die er mit dem Sklaven verbracht hatte, wohl noch nie gesehen hatte. Und genau der ergriff jetzt weiter das Wort: )
    „Aber nein, aber nein, Vinicius, setzt dich doch. Wir waren gerade dabei uns die letzte Hausaufgabe anzuschauen. Dabei ging es für Phaeneas darum, möglichst viele Wörter zu finden, in denen X, Y und Z vorkommen.“ Er reichte Lucianus die Wachstafel. In Schönschrift waren dort besagte Wörter in geraden Zeilen aneinander gereiht – inzwischen natürlich teilweise verbessert:



    hypocaustum, apodyterium, T[strike]h[/strike]iribazos, xystus, hymnus, typus, thymum, Bithynia, peristylium, hystericus*(1), zona*(2), t[strike]h[/strike]yrannicus*(3)


    .....


    Der Magister behandelte noch die restlichen Wörter, dann meinte er: „Weißt du was, Phaeneas, du schreibst einfach die Wörter mit oder ohne H, die du verwechselt hast, noch einmal, dadurch prägst du sie dir besser ein. Tja, und nun folgt ein Diktat – auf Papyrus.“ Mit einem Nicken richtete der Bithynier sich die Schreibutensilien her, prüfte die Feder und meinte schließlich: „Ich bin bereit, Magister.“
    Langsam sprach der Lehrer den Satz vor: „Nihil durare potest tempore perpetuo, cum bene sol nituit.*(3) Nun schreib.“
    Und Phaeneas notierte, wieder in ordentlicher Schrift, zügig. Erneut wurde Lucianus das Schriftstück vorgelegt.


    Sim-Off:

    *(1) Nicht schwer zu erraten: hysterisch
    (2) Gürtel, Zone, Landstrich
    (3) tyrannisch
    (4) Etwa: Nichts kann über längere Zeit hinweg bestehen, wenn die Sonne gut scheint. -> Pflanzen
    Einer der besten lat. Sätze, die ich kenne! :D

    Prinzipiell fand Phaeneas Menschenaufläufe lästig und darüber hinaus lächerlich. Aber manchmal, wenn er bei der Salutatio zusah, manchmal da freute er sich. Wenn er die vielen Leute sah, die gedrängt im Atrium standen, jeder davon darauf bedacht war, möglichst schnell und für möglichst lange Zeit zu seinem Patron zu kommen, alle ihn umschmeichelten und sich um seine Gunst bemühten, ja, da freute er sich. Dann dachte er an die vielen Momente, in denen er, Phaeneas, Lucianus ganz für sich allein hatte, seine Gegenwart mit niemandem (na ja, in jedem Fall fast niemandem) teilen musste, die Aufmerksamkeit des Herrn allein auf ihm lag und er sich so ganz selbstverständlich Zeit für ihn nahm. Tja, und das genoss er; wie nichts anderes, kein Bad in den Thermen konnte da mithalten.
    Für all diese Leute hier im Atrium war Lucianus der mächtigste Mann der Provinz. Für Phaeneas schlicht ein Mensch, den er als wertvoll erfahren hatte und an dem ihm lag.


    Während er nun einige Schritte von Lucianus entfernt stand und seine Blicke über die Klientenansammlung schweifen ließ, bekam er das Anliegen des Ducciers mit. Und da er seit geraumer Zeit alles mitschrieb, was ihm irgendwie begegnete, um genug Übung darin zu haben, zog er auch hier seine Wachstafel hervor und schrieb ein paar Sätze zu der Auszeichnung des ehemaligen Magistratus und von wegen seiner Leistungen, notierte sich den persönlichen Wunsch und ein paar Dinge außen herum. Nicht ganz so sachlich, wie man sich Notizen wünschen würde, und nicht nur auf das Wesentlichste beschränkt, einfach so, dass es Phaeneas für den Moment beschäftigte und wie ihm gerade danach war ...

