Von der Porta der Domus Legati Augusti und so weiter, sozusagen der Porta Domus Legati Augusti pro Praetore strebte Phaeneas auf den Ausgang der Regia, in der gleiche obengenannte Person residierte, zu. Dieser Weg war ihm inzwischen nach all den Jahren absolut vertraut, blind könnte er ihn gehen und dabei blind sagen, wo Wachen zu finden waren und auf welchen Gängen sich die meisten Menschen tummelten. Aber die Vertrautheit mit diesem Gebäude hatte für ihn nichts mit dem mit Vertrauen einhergehenden Gefühl gemeinsam. Ohne irgendeine architektonische Besonderheit oder einen außergewöhnliches Detail der Innenausstattung gesondert zu beachten schritt der Sklave fast jeden Tag wieder daran vorbei. Geld, Macht, Prunk, führende Positionen, das waren alles Dinge, die er als vergänglich erlebt hatte. Wie oft im Leben hatte er eine „vertraute“ Umgebung, die paar großzügig überlassenen Groschen im Beutel, besondere Freiheiten wie Feierabend oder Ausgang und seine Stellung in einem Haushalt – auch wenn sie nie eine nennens- oder beneidenswerte gewesen war – aufgeben müssen. Es war nichts, was beständig war, nichts worauf man bauen konnte, eine Zukunft oder allein nur eine Gegenwart damit planen konnte. Und Phaeneas sehnte sich nach Verlässlichem. Er wünschte sich nichts mehr als zu wissen, woran er war, was ihn erwartete, im Idealfall jeden Morgen wieder aufzuwachen und sich vollkommen darüber im Klaren sein, was dieser Tag brachte und die darauffolgenden und alle Zeit die noch kam ... weil im Idealfall jeder Tag gleich oder ähnlich ablaufen würde, mit all den gewohnten, verlässlichen Dingen, die sich mit jedem Sonnenaufgang erneut wiederholten, ein weiteres Mal einstellten, ohne irgendwann sang- und klanglos unterzugehen, die Regelmäßigkeit abzubrechen, indem es aufgegeben werden musste. Deshalb gab er nichts auf all diese Dinge, die sich in der Regia selbst darstellten und ausdrückten, weil man sie derart leicht verleicht. Phaeneas kümmerte sich darum lieber um die Bestandteile seines Lebens, die ihm nicht so leicht abhanden kommen konnten. Seine Vergangenheit zum Beispiel, seine Erinnerungen waren es deshalb wert gepflegt zu werden, Gedanken und Theorien über diese Welt, die Hinweise darauf gaben, was man von ihr zu halten hatte, und ihm halfen sein Leben zu verstehen, ja auch sein gesellschaftlicher Stand als Sklave gehörte zu diesen ewigen Dingen, bei denen er darauf vertrauen konnte, dass sie nicht im nächsten Moment für null und nichtig erklärt werden würden. Und der kleine Hauch von ihm selbst, der merken ließ, dass es mehr gab als den Sklaven, den Phaeneas, der sich so bereitwillig von äußeren Faktoren abhängig machte, bestimmen ließ. Nicht dass er seine Lebenshaltung, sich bei Bedarf so gut wie nur irgend möglich der Umwelt anzupassen, als schlecht empfand, kein bisschen! Aber dieses kleine Etwas, das etwas von der eigenen, ewigen Person Phaeneas‘ erahnen ließ, das trotz aller äußeren Umstände eigene Prioritäten setzte, selbst entschied wie es mit dem Leben und allen Ereignissen darin umgehen wollte – und das beschloss, genau diesen Eigenheiten treu zu blieben. Auch das gehörte zu diesen beständigen Dingen, die der Bithynier mehr pflegte als Ansehen und Einfluss. Es gab nur einen einzigen Bereich des Lebens, dem er viel Bedeutung zumaß und damit Macht über ihn gab, auch wenn es eine sehr unsichere Angelegenheit war – Menschen. Personen, an denen einem lag, denen man vertraute, auf die man zählte. Oft schon hatte Phaeneas so jemandem auf ewig Lebewohl sagen müssen ... aber wer hielt es bei aller Sicherheit schon aus sein Leben lang allein zu sein? Entsprechend genau prüfte er, wen er an sich heranließ, wem er die Möglichkeit gab ihn zu enttäuschen ...
Aus diesem imposanten Gebäude, das ihm so wenig Bewunderung abrang, trat der Sklave jetzt, gefasst und zielstrebig der Gesichtsausdruck, die Augen, die sich jetzt einmal musternd umsahen, die Umgebung erfassten. Dabei entdeckte er einen jungen Germanen, der mit staunend geöffnetem Mund den Statthalterpalast anstarrte. Nichts anderes beachtete der Junge mehr, es war für ihn wohl eine ähnliche Faszination wie für Phaeneas, wenn er eine Größere Menge an Wasser erblickte – den Rhenus beispielsweise. Der Bithynier blieb stehen und besah sich ebenfalls die Regia, nur wenige Schritte von dem ihm fremden Germanen entfernt, in unmittelbarer Sichtnähe zu ihm. Es war ihm unfassbar, was an so einem Gebäude so wundervoll war. Und auch jetzt blieb es ihm wieder einmal unergründlich.
Er blickte zu dem anderen Spaziergänger hin und meinte: „Na, beeindruckt?“
Na ja, das war der Einstieg, die nächsten Antworten werd ich wohl nicht ganz so ausführlich schreiben können, ich fürchte dafür reicht meine Zeit nicht. Wenn du willst, kannst du weiterhin so lang schreiben (oder auch nicht), aber meine Beiträge werden in Zukunft etwas kürzer sein ...