    Sim-Off:

    Ausschließlich aus Syrias Perspektive:


    Syria verfolgte jedes Wort, das zwischen den beiden fiel. Besonders, was der Klient ihres Herrn sagte, nahm sie aufmerksam auf, während sie Erde zurück in den Blumentopf schüttete. Der Iulier wollte hoch hinaus, was in den Augen der Sklavin klar für ihn sprach. Centurio, Ritter, Tribun, ein eigenes Kommando ... Das klang wahrhaft nicht schlecht.
    In diesem Moment betrat Phaeneas das Atrium. Syria blickte ein weiteres Mal auf. Aber im Gegensatz zum Centurio beachtete der sie kein bisschen, was sie auch nicht anders erwartet hatte. Vor Leuten von außerhalb des Hauses war der Bithynier nur noch der perfekte, pflichtbewusste Sklave, der nach seinem Verständnis zu keiner menschlichen Regung fähig zu sein schien. Sonst konnte man wenigstens mit einem Nicken seinerseits rechnen.
    Syria fegte die letzten Spuren von Menyllus‘ Unachtsamkeit auf, stand auf und strich sich dabei, der Tischgruppe zugewandt, die Tunica glatt. Sie warf den beiden Männern, die gerade von Phaeneas den beorderten Wein serviert bekamen, noch ein offenes Lächeln zu, dann ging sie.

    Sieh an, einem Centurio hatte Cephalus da aufgemacht! Na ja, Antias hatte vor einiger Zeit den Praefectus Castrorum höchstpersönlich eingelassen, aber der Hauptmann einer Zenturie machte bei den Sklaven auch schon einiges her, wenn man denen davon erzählte.Es war eine Art Wettstreit unter den Sklaven (den den Sklaven vorstehenden Phaeneas, der sich schwer für etwas zu begeistern schien, ausgenommen), wer dem ranghächsten Militäroffizier öffnete – auch wenn das Nonplusultra in Gestalt ihres Herrn natürlich jeden Tag wieder über diese Schwelle wandelte.
    „Das lässt sich machen, Centurio“, nickte Cephalus, so guter Dinge wie man eben einen persönlich langersehten Gast empfängt. „Folge mir!“


    Sim-Off:

    Der letzte Satz ist ein Link, sieht man nur so schlecht.

    So führte Cephalus den Iulier in den offiziellsten aller offiziellen Räume des statthalterlichen Wohntraktes. Menyllus verdrückte sich gerade um die Ecke, als die beiden eintraten.
    „Warte hier bitte einen Moment, Herr“, verabschiedete sich Cephalus, während Drusus im Atrium zurückblieb, wo Syria am Boden kniend die Erde zusammenkehrte. Sie sah auf und lächelte dem Gast, kein bisschen schüchtern, zu. Dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu.

    Bis sich die Türe vor Drusus öffnete verging eine gute Weile. Denn der kleine Menyllus hatte es kurz davor geschafft einen Blumentopf umzurennen, worauf sich die darin befindliche Erde auf dem Mosaikboden verteilt hatte. Zuerst hatte Cephalus, der dazugekommen war, den Jungen ausschimpfen wollen. Da hatte es geklopft und dem älteren Sklaven war schlagartig klar geworden, dass kein Mensch dieses Atrium in diesem Zustand betreten konnte (zumindest nur über seine Leiche). Erst war er konfus zwischen Porta und Blumenerde hin- und hergelaufen. Dann hatte er eine andere Sklavin, Syria, herbeigerufen, die sich um das Maleur kümmern sollte, während er an die Tür ging.
    „Salve, entschuldige, dass du etwas warten musstest. Ähm, du wünschst?“


    Sim-Off:

    Tja, was soll ich sagen, ich schließe mich Cephalus‘ Worten an ...

    Das hilflose Schulterheben gab Phaeneas den Rest, um die Kälte und den wundervollen Fluss zu vergessen. Bedauern sprach daraus und triefte förmlich aus den begleitenden Worten. Mitleid – das gehörte zu dem letzten, was der Bithynier wollte und brauchen konnte. Und Bedauern war eine Form davon. Es war schließlich seine Entscheidung, wie er sein Leben führen wollte! Und er kam damit klar, kannte dieses Leben, im Gegensatz zu all diesen Freien, die nur redeten und glaubten ach so viel davon zu wissen! Auf solches Mitleid war er ganz sicher nicht angeweisen! Ein ärgerliches, sehr feines Blitzen der Augen unterbrach den sonst größtenteils doch recht gleichmäßigen Ausdruck darin.
    Er bemühte sich mit einem tiefen, ruhigen und vor allem nach außen hin unsichtbaren Atemzug seine Gelassenheit zurückzufinden. Über irgendjemandes wortlose Aussage die Gefasstheit zu verlieren lag am allerwenigsten in Phaeneas‘ Absicht.


    Die direkte Fragestellung überging der Sklave komplett, in Ermangelung einer Ahnung, wie er darauf antworten sollte. So etwas wie essen und ein Dach über dem Kopf erachtete er nicht unbedingt als Bedingungen für ein lebenswertes Leben. Denn all das, was er dem Fremden aufgezählt hatte, was er so selbstverständlich hatte, konnte ihm schnell entzogen werden, wenn seine Herrschaften nur beschlossen, dass er es nicht mehr lohnte. Da waren Phaeneas persönlich andere Dinge wichtiger. Die, an die keiner dachte, wenn es um das Leben eines Sklaven ging.
    Zum Beispiel die Möglichkeit von Dingen zu träumen, die es so mit großer Wahrscheinlichkeit nicht einmal gab.
    Die Erinnerungen an die schönen Ereignisse in seinem Leben, durch die ihm wichtige Menschen doch noch weiter eine Rolle darin spielten.
    Sich selbst inmitten dieses Lebens trotzdem nicht zu verlieren.
    „Fehlen von Verantwortung? Oh, da unterschätzt du die Sklaverei! Ich trage sehr viel Verantwortung vor meinem Herrn. Manchmal sogar für Dinge, die ich nicht einmal getan habe ...“ Dass das nicht gerade für die Sklaverei sprach war klar. Doch Phaeneas fand das Herangehen dieses Mannes in diesem Punkt, das Herausstellen von Verantwortung als etwas sooo wunderbares, insgesamt etwas blauäugig. Dem Bithynier war es umso lieber, je weniger davon er tragen musste. Ein klein wenig davon konnte sich schon als höchst gefährlich herausstellen.
    „Liegt dir so an der Möglichkeit, dein eigenes Verderben gestalten zu können?! Das ist nicht schwer und das kann ich am Rande erwähnt auch.“


    „Nornen? Faden? Dann sind die Nornen so etwas wie die Parzen?“, fragte Phaeneas nach und fügte im gleichen Atemzug bestimmt hinzu: „Warum werde ich dann geprüft und nicht du?“
    Was einen Sklaven nach dem Tod erwartet? Der Bithynier versuchte mit dieser Überlegung etwas anzufangen, aber er kam nicht recht weit. „Ich weiß auch nicht“, gab Phaeneas mit einem langsamen Schulterzucken zu. „Ich habe mir noch nie Gedanken darüber gemacht.“ Dazu war er zu sehr damit beschäftigt gewesen, mit dem Leben an sich klarzukommen. „Meine Güte, der Tod ... Wenn er das Nichts bedeutet bin ich auch schon zufrieden ...“ Um das Ganze nicht ganz so unbeantwortbar stehen zu lassen schob er nach: „Was erwartet bei euch Germanen denn einen Sklaven?“
    Eine kaum hörbare Spur leiser führte Phaeneas aus: „Allein schon, dass ich noch lebe, ist ein Beweis dafür, dass ich diese Prüfung momentan – noch - bestehe.“


    „Na ja, wenn er allmächtig ist, kann es ja ruhig einer sein.“ Das sah Phaeneas ganz pragmatisch. Einen Moment ließ er sich dann noch einmal durch den Kopf gehen, was sein nichtwissend wissendes Gegenüber ihm im Einzelnen dargelegt hatte, und hielt für sich fest: „Halt ... Meinst du damit, dass die Christen von vornherein davon ausgehen, dass ihr Gott überhaupt kein Gesicht hat, das irgendein Mensch je sehen könnte?!“


    Sim-Off:

    Edit: Oben ein paar Satzzeichen geändert